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Herr Parey: Ich wiederhole die Erklärung, daß ich einer solchen Commission zustimmen werde, so antipathisch es mir ist, außer den vielen uns vinculirenden Ausschüssen noch eine Commission zu besitzen, die gewissermaßen über uns weg entscheidet. Ich werde aber für eine solche Commission stimmen, wenn Sie absolut nicht wollen, daß der Vorstand allein diese Entscheidungen trifft und vertritt. Herr Morgenstern: Meine Herren! Aus bestimmten Gründen, welche Ihnen Allen genügend bekannt sind, habe ich ursprünglich die Absicht gehabt, mich an der heutigen Debatte überhaupt nicht zu betheiligcn, und habe mich deshalb bisher schweigend verhalten. Im jetzigen Stadium der Berathung indessen halte ich es doch sür meine Pflicht, meine Auffassung aus zusprechen. Meiner Ansicht nach handelt cs sich darum, — und ich möchte bitten, mich zu berichtigen, wenn ich das falsch ausgesaßt habe, — aus Grund des Statuts 8. 1. aä 6, welcher dem Vorstand die Verpflichtung auserlegt, die Bestrebungen der Lokal- und Provinzialvereine zum Schutz der geschäftlichen Interessen ihrer Mitglieder zu fördern, auf Grund dieser Be stimmung des Statuts nun zu fragen, in welcher Weise wir den genannten Bestrebungen unseren Schutz gewähren sollen. Da meine ich denn, daß das, was Herr Lamport als Vorsitzender des Verbands gefordert hat, etwas außerordentlich Maßvolles ist. Ich muß gestehen, ich bin überrascht gewesen über die Bescheidenheit der Anforderungen, die an den Vorstand des Börsen- vcreins gestellt werden. Er wünscht nur die Autorität des Verbands der Provinzialvereine gestützt zu sehen durch die Autorität des Börsenvereins, und nichts weiter. Er hat gebeten um eine Ansprache an die interessirten Mitglieder, worin wir die Bestre bungen der Sortimenter zur Beachtung empfehlen, eine Ansprache an die Verleger und Kommissionäre unter unseren Mit gliedern. Weiter ist er nicht gegangen. Wenn es sich um eine moralische Mitwirkung zur Erreichung der Zwecke des Ver bands handelt, dann ist meines Erachtens nur allein der Vorstand des Börsenvereins diejenige Behörde, welche mit irgend einer Aussicht aus Erfolg eintreten kann. Es wird auch gar nichts weiter verlangt, und ich glaube, das ist ungefährlich. Wenn wir »ns auf diese moralische Mitwirkung beschränken, so wird auch nicht leicht Jemand um deswillen seinen Austritt aus dem Börsenverein erklären. Etwas ganz Anderes ist es, wenn Sie glauben, daß wir eine Executive ausüben sollen, daß wir also, nachdem wir geprüft haben, nun auch einen weiteren Schritt thun. In dem letzteren Falle würde ich glauben, daß es sehr bedenklich wäre, wenn der Vorstand des Börsenvereins das übernehmen wollte; dann würde ich vielmehr eine Special-Commission sür besser am Platze halten. Wollten wir jedoch nicht weiter gehen, als die Anträge des Verbands der Provinzialvereinc wünschen, dann ist es meiner Ansicht nach nicht nur unbedenklich, daß der Vorstand des Börsenvereins diese Aufgabe übernimmt, sondern ich meine, der Vorstand ist auch der Einzige, der dieselbe übernehmen kann. Denn gerade aus die Autorität des Vorstandes wird ja im gesammten Buchhandel das Schwergewicht gelegt. Wenn die Leipziger Collegen die Sorge ausgesprochen haben, daß der Vorstand des Börsenvereins einmal aus lauter Sortimentern bestehen könnte, so muß ich offen gestehen, ich glaube, derjenige, welcher das ausgesprochen hat, weiß ganz genau, daß dieser Fall nicht eintreten wird. Es steht ja auch in der Erklärung „Auf Widerruf"; da kann also, wie Herr Parey ganz richtig schon hervorhob, Jeder seine Erklärung widerrufen, dann ist er so frei wie vorher. Aber der Fall wird, glaube ich, nie eintreten, daß die Majorität, also vier von den Mitgliedern des Vorstands, Sortimenter sind. Herr Parey: Da wir von Anfang an von einer Executive glaubten Umgang nehmen zu müssen, so kann ich constatiren, daß Herr Morgenstern sich also in dieser Beziehung in vollständiger Uebereinstimmung mit mir befindet. Herr Vorsitzender Kröner: Herr Morgenstern sagte: wenn der Börsenvereins-Vorstand nicht weiter gehen will als vom Verbände vorgeschlagen, dann ist es unbedenklich, daß er selbst die Sache besorgt. Wir, meine Herren, haben aber bereits beschlossen, daß der Börsenvereins-Vorstand weiter gehen solle, und zwar durch die Beantwortung der zweiten Frage. Durch die Einladung an die Verleger und das wenigstens in der Debatte klar gestellte Princip, daß irgend Jemand entscheiden solle, sind wir ja über die Vorschläge wesentlich hinausgegangen, welche nur eine Ermahnung bezweckten. Ich möchte deshalb gern wieder da sortsahren, wo wir die Sache gelassen haben, nämlich zu entscheiden, ob das von gewisser Seite geltend gemachte Bedenken, daß die Verleger einmal unter das Judicium von Sortimentern kommen könnten, wirklich ein so unbegründetes ist, daß wir daraus keine Rücksicht zu nehmen brauchen. Wenn die Herren der Ansicht sind, so kann ich mich auch anschließen. Wir müssen uns also schlüssig machen, wie wir uns das Schiedsgericht denken, welches nota bans keine Executive haben, sondern nur dazu dienen soll, in streitigen Fällen zu sagen: „Wir haben den Fall geprüft, und nach unserer Anschauung liegt hier wirklich ein Grund vor, die Verleger an ihre Verpflichtung zu erinnern." — Herr Morgenstern: Ich betrachte die Bezeichnung „Schiedsgericht" nicht als ganz zutreffend; indeß kommt es ja aus den Ausdruck nicht an. Für mich ist die scharf gezogene Grenze gegeben da, wo eine Executive beginnt, wo man also hinaus geht über ein einfaches mahnendes Schreiben. Ich halte es nicht für bedenklich, daß der Vorstand des Börsenvereins ein mahnendes Schreiben erläßt; ich würde mich aber außerordentlich bedenken, auch nur einen kleinen Schritt weiter zu gehen. Herr Seemann: Es ist noch nicht ganz klar. Der Gang der Dinge würde meines Erachtens der sein, daß der Vorstand des Verbandes die über einzelne Firmen cinlaufenden Klagen prüft und, wenn er eine Klage sür berechtigt findet, sie an die erwähnte Commission bringt, — eventuell an den Vorstand des Börsenvcreins. Der würde die Sache nochmals prüfen, dann sein Votum abgeben, und an die angeklagte Firma schreiben: Höre mal, hier liegt eine berechtigte Klage gegen Dich vor: stelle die Sache ab. Wenn sich nun aber die Firma nicht darauf einließe, so würde es sich nur um die Frage handeln: soll dann von Seiten des Vorstandes des Börsenvereins resp. der Commission gesagt werden: Euch Verlegern, die Ihr Euch unterschrieben habt, theilen wir mit, daß die und die Firma sich unserer Mahnung nicht gefügt hat! Wenn Sie das unter einer Executive verstehen, dann würde keine Meinungsdifferenz vorhanden sein. Herr Morgenstern: Meine Herren! Gegenwärtig ist die Sache so. Die Beschwerden kommen an den Vorstand des Verbands der Provinzialvereine. Dieser Vorstand prüft die Angelegenheit und entscheidet sie. Was er sür weitere Schritte thut, wozu er sich für ermächtigt glaubt, das ist seine Sache. , Dieser Vorstand des Verbands nun hat die Erfahrung gemacht, daß man von gewisser Seite ihn sür parteiisch, besangen oder einseitig hält;' er wünscht deshalb eine Bestätigung seines Urtheils Einundsünszigster Jahrgang. 13S