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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.11.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-11-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19021111026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902111102
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902111102
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-11
- Tag 1902-11-11
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Monat
1902-11
-
Jahr
1902
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7832 ähnlicher Mittel bedürfen, wie sie von Frankreich unb England für diesen Zweck verausgabt worden sind und für einen Teil ihrer Kolonien noch immer verausgabt werden. Die Seeräuberei im Noten Meere. Die „Agcnzia Stesani" meidet: In der Angelegenheit der Seeräuber im Noten Meere ist ein Abkommen z w i s ch c n I t a l i e n n n d d c r T ü r k c i auf folgenden Grundlagen abgeschlossen worden: Alle in der Umgebung von Midi cingeschlmsenen Seeräuber Sclialuppen werden zerstört oder dem Kommandanten Arnone ausgcliefcrt. Die nirüschen Bcbörden Iverden diejenigen Sce- ränbcr, welctie türkische Untertanen sind, ercmplarisch besirafen. Die von Arnone bezeichneten Seeräuber, welche nach der ira kieuischcii Kolonie Erylbrän zuständig sind, iverden von der Pforte binnen zwei Monaten nach Massauab auogelicfert. Die Pforte verpflichtet sich, in Zukunft die Seeräuberei mit der grossen Energie zu ahnden. An die Familien der beiden in Midi getöteten Seeleute wird eine Entschädigung von 15 000 Franken bezahlt; für die bereits früher geschädigten italienischen Untertanen in der crhthräischcn Kolonie wird eine Zahlung von 19 600 Talern geleistet. Tie Segelschiffe aus der Ernthräa genießen künftig von der Türkei dieselbe Behandlung wie die Schiffe der meistbegünstigten Nationen. Infolge des vorstehenden Abkommens hat die ita lienische Negierung den Kommandanten Arnone an gewiesen, sich wegen schleuniger Durchführung desselben mit den Lokalbehörden ins Vernehmen zu setzen. Sodann wird Arnone mit den seinem Befehl unterstehenden Schiffen, sowie mit den den Seeräubern weggenommenen Schaluppen nach Massauah znrückkehren. Deutsches Reich. * Berlin, 10. November. (Die Regelung des Ge- beimm ittelwesens.) Die BunbeSratSverordnung über das Gcbciiumitlclwesen soll bald veröffentlicht werden. Im Sinne des H 2 Les EniwnrfS sollen laut der „Franks. Ztg." als Gebeimmittel erklärt werden: Adlersluid, Amoral, Anginapastillen Neuineiers, Anliarthein- Präparate Sells, Antirheumatikum Saids, Antitussin, Anusol- Hämorrhoidalzäpfchen, Asches Bronchialpastillen, Barellas Magenpulver, Bcecham Pills, Bocks Pectoral, Brandts Schweizerpille n, Dicks Wundsalbe, Tressels Nerven sluid, EllimanS Embrocation, Eucalyptusmittel Heß, Fernets Lebensessenz, Fluor-Nheuniu, Gehöröl Schmidts, Glandulen, Glycosolvol Lindners, Hamburger Thee Treeses, HenselS tonische Essenz, Harzer Gebirgsthee, Lauers Hiengfongessenz zum innern Gebrauche, Hohls Blutreiuigungspulvcr, Injektion Bron, Injektion and Marico, Kalosin Loebcrs, Kaupastillen Bergmanns, Königs Nervenstärker, Kronenessenz Altonaer, Liebers Nervenkrastelixier, Lücks Kräuterbäder, Lücks Kräuterhonig, Lücks Spezialthees, Lücks Thee, Marienbader Reduktionspillcn, Mariazeller Magentropsen, Morison Pills, Orsfin, Pilules Larilla, Richters Coeapulver, Richters Kongopillen, Richters Lovapillen, Richters Lagosa-Salbe, Richters Pain-Expeller, Richters Sarsaparillian, Richters Ctomachal, Safe Remcdies Warners, Sana! Möllers, Schissmanns Asthmapulver, Schützes Ausjchlagsalbe, Schützes Blulreinigungrsalbe, Sprangers Balsam, Sprangers Salbe, Sprangers Tropfen, Trachts Magcnpillen, Tarolinkapseln GroetznerS, Tuberkeltod, Ullrichs Kräutcrwei», Bin Mariani, Vitafer-Präparate, Boß'Katarrhpill e>, Bulneral-Wundcröme, Weidcmanns Knöterich, Wein Tuslok, Weißmanns Echlagwasser, Wilhelms Thee, Zamba- kapseln, Lahrs Zematone-Asthmapulver. Geheimmittcl im Sinne des tz 6 des Entwurfs sind: Albers Remedy, Antineon, Bromtdia, Eatons Remedy, Liqueur de Laville, Noortwychs Mittel. Der genannte Paragraph lautet: „Geheimmittel, Lurch deren Berwendung die Gesundheit gefährdet wird, sowie solche Geheimmittel, durch deren Vertrieb das Publikum in schwindelhafter Weise ausgebeutet wird, dürfen nicht angeboten oder feilgehalten werden. Welche Geheimmittel diesem Verbot unter liegen, bestimmt die Landeszentralbehörde." Zu beraten war in dem Ausschüsse zur endgültigen Fest setzung der beiden Listen über mehr als 170 Mittel. Die oben aufgezäblren wurden auf Grund einer Umfrage deS preußischen Kultusministers bei den Regierungspräsidenten und der aus den anderen Staaten eingegangenen Antworten ausgestellt. Darnach sind ungefähr 20 Mittel gänzlich ver boten, und bei etwa lOO ist die öffentliche Ankündigung untersagt und der Berkaus in Apotheken gewissen Beschrän kungen unterworfen. Es ist nicht unmöglich, daß die Listen noch nachträglich eine etwas andere Fassung erhalten werden. * Berlin, 10. November. (Der Tuckerbrief.) In Bezug aus die erwähnte Unterredung zwischen I)r. Peters und dem Abg. Bebel im Reichstag über den Tuckerbrief keilt der „Vorwärts" noch mit, vr. PeterS habe, als Bebel sich weigerte, seinen Gewährsmann in Sachen dieses Briefes zu nennen, daS Ansinnen gestellt, Bebel solle seine erste Behauptung über den Tuckerbriej außerhalb deS Reichs tag- noch einmal wiederholen, damit er (P.) ihn gerichtlich belangen könne. Bebel habe geantwortet, da- sei ein unmöglich zu erfüllendes Verlangen, er habe seine Angabe über den Tuckerbrief im Reichstage widerrufen, wie könne man ihm jetzt zumuten, wieder das Gegenteil zu behaupten? Das würde dann selbstverständlich seine Verurteilung wegen Verleumdung zur Folge haben. Soweit er unterrichtet sei, wolle er (vr. P.) einen Herrn, den er im Verdachte habe, sein Gewährsmann zu sein, verklagen ; das möge er tun, daun sei er (B.) genötigt, unter Eid eineAuSsage zu machen. In dem Prozeß vor dein Ober- Disciplinarbofe habe der Tuckerbries überhaupt keine Nolle gespielt. Or. PeterS behauptet bekanntlich seit Jahren daS gerade Gegenteil und wiederholt das auch jetzt in der Londoner Finanzchronik. — In der gleichen Angelegenheit macht rer Abgeordnete Schmidt-Elberfeld der „Köln. Ztg." folgende Mitteilung: „In der „Kölnischen Zeitung" vom 8. November, Nr. 878, befindet sich eine dem „Berliner Lokal-Anzeiger" entnommene Notiz, welche Folgendes besagt: AuS Anlaß der gegen den Abgeordneten Bebel gerichteten Angriffe wegen seiner Mitteilungen aus einem, angeblich vom Bischof Tucker berrührenden, den Or. PeterS belastenden Briese, hätte ich bezeugt, daß dem Abg. Bebel dieser an gebliche Brief Türkers in meiner Gegenwart vorgelegt lei. Das ist unrichtig. Ich habe laut dem stenographischen Berichte des Reichstags vom 20. März 1901 auf Ersuchen deS Abg. Bebel nur bezeugt, daß die ihm in meiner Gegenwart mündlich gemachten Mitteilungen, welche, wie ich hier hinzu fügen will, auö einem englischen Journale stammen sollten, von einer vertrauenswerten Person gegeben wurden; von der Vorlage eines Briefes habe ich nicht gesprochen. Dem Abg. Bebel wurde nicht die Benutzung einer Fälschung, sondern die Wiedergabe einer später als irrig erkannten Mitteilung, ohne vorherige genügende Prüfung, vorgeworfen. Daß dem so ist, beweisen die Ausführungen deS Herrn Abgeordneten vr. Arendt in der erwähnten Sitzung deS Reichstages. Der gefälschte Brief und dessen Vorlage be ruhen lediglich auf Erfindung des „Berliner Lokal-AnzeigerS"." UebrigenS behauptet auch die „Köln. Ztg.", in dem Ver fahren gegen PeterS habe der Tuckerbrief „keine aus schlaggebende Nolle" gespielt. — Bei Gelegenheit des Besuches des dänischen Kron prinzen am Kaiserhvse waren von Hannover auS wieder allerlei Gerüchte über eine bevorstehende Verlobung des deutschen Kronprinzen mit einer Prin zessin von Cumberland verbreitet worden. Tie Meldung wird dementiert. — Der Reichskanzler Gras von Bülow empfing am Montag den auf Urlaub hier anwesenden kaiserlichen Bot schafter in Washington v. Holleben und den neuernannten Direktor der Recktsabteilung des Auswärtigen Amtes, Wirk lichen Geheimen Rat v. FrantziuS. — Ter bisherige Botschafter in Wien, Fürst Eulen burg, soll, dem „B. L.-A." zufolge, jetzt vom Kaiser mit dem gesetzlichen Wartegeld in den zeitweiligen Ruhestand versetzt worden sein. Ter Wunsch des Fürsten, dauernd ans dem Staatsdienste zn scheiden, wäre vom Kaiser, der ihm auch das Großkreuz zum Noten Adlerorden mit Brillanten verliehen habe, abgelehnt. Der Gesundheitszustand deS Fürsten sei so wenig be friedigend, daß er vorläufig nicht im stände sei, sein Ab- bcrnfungSschreiben in Wien persönlich zu überreichen. — Der Geschäftsordnungskommission^ Les Reichstags ist am Freitag der prinzipielle Inhalt des An trags Broemel, ob im Lause derselben Diskussion ein ab gelehnter Geschäftsordnungsantrag von neuem gestellt werden kann, zur Entscheidung überwiesen worden. Ihr Vorsitzender, der Abg. Singer, halte, wie es heißt, bis zum Beginn der gestrigen NcichStagSsitzung vom Bureau deS Reichstags noch keine amtliche Milteilung über den Beschluß des Hauses er halten und war deshalb auch nicht in der Lage, eine Sitzung anzuberaumeu. Nunmehr ist aber die Einberufung der Kom mission sür Donnerstag erfolgt. — Gegen den verantwortlichen Redakteur der „Dentsch-asiat. Warte" in Tsingtau, Otto Corbach, ist wegen eines Artikels: „Offizielle deutsche Kvlonisatio n" vom kaiserlichen Gouver neur für Kiautschau, Trnppel, wegen Beleidigung von Gouvernementsbeamten durch die Presse bei dem Gericht zu Tsingtau Strafantrag gestellt worden. — Die Eisenbahndirektion Brom berg hat mehrere Neuerungen eingefübrt, die den vollen Beifall deS Ver bands organS der Eisenbahner finden. Dahin gehört, von unwesentlicheren Maßnahmen abgesehen, die Anordnung, baß die Wagenkcssel nicht mehr innerhalb der Werkstatt, sondern außerhalb derselben angebohrt werden, daß mithin diese Arbeit in frischer Lust zu erledigen ist. Als alle Erwartungen über treffend bezeichnet daS Eisenbahnerorgan die weitere Verfügung, die Lohnzahlung innerhalb der Arbeitszeit und zwar vor mittags stattfinden zu lassen. Wie verlautet, will die Direktion damit auch dem AlkoholiSmus entgegenwirken. Die Absicht der Direklion, diejenigen zu kennzeichnen, die am Nachmittage deS ZahlungStageS durch Trunkenheit arbeits unfähig sind, wird von dem Eisenbahnerorgan rückhaltlos gelobt, auch für den Fall, daß die Direklion den über mäßigen Alkohokgenuß durch strenge Maßregeln einzudämmrn suchen sollte. — Weihnachten sollte eine Konferenz der sozialdemo kratischen Gemeinde-Vertreter Preußens in Berlin stattfinden. Mit Rücksicht aus den in nächster Zeit einzuberufcnden sozialdemokratischen Parteitag für das Königreich Preußen, der hauptsächlich zu den preußischen LandlagSwahlen Stellung nehmen soll, ist aber von einer Einberufung der Vertreterkonfercnz Ab stand genommen worden. — Angesichts der im bevorstehenden Winter wiederum zu erwarten stehenden Vermehrung der Arbeitslosig keit ist von Wichtigkeit, seststellen zu können, wie in der preußischen B e r g w c r t s v e rw a l t u n g der Betrieb jetzt dermaßen geregelt ist, daß Arbeiterent lassungen in absehbarer Zeit ebenso wenig zn erwarten sind, wie Lohnreduktioncn. Auf einzelnen Werken hat so gar eine Vermehrung der Zahl der Arbeiter eintrctcn können. — Der Ches des Geheimen Eivilkabinets, Wirkliche Geheinirat vr. v. Lucanus, dessen Gesundheitszustand in letzter Zeit elwas zu wünschen übrig ließ, Hal sich, wie schon gemeldet, nach Wiesbaden begeben. Während seiner Abwesenheit von Berlin bezw. Potsdam wird er in seinen Amtsgesckiästen von dem Geheimen Regierungsrat von Ba ien t in i vertreten. Herr von Lucanus fühlte sich bereits im Lause des Oktober etwas leidend, so daß er der Einladung des Kaisers zur Teilnahme an der jüngsten Hosjagd in Blankenburg im Harz nicht Folge leisten konnte. - Am 15. November kommt vor dem hiesigen Schösfengricht eine Privatklage zur Verhandlung, die der Abg. Arendt gegen den Rechtsanwalt vr. Rosen stock wegen verleumderischer Be- leidigung angestrengt hat. Es handelt sich dabei um einen Bries, den vr. Rosenstock an Len Rechtsanwalt Stehmann in Hannover gerichtet hat, und der gröbliche und schimpfliche Verdächtigungen des Herrn Arendt enthalten soll. * Hannover, 10. November. Ein außerordentlicher Ber- bandstaz des Verbandes nordwestdeutscher Konsum vereine sand hier unter dem Vorsitze deS VerbandsdirektorS HeimS-Bremen statt, um zu dem Ausschlüsse der Konsum vereine auf dem Allgemeinen deutschen GenoffenschaftSlaze in Kreuznach Stellung zu nehmen. Von den 93 Vereinen deS Verbandes, der Hannover, Lippe, Hamburg, Bremen und zum Theil daS Herzogthum Braunschweig umfaßt, waren 59 vertreten. Es wurde mit 57 gegen 2 Stimmen beschlossen, aus dem Allgemeinen Verbände auszuscheiden. * Osnabrück, 10. November. Im Reichstagswahlkreise Meppen wird für die bevorstehende Ersatzwahl der nationalsoziale Pfarrer Naumann dem Zentrum das Mandat streitig machen. /X AuS Schlesien. Die nationalliberale Partei Niederschlesiens hält am Sonntag, dem 16. November, in Görlitz eine große öffentliche Versammlung ab; vvransgehen wird derselben eine Be sprechung der nationalliberalen Vertrauensmänner Nicderschlesiens. --- Altenburg, 10. November. In den Städten Schmölln, Eisenberg und Ronneburg brachten die Sozialdemokraten bei den Stadtverordnetenwahlen in der 3. Abteilung ihre Kandidaten durch. Allerdings haben sie in Schmölln nicht waschechte Genossen ausgestellt; wenigstens erklärte der eine von den zwei auserkorenen Kandidaten — Restaurateur Böttcher — ausdrücklich, daß er nicht zur sozialdemokratischen Partei gehöre. Trotzdem hielt man an seiner Kandidatur fest und hat ihn auch gewählt. * Bonn, 10. November. Die juristische Fakultät der Universität hat den Erbgroßherzog von Baden aus Anlaß seines Scheidens aus der Nheinprovinz z» ihrem Ehrendoktor ernannt. Das Diplom, das heute durch deu Dekan der Fakultät, Geheimrat Bergbvhm, in Gegenwart des Nektors Geheimrat Zittelmann und des Geheimrats Loersch in Koblenz überreicht wird, betont die frühere Zugehörigkeit des Erbgroßhcrzogs zur Fakul tät während seiner Studienzeit, seine treue Anhänglichkeit an die Universität und sein Verdienst um das Zustande- kvmincu der neuen Militürstrafprozeßordnung. iKölu. Z.j O Koblenz, 10. November. Zu Ehren des scheidenden Erbgroßhcrzogs von Baden hatte die Pro vinz heute nachmittag in der städtischen Festhalle ein Feslmahl zu 380 Gedecken veranstaltet, an welchem u. a. der Oberpräsident Nasse, Landeshauptmann Klein, die Generalität und der Bischof Korum von Trier teil nahmen. Der Erbgroßherzog hielt die erste Ansprache, in welcher er die wiederholte Anwesenheit Sr. Majestät des (Kaisers in der Rhcinprovinz während der letzten Monate erwähnte und hervvrhob, daß der Kaiser sich da bei von dem großartigen Aufschwünge des Handels und der Industrie in der Nhcinprovinz überzeugt und auch ihm gegenüber seiner Bewunderung Ausdruck gegeben habe. Insbesondere habe der Kaiser sich sehr lobend über die Düsseldorfer Ausstellung geäußert. Der Erbgroß- herzog wies dann darauf hin, daß der Kaiser seinen zweiten Sohn der Universität Bonn zugeführt habe, nach dem schon -er Kronprinz zn den akademischen Bürgern der Stadt gehöre, und fuhr, wie die „Koblenzer Zeitung" berichtet, mit etwa folgenden Worten fort: Dies alles ruft lebhafte Dankgcfühle hervor, an denen ich lebhaften An teil nehme. War cs doch das Vertrauen des Kaisers, welches es mir vergönnt hat, in dieser Provinz wirken zü können. Dieses Dankgefühl löst sich ganz besonders hier in der Nheinproving aus, wo ich Vaterlandsliebe und Kvnigstrcuc schätzen und kennen lernte. Ich bitte Sic, meine Herren, mit mir ciuzustimmen in den Nnf: Seine Majestät der Kaiser lebe hoch! Die Anwesenden stimmten begeistert ein. Oberpräsidcnt Nasse brachte sodann ein Hoch ans den Erbgroßherzog ans. Dieser erwiderte darauf dankend und versicherte, daß er und seine Ge mahlin die Jahre, die jic in Koblenz zugebracht hätten, zn den glücklichsten ihres Lebens zählten. /V In den Kreisen St. Goarshausen und M eiscuhci m fanden im Monat Oktober vier nativ uallibcralc Wählerversammlungen statt, nämlich zn Miehlen, Strüth, Becherbach und Meisenheim. Sic waren auch von Landwirten sehr stark besucht. Der Land- tagsabgeordncte Dr. Lvtichius berichtete über die letzten Tagungen des Hauses der Abgeordneten und er örterte sodann eingehend die wirtschaftliche Lage des Vaterlandes. Was den Zolltarif betrifft, so sprach sich derselbe für einen Ausgleich im Sinne der Negierungs vorlage aus. Die Ausführungen des Abgeordneten Lotichins ernteten reichen Beifall, besonders auch der zahl reich erschienenen Landwirte, welche eine Verstän digung nicht nur im Interesse der Industrie, sondern anck> der Landwirtschaft für dringend wünschenswert er achteten. O Darmstadt, 10. November. Der 'Großherzog empfing gestern den preußischen Minister der öffentlichen Arbeiten, Budde. Oesterreich - Ungarn. Landtagswahle«. * Wien, 10. November. Bei den Landtagöwahlen in den Landgemeinden Kärntens sind gewählt: 7 Deutscb- volklichc, 1 Slowenisch-Klerikaler, 1 Dentschnationalcr, 1 Parteiloser. Ein endgültiges Resultat (Völkermarlti steht noch and. Frankreich. Bergarbeiterbeweguug. * Lens, 10. November. Der Sekretär des« yn dikatesdez Arbeiter richtete an den Direktor der Bergwerke in Anzi n ein Schreiben, in welchem er diesem mitteilt, daß der Kongreß der Arbeiter nicht zufrieden gestellt sei. Man verweigere die Wiederauf nahme der Arbeit und verlange eine neue Zusammen kunft mit den Bergwerksbesitzern, um die Frage der Lohnerhöhung zu erörtern. Der Direktor -er Bergwerle in Anziu antwortete, durch den Spruch des Schiedsgerichts sei die Erörterung geschlossen. Da die Arbeiter sich ge weigert Hütten, sich dem Schiedsspruch zu unterwerfen, ob wohl man übcreingckvmmen sei, daß das Schiedsgericht souverän sein solle, so gehe es nicht an, die Frage von neuem wieder aufzurollcn. * Lille, 10. November. Etwa 5000 Arbeiter haben in den Kohlengruben des Bassin du Nord die Arbeit wieder ausgenommen. * St. Etienne, 10. November. Der National ausschuß der Grubenarbeiter richtete an die französischen Grubenarbeiter und das Arbciterprvletariat ein Manifest, in dem der Ausschuß der Gruben arbeiter z n r G e d u l d m a h n t, sie an die Annahme des Schiedsgerichts erinnert und den Gesellschaften Winkel zügc, Verschleppnngspolitik und schlechte Absichten gegen über den Ausständigen vorwiOft. Die Not und ent ehrende Unterwerfung einzelner Ausständiger würden die Gesamtheit nicht zum Nachgebe« be wegen, man würde vielmehr kämpfen bis zum siegreichen Ende. Gegenüber dem Proletariat er klärt der Ausschuß, daß angesichts der Kampfbcgicr nnd mala kickes der Arbeitgeber die Grubenarbeiter nicht mehr isoliert dastchen dürfen. Er fordert das gesamte Proletariat auf, sich am Kampfe zn beteiligen. Der Ausschuß appelliert an alle Arbeitcrverbündc, durch ein allgemeines entschiedenes Vorgehen sämtlicher Arbeiter die Bemühungen der Grubenarbeiter zn unterstützen. * Denain, 10. November. In einer Bersammlung von 2000 Bergarbeitern wurde die F o r t s e tz u n g d e s A n s- standeS beschlossen. In Lievin kam cs zu Zu sammenstößen ; die Gendarmerie ging mit der Waffe vor; mehrere Personen sind verhaftet. Großbritannien. Besuch Kaiser Wilhelms. * Saudringham, 10. November. Auf der zum benach barten Dersingham gehörenden Straße, welche die beiden Güter des Königs mit einander verbindet, wurden heute nachmittag vom Kaiser Wilhelm, dem König und dem Prinzen von Wales im ganzen 13 Büunrc gepflanz t. Der Ceremonie wohnten auch die Königin, zwei Söhne des Prinzen von Wales, Prinzessin Victoria, Prinz und Prinzessin Karl von Dänemark, der deutsche Botschafter ln London Graf Wolff-Metternich, -er englische Botschafter in Berlin Sir F. Lascelles, sowie die beiderseitigen Ge folge bei. Einwohner des Kirchspiels waren als Zu schauer geladen. Einer der Pächter des Königs überreichte am Schluffe der Feierlichkeit eine Adresse. Darauf fuhren „Dein Ehrenwort, daß alles nach meinem Wunsche geschieht. - Sieh dich nm, wir stehen allein, aber doch vor Gott. Er hört dich!" Er reichte ihr seine Hand. Sic zögerte und kämpfte mit ihrem Stolz und Trotz. Alles hatte sie sich in ihrer freiwilligen Verbannung anocrs ausgcmalt. Ans immer wollte sie spurlos verschwinden. Und nun sollte sie überwacht, beaufsichtigt werden, den Druck der Kette weiter fühlen? Sic blickte Werner an, er hielt sie mit seinen Augen im Bann. Langsam hob sie die Hand und legte sie in die seine: „Ich schwüre, daß ich alles tun werde, was du willst, Werner!" Er atmete ans: „So, ich vertraue dir! — Und nun komm, Kind, ich werde dir den Weg zur Freiheit bahnen. Aber wenn dir der Kampf zu schwer wird und du flügel lahm bist. Erna — dann mach' mir keine Borwürfe, son dern schreibe, und ick, werde dir zur Seite sein!" Fünftes Kapitel. Der Kamps ums Dasein. „Ich bin Ihnen sehr dankbar, Fräulein Tonstark, was hätte ich ohne Sie bloß angefangcn?" „Haben Sic denn schon alles ansgcpackt und ein geräumt, Fräulein Bolmann?" sagte die hagere, lange Dame nnd blickte Erna an, die ermüdet auf einen Stuhl gesunken war. „Ja, ich bin mit allem in Ordnung!" „Himmel, wie haben Sie nur all die Sachen auS dem monströsen Nicsentvffer in der einen Kommode und dem einen Schrank nntergcbracht? Sie waren ja wie für eine Ewigkeit oder eine Ncise um die Welt ausgestattct!" „Ganz einfach, ich habe all die Balltoiletten, Seiden kleider und Luxusartikel im Koffer gelassen und auf den Boden transportieren lassen. Ich will mir einen Brot erwerb suchen, was soll mir da die Eleganz? Aber setzen Sie sich doch, bitte!" Die Ausgcfordcrte nahm Platz und betrachtete Erna lächelnd: „Und wie nennen Sie dieses graue Tuchtlcid, das bei jedem Schritt im seidenen Futter ranscht und in seiner Machart den ersten Schneider verrät?" „Behüte, das ist mein einfachstes!" rief Erna er schrocken. „Das ist die kostbare Einfachheit der großen Weltdame, liebes Fräulein. Nein, wenn sich Ihre Verhältnisse plötz lich geändert haben nnd Sie zum Geldverdienen zwingen, dann dürfen Sie nicht in Seide rauschen. Ueberhaupt ist Ihre prachtvolle Gestatt und Ihre Schönheit an und für sich auffallend genug. Das geht in Paris nicht! Sie werden es bald sehen! Haben Sie noch sechzig Francs übrig, damit wir Ihnen morgen einen einfachen Anzug besorgen, der sür unsere bescheidene Pension in der Rue des Martyrs, für den Montmartre, paßt?" „Für sechzig Francs gibt es doch nichts! Ich kann doch nicht wie eine Arbeiterin gehen!" Fräulein Tonstark ergriff ihre Hand. „Sie haben mir Ihr Vertrauen geschenkt, liebe Reisegefährtin, und sind mir. ohne mich zn kennen, in meine alte Pension bei Madame Rvdier gefolgt. Ich bin ein verstaubtes, altes Wesen und als Klavierlehrerin, die kommt und geht, nicht von Liebe verwöhnt. Ihre naive Weltfremdheit, Ihr traurig-schönes Gesichtchen haben mich aufs tiefste gerührt. Ich bin ja so froh, daß ich für ein junges, hülfloses Wesen sorgen darf! — Ueberlasscn Sie mir Ihre Erziehung zur Armut, Ihre Vorbereitung für den Kampf ums Dasein!" Ihre Stimme klang bittend und ergriffen. Erna nahm gerührt ihre Hand. — „O, mit tausend Dank, Fräulein Martha, helfen Sie mir, und seien Sie nicht böse, wenn ich manchmal unwirsch werde, wenn ich Ihnen nicht mein Inneres gleich offenbare. Ich habe so Grausames, so Fürchterliches erlebt, ich bin noch so wund, das; ich erst mit mir selbst fertig werden muß!" „Selbstverständlich, Fräulein Erna, ich verstehe das und dränge mich nicht in Ihr Vertrauen. Die Arbeit wird Ihnen Helsen, nnd wenn Sie mir später einmal Ihr Herz ausschüttcn wollen, dann werde ich mich freuen nnd wie eine treue Freundin hören und schweigen! — Also morgen fahren wir zum Bon March«- und besorgen alles Notwendige, dann kann die Frau des Concierge, eine brave kleine Person, die auch für mich schneidert, Ihnen dtc Sachen anfertigen. Haben Sie das Geld?" „Gewiß, cs ist noch von dem Patengcschenk meines Va—, väterlichen Freundes, dreitausend Mark, das ist aber alles, mehr wollte ich nicht nehmen, und damit wer den wir nicht weit kommen!" Die Klavierlehrerin schlug die Hände zusammen. „Dreitausend Mark! Kind, da sind Tie ja reich wie Roth schild! Davon können Sie fast vier Jahre leben, selbst wenn Sic keine Arbeit finden. Wo haben Sie das Geld?" „Fünfhundert Mark trage ich bei mir. Der Nest ist oben in einer amerikanischen Kassette im Koffer!" ant wortete Erna und verschwieg, daß ein Fest daheim oft das Vierfache gekostet. Sie fühlte bedrückend, daß sie keine Ahnung vom Leben lmtte. Wie eine Bettlerin war sie sich vorgckommen, als sie mit der kleinen Summe, ohne Ge sellschafterin und Zofe, mit einem einzigen Koffer avgcreist war. Ihr Elen- aber war ihr wohltuend gewesen. Nichts uichr wollte sie denen daheim danken! Nichts! Und nun hielt man sie für reich. Jahrelang konnte sie von den paar Pfennigen leben — ihr Hauskleid wurde für kost bar und elegant betrachtet? Ihr Stolz bäumte sich auf; aber das Erstaunen überwog. Erna erschrak, als Fräulein Tonstark energisch rief: „Nein, Kind, das erlaube ich nicht! In den nächsten Tagen tragen wir Ihr Geld zum Bankier, wo cs noch Zinsen bringt. Und Ihre herrlichen Schmucksachcn bringen wir zum Anfbewahrcn auch hin. Ich wohne zwar acht Jahre hier im Hause, ohne daß etwas passiert ist; aber man kann nie wissen. Ihr inhaltreicher Koffer könnte gestohlen werden, verbrennen! Nein, da oben ist er mir nicht sicher genug!" „Madame Nodicr hat auch Möbel und Körbe in dem Raume stehen, erzählte sie mir", wandte Erna ein; aber ihre Beraterin gab sich nicht zufrieden. Die dicke Wirtin holte jetzt diese beiden Damen nnd noch eine andere Pensionärin, eine Lehrerin in einer städtischen Schule, zn dem sehr bescheidenen Diner in das Speisezimmer. Erna, verwöhnt wie sic war, würgte die Mahlzeit tapfer hinunter. Dann plauderte sie noch mit den anderen und zog sich früh in ihr Zimmerchen zurück. Da stand sie nun an dem kleinen Fenster und schaute in den schmutzigen Hof hinab. Wie eng der Raum war, wie bescheiden die Möbel! Die Straße, die ganze Gegend kam ihr so arm vor. Sie dachte an die prächtigen Räume daheim, den herrlichen Park, die blaue Alster. Dann an Madame Fleurys elegante Pension, wo sie die Hauptrolle gespielt! — Tränen rannen über ihre Wangen. — Aber so, wie es jetzt war, paßte es besser für sie, das fremde Waisenkind aus dem Volke. Wie anders wuchs -er kleine Felix auf! Geliebt, reich, als ehrliches, rechtes Kind einer großen Familie! — Tie schämte sich über ihre Namen losigkeit. Sie haßte beinahe den ihr nicht zukominendcn, erborgten Namen, den sie tragen mußte. Verbittert entkleidete sie sich und warf sich auf das Bett. Otto von Svndheim mit seinem sonnigen Zauber tauchte in der Dunkelheit vor ihr auf. Seine glühenden Blicke und Liebcsworte, seine Erklärung fielen ihr ein, der letzte glanzvolle Ball, wo sie glückstrahlend sich als seine Braut gefühlt hatte. Und dann jener gräßliche Tag, wo sic Eduard geschlagen, und er ihr die grausame Wahrheit ins Gesicht geschleudert! — Erna stöhnte und verbarg schluch zend ihr Gesicht in -en Kiffen. Nun lag der Geliebte mit zerschossener Schläfe tot im Sarge, an der Seite des Kirchhofes, wo die Selbstmörder verscharrt werden. Die blauen Augen waren erloschen, die Lippen über den weißen Zähnen auf ewig geschlossen. Und war sie schuld daran, die Liebe zu ihr? Nein, der Vater, ^cr ihm das Geld verweigert, der ihn hätte retten können! Ter Ge danke machte sie fast wahnsinnig. — Wie eine Verstörte fuhr sie empor, stürzte zum Fenster und riß es auf. Wie ein dunkler Schlund lag die Tiefe vor ihr. Die Lust war schwül und räucherig. Hier merkte man den Frühling nickst! — Hinunter! Alles war dann aus! Die ganze Plage! — Das einsame, unglückliche Geschöpf beugte sich vornüber hinaus; aber sie fuhr zurück. Ihr Eid, — Werner!! — Sie durste nicht! Müde schlich sie zum Bett zurück. Erst gegen morgen kam die verstörte Seele der armen Erna zur Ruhe. Sic schlummerte ein. Ein Pochen an der Tür erweckte sic. Das kleine Dienstmädchen von Madamc rief sic znin Frühstück. — Hastig kleidete Erna sich an und erschien bei den anderen. Fräulein Tonstart musterte sic und fuhr ihr mit -en Fingern über die zarte Wange. „Blaß und überwacht, traurig sehen Sie aus, >lindck,en!" sagte sie in ihrer gnten Art. — „Gegen Kummer hilft nnr Arbeit. Ich habe heute noch einen freien Tag. Wir gehen gleich nachher, um «ns in Ihrer vorigen Pension nach den Herren, von denen Sie Rat erbitten wollen, zu er kundigen. Und dann in den Bon Marchc'. — Ein ordent licher Spaziergang wird Ihnen wvhltnn und mir auch!" Heller Sonnenschein lag über den Straßen, in denen sich Fuhrwerke und Menschen hastend drängten. Ganz Paris schien auf -en Beinen zu sein, als die beiden Damen ihren Weg antraien. Fräulein Tonstark in ihrer Einsach- heit sah just so ans, als sei sie eine Zofe, die die Herrin begleitet. Erna trug das dunkclgranc Tnchkleid mit einer dazu gehörigen Jacke, über die eine Spitzenschleife bis zur Taille herabfiel. Ein großer, weicher Filzhnt mit hell grauen Straußsedern saß ans den goldenen Haaren und be schattete das blasse, süße Gesicht, das sich beim liehen lang sam rötete. Die passenden Handschuhe, der elegante seidene Schirm vervollständigten ihre Toilette. — Biele Blicke folgten ihr; manche Vorübergehende blieben stehen und sahen sich nach ihr nm. Sic war in Gedanken versunken nnd merkte es nicht. Aber ihre Begleiterin achtete daraus. Halb freute sie das Aussehen, welches ihr Liebling machte, halb störte es sie und rief Sorgen in ihr wach. Aortse-un- folgt,)
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