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Dresdner neueste Nachrichten : 31.05.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-05-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id490223001-192405317
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id490223001-19240531
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-490223001-19240531
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner neueste Nachrichten
-
Jahr
1924
-
Monat
1924-05
- Tag 1924-05-31
-
Monat
1924-05
-
Jahr
1924
- Titel
- Dresdner neueste Nachrichten : 31.05.1924
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Seite 2 · , Winke- nolitilmeg Testament X Paris. W. Mai. Die Briefe, die nach den franzö sischen Kammerwhhlen zwischen dem Minister prcksidenten Poincarö und dem englischen Premicrs minister Mardonald gewechselt wurden, sind heute ver öffentlicht worden. « Der Brief Pakt-card vmn H. Mai, an Mardonald geschrieben, beginnt mit ipcr Erklärung dec- französifchen Ministcrpräsidcntcn,» daß er zu Beginn der neuen parlamentarischen Session die Demiifion feines Ministeriums überreichen werde » und daß er die Einladung, nach Ehequerö zu kommen, infolgedessen nicht annehmen könne, und fährt dann fort: »Die französische Regierung hat ohne Ein schränkung nnd Hintergedanken die Schluß folgerungen der Sachverständigen angenommen . nnd erklärt, daß sie bereit ist, die wirtschaftliche Einheit Teutschlands wiederherzustellen, sobald Deutschland das von der Reparationskommisfion ausgeftellte Pro aramm ausgeführt hat. Wir sind also mit Ihnen über tiefen Punkt vollkommen einig, da Sie den belgifchesi Ziiiiniftern Theunis nnd Humans erklärt haben, daß der wirtschaftliche Druck an dem Tage aufhören muß, an dem der Plan der Sachverständigen in Kraft tritt, daß aber dieser Tag, wohlverstanden, nur erst dann ge to m men ist, wenn die deutsche Regierung die Vor schläge der Sachverständigen angenommen und ihren Vorschriften Genüge geleistet hat. Die Sachverständigen nahen in ihrem Bericht gesagt, daß die Wiederherstel-» jung der wirtschaftlichen Einheit den Verzicht auf die» militärische Besetzung des Ruhrgebietes in sich schließe Ich weiß sehr wohl, daß keine britifche’ zxicqickung die Vesetzung gebiaigt hat, obwohl sic iiirl uns niemals Selbstzwech sondern nur ein Mittel mai-. Weniger als irgend jemand denke ich daran, Mißverständnisse zu erwecken, die ich vielmehr wie Sie gern beseitigt sehen möchte. Deshalb bin ich sehr an genehmberiihrt von der Art, wie Sie mit Theunis und Humans über diese Fragen gesprochen haben. Auch mir scheint es unnütz, auf die Vergangenheit zurück zugreifetr Wir haben immer erklärt, daß wir das Ruhrgebiet nach Maßgabe der deutfchen Zahlungen räumen werden und daß wir wünschten, es bald tnöglichst verlassen zu können, Aber wir glauben, daß es klug ist, Garantien zu behalten, um in der Lage zu bleiben, wieder Pfander für den Fall zu neh men, der unglücklicherweise nicht unmöglich ist, daß später von seiten Deutschlands ne u e Verfe h l u n - gen in seinen Reparationspflichten erfolgen werden. Sie haben Theunis und Humans gefagt, daß im Falle eines Bruches der durch Deutschland anerkannten Ver pflichtungen dieses England, Belgien und Frankreich ebenso einig sich gegenüber finden werde wie während des Krieges. Es scheint Ihnen jedoch schwierig, fch o n ietzt die Art der Garantien, die in einem derartigen Fall geschaffen werden müßten, nach einem gemein samen Uebereinkomnien zu bestimmen. Es versteht sich von selbst, daß Frankreich immer den Maßnahmen, die es allein ergreift, Maßnahmen vorziehen wird, die die Alliierten ge m ein s a m geprüft haben. .- Wir werden also die Wiederansbentnna der ietziaen i Psander stir den Fall ins snae taten. dass wir. was I ich siir nntndalich halten möchte, in gewissen Unaens F blicken nns nicht über die notwendigen Garantien ; einigen könnten. such in dieser Fraae scheint in « Ihrer Unierrednng mit den belgischen Minister-n der. Weg zu einer annehmbaren Löfnna iiir unsre beidenf ( Länder gegeben. j Auch ich hatte mit Thennis nnd Humans einej andre Frage des längeren gevritst, nämlich die Fragei der von der französischchelaischen Regie verwaltetea Eisenbahnen. Als die belgischen Minister diese Frage vor Ihnen angeschnitten haben, haben Sie besH merkt, daß diese Frage schon mit Leverve und einem4 englischen Delegierten geprüft werde, nnd ein Einver-- ständnis bald in Aussicht stehe. Auch Theunis und Humans waren wie ich nicht der Ansicht, daß es das befte wäre, die Sachverständigen eine praktische Lösung suchen zu lassen, die die finanzielle Einheit der deutschen Eisenbahnen, wie sie im Sachverständigenbericht vor gesehen ist, vereinbaren könnte mit den Rechten, die uns nach Artikel 10 der Rheinlandakte zu stehen, und deren Sicherstellung die französischsbelgische Regie zum wesentlichen Gegenstand hat. Das ist eine sehr wichtige Frage, die ich gern mit Ihnen geregelt hätte, sobald die Sachverständigen ihre Vorschläge formuliert hätten. Auch hier scheint es mir, daß nichts die Regierungen Großbriianniens nnd Frankreichs entzweien kann. Ich hätte mit Ihnen auch gern nber ba- Sicherheit-problem gesprochen, das heute einen wirklich ernsten Cha ra kte r trägt. Ich hätte mir gestattet, Ihnen in den nächsten Wochen Auskunfte zn übermitteln, die Gcllnvunusfeikr ver Technischen Hochschule Die Vollendung ihres 96. Lebensjahres beging die Dresdner Technische Hochschule mit einem Festaktns, der die diezjährige Gründungzseier nicht nur umfang reicher, sondern auch eindrucksvoller gestaltete als in letzten Jahren. Die alte Aula am Bismarckplatz erwies sich stir diese Festversammlung als viel zu klein und der Wunsch nach einem neuen Festsaal ein längst in Aussicht genommener Plan wurde wieder einmal von allen Seiten laut. Die Prosegorew nnd Stu dentens-hast hatte auch diesmal die reade, zahlreiche Gäste bei sich zu sehen, unter ihnen den neuen Minister sür Volksbildung Dr. Kaiser, den früheren Minister präsidenten Buck, den Landesbischos Dr.Jhmelg, Gene ral Müller nnd die besonders freudig begrüßten Nek toren der Universität Leipzig, der Bergakadcmie Frei berg und der Forstwirtschaftlichen Hochschule Tharandt. Nach einer festlichen Einleitungömnsik des Studenten orchetskers ldaz diesmal besonders diszipliniert klang) gab .e » - « , » Aufs-rathe des Rekiots 111-. Nägel nicht nur die LFettiiibnliche Begrüßung, sondern fügte dieser einen ericht über das letzte Hoch schuljabr an, da die diesjäbrige Rektoratsübers nabme weggefallen war. Dgs Gedächtnis der Ge storbenen - 8 Professoren, 2 Ebrendoktoren, Ehren senatoren und 17 Studenten - wurde feierlich geehrt. Ueber Veränderungen im Lebrkörpcr wurde berichtet und die noch immer steigende Frequenz der Studieren den charakterisiert tGesamtzahl aller Hörer: 3965.) Der Rektor vergaß nicht, hervorzuheben, daß die Stu dierenden der mechanischen Abteilung rasch in gute Stellungen unter-gekommen seien, während die Auf nabmesäMkeit in der chemischen Industrie noch immer stocke. « t besonderem Dank gegen die Regierung, aber auch nnter energischer Betonung des Wider standes der Hochschule wurde von der Abwehr des Ab bangespensies berichtet nnd dann die E r w e i t e r u n a des wissenschaftlichen Betätigung-- se ldes dargelegt. Für den Ausbau der Wirtschafts wiisenschasten ist ein e geneö Institut vorgesehen; das Amtszimdete Pädagogische Institut, das unter Lei mg s früheren Ministers Dr. Seyhfert den Volks- M nnd Vernsglebrern offenstebn at das srübere W in Dir-Leg kriegen-dessen Fig gis-g der Hochschule gehört. Auch die in große Nähe ge rückte Uebersiedlung der chemischen Abteilung in ihre neuen Institute an der Helmholtzstraße konnte der Rektor ankündigew Aussührlich wurde die Arbeit der »Studentenschast gewurdigt und die unentbehrlich ge wordene Hilseleistung für die wissenschaftliche For schung durch die Gesellschaft der Förderer nnd Freunde; dabei mit Dank an die Ella-und-Wilhelm- Kaufmann-Stiftung des Erwerbs der Bestände des früheren Reichswirtschaftsministeriumg in Leipzig ge dacht. Nach diesem Bericht gab der Rektor die Namen der neuen Ehrcndoktoren und Ehren ienqtoren bekannt. Zu Ehrendoktoringenieuren wurden ernannt der bekannte Architekt Wilhelm K reis ider Er bauer unsrer neuen AugustusbriickeL Dr. phil. Karl G o ß lig (Berlin), der Erfinder eines Portlattdzemeikts, Exzellenz Heinrich Meißner Pafel)a, ein früherer Schüler der Dresdner Hochschule, der in Albanien Außerordentliches als Jugenieur geschaffen hat, Kom merzienrat Ma F v. B leich e rt (Leipzig) für seine Verdienste um d e Fördertechnik,.nnd Geheimrat Dr. F r i e d r i ch v. H e n d e n sür feine Leistungen auf dem Gebiete der Heilmittel. Schließlich wurde noch Prof. DI-. Rudolf Mehnke (Stuttgart), dem bekannten Mathematiker-, der Titel eines Doktors der Technischen Wissenschaften elfrenbalber verliehen. Die Würde eines Ehr ensen a to r s erhielten Ministerialdireitori a. D. Geheimrat Dr. Hcrmann Schmitt, Kommer ienrat O s w a ld, Geheimer Kommerzienrat Sch l e i ch, 9Fabrikbefitzer Müller (Conneeticut), Konsul Rei m e r , Kommerzienräte Pfeife r , Georg G ii n t h e r igreibergy Franz Min k w i tz, Hugo He i n rieb ( wickau) Geheimrat Louiö Ernst , Koppe n b e r g (Riefa), Generaldirektor Ernst R il d i g e r tßodeivischi Fabrikant S ch n b e r t jun. (Zittau), Baurat M ü l l e r und Frau Hilda W a w r z i n i e k. Nach dieser mit-Beifall aufgenommenen Verkündigung schloß der Rektor seine eindringliche Rede mit den bofsnungsnollen Worten: »Des Tales Sohle ist endgültig überwunden. Die Not gab uns die beste Kraft um Ausstieg.« Wieder erklang Musik. Nun bestieg fis rose s so r Dr. rot-. pol. G e b r i g das paid-den um fein » Fekttedc über »Wir-tsch-« und Persönlichkeit« .zu halten, in der er eine der brennendsten Fragen der MADE-WILL Mc- Gxgixya M YLL mir, sei es durch General Nollet, sei es durch General Degoutte, zugeganan waren. Es scheint nicht zweifelhaft. das Deutschland Wächtiah die Bestimmungen des Verlailler Vet tcaas zu verletzen, und daß es fein Krieask material und seine militätischeu For inationen wiederherstelle. Jnfolge der Umstände, auf dsie ich keineswegs die Absicht habe zurückzukommen, hat Frankreich, aLs über Iden Friedensverttag von Veriailles verhandelt wurde nicht die Garantien erhalter aus die es Anrecht hatte- Eö wäre mir angenehm gewesen, mit Ihnen, dessen so aufrichtigen und entschlossen-en pazifistischeu Geist Orest-m Neueste Nachrichten Sonnabend Zi. Mai 1924 ich kenne, das Mittel zu suchen, mn in diesen wichtigen Fragen die Vorsichtsmaßmhmen zu treffen, die nicht getroffen wurden, und deren Nichtvorsbandensein dem Frieden »der Welt an dein Tage verhängnisvoll werden könnte, an dem die alliierten Heere die besetzten Ge biete räumen werden. Obgleich die Ereignisse es mir nicht gestatten werden, mit Ihnen diese verichiedcnen Fragen an prüfen, so lege ich Wert darauf, Ihnen bers lichkst für die Absicht zu dansken, in der Sie sie behandeln wollten« und ich werde nicht verfehlen, der Regierung, die mir folgen wird, die so vertrauensvollen Eindrücke zu vermitteln, »die Ihrc·llnierredung bei den belgiichen Ministern hinterlaser han« l» Mati"fbvåi«hi·åfF-E·lementc durch eine Bearbeitung, die mit den jesuitifchen Excfxziftien verglichen - dem Ruf nach den Führerin die leine Zeit so inbrünstig ! sucht wie die uns-fre; er zeigte, dafi wir zwar genug -«- Organisatoren besitzen, aber zu wenig Führer, die als T Vorbilder zur Nach-folge- zwingen und deren sozial « wirtschaftliche Einstellung sie von den in privatwirt - schriftlicher Einstcllsung befangenen Organisatoren « unterscheidet. Der Typus des Führers wurde gezeichnet mit seiner Aiktivitiit, anulsivität und seinem Enthusi ’ cis-mus, seiner Distansz zur Gesellschaft, die ihm aber doch das Organ seines Wirkens bleiben muß. Die Vor aussetzungen der inneren und äußeren Freiheit für iede Führerpersönlichkeih asbex auch die Bedingungen des Kantfchen Jmperatios wurden deutlich gemacht, nach ! dem jeder Mensch immer auch Selbstzwech nicht nur als Mittel zu gelten bat. Von dieser Definition der Per sönlichkeit ans betrachtete Redner die beuie vorhandenen sozialen Bedingungen, und kam zu dein Ergebnis, daß die Gestaltung des sozialen Lebens, wie sie die aller letzten Jahre gebracht haben, nicht günstig für Entwick lungs- und Wirlmigctmöglichleiten der Persönlichkeit sind. Das modern-e Verband-Moden mit feinen einseitig ökonomischen Erwägung-en, die Bitreailrkratisierttngs tendenz auch in Privatunternehmungen, die Schematifies rung durch Tarise wurde als ungünstiger Boden er kannt, und gefordert wurde eine W i rtschaftspo li tik, die individuelle Betätigung-Zmsöglichskeiten sichern shilft. Der Redner sah in einer Produktionsstcigerung lden ersten Schritt zum Ausbau, verlangte cin soziale-s Erziehungessystem gab besonders der Reform der staats wifsenichaftlikhen Studien an der Technischen Hochschule die Ausgabe, einen neuen Tin ioon Volls w i rte n mit heran-bilden zu helfen, einen Typ, der an den Grundlagen der Technik gelernt hatzind dem dann auf das ganze öffentliche Leben, vor allem dic Politik, größere Wirkungsntöglichkeiten gegeben werden müssen. Wirtschaft unsd Geistes-leben will der Redner einander ’niil)erbringen, damit im Sinne des Freiherrn vom iStein alle Kräfte der Freisheitsentwicklung auf das öffentliche Leben tonzentriert werden können. Sozi ale Fruchtbarkeit des Führertumsl In dieser Forderung gipselten Dr. Gehtigs Darlegungen die er mit einem Napoleomvort schloß: »Die Gewalt ist unfähig, etwas Bauern-des zu organisieren. Der Säbel muß hauste-Este weiches-F Auch diese Rede löste den lebhaftesten eifall aus. Mit klafsischer Mit-fix »be- Wer-n die fest-Ene- tssmnltgltxm .«. s Die Sowjetregiernng und die Masiets Von Adolf Grabowsky Moskam im Mai 1924 Am 10. Mai 1928 wurde der Sowjetgesandte W o rows ki in Lausanne ermordet; ein Jahr danach, am 11. Mai 1924, ist ihm in Moskau vor dem Kom inissariat des Auswiirtigen ein Denkmal errichtet wor den. Ein altinodisches Denkmal trotz der aiifsallenden Pole: liveit vorniibergebeugte Redncrsiellung und krampfig geballie Hand. Alimodiich, weil der malerisch weichliche Stil an die Zeit vor 20, 30 Jahren und an. die Namen Reinhold Begas in Deutschland und Fürst Trubetzkoi in Rußland erinnert. Die Einw eih u ng aber geschah in ausgeprägtester Soivietmaniert Tsihitscherin, Litwinoio, Krassim Radek und einige kleinere Götter hielten Reden, nnd zum Schlus; schritten unendliche Demonstrationszüge am Denkmal vorüber. Diese Züge sollten ursprünglich nur ganz allgeniein gegen die ~Weltreakiion« proiestieren, der nach hiesiger Meinung Worowski zum Opfer gefallen ist, unter dem Eindruck des Zwischensalls aber im Ge biiude der Berliner Handelsoertretung hatte man ihnen im letzten Augenblick eine starr antidcutsihe Spitze gegeben. So etwas klappt hier ausgezeichnet; die kommunistischen Zellen in den Betrieben erhalten einen Wink und reagieren sofort, indem sie die Jn schriften für die Banner verfassen, die im Demon strationszug getragen werden« Diesmal waren die IJnschriften fo, als ob der Krieg mit Deutschland un lmittelbar bevorstände Oder richtiger, der Krieg mit ’der Regierung Stresemanm denn man suchte die deut schen Arbeiter auszuspielen gegen die deutsche Regie rung, etwa in der Art: ~Deutsche Arbeiter, wollt ihr euch die Schandtaten der Siresemann und Weiß länger gefallen lassen?« Die Sowietregierung denkt natürlich nicht daran, sich mit diesen freundlichen Ermahnungen zu identi fizieren, aber sie braucht hier wie auch sonst die kochende Volksseele. Und sie kann darauf hinweisen, daß die Texte in der Tat nicht direkt von ihr stammen und daß mindestens die Moskauer Arbeiterschaft lehr empfindlich ist bei außenpolitischen Konflikten. Das hat sich in noch höherem Maße vor einem Jahr bei dem Londoner Ultimatum gezeigt, das mit der Kündigung des russisch-englisehenHandelsvertrages drohte. Damals sollen die Kundgebungen der Mos kauer Arbeiterschaft noch viel riesenhafter gewesen sein. Es ist bemerkenswert, daß dem russischen Proleta riat oder doch einem Teil dieses Proletariats von der Sowieiregiernng außenpolitischer Sinn angezüchtet worden ist. Wie wenig anßenvolitisches IJnterefie hat der deutsche Arbeiterl jWas in England das Ergebnis einer langen Ent wicklung ist, daß die Masse eng zufanimenhängi mit der britischen Weltpolitik, das ist in Rußland, wenn auch noch nicht erreicht, so doch in wenigen Jahren stark gefördert worden. Der Grund ist- daß dem rufsiichen Proletariat der Kommunismus immer ge zeigt wird im Rahmen der internationalen Aktion. Jnternationalismus und Nationalismus brauchen sich also nicht feindlich gegenüberzustehen In Deutschland freilich ist das fo, denkt der Deutsche inter national, dann vergißt er sein Vater land. In Russland aber ist feder kleinste Bauer so tief durchdrungen von der Weltmission des Russentums, daß für ihn der Jnternationalis-" mns nur die Projektion des Russentums nach außen bedeutet. Deshalb konnte auch der Bolschewismus ohne Schaden für das russische Nationalgefühl inter national sein, ja mehr: indem er die große Masse der Bauernschafi und die stiidtische Arbeiterschaft überhaupt erst mit Selbstbewußtsein erfüllte, schuf er auch erst das Nationalbewußtsein. Der russische Jmperialismus ist heute viel gefährlicher als zur zaristischen Zeit- Zwar wird von den bolfchewiftischen Machthabern immer wieder versichert, man denke gar nicht daran, das rusiifche Volk in einen Krieg zu ziehen, der nicht den wirklichen Interessen des Volkes entspreche, man werde also zum Beispiel wegen der zwei Millionen bessarabischer Bauern keineswegs Krieg beginnen. Das wird aber nicht hindern, dasz die russische Regie rung, wenn die Lage ihr günstig erscheint, durch einen leisen Druck auf den Knon dem Volk die Ueber- zeugung beibringt, daß in Bessarabien oder »in Polen oder sonstwo feine »Jntereifen gefahtdet seien. Es bedarf dazu wirklich nur eines leisen Druckes, sofort wird das Nationalgesühl wach.· Izu Bessarabiikhen ginge das besonders leicht, denn hier ist Ruszland durch Machinationeu, die mit dem «bessarabi schen Volks-willen gar nichts zu tun haben, die Sonne rtinitiit über das ganze Land entzogen worden. Dies stihrt zu der Kardinalfrage wieweit die Sowfetregierung nur Vollstreckerin des Volkswillens ist oder wieweit sie ihrerseits den « Volkswillen entscheidend beein ,flußt. Spricht man mit den leitenden Regierungs männern, fo versicheru sie einem, daß keine Regierung der Welt so abhängig iei von den Volkswiinliben wie die Sowieiregierung, dasz also keine Regierung demo kratischer sei. Die Kritiker aber des Bolschcwismnö behaupten, die Räteregierung sei genau so autokratisch wie der Zarismus, sie sei nur der Zarisnms mit negativem Vorzeichen Beides ist falsch- Wer auch nur kurze Zeit in den ruisischen Regie rungsapparat hineingeblickt hat, wird erkannt haben, wie beinahe ängstlich die Sowjetregierung aus die kleinsten Willensregungen,'ia sogar auf die kleinsten Gefühlsreguugen insbesondere der Vancrnsehait achtet. Ein tommunistisrher Führer sagte mir, was irgendwie in der tiefsten Provinz am Morgen Inassiere zum Beispiel Ztreikneigungen irgendeines Betriebes —, müsse in der Moskauer Zentrale am Mittag bekannt sein. Die Bekanntgabe erfolgt aber nicht durch den liureaukratischen Apparat, sondern auf dem Wege iiber die kommunisttsche Partei. Ueberall in jedem Betrieb, in jeder Behörde, in ieder Genossen schaft, in jedem Dorf gibt es eine komnmnistische Zelle, d. h. ein kleinstes Organ der kommuuistifchen Partei, das aber mit den größten Organen, der Zentral exekutive und dem Politbureau, in unmittelbarer Ver bindung steht. Hier zeigt sich wieder, daß der eigent liche Herrscher-sßußlands die kommunististhe iPartei ist, hier zeigt sich auch ein grober Vorzug dieser Regelung: die Fixigkeit der Anpassung an wechselnde Situationen jenseits aller bureaukratischen Schablone. Man erinnert sich der Diskussionen über größere Demokratie innerhalb tnitht etwa außerhalbli der kommnnistischen Partei, die im vergangenen Winter sieh abspieltcn. Sie sind überhaupt nur ent standen, weil bei verschiedenen Streiks der Nachrichten dienst der Partei nicht schnell genug funktionierte. Die Parteiovposition erklärte daraufhin, die Bureaukratie und Bonzokratie, die Reglementierung von oben, habe sich auch schon in der Partei eingenistet, und nur durch größere Heranzielmng des Gros der Mizglieder sei sdas zu vermeiden. Die Parteiopposition ist zwar nominell unterlegen, saktisch aber haben sich ihre An schauungen durchgesetzt. Es gibt also schon eine Art Temokratic im roten Rußland, nur daß sie nicht die 130 Millionen russischen Staatsbürger, sondern nur die vielleicht 700 000 Mit glieder der kommunistischen Partei umfaßt. Dies ist die neue Fiihrerschicht, die sich immer deutlicher ab zeichnet und die sieh auch in der Lebensführung als eine Art Ariftokratie zu erweisen sucht. Wer den An sprüchen an ein opferreiches nnd einfaches Leben nicht genügt, wird riicksikhtslos ans der Partei geworfen —s das ist die Generalreinigung der Partei, die sich jetzt noch radikaler als in den Jahren 1921X22 vollzieht und der besonders die Jntellektuellen mit nicht ganz proletarischem Standard anheimfallen. Neue Jntellektuelle werden kaum ausgenommen. Man verachtet die Jntelligenzichicht, die sich jetzt heran schleicht, und meint höhnisch, diese Herrschaften hätten vor drei Jahren kommen sollen, als noch der Anschluß an die Partei einigermaßen gefährlich war. Damals tobte der Vürgerkrieg, und jeder Kommunist mnszte darauf gefaßt sein, von heute ans morgen Weib und Kind zu verlassen, um auf irgendeine weitentlegene Front geschickt zu werden. Für die Arbeiter dagegen öffnet man die Parteitore sperrangelmeit. freilich auch nur fiir diejenigen, die das marxistifkhe Fege fe uemr passiert haben. gu- werben kann, in eine fo feste Richtung aetrieoeyfu sie aller Vorausfitbt nach ibr Leben lang nicht thun timka Und sie werden weiter bearbeitet auf den » däbligen Parteiversammlmiaen nnd auf den gkpw Parteilonferenzen und ironaresseir Auf Wen größeren Veranstaltungen spricht dann oft einer von den approbierten Führerin Jbre Reden werde spaltenlang in den Zeitungen veröffentlicht Manch mal hört man bei solcher Gelegenheit wesentliche Dinae zur außenpolitifeben Lage, und man bedauert daß das Ausland so wenig darauf achtet. Gedanmd springt aber fast niemals etwas beraus. Was den Parteiiniialiedern da vorgesetzt wird« ist immer daz felbe: marxiftifcher Drill, daneben reichlich optjmjstischc Propbeaeiungem wie die, daß Russland das jetzt m» so Prozent der Vorrrieggprodurtivttat leistet, bei du immer besseren Intensivierung der Arbeit unbedingt bald 150 Prozent leisten werde. Damit ist hoffentlich das Problem, wer in » « rauh den Ausschlag gibt, die Masse oder die FÜYZI klarer aewordent die auf ein Minimum »du-« zierte Masse, die Glite der Masse» Ue kommunistifche Partei gibt den Aug fchlag, aber diefe Partei ist eben so eingestellt, wie die Führer sie geformt haben und taalich aufs neue formen. Wer gesehen hat, wie die Partei sich auf der «sioniniiinistischen Universitat ·i»n Moskau, d» sp geuannten Siverdlow-Univerfitat, ihre Triarier »- zicht, der weiß erst überhaupt- was Parteischnluna lic deutet· Es ist ein imponierendes Werk, diese Und-»si tät, die sich auf zwei große Kollegien- und Senaan gebäude nnd verschiedene Jnternatsbauser umch Ußier werden die höheren Parteifunktiontire gebide« Sie müssen vorher drei Jahre in der Partei taiiq m« wesen sein, dann haben sie eines-txt Ausnalnneeranch zu machen, das aber weniger in der Frage noch « stimmten Kenntnissen besteht, ais in der Ekfoksch».» der Gefanitpersönlichkeit. Drei Jahre dauert dkk Knrsus; in der Hauptsache werden die sozialen Wissen schaften gelehrt (Marxismns und immer wird» Marxisiiius!), dazu anch Geschichte, Handel-» Um Verkehrsgcoaraphie, Biologie usw. 80 PWM d» Studenten find Männer, 20 Prozent Frauen· Einm liche Examina werden nicht gemacht, wohl aber wird jedes Jahr eine große Sänbernna der Anstalt mka geführt, eine Prozedur, viel schlimmer als H» Exavien. Anfang Juni dieses Jahre-s werden djp ersten Absolventeii entlaste-n 400 an der Zahl« M« kann sich denken, was diese 400 Menschen fiir dip Partei bedeuten, diese nach allen Richtungen durch gekneteten, dreimal gesiebten Leutc. Und so ges» H nun weiter Jahr fiir Jahr-. In andern Ländern haben wir die Jagd M-, Orden nnd Ehren-reichem in Russland will man in die kommunistifche Partei. Rote Pfadfinder und anij tommuuifiische Jugendbündehabewnch aufgetan, um sich vorzubereiten für den Eintritt in die Partei, Um sich zu rüsten für den großen Tag, da man die Parteitaufe erhält. · Besonders erinnere man sich auch der Roten sArmee, die heute nicht mehr dieselbe Bedeutung hat »wie ebedem siir den Zusammenhalt des Staates, dik aber immer noch im Mittelpunkt der Bewunderung steht. Wieweit diese Armee enropiiisch ausgeriisteteis Heeren begegnen kann, ist sehr die Frage, das W aber ist sicher: im Lande selbst wirken diese sti-mumk»» gut angezogenen Truppen als bestes Agitations miitel, ja sogar als Suggestionsmittel der Smij regierung. Ebenso suggerierend wirkt die Presse, da bekanntlich nur kommunistische Zeitungen erlaubt sind, Man denke schließlich an die Rechtsioreehinm dieser Sowietrevublik. Sie will nicht über den Wassern schweben, sondern sie will Klassen rechtspreehung sein, Justiz des Priiletgriata, die sich der angeblichen Alassenjnstiz der bürgerlichen Staaten entgegenstellt. Dabei ist freilite zu benwkkc», daß von der Somsetjustiz unter Umständen Mitgliede der kommunistischen Partei noch schärfer nimm-» werden als bürgerliche Elemente-. So ist es dem nom kapitalistischen Standpunkt fabelhast tüchtigen Direktiv der Prombank gegangen, den man zu sechs Pfahl-» Gefängnis verurteilte, obwohl ihm nichts dirs-.- Kriininelles nachgewiesen werden konnte. Alter al siommunist hatte er sich eine Lebensführung erlaubt-- Wein, Weiber nnd Spiel —, die allen Grundsätzen der kommunistischen Partei ins Gesicht schlug. tiiclsade wer sich in Westeuroba als Feind des Konmmniexmnxi siilsl!, muß wissen, daß die Geschichte von den Seit iriiitenten tiomtnnnisten eine Fabel ist. Aus diese oberslsirhläsnc Art darf man den rnisisehen Kommunismus uielit be kämpfen. Wer nicht begreift, das; hier Leute an der Arbeit sind, die sich selbst als Beispiel setzen, nnd die eben dadurch hoffen dürfen, sieh im Sattel zu halten iwird die Bedeutung des Bolschewismuks ich-vier ver kennen. Hier liegt der letzte, der eigentlich em scheidende Grund siir die Erfolge des Kommunismus beim heranwachsenden Geschlecht Deshalb vermindert jedes weitere Jahr Bolschewistenherrscbaft die Chancen einer Gegenwirkung ungeheuer. Wobei allerdings nur gesagt ist, daß die kommnuistisesse Vertei am Ruder bleibt, nicht aber iiber den Bestand des Kommunismus als Wirtschaft-Z -snstem. Diese sehr schwierige Frage sei dem »s---ss· » Artikel vorbehalten. W Kleines leicklleton i = Programm für Sonnabend Opernhaus: »Nic - manns Erzählungen«, Fäss. Schauspielhausi ,-J’«·! - arnjc KPIFMDC 128. - Neuftädter Sckihuspiclkiapis: 1 »Die heilige Iluireue«,l-äs. Neues Theater (im z Hause der Kaufmannschaft): »Vate: und Solm«. 1-·".-8- ; Residenztbeaier2 »Das Weib im Purpur-C «:-58. =· Wocheufmelplau der Dresduer Theater-« ppm L. bis 9. Juni. Opernhaus: Montag: »Oui«-n -nischc Vanernehre«, »Der Bajazzo«, 7. Dienstag: »Der fliegende Holländer«, 1--28. Mittwoch: --Fk«sl Dis-volqu läs. Donnerstag: ~Maktha«, 1-28. »stel tagt »Aldu«. 7. Sonnabend:,»Fal-staff«, I--««å8- BPTMI tag: »Das Rheingold«, Biss. Montag: »Die Quinte«- 6. Schauspielhaus: Montag: ~John Gabriel Borkman«, MS« (Anrechisrcihc B.) Dicnstaat »Esle Kronbraut«, Ves. (Anrerhfsreihe B.) Mittwoch: »Wir weißen Nöle«, I--«.-8. iAtnsechtsrciiic B.) Ton ncrcjtam »Maer Barbara«, läs. iAnßer Aiujcd)f«) Freitag: »Jlldith«, 7. iAnrechtsreihe B.) Smukavcndt »Der Kaufmann von Venedig-C 7. iAnrekliisrethe IN Sonntag: ~Major Barbara«, MS. (Auslek Antcst Montag: »Die Kronbraut«, Ves. (Anrckk)tsreihc A-) Ne·ltftädter SJauspielbauck Montag ,-,Die heilige Untreue«, lis. (BVB. Gruppe 1 2401 ins 3000, Gruppe 2 261Jm.) Dienstag, Mittwycht »Rich littgs-Erlvachen«, Ves. Donnerstag: »Die heiligc Un treuc«, M. (BVB. Gruppe 1 3001——3600, Gruppe 2 301—400·) Freitag: Gefchlossen. Sonnabend-, Sonn tag, Montag: ~Lady Frederick«, WI. lGastsptcl Hek mmc KörneU Neues Theater iim Haus EIN-« Kaufmannfchafik Montag: ~Vater und Sobu«, les (Bolksbiihne- 4801—5030.) Dienstag: »Vater und Sohn«, Eiss. (Volksbühnc.soBl—s27o.) Miit-poch: Ec ichlosseir.j Donnerstag: »Vater und SvhU"- »Is- HVolksbühne 5271-—5510.) Freitag: ~Vatek und Sohn - AS. (Volksbühne 5511457604 Sonnabend: »Vate- und Sohn«, Bis. lVolksbühne 5,761——6000.) Sonntag ,,Vater und Sohn«, Us. jVolksbühne I-—240.) MAT tag: »Vater und Sohn«, 128. tVolksbühne 241——480.) «- RFHdendthcaiew Allabendlich: »Das Weilt un Purpur-C His. Sonntag. Montag: »Mädi«, IM = Mitteilungen der Mle Otaatstbzaten »Opernhaus. In der Aussckbhmug von »Ach M Sonstian dem 1. Juni, singt Kam-mastian FMW Egemeisß der kü lich in Dresden mit einem Lieder- M sixi erseht-FOUwa M« Leg Ist-(
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