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^ 26, 2. Februar 1816. Redaktioneller Teil. fleißigt habe, alles kennen zu lernen, machte ich auch das und — kam drei Tage in den »Kahn«. Die drei Tage gehören, mit tiefer Trauer muß ich es be kennen, zn den schönsten meines bisherigen Soldatenlebcns. Ich fand -- endlich — mal wieder Zeit zum Schreiben und — gute Bücher: »Die Buddenbrooks«, Kcllermanns »Tunnel« und Sei dels unvergängliches »Leberecht Hühnchen«. Das war eine Luft. Ich saß in der warmen Wachstube und las — las — las. Unser Feldwebel kam, um nach mir zu sehen. »Na, ich dachte es mir doch«, meinte er, »da sitzt nun dieser Bücherwurm und liest. Sie haben überhaupt in Ihrer Zelle zu bleiben. Wie ist denn das Essen?« Ich erwiderte, ich sei ganz zufrieden, nur das Fleisch sei etwas knapp gewesen. Da brauste er auf. »Wissen Sie denn, daß Sie nur Wasser und Brot zu bean spruchen haben?« »Das weiß ich nicht, Herr Feldwebel, aber wenn ich dann vielleicht um etwas Wasser bitten dürfte . . .« ' Da nahm der Mann Reißaus. Wie alles Schöne nahmen meine drei Tage ebenso ein Ende wie vorher die drei Bücher. Ein Unteroffizier, der gut Bescheid wußte, da auch er schon, mehrmals sogar, angenehme Tage da ver lebt hatte, holte mich ab in den Graben. Ich meldete mich beim Kompagnieführer. »Landsturmmann T. Strafe verbüßt.« »Sie sind nicht Landslurmmann, sondern Grenadier, und dann heißt es auch ,Aus dem Arrest zurück'. Merken Sie sich das.« »Jawohl, Herr Leutnant, das nächste Mal werde ich so melden.« Kopfschüttelnd entließ er mich. Mit mir ist nun mal nichts zu machen. Acht Tage später stand ich wieder vor dem Kompagniefllhrer. »Herr Leutnant, ich habe eine Meldung zu machen.« Etwas mißtrauisch sieht mich der an. »Na, was gibt es denn?« Und nun schilderte ich, daß ich auf Grund von Berechnungen eine feindliche Batterie von mindestens drei Kanonen entdeckt hätte und ihre ganz genaue Lage. »So, so, Sie haben die Batterie entdeckt! Na, wir wissen schon seit neun Uhr von ihr, aber bisher noch nicht so genau. Sie werden vom Regimentskommandeur ein Lob erhalten. Wünschen Sie noch etwas?« »Jawohl, Herr Leutnant, ich brauche meines Geschäftes we gen zu Weihnachten dringend Urlaub, um den möchte ich bitten.« Am 15. Dezember fuhr ich nach Deutschland und am 21. stand ich schon wieder auf Horchposten. Urlaub hatte ich gehabt, aber obwohl ich drei Nächte durchgefahren war und drei durchgear beitet hatte, war ich im Geschäft nicht viel weiter gekommen. Die Zeit war doch zu kurz. Weihnachtsheiligabend verlebten wir im Graben. Die Fran zosen waren friedlich und ließen mir Zeit, den Unterstand mit Mispeln und Tannengrün zu schmücken. Hell strahlten die Weih nachtskerzen, und für jeden meiner Kameraden, meist blutarme Thüringer, hatte ich Kleinigkeiten von meinen nicht allzu reichen Schätzen aufgebaut, darunter auch Bücher. Nie werde ich diesen Abend, nie aber auch die Freude meiner Gäste vergessen, die mir selbst doch die größte Freude war. Einer, er hatte »Leanders Träumereien an französischen Ka minen« erhalten, ein in sich gekehrter, stiller Mensch, bat mich, in sein Buch einige Erinnerungsworte zu schreiben, und da kamen auch alle die anderen, und ich hatte lange zu tun, um allen Bitten zu entsprechen. Ich bin fest überzeugt, daß die Büchelchcn dauernd aufbewahrt und viel Freude in Thüringer Dörfer drin gen werden. Acht Tage später feierte die Kompagnie in Ruhe stellung ihr Weihnachtsfest. Es gab alles Mögliche, Pfefferkuchen und Gesreitenknöpfe, Zigarren, Bier und Taschenlampen, aber Bücher gab es nicht. Unsere Stellung befindet sich auf einem kleinen Höhenzuge, und die Franzosen liegen einige hundert Meter entfernt etwas tiefer. Da unsere Gräben ziemlich feucht sind, lag der Gedanke nahe, unser überflüssiges Wasser in die gegnerische Stellung zu leiten, und unsere Kompagnie erhielt den Auftrag, einen schmalen Wassergraben nach vorne zu ziehen. Bis zum Hals hatten wir uns schon in die Erde eingebuddelt, da rochen die immer recht neugierigen Franzosen Lunte und schickten einige Flieger herüber. Oben kreisten die feindlichen Flieger, unten arbeiteten wir am Graben, ich mit meiner Gruppe an der vordersten Stelle. Da brummte es drüben, und brummte wieder, und ein Trommelfeuer ging nieder, wie ich es niemals sonst erlebt habe, selbst in der Loretto-Schlacht sind auf einen so kleinen Fleck Erde nicht annähernd so viele Granaten geworfen worden wie hier. »Nur Ruhe, Ruhe« rief ich, aber schon stürmten die Kameraden davon. An einer engen Stelle des Grabens stießen sie alle zusammen. »Aus einander!«, schrie ich von hinten, doch zu spät. Ein entsetzliches Fauchen über meinem Kopse, ein fürchterlicher Krach vor mir, der Luftdruck wirft mich nieder, eine Granate ist mitten in die Gruppe gesaust. — Sieben Tote, einer leicht verwundet, lautete die amt liche Meldung. Der Leichtverwundete war ich. In der Revierstube zu E. erhielt ich die erste Pflege. Neben mir war ein Kamerad sanft eingeschlafen, ein Buch lag aus seinem Bette. Ich nahm es herüber, es war ein Roman »Waller L Sohn«, hatte einmal der Handwerker-Bibliothek zu Dingsda ge hört und war sehr schmierig. Trotzdem fing ich aus Langerweile an, es zu lesen und war nach zehn Minuten entschlummert. Als ich erwachte, lag das Buch auf einem anderen Bett — und wieder schlief sein Leser. Das Buch hat in dieser Weise mehrfach die Runde gemacht, ich kam bis Sei!« 24 und stellte fest, daß sehr viel von edlen und dämonischen Zügen darin die Rede war. Dann mußte ich aufhören, denn ich kam ins Feldlazarett zu B. Viel reicher war der Lesestoff dort auch nicht, er bestand aus einigen alten Nummern von Woche, Weite Welt (Jahrg. 1984) usw., aus drei gebundenen Büchern, einigen Kalendern und einer Unzahl frommer und patriotischer Broschüren, die niemals angesehen und lediglich als Unterlage für Mus-Stullen und zu ähnlichen Zwecken benutzt wurden. Es tat mir Weh, als ich das sah; wenn an Stelle all dieser Hefte Unterhaltungsbücher, etwa aus Reclams oder Hesses Bibliothek, gespendet würden, wie viel Freude könnte unfern armen Verwundeten damit bereitet werden! Nun liege ich in St. Quentin im Kriegslazarett. Aus dem Rathansplatz ist eine Buchhandlung der Kriegsmarketcnderei ein gerichtet, in der ich meine Kenntnisse in neuester Literatur wesent lich erweitern konnte. Aber mit der Lazarett-Bibliothek bin ich wieder unzufrieden, wieder ärgere ich mich über die Unmenge nie gelesener Broschüren, über die alten schmierigen Zeitschriften und Kalender, über den Mangel guter Unterhaltungsschriften. Doch ich hoffe, nicht mehr lange; im Schützengraben ist's doch besser. ün. Unsere Berufegerirssen im Felde. I. Deutsche Armee. Dritte Folge I (vgl. zuletzt 1915, Nr. 299.) Name und Vorname: Firma: Dienstgrad» Truppenteil: Gießler, Paul Gölitzer, Paul') Grebe, Wilhelms Häberle, Günter Herpich, Georg Hoff, Otto Hlllsmann, Otto") Klaus, Richard Leischer, Willy Moldenhauer, Albert 4) i. Fa. Fr Mango'd'sche Bucht), in Blautnuren i H F. A. Mayer'sche Bucht) in Aachen t. H. Dietrich Reimer in Berlin i. H. H L'ndemann in Stuttgart i. H. H Lin de mann in Stuttgart i. Fa. Baedeker'sche Bh. in Eider,'eid i. Fa. Otio Hlllsmann in lassen i. H. Muth'sche Verl.- Piok d. Serig'schen Buchhdlg., Leipzig i. H. Heer degen Barbeck in Nürnberg Deutsche San. Mtjsion Soph'a. i. Landw-Inf-Rgt. Nr. 65, Grs Bat. Leutn i. Landw -Fnf.-- Rgt Nr 11« Vizefeldm t La»dw.-- Jnf-Rgt. Nr. 124. i. Inf Rgt. Nr. 52, Ers Bat Gefr. t. 3 Landst.-Jnf.- Ers Bat. Leutn. im Tia n,Bat. Ebrenbreitstein. i. Landst-Hnf. Reg. Nr. ,3 Res -Ins N^t. Nr. 107. Krankenträger i. e. Bayer. Rgt. *) Siehe auch Börsenblatt 1915, Nr. 294. 2) Stehe auch Bbl. 1915, Nr. 22 u. Personalnachrichten 1916, Nr. 9. « ") Stehe auch Bbl. 1914, Nr. 216 u. Personalnachrichten 1916, Nr. 9. *) Siehe auch Personalnachrichten 1915, Nr. 304.