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213, 15. September. Nichtamtlicher Theil. 3635 Nichtamtlicher Therl. Der Buchhandel und die graphische» Künste aus der Kunstgcwcrbc-Ausstellung zu Leipzig im Jahre 1879. II. Die historische Ausstellung.*) 1479—1840, so besagt die Inschrift über dem Portal des Saales sür die historische Ausstellung. Ganz correct ist diese Ueberschrist wohl nicht. Obgleich die Dcuckkunst erst spät in Leipzig cingesührt wurde, zu einer Zeit, als andere Städte schon Bedeu tendes geleistet hatten, so ist die Einsührungsgcschichte doch in Nebel gehüllt.**) Thatsachc ist nur, daß Andreas Frisner, Sohn eines Rathsherrn in Wnnsicdel, ein gelehrter Mann, der mit Johann Sensenschmid in Nürnberg zusammen gedruckt hatte, und 1479 nach Leipzig als Professor der Theologie berufen wurde, eine Buchdruckcrci mit sich brachte. Ob er aber selbst gedruckt hat, oder ob er vielleicht seine Ossicin einem der als die frühesten bekannten Buchdrucker übergeben hat, läßt sich nicht ermitteln. Im Jahre 1482 bekleidete Frisner die Stelle eines Rectors der Universität zu Leipzig. Er starb in Rom 1504. Ein datirter Druck aus Leipzig ist uns erst aus deni Jahre 1481 bekannt, derselbe trägt jedoch keine Drnckerfirma. Es ist ein sehr sauber aus gutes Papier gedrucktes Bändchen in kl. 4, so frisch ausschend, als wäre es erst vor einem Jahrzehcnd ans der Presse gekommen; ja manche noch nicht zehn Jahre alte Druckwerke aus der Neu zeit ans dem holzstosfenen vergilbten Papier machen den Eindruck eines weit höheren Alters. Es führt den Titel: ckobnis vitsr- biesis dlosn snx. ä-xoenlixsiin und das Impressum: I-iporb »ooovuxxxi in pkosto miobabolis. Der Schnitt der, namentlich durch ihre absonderlich geformten Initialen sich aus zeichnenden halbgothischen Thpe ist derselbe, mit welcher das erste mit Namen des Druckers versehene Buch Leipzigs gedruckt wurde: ^.Ibioi trnotntlllns ä« reximino boinilliö. Dies Buch rührt von Marcus Brandts her und erschien 1484. Identisch mit der Type der Apokalypse ist die Schrift insofern nicht, als 33 Zeilen des Draotatnlus gleich 32 der Apokalypse sind. Nicht weniger gut ist ein Lenocliotionnls des Marcus Brandts aus dem Jahre 1487. Die Notensysteme sind roth eingedruckt, aber be hufs handschriftlicher Einzcichnnng der Noten leer gelassen. Die Bücher Konrad Kachclofen's, den Manche sür den ersten Buchdrucker Leipzigs hielten, sind im Ganzen genommen nicht so schön gedruckt wie die der beiden Genannten. Eine Aus nahme bildet jedoch Kachelosen's vorzüglich ausgesührtes Meißner Nisos.1«, 1495, Fol., welches ein Juwel der älteren Druckkunst sein würde, wenn nicht die zu sirnißreiche Farbe das Papier theilweise durchzogen hätte. Der Druck ist roth und schwarz, die Notensysteme roth. Nicht weniger trefflich ist seine Behode und hübsche Rechenung aus allen Kausmannschasst, 1489, der erste in Deutschland nachweisbare Druck mit den ver besserten arabischen Ziffern, zugleich mit einer Menge mathe matischer Figuren illustrirt. Interessant ist Mclch. Lotther's: 1-ids.nius, cko uxoro lognnov cloolnmntio von 1511, das erste Leipziger Buch mit Antiqua gedruckt — sxxrossa novis kormis, wie es im Schlußwort heißt —. Mit griechischen Type» ist Rich. Crvcius, Inbulns (bei Val. Schumann) der Leipziger Erstlingsdruck. Hebräische Buchstaben, jedoch in Holz geschnitten, kommen in »> I. S. Nr. 207. **) Wir machen aus eine kleine Schrift von Or. G. Wustmann: „Die Anfänge des Leipziger Bücherwesens", 187 g, aufmerksam. Der Verfasser derselben hält dafür, daß die Kunst schon vor Frisner in Leipzig geübt wurde. C. B. L. Hermann von d,em Busche, I-ipolca vor, Druck von Martin Landsberg, 1521. Bedeutende illustrirte Werke hat Leipzig aus jener Zeit nicht auszuwcisen; cs fehlten hier die Künstler Nürnbergs, Augsburgs, Frankfurts und Basels. Ein kleines, reich illustrirtes Merkchen sind die „Geistlyche Lieder mit einer nevcn Vorrede v. M. Luth." von Val. Bapst, in dessen eigenthümlicher scharfkantiger Type gedruckt. DieSciten sind mit Holzschnitt-Einsassungen umgeben. Interessant ist es, aus dem Vorwort zu erfahren, wie ein so ernster Mann, wie Luther, über die Illustration denkt: „Wer nicht singen vn sagen wil, das ist ein Zeichen, das crs nicht glaubet, VN nicht ins new fröliche Testament, Sondern vnter das alte, faule, vnlustige Testament gehöret. Darumb thun die Drucker sehr vol dran, das sie gute Lieder fleissig drucken vnd mit allcrley zierde, den Leuten angeneme machen, da mit sic zu solcher Fremde des Glaubens gercitzet werden, vnd gerne singen. Wie den dieser Druck Valentin Bapsts sehr lustig zu- gericht ist, Gott gebe, das damit dem Römischen Bapst, der nichts denn heulen, trawren vnd leid in aller Welt hat angericht, durch seine vcrdampte, vntrcgliche vnd leidige Gesetze, großer abbrnch vnd schade» geschehe, Amen." Der Valentin Bapst war überhaupt ein ganzer Drucker. Ein Werk PH. Melanchthon's, looi prasoixul tbsoloZiai ist vortrefflich ganz in Cursiv ausgcfllhrt, nur die hervorgehobenen Sätze sind Antiqua. Einen von ihm gedruckten Katechismus erklärt schon Breitkopf für ein typographische Leistung, die der ersten Meister der Kunst würdig sei. Eine Bibel mit Illustrationen Cra- nach's, von Nikolaus Wollrab gedruckt, ist ebenfalls beachtens- werth. Wollrab gehörte, wie auch andere berühmtere Buchdrucker, zu den Männern, die gegen Luther wirkten, aber es nicht verschmähten, sich einen Profit damit zu machen, seine Schriften nachzudrucken. Ein sehr schöner Druck mit guten Illustrationen ist das Neue Testament teutsch von Martin Luther, ganz aus Perga ment in Melchior Lotther's Filiale in Wittenberg 1523 ge druckt. Seit 1518 hatte Lotther sür Luther gearbeitet und wurde von ihm bewogen, eine Ossicin in Wittenberg zu begründen, die von den Söhnen Melchior's betrieben wurde. Lotther überwars sich jedoch mit Luther. Hans Lust in Wittenberg wurde nun mehr der bevorzugte Bibeldrucker und Wittenberg überflügelte durch seine Druckthätigkeit im Interesse der Reformation Leipzig so sehr, daß die Leipziger nach Wittenberg reisen mußten, um dort das erste Jubeljahr der Presse, 1540, zu feiern. Wie schlimm es mit der Druckkunst im Ganzen beschaffen war, zeigt die ausgelegte Jubelschrist. Noch ein illustrirtes Büchlein aus Leipzig müssen wir er wähnen: Joh. Hilsrich's Reiß aus Venedig nach Hieru- salem. Druck von Joh. Beyer. Die eingedruckten Holzschnitte sind zwar ziemlich mittelmäßig, dagegen ist ein meterlanges Tableau mit Hunderten von Figuren in Umrissen genial con- cipirt und vortrefflich geschnitten. Es stellt einen festlichen Auf zug dar, anläßlich der Beschneidung des Sohnes eines reichen Mannes in Cairo. Ein mit gut an-geführten Nachbildungen von Münzen illustrirtes Werkche» ist die Kur sächsische Val vation vom Jahre 1593. Druck von Zacch. Bärwald. In einer Beziehung erwarb sich Leipzig schon frühzeitig einen bedeutenden Ruhm, den es sich bis auf den heutigen Tag ungeschmälert erhalten hat, nämlich in der guten Ausstattung und der Correctheit seiner Classiker-Ausgaben. Wir sahen solche von Jakob Thanncr (1498—1528), zum größten Theil mit einer semigothischen Type gedruckt; von Martin Laudoberg (1499— 495*