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14190 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ^ 283, 5. Dezember 1908. herbeiführen. Die großen Derleger im Dorteil Individuelle Einzelverlage rnriiitigedraiigt. Es ist nun aber klar, daß zu einer Abwälzung auf diesem oder jenem Wege immer nur der große Verleger die Macht finden wird. Der große Verleger steht heute gerade bei den illustrierten Zeit schriften schon immer viel besser als der kleine, er verlegt mehrere Zeitschriften, er verlegt dabei vielleicht Bücher oder ist noch Be sitzer einer oder mehrerer Tageszeitungen. Er kann sein Personal besser ausnützen, er kann den Schriftstellern und Künstlern selbst bei niedrigeren Honoraren noch immer größere Aequivalente ge währen, — alles das fällt bei dem Einzelverleger einer individuellen Zeitschrift fort. Wenn der Einzelverleger das Abonnement erhöhen oder dem Buchhändler den Rabatt ver kürzen will, wird er eben schließlich auf seine Existenz verzichten müssen. Darin liegt ja auch gerade die enorme Gefahr des vor liegenden Gesetzentwurfes, daß er dem Großen seine natürliche wirtschaftliche Überlegenheit gegenüber dem Kleinen geradezu zu einem Monopol verstärkt, daß die individuellen Einzelverlage noch weiter zurückgedrängt werden und die Konzentration des Verlages der verschiedenen Verlagswerke und Zeitschriften bei einzelnen wenigen Verlegern gefördert wird. Dieser letzte Gesichtspunkt ist ganz besonders aber auch dann zu beachten, wenn man daran denkt — wie wir ja selbstverständ lich auch versuchen werden — die Steuer auf den Inserenten abzuwälzen. Der eine kann den Inserenten bis zu einem gewissen Grade zwingen, sein Blatt zu benutzen. Sein Inserat darf, wenn er nicht Schaden gegenüber der Konkurrenz erleiden soll, in ge wissen Blättern einfach gar nicht fehlen. Der andere aber wird zufrieden sein, wenn der große Inserent ihm überhaupt noch erlaubt, die Steuer zu tragen, denn die Gefahr der Steuer für den Schwächeren besteht nicht bloß darin, die Steuer über nehmen zu müssen, sondern darin, daß infolge der Erhöhung des Jnseratenbudgets der Großinserent dem Einzelverleger den Jnseratenauftrag überhaupt nicht mehr gibt. Lurno-Mlame. Und zwar wird das nicht bloß da zutreffen, wo, wenn man so will, eine gewisse Luxus-Reklame vorliegt, bei der der Inserent darauf ausgeht, daß man seinen Namen, oder bei Marken artikeln den Namen seines Artikels fortwährend vor Augen sieht, sondern auch bei sogenannten »aktuellen« Anzeigen. Nament lich kommen da die Versandgeschäfte in Betracht, die zu den besten Kunden der illustrierten Presse gehören. Die Versand geschäfte führen genaue Statistiken über den Erfolg eines jeden Inserates. Sie können sich ganz genau ausrechnen, was ihnen jedes Inserat einbringt. Heute hat jedes Inserat für sie einen Zweck, das ihnen überhaupt einen Nutzen läßt. In Zukunft, wenn sie 10 Prozent Steuern zahlen müssen, muß natürlich dieser Steuerbetrag auch erst eingebracht werden, um ihnen einen Uberschuß aus dem Inserat zu gewährleisten. Es ist daher mit mathematischer Gewißheit zu berechnen, daß alle diejenigen Versand-Inserate, die dem Inserenten bisher einen geringeren Nutzen erbrachten, als die fürderhin als Steuer erhobenen 10 Pro zent ausmachen, in Zukunft dem Verleger verloren gehen. Der Inserent der Tages- Anjeigrn von Künstlerische Ausstattung zeitung ein anderer als Tug zu Tag. der Anzeigkn. der Inserent der Zeit schrift. Bis zu einem gewissen Grade ist aber überhaupt die illustrierte Presse gegenüber der Tagespresse im Jnseratenwesen benach teiligt. Die Zeitschriften müssen wegen Versands auf dem Buch händlerwege früher fertiggestellt werden. Auch die feinere Tech nik erfordert eine längere Herstellungsfrist. Infolgedessen fallen für den Tag berechnete Inserate bei ihr vielfach heute schon weg. Überhaupt hat der Verfasser des Entwurfs viel zu wenig beachtet, daß die Inserenten keine einheitliche Masse dar stellen und daß insbesondere der Inserent der Tagespresse ein anderer zu sein pflegt als der Inserent der illustrierten Zeit schriften. So sind z. B. der Warenhausbesitzer, der Pelzhändler, der Schirmfabrikant, der Verkäufer von Regenmänteln und Gummischuhen, überhaupt ein nicht unerheblicher Teil der Spezialgeschäfte, von der Wetterlage abhängig, und Pflegt deswegen den Text seiner Anzeigen von Tag zu Tag zu bestimmen oder zu ändern. Aus diesen Gründen kommen für die illustrierten Wochenschriften wesentlich andere In serenten in Betracht, z. B. der Sektfabrikant oder irgend ein anderer Interessent für Markenartikel, deren Reklame den Zweck verfolgt, den Namen des betreffenden Artikels dem Publikum dauernd einzuprägen. Solche Anzeigen sind natürlich verhältnis mäßig leichter einzuschränken als die Tagesinserate, weil die Inserenten der illustrierten Presse immerhin noch neben der Jn- seratenreklame eine umfangreiche direkte Prospekt- und Katalog reklame zu machen pflegen. Die Jnseratenreklame in illustrierten Blättern ist wegen der notwendigen künstlerischen Ausstattung der Anzeige verhältnismäßig teuer. Und ohnehin schweben bei vielen der in Frage kommenden Firmen bereits jetzt Erörterungen darüber, ob jene Jnseratenreklame nicht einzuschränken sei, da die jetzt in so großer Zahl auftretenden künstlerisch ausgestatteten Anzeigen bewirken, daß ein Inserat dem anderen im Wege steht. Mrnnugocharakler der Ltener. Deo moderne» Zeitalters unwürdig. Dazu kommt ja dann endlich noch, daß die Jnseratensteuer, wenn man so will, einen Warnungscharakter trägt. Der Gesetzgeber hat sich leider auf den Standpunkt gestellt, daß Inserieren ein Luxus sei, und zu diesem Standpunkt soll der Inserent auch bekehrt werden. Immer, wenn er ein Inserat aufgibt, wird er durch den Steuerzettel ausdrücklich noch einmal darauf aufmerksam gemacht: »Du tust hier etwas, was über das Notwendige hinausgeht«. Abgesehen davon, daß diese Auffassung ganz falsch ist, daß Inserieren kein Luxus, sondern der Gesetzgeber hier gerade so, als wenn er vor einen Laden mit feinen Porzellan- oder feinen Kristallwaren einen Staatsdiener stellte, der jjeden, der in den Laden gehen will, bei den Rock- jetzt einen Luxuskauf machst. Erlauben denn dir das deine Verhältnisse?« So etwas hat man noch nicht einmal im An fang des Merkantilismus getan. Des modernen Zeitalters ist das jedenfalls ganz unwürdig. Aus allen diesen Spezialgründen glauben wir bei aller Ge neigtheit, die steuerliche Belastung, die dem gesamten Volk auf erlegt wird, mitzutragen, doch nicht schweigen zu dürfen. Wir hoffen sicher, daß die oben dargeleglen Gründe die gesetzgebenden abzusehen. Leipzig, im November 1908. Verein von Verlegern deutscher illustrierter Zeitschriften. I. A.: (gez.) Horst Weber (gez.) Fritz-Otto Klasing Aleme Mitteilungen. Jubiläum E. A. Seemann in Leipzig. — Im Seemann- schen Hause in der Querstraße entwickelte sich am vorigen Dienstag von der neunten Stunde ab bis in die Mittagszeit hinein ein festliches Treiben. Die Post brachte Berge von Telegrammen und Glückwünschen. Blumen und Spenden wurden fortwährend über den weiten Hof getragen. Die gewohnte Berufsarbeit stockt natürlich an einem solchen Tage, wo die ganze Summe der im Laufe eines Zeitraumes von fünfzig Jahren erwor benen, so mannigfaltigen Beziehungen in die Erscheinung tritt. Gegen ^10 Uhr morgens versammelte sich zunächst das Geschäftspersonal in dem blumengeschmückten Empfangs raum, und die beiden Chefs, die Herren Artur Seemann und Gustav Kirstein, nahmen die Begrüßungsansprache des Pro kuristen Herrn Paul Brückner entgegen, der mit warmen und markigen Worten auf die Verdienste des Gründers hinwies und schilderte, wie die jetzigen Inhaber das übernommene Gut sorg fältig gepflegt und vermehrt hätten; gleichzeitig übergab er den Herren eine gemeinsam gestiftete Bronzeplakette, eine Schöpfung des Leipziger Bildhauers Johannes Hartmann. Wir sehen