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46 An meine Wähler. on verschiedenen Seiten bin ich für die Wahl in die Iste Kammer der nächsten Sländc- Versammlung vorgeschlagen worden, und ich halte eS für meine Pflicht, indem ich so als Wahlcandidat für die Iste Kammer in dem vii, vm. und IX. Wahlkreise auftrete, einige Worte über meine politischen Ansichten hier auözusprechen, um den Wählern damit eine sichere Unterlage dafür zu bieten, was von mir zu erwarten ist. Hoffentlich ist übrigens mein Sinn, mein politisches Sweben der Mehrzahl meiner Mitbürger schon seit Jahren nicht so ganz fremd. Ich will gleiche Berechtigung, wie gleiche Verpflichtung für Alle. Ich erkenne den verfassungsmäßig kundgegcbenen Willen des Volkes für das höchste Gesetz, ich erkenne nur das Gesetz allein für meinen irdischen Herrn an. Ich kenne nur eine Aristokratie, die der Gesinnung. Ich halte echt konstitutionelle Monarchie, in welcher eben der gesetzlich kund gegebene Volkswille zur Geltung gelangt, für die uns vortheilhasteste Regierungsform, wünsche aber deren stete und zeitgemäße Fortbildung. Ich will, daß unsere Staats- und Gemeinde-Verwaltung umgeftaltet und verein facht, daß das Selbstregieren der Gemeinden befördert, daß daS Steuersystem gleichmäßiger und daß jedes nur mögliche Ersparniß im Staatshaushalte gemacht werde. Deshalb würde ich namentlich für Abschaffung aller unnützen Hof- rc. Acmter, für Einziehung aller unnöthigen sogenannten diplomatischen Posten, für Beschränkung der Apanagen, für Beseitigung der Mißbräuche im Pensions-Wesen, für Beschränkung des stehenden Heeres und dagegen für sofortige Einführung allgemeiner Volksbewaffnung und für Einführung von PensionScasscn unter den Beamten w. selbst wirken und stimmen. Da für nächsten Landtag eine Umgestaltung des Staatsgrund- und des Wahlgesetzes, der Ge richtsverfassung zugesagt, da die Einführung von Schwurgerichten, da eine Prozeß-Ordnung, ein bürgerliches Gesetzbuch, ein Polizeistraf- und ein Haftgesetz (ksbens corpus - Acte), die völlige Beseitigung aller soge nannten Feudallasten bereits in Aussicht gestellt ist, deshalb aber für die Berathung hierüber im Ständesaale die Anwesenheit von Anwälten für die Rechte des Volkes sogar nöthig scheint, so glaube ich hiermit mein Auftreten als Wahlcandidat rechtfertigen zu können. Da übrigens zu erwarten steht, daß von dem Haupt- . Ausschüsse unserer Vaterlandsvereine ein allgemeines Programm aufgestellt werden wird, so erkläre ich im Voraus, daß ich demselben beitretc, insofern dasselbe, wie sicher zu erwarten, meinen oben aufgestellten Grundsätzen entspricht. Vertrauet Ihr, meine Mitbürger von Stadt und Land, der Ehrenhaftigkeit meiner Gesinnung; ich werde treu zu Euch halten, ich werde Euer Vertrauen nicht täuschen. Bautzen, den 27. November 1849. Höckner, Advocat.