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Redaktioneller Teil. X- 247, 10. November 1919. Wer aber nicht zu befürchten braucht, daß eine mäßige Stei gerung des Auslandpreises den Absatz herabdrückt, oder wer der Meinung ist, daß auf jeden Fall der Gesamtabsatz des deut schen Buches keine nennenswerte Einbuße erfahren würde, so- daß das Interesse des einzelnen Verlegers hinter demjenigen des Gesamtbuchhandels zurückzustellen fei, hat zwischen zwei verschiedenen Wegen zu wählen: entweder einheitlicher Aus landzuschlag in Prozenten des Markpreises oder allgemein verbindliche Umrechnung in Auslandswährung nach einem den Tageskurs überschreitenden Satz. II.) Für die zuletzt genannte Alternative sprechen: die Sta bilisierung des Preises und die Unterbindung einer Valutaspeku lation im Auslande, sowie die vereinfachte Orientierung des ausländischen Bücherinteressenten über den Preis der deutschen Bücher. Nicht darauf kommt es hier an, in welcher Währung der Ausländer seine Schuld tilgt, sondeM in welcher Währung sie ausgedrückt ist. Schuldet er einen iw Mark festzuscyen« den Betrag, also z. B. -kt 100.—, so hat er, nach dem heutigen Kursstände der Mark, etwa 20 Fr. zu zahlen. Schuldet er einennach 50 Fr. bestimmten Betrag, so hat er stets 50 Fr. zu entrichten, wobei freilich diese 50 Fr. bei den Kursen des soeben genannten Beispiels entweder »Ä 250.— oder »Ä 166.50 oder -L 500.— bedeuten, sodaß er statt der 50 Fr. auch die entsprechenden Mark beträge zahlen kann. (Z 244 BGB.) Bei diesen Schwankungen ist aber zu berücksichtigen, daß, wenn das Ausland wieder 30 Fr. für 100.— zahlt, dann auch im Inlands vermutlich für .F 100.— dieselbe Ware erhältlich ist, die heute -kk 150.— kostet. Mit anderen Worten: Ändert sich der Kurs in der Zeit zwischen Entstehung und Tilgung einer in deutscher Währung verein barten Schuld, so bleibt zwar der Markbetrag konstant, aber der Markwert, das ist die Kaufkraft der Mark, ändert sich ent sprechend. Tritt diese Änderung aber für eine in fremder Wäh rung ausgedrückte Schuld ein, so ändert sich (bei Tilgung in deut scher Währung) zwar der Markbetrag, aber der Wert dieser ver schiedenen Beträge bleibt ungefähr der gleiche. Wenn somit der deutsche Gläubiger einen in fremder Währung ausgedrückten Betrag zu fordern hat, so besitzt er zwar eine variable Grüße, findet aber hierfür stets in der Entwicklung der eigenen Volks wirtschaft eine Art Ausgleich. (Fällt unser Markkurs weiter, so erhält er einen entsprechend höheren Markbetrag, dem aber eine noch weiter verringerte Kaufkraft innewohnt. Steigt der Kurs, dann erhält er zwar einen geringeren, aber kaufkräftigeren Markbelrag, also in beiden Fällen etwa den gleichen Wert. Das inländische Geld wird natürlich nicht darum im Auslande geringer bewertet, weil im Inlands die Preise steigen — diese von uns nicht vertretene Meinung bekämpft Elster, Finanz- u. Volkswirtschaft!. Zeitfragcn, Band 59, S. 17 —, sondern beiden Erscheinungen liegt häufig dieselbe Ursache zugrunde: Ein zunehmendes Mißver hältnis der Papiergeldmengen zum Vorrat wirklicher Bedürf- nisbefriedigungsmitlel. Die beiden genannten Erscheinungen stehen also nicht im Verhältnis von Ursache und Wirkung zuein ander, sie sind aber zumeist beide die Wirkung einer einheitlichen Ursache, sodaß sie regelmäßig parallel nebeneinander herlaufen.) Hingegen muß es dem nicht spekulationslustigen Ausländer lieber sein, eine Schuld in der Währung seines Landes ausge drückt zu sehen, weil er hier mit einem festen Wert und nicht mit einer variablen Größe zu rechnen hat. Natürlich wird mit solcher Rücksichtnahme auf das Ausland nicht das eigene Interesse hintangestellt: Denn die jetzigen Spekulaiionsmöglichkciten können für da? Publikum des Aus landes ein Anlkitz zur Zurückhaltung sein — infolge der Furcht, übervorteilt oder im Verhältnis zu den Preisen der Konkurrenz geschäfte nicht billig genug bedient zu werden — und daher das deutsche Buch im Auslande in Mißkredit bringen. Auch läh men sie möglicherweise die Unternehmungslust des auswärtigen Händlers, der Gefahr läuft, mit erheblichen Teuerungszuschlägen belastete Bücher in dem Fall zu teuer einzukaufen, daß unser Markkurs wieder steigt. Denn ein in Prozenten des Markpreises ausgedrücktcr Teuerungszuschlag kann zu einer zu großen Verteuerung des Buches führen, sobald sich der internationale 1000 Valutastand unserer Mark hebt, wie er umgekehrt bei einem weiteren Sinken desselben kein ausreichendes Korrektiv mehr schafft: ein Buch, das bei einem Ladenpreise von »Ä 10.— un§ einem Auslandaufschlag von 2007» im Auslande 30.— kostet, bringt dem Verleger beim Verkauf an das Schweizer Publikum zum heutigen Kurse etwa 6 Fr. (sodaß dieses insosecn noch wohl seil kauft, als es etwa für ein französisches Buch gleicher Art und Güte 8 Fr. zu zahlen hätte), Bei einem festen Umrechnungs kurse von »L 1.— — 50 Cts. hätte der Schweizer Käufer 5 Fr. zu entrichten, und zwar ganz unabhängig von der Entwicklung des Markkurses (solange sie nicht eine Erhöhung des Zwangs kurses nötig macht). Wird aber der genannte prozentuale Aufschlag zum deutschen Markpreise erhoben, so hätte der Schweizer Käufer — sobald unser Markkurz auf 40 Cts. steigt — in obigem Beispiel 12 Fr., und, falls er etwa auf 10 Cts, sinkt, nur 3 Fr. zu zahlen. Es würde sich also dann stets ein Mißverhältnis zum Weltmarktspreise ergeben. Mithin müßte sich die Höhe der Teuerungszuschläge dauernd dem jeweiligen Stande unseres Markkurses anpassen, wenn das deutsche Buch vor einer Über- und Unterbewertung und damit sowohl vor der Verdrängung durch die Konkurrenz (— die aiuwtts mutaackis auch für das Buch besteht —) als auch vor einer Verschleuderung bewahrt bleiben soll. Aus dem Gesagten erhellt auch, daß sich der ausländische Bücherinteressent, wenn der deutsche Verleger Auslandaufschläge zum Markpreise erhebt, nicht nur über die Höhe dieses sogen. Valutazuschlags, sondern auch über den jeweiligen Stand der deutschen Valuta zu unterrichten hat. Hingegen fordert das in der Verkaufsordnung vorgesehene Verfahren vom ausländischen Interessenten nur die Kenntnis des Umrechnungskurses. Daß jetzt der deutsche Buchhandel dem ausländischen Händler gegenüber energisch seine Interessen vertreten mutz, ist kürzlich im Börsenblatt (Nr. 232 v. 22. Oktober) unter der Überschrift »Auslandzuschläge und Kundenrabatt«- von einem Verleger eingehend dargelegt worden. Es kann also hier die Stellungnahme des auswärtigen Händlers zunächst einmal un berücksichtigt bleiben und auf die genannten sehr beherzigens werten Ausführungen verwiesen werdet^ (vgl. auch den in der gleichen Nummer des Börsenblatts abgedruckten Brief der Firma I. F. Lehmann, München). Der ausländische Buch handel sollte sich nicht nur die Frage vorlegen, was »der deutsche Verleger bekommt« (vgl. Börsenblatt, ebenda, »Wer schafft Rat und Ordnung?«), sondern auch die Frage, was er selbst vom ausländischen Interessenten »bekommt«, wie sich also sein Verdienst und sein Verkaufspreis beim deutschen Buche zu den jenigen beim nicht-deutschen Buche Verhalten. Er Hai doch schwerlich ein Recht darauf, bloß wegen der Not der deutschen Volkswirtschaft beim deutschen Buche einen-besonders großen Nutzen zu erzielen. Sicherlich sind aber die sonstigen vom aus ländischen Buchhandel angeführten Bedenken gegen eine unter schiedliche Preisberechnung bei In- und Auslandverkäufen der ernstesten Beachtung wert. Wir kommen hierauf noch zu spre chen (s. unter 3). Wenn bemerkt worden ist, der Deutsche könne nicht für seine Güter statt des staatlich anerkannten Wertmessers einen anderen einfllhren, sobald sie das Inland überschritten, so scheint uns folgende Grundlage des Valuta-Problems übersehen zu sein: Geld ist nicht nur Wertmesser, sondern auch eine selbst der Bewertung unterliegende Ware. Als solche wird es sowohl im In- wie im Auslande, trotz des unveränderlichen Nominalwertes, fortgesetzt bewertet, d. h. in seüO Brauchbar keit mit derjenigen anderer wirtschaftlicher Güter verglichen. Im Auslande wird dieser Vergleich mit dem Gelds der ein zelnen Staaten gezogen. Je nach dem, wie dieser Vergleich aus- sällt, entstehen Angebot oder Nachfrage. Auf dem Verhältnis von Angebot und Nachfrage beruht im In- wie im Auslande der jeweilige Tauschwert des Geldes. Einen Wert, der unbedingt unverändert, bleibt, gibt cs also im wirtschaftlichen Leben nicht. Ein Meter ist eins absolute, eine Mark eine relative Größe. Dies kommt auch in dem para doxen Satz zum Ausdruck, daß eine Mark heute 20 H wert sei.