Volltext Seite (XML)
^ 34. 10. Februar 1912. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt t d. Dtjchn. Buchhandel. 1797 seiner Schüler erfahren hatte. Gewiß, die Larischschen Thesen waren temperamentvoller vorgetragen, als man es in dieser Art Literatur zu lesen gewohnt ist, und mancherlei, was Larisch in zwischen in sein Buch hineingearbeitet hat, vermißten damals die fachmännischen Beurteiler. Larischs jetzt allgemein anerkannter Grundsatz lautete: alle Schrift muß geschrieben werden. Wir, die wir nicht zu den kalligraphischen Spezialisten gehören, meinen, das sei selbstver ständlich. Allein vor Larisch war es die Regel, Buchstaben zu zeichnen. Das heißt, man nahm Reißschiene und Zirkel und formte nun nach gewissen feststehenden Verhältnissen die einzelnen Zeichen. Man berief sich auf die Berechnungen Albrecht Dürers, ohne zu be denken, das; er erst mit dem Rechnen angefangen hatte, nachdem er mit dem Schreiben fertig gewesen. Die Produkte jener Schrift konstrukteure hatten denn auch nicht Dürersche Schönheit, viel- mehr waren sie unansehnlich, langweilig hingequält, matt, mark- und saftlos. Es war schäbige Fabrikware im Gegensatz zum guten und reizvollen Handwerk. Aus der Schrift wieder ein Werk der schreibenden Hand zu machen, ist die Forderung dieses Buches. Dazu mußten Auge und Hand erst einmal zurückgeführt werden auf die Grundformen der Buchstaben. Der Kern war überwuchert von Zierereien und Schnörkeleien, die sich deshalb einstellten, weil keiner mehr die Befähigung besaß, dem Buchstabenornament selbst Reize abzugewinnen. Larisch suchte oder erfand sich zu diesem Zweck Schreibwerkzeuge, etwa den Quellstift, der den Schüler zwingt, in wenig Zügen die Grundform aufs Papier zu setzen. Und zwar liegt das Wesen seiner Methode darin, daß der einzelne Buchstabe immer im Zu sammenhang: im Wort, im Satz, im Seitenbild betrachtet wird. Beim Lesen oder Schreiben kommt ja der Buchstabe als solcher kaum einmal vor. Immer sind es wie bei manövrierenden Soldaten geschlossene Sektionen, die aufmarschieren und als Ein heit anzusehen sind. Die beschriebene Seite verlangt also nach einem gewissen Rhythmus, die schwarzen Linien der Zeichen und die weißen Zwischenräume ''des Untergrundes, Höhe und Breite der Wortbilder, die Zeilenabstände usw. wollen in ein inneres Verhältnis zu einander gebracht werden. Darüber gab es vordem Regeln, Zentimeterweisheiten, die Larisch mit diesem Lehrgang ausgetilgt hat, um aus dem Schreiben wieder eine Sache des künstlerischen Gefühls zu machen. Das Gefühl für Schriftbilder war wieder in Einklang zu bringen mit dem Empfinden der Zeit. Der Impressionismus, von dem in diesem Buch eigentlich nirgends gesprochen wird, obgleich er der psychologische Ausgangspunkt für diese Art Schrift- Wirkungen ist, mußte sich auch in der Kalligraphie durchsetzen; das Auge, das sich vom Detail zu befreien begann, lernte auch an ge schriebenen Seiten die Gesamtwirkung, die dekorativ male rische Fläch enverteilung schätzen. Die neuen Ratschläge, die in dem Werk gegeben sind, sind beinahe alle durch das impressionistische Sehen gefunden. Was dann zur Folge hat, daß die von den Larischjüngern beschriebenen oder bedruckten Blätter ohne Farben, ohne Jllustrationsbeigaben, ohne Schnörkeleien dekorativ wirken. Die Schrift ist durch diese Befreiung aus den Händen armseliger Buchstabenkonstrukteure wieder zu dem, was sie von Anbeginn an war: zum erlesensten Flächenschmuck geworden. Die Angst, die man haben mußte, daß bei diesem Prozeß die Leserlichkeit der Buchstaben leiden könnte, hat Larisch an fänglich nicht zu beschwichtigen versucht. Im Gegenteil. Es kam ihm nicht darauf an, sich seinen künstlerischen Zwecken zuliebe über die gewöhnliche Lesbarkeit hinwegzusetzen. Das war nicht sein Ziel; aber es mag eine taktische Notwendigkeit gewesen sein, um seine Schüler von vornherein unberührt zu erhalten von der üblichen Buchstabenkneterei. Sie sollten erst ihren Duktus festigen, sollten erst einmal kalligraphische Möglich keiten im weitesten Ausmaße vor sich sehen; die Diagonale mit den Forderungen der praktischen Verwendbarkeit würde sich schon von selbst ergeben. Natürlich sind bei diesem Verfahren, das ganze Kerle voraussetzt, einzelne auf der Strecke geblieben, aber die Mehrzahl der jungen Kalligraphen schreibt doch so gut, so ausdrucksvoll und so leserlich, wie man es nur wünschen kann. Larisch ist immer ein bißchen über sein Ziel hinaus gerannt. Er hat mehr Begeisterung und Temperament, als man sonst bei Pädagogen anzutreffen gewohnt ist. Mit Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 79. Jahrgang. Wenn und Aber, wie andere, vorsichtigere Leute, hat er sich nie gern abgegeben. Was er einmal gefunden, was er als Überzeugung in sich trägt, spricht er frank und frei aus — mag es Widersprüche und Angriffe hageln, mag auch einmal eine Forderung allzu weitgehend gestellt sein. Es gibt daher wohl auch keinen, der in allen Punkten mit Larisch geht. Doch was wollen ein paar kleine Meinungsverschiedenheiten besagen gegenüber Anregungen, die als Ganzes so stark waren, daß sie sich durchsetzen mußten! Paul West heim. Kleine Mitteilungen. Inneneinrichtung und Dekoration von Sortiments- geschäfte». — Herr Hofbuchhändler Carl Geh in Konstanz schreibt uns: »Bezugnehmend auf den Artikel Inneneinrichtungen in Nr 24 erlaube ich mir, Ihnen als Drucksache einige meiner Geschäfts- Prospekte zu übersenden. Ich baute mein Haus vor 10 Jahren und ließ auch damals schon die vollständig neue Inneneinrichtung (Eiche, naturfarben) anfertigen, darum ist der damalige Stil, ob gleich nicht aufdringlich, für manches Auge vielleicht »überholt«. Mancher Kollege hat sich mein Geschäft schon angesehen, und ich darf ohne Überhebung sagen, daß es jedenfalls eines der vor- nehmsten in Süddeutschland ist. Ich bin gern bereit, gegen Portoersatz solchen Kollegen, die dafür Interesse haben, einen Geschäftsprospekt zuzusenden.« Internationaler Verleger-Kongretz — In der Inter nationalen Kommission des Verleger-Kongresses vertreten jetzt Herr A. Cornelis-Lebögue. O. Tryde. A. Meiner. I. Hetzel. Wm. Heinemann, 2. Vizepräsident. P. Vallardi. W. P. van Stockum jr., Präsident. W. Nygaard. Kommerzialrat W. Müller. I. Mortkowicz. I. A. Bonnier. H. Lichtenhahn. H. Bailly-Bailliere, 1. Vizepräsident. V. Ranschburg, G. H. Putnam, Ehrenmitglieder der Internationalen Kommission sind die Herren R. Fouret (Paris) und H. Morel (Bern). — Das Exekutiv-Komitee wird gebildet von den Herren W.P.van Stockumjr., Präsident, H. Bailly-Bailliere,!. Vizepräsident, Wm.Heinemann, 2. Vizepräsident, Or. E. Ehlermann, I. Hetzel und den Ehrenmitgliedern R. Fouret und H. Morel. — Leiter des Permanenten Bureaus ist Herr General sekretär A. Melly. Deutschland Frankreich Sroß-Britannien Italien Niederlande Norwegen Österreich Polen Schweden Sch weiz Spanien Ver. Staaten N.-A. Winke für den Verkehr mit dem Kaiserlichen Konsulat in Basel. — Porto. Im Postverkehr mit der Schweiz gilt der Auslandstarif, ein Brief bis 20 § ist also mit 20 H, eine Postkarte mit 10 H zu frankieren. Zur Vermeidung unliebsamer Verzögerungen ist es ratsam, für die Konsulate in der Schweiz bestimmte Postsendungen aus reichend zu frankieren, da mit Strafporto belastete Postsendungen, wenn sie von Privatpersonen herrühren, grundsätzlich nie, wenn sie von Behörden stammen, nur ausnahmsweise an genommen werden. Zoll- und handelsrechtliche Bestimmungen des Aus landes; Zollbeschwerdeverfahren: siehe »Winke für den Verkehr mit dem Kaiserlichen Generalkonsulat in Zürich« in Nr. 6 der »Nachrichten für Handel, Industrie etc.« vom 16. Januar 1912. Die Gewerbelegitimationskarten für Handlungs reisende, welche auf der Vorderseite den Aufdruck: »Gültig im Deutschen Reiche, in Luxemburg, in der Schweiz« tragen, sind nicht, wie vielfach angenommen wird, ohne weiteres in der Schweiz gültig, der betreffende Handlungsreisende muß vielmehr, wie auf S. 3,4 der Gewerbelegitimationskarte zu lesen ist, bevor er Bestellungen aufnimmt, eine schweizerische Ausweiskarte lösen, die ihm auf Grund der Deutschen Karte kostenlos ausgefertigt 235