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Vorschläge zur Errichtung eines Neichswerbcamtes flir deutsche Kul tur und deutsche Arbeit macht. Nur in einem Punkt spielt ihm seine Frakturgegnerschaft einen Streich. Er will nämlich in den Auslands drucksachen ein für allemal die deutsche Schrift durch die Antigua schrift ersetzt wissen! »Über das geistige Leben eines Volkes«, heißt es in der Ein gabe, »unterrichten an erster Stelle seine Druckwerke auf dem Gebiete von Literatur, Wissenschaft und Kunst. Warum sollen nicht diese Kulturerzengnisse, die Tageszeitungen nicht ausgeschlossen, in den Hotels, bessere» Kaffeehäusern, Gesellschaftsräumen usw. des gesamten Auslandes anfliegen? Außer in der betreffenden Landessprache müssen unsere hervorragendsten illustrierten und anderen Zeitungen und Zeitschriften auch in deutscher Ausgabe vertreten sein. Da die Verleger diese Opfer nicht bringen können, so muß der Staat sie über nehmen, damit die Repräsentanten deutscher Kultur an keiner Stelle, wo Gebildete der Welt verkehren, fehlen.« — So weit, so gut. Auch der Forderung kann man zustimmen, daß alle diese Repräsentanten in einer würdigen Form erscheinen. Aber nun regt sich der Verächter der deutschen Schrift: »Deshalb müssen alle für diese Zwecke ver breiteten Zeitschriften in derjenigen Schrift gedruckt werden, die den fremden Völkern geläufig (?) und vertraut (?) ist, damit sie allen unseren Veröffentlichungen nicht wie einer fremden, unverstandenen Sache gegenüberstehen.« . . . »Das trifft bezüglich der Schrift bei der Benutzung derjenigen Schriftart zu, die in der ganzen gebildeten Welt als die zweckmäßigste und deutlichste gilt: bei der einfachen klassischen Antiguaschrift. Wir dürfen keine Schrift verwenden«, sagt Soen- necken weiter, »die dem reinen künstlerischen Blick als Rückstand er scheint, also nicht die Frakturschrift mit ihren durch nichts als durch Gewohnheit und das ewige Gleichmaß überlieferter behördlicher Vor schriften gestützten wirren Formen. Die Schrift darf dem Auslande nicht ein fremdes, ihm ungewohntes und abstoßendes Gebilde sein, wenn wir Anspruch auf ihre Beachtung erwarten wollen.« — An einer anderen Stelle heißt es: »Das kann ich ja nicht lesen, sagte ein gebil deter Ausländer zu einem Kaufmann, der ihm einen deutschen Kriegs bericht in einer unserer bedeutendsten Zeitungen zum Lesen reichte.« Soennccken scheint also der Meinung zu sein: Wer nur die Schrift der romanischen Völker und der Engländer kennt, der hat auch ohne wei teres die deutsche Sprache innc! — Nun noch ein Zitat und damit Schluß: »Wer unsere deutschen Schriftverhältnisse genau kennt und wer die Bedeutung einer Weltschrift für ein Wcltpolitik treibendes Staatswesen richtig cinschätzt, dem leuchtet ohne weiteres ein, daß unsere sogenannte deutsche Schrift mit dem Deutschtum, auf das wir stolz sind, nichts zu tun hat und für diese Zwecke nicht verwandt werden darf.« Sehr richtig sagt Soennccken: »Über das geistige Leben eines Volkes unterrichten an erster Stelle seine Druckwerke auf dem Ge biete von Literatur, Wissenschaft und Kunst«. Und sie tun das ganz selbstverständlich in der Sprache und der Schrift des Volkes, beim deutschen Volke also in der deutschen Schrift. Wie kann man dann aber sagen: »daß unsere sogenannte deutsche Schrift mit dem Deutsch tum, auf das wir stolz sind, nichts zu tun hat«? Auf den alten Streit »Fraktur oder Antiqua« wollen wir nicht eingehcn: aber die Meinung möchten wir zum Ausdruck bringen, daß wir in der heutigen Zeit auch den leisesten Schein vermeiden müssen, als wollten wir den Engländern und Franzosen nachlanfen, und wir haben das auch gar nicht notwendig. Unsere deutsche Schrift, unter welchem Begriff nicht etwa nur die landläufige Fraktur, sondern der ganze große, auf ihr fußende Werkschriftenreichtum zu verstehen ist, den Schriftkünstler und Schriftgießer im Laufe der Zeit geschaffen haben, ist nicht nur von vielen Gelehrten und Sprachwissenschaftlern als handelspolitisch und augcnhygienisch zweckdienlich anerkannt wor den, sondern sie ist auch nicht schwieriger und nicht unschöner als Dutzende von anderen nationalen Schriften, und der Ausländer, der die deutsche Sprache erlernt, wird sehr leicht mit der deutschen Schrift fertig. Der Eingabe des Herrn Kommerzienrats Soennccken wünschen wir, soweit sie die Errichtung eines Neichsamtes für deutsche Kultur und deutsche Arbeit betrifft, vollen Erfolg. Hinsichtlich der handels politischen Beurteilung der deutschen Schrift haben wir jedoch die Überzeugung, daß unser Auswärtiges Amt auf Grund der ihm zu Ge bote stehenden reichen und vielseitigen Erfahrungen sich dahin aus- sprcchen wird, daß »ein Weltpolitik treibendes Staatswesen« sich nicht dadurch zur Geltung bringt, daß es den mit ihm auf dem Gebiete der Weltpolitik in Wettbewerb stehenden Völkern nachlänft und um sie herum dienert, sondern nur dadurch, daß es sich mit Kraft und Entschlossenheit und, wenn nötig, mit Rücksichtslosigkeit durchsetzt durch die zwingende Unübertrefflichkeit seiner Leistungen ans allen Ge bieten, auch auf dem seiner nationalen Schrift, die ja jeder Verbesse rung zugänglich ist. Die allgemeine Schulpflicht in China. — Zur Ausführung des in China beschlossenen Planes, in diesem Jahre die allgemeine Schul pflicht cinzuführen, beabsichtigt das Pekinger Unterrichtsministerium, eine größere Anzahl von Universitäten, Mittelschulen und Volks schulen zu errichten. Sechs Universitäten sollen gegründet werden, nämlich in Peking, wo bereits eine besteht, Mukdcn, Nanking, Tschengtu, Hankau und Kanton. Die großen Provinzen werden in je 8 bis 12 Mittelschuldistrikte cingeteilt werden. Jeder Kreis wird außer ciuer Mustervolksschule eine gewisse Anzahl von gewöhnlichen Volksschulen erhalten. 8k. Das Urheberrecht an Musikwerken. Urteil des Reichsgerichts vom 14. Januar 1916. (Nachdruck verboten.) — Die Gesellschaft der Autoren, Komponisten und Musikverleger in Wien, die den bekannten Dcutschmeistcrmarsch verlegt, hat als Nebenkläger den Kaufmann A. Scholz in Hirschbcrg i. Schles., Geschäftsführer der Berger G. m. b. H., und den Kapellmeister Schiller wegen Verletzung des Urheberrechts in Anspruch genommen. Die Sache hatte sich folgendermaßen zuge tragen: Die Schillcrjche Kapelle war von Scholz im Abonnement ver pflichtet worden. Dabei hat Scholz jeden Monat bei Erneuerung des Abonnements ausdrücklich dem Kapellmeister Schiller gesagt, daß kciue österreichische« Noten gespielt werden dürften. Schiller sagte das auch zu. Als er einmal bei einer Ausführung seiner Kapelle nicht an wesend war, spielten zwei Musiker auf Wunsch des anwesenden Publi kums uud außerhalb des Programms den obengenannten Deutsch meistermarsch. Sie spielten das Stück sogar aus dem Kopfe, ohne irgend welche Noten vor sich zu haben. Als das dem Wiener Verlag bekannt wurde, ließ er Strafantrag gegen Scholz und Schiller stellen, und zwar, wie schon bemerkt, wegen Verletzung des Urheberrechts. Die Kapelle dürfe Stücke, die die Tantieme-Verpflichtung hätten, nicht aufführen. Die Strafkammer des Landgerichts Hirschberg i. Schles. fand jedoch in dem vorliegenden Tatbestand keine Verletzung des in Frage kommenden Gesetzes, da Schiller seine Abwesenheit während der Aufführung Nachweisen konnte, und er außerdem in das Programm derartige Stücke nie ausgenommen hatte, es also gar nicht in seiner Ab sicht gelegen habe, solche Stücke auch ohne Noten anfführen zn lassen. Scholz hatte auch seinerseits alles getan, was er in dieser Hinsicht tun konnte, da er ja bei jeder monatlichen Erneuerung des Abonnements ausdrücklich auf das Verbot hingewicsen hatte. Eine Verpflichtung, jeder Aufführung beizuwohnen, bestand für ihn naturgemäß nicht. Die Strafkammer wies daher am 2. Oktober 1915 die Cache zurück und erkannte auf Freisprechung. Die Revision des Nebenklägers wurde vom Reichsgericht als unbegründet verworfen. (Aktenzeichen 4 O. 782/15.) Post. — Mit der Stadt Colmar (Elsaß) ist künftig im inneren deutschen Postvcrkchr der Wertbriefverkchr gestattet. Die Wertbriefe nach Colmar dürfen nur bei Postämtern (nicht auch bei Postagenturcn, Posthilfsstellen oder durch die Landbrieftäger) aufgeliefert werden. Sic sind bei den Postämtern offen vorzulegen und dort nach Prüfung des Inhalts durch den Beamten in dessen Gegenwart von dem Auf lieferer zu verschließen. Der Verein deutscher Zcitungsverlcger über die Druckpapicrnot. — Eine nach Berlin einberufene, von mehr als 300 Mitgliedern aus allen Teilen Deutschlands besuchte außerordentliche Hauptversammlung des Vereins Deutscher Zeitungsverleger beschäftigte sich am 23. d. M. eingehend mit der Papierfrage. Es wurden folgende Entschließungen gefaßt: 1. Um die bereits cingetretenen Schwierigkeiten bei der Beschaf fung von Zeitungsdruckpapier nicht zu einer Papiernot ausarten zu lassen, beauftragt die heutige außerordentliche Hauptversammlung des Vereins Deutscher Zeitungsverleger den Vorstand, unverzüglich mit der Neichsregicrnng in Verbindung zu treten, um diese zu veranlassen, im Einvernehmen mit dem Vorstand des Vereins Deutscher Zeitungs verleger und nach dessen Vorschlägen ans dem Verordnungswege eine zweckentsprechende Einschränkung des Verbrauchs von Zeitungsdruck papier während der Kriegsdaner hcrbciznfiihrcn. 2. Die heutige außerordentliche Hauptversammlung des Vereins Deutscher Zeitungsverleger beauftragt den Vorstand, den Herrn Reichs kanzler zu bitten, gemeinsame Verhandlungen zwischen den Zeitungs- drnckpapierfabrikanten und den deutschen Zeitungsverleger» unter Leitung der zuständigen Regierungsstelle zu veranlassen, um für die Zukunft Verkaufspreise für Zcitungsdruckpapier festzusehen, die ein ungestörtes Fortcrscheinen der deutschen Zeitungen ermöglichen. Gleich zeitig beauftragt die außerordentliche Hauptversammlung den Vorstand, die Bestrebungen der deutschen Druckpapierfabrikation zur Aufrecht- erhaltuug ihrer Betriebe mit allem Nachdruck zu unterstützen. 3. In der Öffentlichkeit, selbst bei einer großen Anzahl von Be hörden, ist die irrige Auffassung verbreitet, daß die Zeitungsverleger 119