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^ 130, 7. Juni 1916. Redaktionell» Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Stuttgarter Briefe. 11. (I siche Nr. 88.) Erhöhung der Bucherpreise. — Fahrbare Feldblichereien aus Württem berg. -- Kür und gegen Bücher. — Eine Kriegswohlfahrts-Ausstcltnug. — Ausstellungen Rudolf Scharfer und Wilhelm Steinhaufen bet Schalter. — Eine Mcnzel-Ausstellikng. — I. V. Cissarz' Fortgang von Stuttgart. — Kunsthandlung Gutcknnst. — Johannes Hesse f. — Noch etwas von Fraktnrschrtst. -- Gründung einer Bcrlcgcrvereintgnng. — Eine Hotelbücheret. Wie wird es mit einer Erhöhung der Bücherpreise? Das ist «ine Frage, die man in den hiesigen Kollegenkreifen vielfach er örtern hört. Daß diese Erhöhung kommen wird, kommen mutz, darüber ist man sich Wohl allgemein klar, ebenso auch darüber, daß gerade bei Büchern Gesichtspunkte in Erscheinung treten, die eine allgemeine Durchführung erschweren. Wenn die Le benshaltung immer kostspieliger wird, wenn Papierlieferanten, Drucker, Buchbinder immer höhere Preise verlangen, weil die Material-Preise stetig anwachsen, wenn unsere hiesigen Spedi teure um 30 7» aufgeschlagen haben, so ist es selbstverständlich, daß auch der Buchhandel seine Preise erhöhen muß. Die Spalten des Börsenblattes haben schon zahlreiche Anzeigen über Preis erhöhungen gebracht, die sich in verschiedenster Form gezeigt haben. In den meisten Fällen sind Wohl die Interessen der Sorti menter von den betreffenden Verlegern berücksichtigt worden, teilweise ist aber auch das Sortiment in eine Zwangslage ge bracht worden, z. B. wenn Schulbücherverleger sich einfach mit einer Abschaffung der Freiexemplare geholfen oder andere Ver leger Vorbehalte wegen Bemessung der Einbandpreise gemacht haben. Ein allgemeiner, mindestens zehnprozentiger Teuerungs- Zuschlag wäre ohne Zweifel das einfachste, er würde auch das Sortiment der Schwierigkeit überhcben, Hunderte von einzelnen Preiserhöhungen in feinen Katalogen und Verzeichnissen nach tragen zu müssen in einer Zeit, in der Personalmangel das Ge schäft ohnehin auf das äußerste erschwert. Wie nun aber auch die Weisheit unserer beruflichen Vertretungen alle Schwierig keiten beheben wird - Hauptsache ist, daß der Buchhandel über haupt sich zu einem Aufschläge entschließt. Das sollte schon deshalb geschehen, um dem Aberglauben des lieben Publikums, daß an Büchern zu viel verdient werde, die Spitze abzubrechen. Wenn das Publikum sieht, daß alles aufschlägt, nur die Bücher nicht, so kann es aus dieser ihm so erfreulichen Tatsache nur den Schluß ziehen, daß der Buchhandel selbst in dieser Kriegs zeit noch einen hinlänglichen Verdienst hat, um den Teuerungs zuschlag entbehren zu können. Hoffen wir, daß cs bald zu einer Einigung kommt! Eine Notiz in der hiesigen Tagespresse, die auf einen Artikel des Deutschen Verlegervereins Bezug nahm, hat das Publikum schon auf eine »Preiserhöhung für viele Bücher« vorbereitet. Eine besondere Schwierigkeit liegt natürlich auch darin, daß das Palladium der festen Bücherpreise unter allen Umständen geschützt werden mutz. Über die erste fahrbare Feldbücherei aus Württemberg be richtete der Sonntags-Merkur vom 19. März. Sie ist gestiftet von Komm.-Rat Franck-Ludwigsburg und umfaßt 2000 Bände, die in einem von Berlin gelieferten Wagen untergebracht sind; das Ganze kostet 2500.—. Dem Württembergischen Landesausschuß für Kriegsbüchereien ist es inzwischen gelungen, für zwölf Wagen Stifter zu finden, man hofft mindestens auf 16 zu kommen. Zeigt sich hier «ine erfreuliche Liebe zum Buche, so trifft man anderswo auch auf Vorurteile gegen das Lesen. So be richtet der Redakteur der »Württembergischen Bundesblätter. Mitteilungen des Landesvereins des Evangelischen Bundes in Württemberg«, daß von einer Seite über die Überschwemmung mit Bücheranzeigen geklagt worden sei, wogegen der Redakteur es »als eine Ehrenpflicht betrachtet, gegenüber der jetzigen Not lage des Buchhandels seinen Erzeugnissen in einem vielgelesenen Blatte Verbreitung zu verschaffen«. Und im letzten Jahresbericht des hiesigen »Charlottenheims« war zu finden, daß sich die In sassen zu Weihnachten statt eines Buches eine entsprechende Geldgabe erbeten hätten, womit dann Wolle und Kleiderstoffe gekauft und nützliche Kindersachen als Weihnachtsgeschenke für Kinder verfertigt wurden. Auf einer Kriegswohlfahrts-Ausstellung, die zugunsten des städtischen Hilfsausschusses und notleidender württcmbcrglscher Künstler stattfand, konnte man dagegen die Wahrnehmung machen, daß das Publikum sich von Büchern ungern trennt. Es handelte sich hier um Stiftungen von Büchern, Stichen, Gemälden, Anti quitäten, die durch den Kunsthändler Felix Fleischhauer im Fest saal unseres Rathauses versteigert wurden und einen Erlös von über 25 000 ./( brachten. Die Abteilung »Bücher« war hierbei ziemlich schwach vertreten. Zum Kapitel »Bücherausstattung« fand man sehr schöne Beispiele in der im Vorwort des Kata logs mit Recht besonders hervorgehobenen Sammlung des Ober regierungsrats von Adam: prächtige Chodowiecki-Blätter und Titelstiche, wie sie zu Anfang des vorigen Jahrhunderts beliebt waren, daneben Holzschnitte aus alten Stuttgarter Journalen, die aufs neue den großen Verlust erkennen ließen, den wir durch den Untergang der vordem gerade in Stuttgart so blühenden .Holzschneidekunst erlitten haben. Bei dem Kapitel »Kunst« darf ich Wohl noch etwas verweilen, um einiger Ausstellungen zu ge denken. L. Schallers Hof-Kunst- und -Buchhandlung erfreute mit einer Ausstellung von Federzeichnungen Rudolf Schaefers und von Werken Wilhelm Steinhaufens. Von ersterem waren ver treten Originale zu den im Potsdamer Stiftungsvcrlag erschie nenen Werken (Allerlei Lichter, Frau Mustca, Großvater und Großmutter), sodann Illustrationen zum Sächsischen Gesangbuch, zum Wandsbeker Boten aus dem Schloeßmannschen Verlage, zu zwei Gedenkblättern zum Weltkriege, Auswahl deutscher Volks lieder. Ludwig Richters Kunst feiert in den prächtigen Blättern Rudolf Schäfers eine fröhliche Auferstehung, und die schon zum Teil recht ansehnlichen Auflagen seiner Werke zeigen wiederum, welche wichtigen Vorspanndienste unser vielgeschmähter Buch handel der Kunst leistet. Dies gilt auch für Wilhelm Stein haufens mehr in das Gebiet der hohen Kunst fallenden Werke, von denen die Schallersche Ausstellung verschiedene hervorragende Proben brachte. Der Name Schalter ist auch außerhalb Württem bergs seit Jahren bekannt durch Reproduktionen seiner Photo graphien der landschaftlichen Schönheiten unseres Schwaben landes ; so manches Bild in den illustrierten deutschen Zeitschriften war nach Schallerschen Photographien wiedergegeben. Neuer dings hat die Firma einen sich über zwei Stockwerke erstreckenden, reizvoll ausgestatteten Kunstsalon eingerichtet, durch den sie na mentlich Kenntnis von den Erzeugnissen der modernen schwäbi schen Malerei zu verbreiten bemüht ist, auch heimisches Kunst gewerbe ist darin mit Arbeiten der Kleinkunst vertreten. Schalter vertreibt auch Reproduktionen von Eisengußreliefs des württem- bcrgischen Künstlers Georg Konrad Weitbrecht (1796—1836), die von unserem Hüttenwerk Wasseralfingen hergestellt worden sind. Dieses altberühmte Werk hat in diesem Kriegsjahr eine besondere Probe seiner Kunst gegeben im Guß einer im Feld von Bchm modellierten Büste des Kronprinzen Rupprecht von Bayern. »Die Bronze ist beschlagnahmt«, so hieß es in einem Merkur-Bericht, »da hat man zum Eisen gegriffen, und unser Hüttenwerk Wasseralfingen hat den Hohlguß in einer Vollendung, namentlich auch der Hautbchandlung, ausgeführt, daß wir Schwaben uns besonders der Bewunderung in München freuen«. Dieser Ersatz der Bronze durch Eisen dürfte nicht die einzige Wandlung sein, die der Weltkrieg auf dem Gebiete der Kunst herbeigeführt hat. Da das Kupfer für die Platten zu Radierungen in Wegfall kommt, so dürste der Holzschnitt für Einzelkunstblätter wieder mehr in Aufnah,ne kommen, was gewiß nur freudig zu begrüßen ist. Einen der größten Meister, der die Kunst des Holzschnitts für alle Zeiten geadelt hat, Adolph von Menzel, konnten wir in diesem Winter in einer im März geschlossenen Adolph von Menzel-Gedächtnisausstellung bewundern. Sie war vom Kgl. Kupferstichkabinett veranstaltet und ist dauernd festgehalten in einem von H. Weizsäcker verfaßten Führer, der auch die ausge stellten Schöpfungen Menzels verzeichnet und mit zehn Abbil dungen geschmückt ist. Bei Menzel wird der Buchhändler be sonders gern verweilen. War es doch ein Leipziger Verleger, der im Jahre 1839 dem jugendlichen Künstler in Verbindung mit Franz Kugler den Vorschlag machte, sich an der Herausgabe einer illustrierten Geschichte Friedrichs des Großen zu beteiligen, 715