Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.12.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-12-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19021223021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902122302
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902122302
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-12
- Tag 1902-12-23
-
Monat
1902-12
-
Jahr
1902
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
8996 bringen, so ist »sch da- ein Resultat, welche- unsere volle Sym pathie findet." Wahrscheinlich verschiebt die „Germania" die Auszählung ver weiteren Borteile „vom kirchlichen Standpunkte" deshalb, weil sie sürchtet, diese Aufzählung könnte diejenige Stelle, die sich wegen der Ernennung der Professoren mit dem Strass burger Bischöfin-Einvernehmen Zusehen hat,mißtrauisch machen und mithin dem Bischof Schwierigkeiten bereiten. Später, wenn die Ernennungen erfolgt sein werden, wird die Aufzählung sicherlich fortgesetztund der „Negierung" insonderheit klar gemacht werden, daß ein großer Vorteil des Abkommens vom kirch lichen Standpunkte darin liegt, daß die Regierung für „als baldigen Ersatz" zu sorgen hat, wenn der kirchlichen Behörde der Nachweis der mangelnden Nechtgläubigkeit eines Prosessors erbracht ist. Diesen Nachweis erbringt natürlich Rom und wenn dieses gesprochen, hat sich die Negierung unweigerlich dem Spruche zu fügen und alsbald genügenden Ersatz füi den Irrgläubigen zu schaffen. Die Freude der „Germania" ist also ebenso begreiflich, wie die des Kardinals Na in pol la, der schon dafür sorgen wird, daß der Ersatz die Bewohner deS Reichslandes nicht der deutichen Wissenschaft und dem deutschen BolkStume, sondern der römischen GeisleSunsreibeit und der römischen Feindseligkeit gegen deutsche Art wieder näher führt. Die deutschen Ackcrbaukolonien in Rußland. Au>s Petersburg, 21. Dezember, schreibt muiz uns: Die Bewegung unter den deutschen Ackeröaukolouien im südlichen und südöstlichen Rußland wird von den maß gebenden Kreisen in Peterburg mit großer Aufmerksam keit verfolgt. Der Hauptgrund der begonnenen Aus wanderung liegt offenbar in dem Fehlen neuer ver fügbarer Ländereien. Die russischen Behörden verhindern grundsätzlich, daß die an die deutschen Kolvniebezirte angrenzenden Ländereien, die in Händen nichtdentschcr Besitzer sind, von Deutschen angekaust werden, lind da anderseits die Kolonisten die allzu große Zerstückelung der einzelnen Höfe vermeiden, so müssen die jüngsten Bauernsöhne »u Russisch sprechenden Gegenden Land er werben. Bei dem so stark ausgebildeten deutschen Ge meingefühl, das alle Kolonisten beherrscht, widerstrebt jedoch jedermann einer derartigen Abgabe der jungen Kolonisten an das Russentnm. Man batte sich deshalb bc- yuiht, für die Deutschen neue zusammenhängende Koloniebezirke in Sibirien zu erhalten; doch hat die Regierung dieses Ansuchen mit Entschiedenheit zurück gewiesen. Einige Landoermittler batten nun die aus- wandcrungslustigen Kolonisten auf einzelne Bezirke der Krim aufmerksam gemacht, wo seit Monaten die m u h am e d a n is ch e n Bewohner von einer wahren Landflucht ergriffen sind Dieselben schlagen ihre Aecker für weniges Geld los und suchen aus irgend welchen Gegen nach Kleinasien zu gelangen, nm dort unter dem Scepter des Sultans zu leben. Die Behörden suchen diese Auswanderung nach Möglichkeit zu hindern, was jedoch nur in den seltensten Füllen gelingt Da ferner die Landkäufer keine russischen Bauern finden können, welche ihnen das Land zu guten Preisen wieder ab nehmen, so bereisen sie die deutschen Kolonien und ver handeln die Ländereien dort. So ist es gekommen, daß in den letzten Monaten sich schon mehrere Hundert deutsche Ansiedler nach der Krim begeben und dort den Grund zu neuen deutschen Gemeinden gelegt haben. Diese Vor gänge sind jedoch inzwischen zur Kenntnis der russischen Regierung gekommen, und es ist sehr wahrscheinlich, daß die letztere bald cinschrciten wird, so daß die Frage der Unterbringung der deutschen Kolonisten weiterhin offen bleibt. Unter den Petersburger Deutschen glaubt man indessen auch nicht, daß eine Rückwanderung tzer dentschen Kolonisten ans Rußland nach Deutschland bezw. nach Posen in größerem Maßstabe anznraten wäre. Vielmehr hält man cs für zweckmäßiger, wenn für die deutschen Kolonisten, besonders für die an der Wolga und dem .Kaukasus wohnenden, Ländereien in Kleinasien und den Euphratländcrn längs der anatolischcn Bahn bereit gestellt würden. Dort würden sich dieselben voraussichtlich als treffliche Pioniere einer besseren Kultnrentfaltnng bewähren. Die Balkanreise des Grafen Lambsdorff. Wenn man die österreichischen und russischen Zeitungen liest, sollte man glauben, daß der bevorstehende Besuch des russischen Ministers des Acnßern in Belgrad, Sofia und Wien eine große Aktion zur Lösnng der makedonischen Frage einleite. In der Hauptstadt Bulgariens wird sogar ohne Scheu der Wunsch ausgesprochen, daß die Signatur mächte des Berliner Vertrags der bulgarischen Regierung oas Mandat erteilen, die Pazifizierung Makedoniens im „Einvernehmen mit der Pforte" durchznführen, oder wie eine andere Version lautet, die Durchführung solcher Re formen zu erwirken, die bereits im Berliner Vertrage fest gestellt wurden. So weit ist die Sache doch noch nicht ge diehen. Graf Lambsdorff wird sich zunächst darüber in formieren, inwieweit die letzten Unruhen in Makedonien durch berechtigte Unzufriedenheit der christlichen Bevölke rung herbeigeführt wurden, aber sich auch darüber Klar heit verschaffen, ob die bulgarische Negierung die von den Eomiü-s betriebene revolutionäre Propaganda unterstützt hat. Da die Machthaber in Sofia sich anfänglich nicht scheuten, aus ihren Sympathien für die Revolutionäre kein Hehl zu machen, wird cs dem Grafen Lambsdorff ein Leichtes sein, sich in dieser Beziehung zn orientieren. Der bulgarischen Regierung ein Mandat zur Ueberwachnng derRcformcn inMakedvnicn erteilen, hieße nichts anderes, als den Bock zum Gärtner bestellen. Daran ist also nicht zu denken. Wohl aber dürste man sich iu Wien darüber verständigen, die makedonische Frage, die den Frieden ans der 2stiltanhalbinsel beständig in Frage stellt, dem Forum der Großmächte zn unterbreiten. Darüber ist alle Welt einig, daß einmal mit der Reform Ernst gemacht werden muß, aber man wird doch abwarten müssen, ob die von der Pforte nunmehr eingeleitetc Aktion zur Durchführung der Reformen Erfolg hat. In Konstantinopel weiß man genau, was diesmal für das vttvmanifche Reich auf dem Spiele steht, rind man darf darauf rechnen, daß der von der Pforte den Großmächten vvrgelegte Resvrmplan auch zur Llnssührnng gelangt. Allen Beschwerden der christ lichen Bevölkerung Makedoniens ist freilich mit einem Schlage nicht abzuhelfen. Das könnte erst recht nicht ge schehen, wenn die Verwaltung unter Kontrolle der bulga rischen Regierung gestellt würde. Es handelt sich ohne Zweifel nm ein sehr schwer zu lösendes Problem, unge schicktes Eingreifen kann die ganze Drientfrage anfrvllen, und diese Absicht kann man doch bei den nächst beteiligten Großmächten, also bei Oesterreich-Ungarn und Rußland, nicht voranSietzen. Deutsches Reich. * Berlin, 22. Dezember. Bezüglich der Bewilligung von Anwesenbeitsgcldern für die ReichStagSabge- ordneten ist folgende parlamentarische Vorgeschichte zur Beurteilung der Sachlage von Bedeutung: Es handelt sich um eine Revision Les Art. 32 der Reichs verfassung, welcher besagt: „Tie Mitglieder des Reichsiaqs dürfen als solche keine Besoldung oder Entschädigung beziehen." Tas Zentrum hatte am 19. Februar 1901 folgende Fassung für den Art. 32 beantragt: „Die Mitglieder des Reichstags erhalten aus Reichsmitteln freie Fahrt auf den Eisenbahnen und für die Dauer ihrer Anwesenheit bei den Sitzungen des Reichstags Nnwesenheitsgelder in Höhe von 20 für Len Tag. Von den Anweienheitsgeldern werden die Tagegelder abgerechnet, welche ein Mitglied deS Reichstags in seiner besonderen Eigen schaft als Mitglied eines deutschen Landtags für dieselbe Zeit bezieht. Tie Bedingungen der Festsetzung und Zahlung der Anwesenhcitsgelder unterliegen den Bestimmungen des Reichs- tagspräsidentcn." Tie 14. Kommission, welcher vom Plenum der Antrag überwiesen worden war, hatte den Antrag dahin umge staltet: „Die Mitglieder des Reichstags erhalten aus Reichs- Mitteln während der Legislaturperiode und zwar so lange der Reichstag versammelt ist, sowie acht Tage vor Eröffnung und acht Tage nach Schluß desselben freie Fahrt auf der Eisenbahn und für die Dauer ihrer Anwesenheit in Berlin Anwesenheits gelder in Höhe von 20 für den Tag. Ter Anwesenheit in Berlin steht es gleich, wenn der Abgeordnete Lurch Arbeiten für den Reichstag verhindert ist, in Berlin anwesend zu sein. Von den Anwesenheitsgeldern werden die Tagegelder abgerechnet, welche ein Mitglied des Reichstags in seiner besonderen Eigen- schast als Mitglied eines deutschen Landtags für dieselbe Zeit bezieht. Die näheren Bestimmungen erläßt der Präsident des Reichs tags." Das Plenum hat auf Grund Les Referats des Abg. Bassermann diesen Kommissionsantrag am 8. und 10. Mai 1901 der zweite» und dritten Beratung unterzogen. In zweiter Beratung beteiligten sich vom Regierungstische Staatssekretär Gras Posadowsky und Graf Lcrchenfeld. Tas Haus nahm Liesen Antrag mit großer Mehrheit an. Der „Hamb. Corr." bemerkt zu der Angelegenheit: Die Meldung kiingt nicht unglaubhaft. Man weiß, daß Gras Bülow schon seit längerer Zeit auf dem Standpunkte steht, daß sich die Versagung der Diäten oder Anwesenheitsgelder nicht mehr recht fertigen lasse; es sollte nur nicht den Anschein haben, als würden sie gleichsam als Prämie für das Zustandebringen des Zolltarifs bezahlt, sonst würde der Reichskanzler wo.l schon zu einem früheren Zeitpunkt die an allerhöchster Stelle vielleicht noch vorhandenen Bedenken zu überwinden vermocht haben. Wenn dies jetzt geschehen ist, jo geht man wohl nicht irre, wenn man annimmt, daß die Erwägung, die vom Kaiser so lebhaft ge wünschte und befürwortete Wahl von nicht-sozialistischen Arbeiter-Vertretern sei nur denkbar, wenn die Abgeordneten für ihren Verlust an Zeit und Kraft entschädigt würden, vollends den Ausschlag gegeben hat. Wir unsererseits zweifeln einigermaßen daran, ob dieser Gedanke in nennenswertem Maße zu verwirklichen ist. Aber La wir die endliche Bewilligung der Gelder ohnedies für mehr als motiviert halten, so kommt darauf nichts an. * Berlin, 22. Dezember. lDic Kosten der so zialdemokratischen Agitation, j Welche Nu- snmmen die Sozialdemokratie auf die Agitation verwendet, geht anfS neue aus einem Artikel der „Deutsch. Arbeitgeb.- Ztg.": „Die Tribntpflichtigkcit der Stuttgarter Holz arbeiter au dcu Holzarbeiter-Verband" hervor. Nach den Stuttgarter Abrechnungen wurden in der Zett vom 1. Juli 1901 bis 30. Juni IE insgesamt 20 000 vereinnahmt; hiervon kamen den Mitgliedern in Form von Unter stützungen Mio zn gute. Die Lokal-Kasse Stuttgart er hielt 0030— von denen die Mitglieder nichts zu sehen bekamen — zurück, so daß der Zcntral-Kasse 12 804 ver bleiben. Wie nun die Berliner Zentral-Kassc die ihr ans der Provinz zugcführten Arbcitergroschen verwendet, zeigt eine Abrechnung, welche die Zeit vom 1. April bis 30. Juni 1902 umfaßt. Für Unterstützung au Gemaß regelte, Streikende nsw. wurden 21394 verausgabt, während die Agitation u»d sonstige Ausgaben (!j die Un summe von 09 950 .L innerhalb eines Quartals ver schlangen. Wenn den Arbeitern angesichts dieser Tatsachen die Augen nicht aufgchen, daun ist fast zu bezweifeln, daß sie überhaupt Auge« besitze«. Um das Bild der „Leistuugcn" des Holzarbeiter-Verbandes zu vervollständigen, wird noch die interessante Tatsache angeführt, daß laut Abrechnung der Hanpttasse der diesjährige Verbandstag des Holz- arbeitcr-Vcrbaudes in Mainz die Summe von 11879,59 .4!, buchstäblich: Elstauseud achthuudertneunundsiebenzig Mark 59 Psg. verschlungen hat, — ohne wohl mehr als, wie ge wöhnlich, einige Zuknnftswcchsel bei guter Tafel und etwas „Vvlksgelränk" ausgestellt zu haben. — Der Kaiser hat folgende Aenderungen in den Titeln nnd den Uniformabzeichen der Unter beamten der NeichS-Post- und Telegraphenver waltung genehmigt. Den etatmäßig angestellten Unter beamten werden bei tadelfreier Führung nach einer Gesammt- dienstzeit von 15 Jahren, von denen die letzten fünf Jahre in der Stellung als vollbeschäftigter Post- oder Telegraphen- Unterbeamler zugebrackt sein müssen, als Auszeichnung goldene Scknlter-Plattscknüre verliehen. Die Unter beamten in gehobener Dienststellung erhalten nach der Art ihrer Verwendung die Titel „Ober-Postschaffner", „Ober- Briefträger" ober „Ober - Leitungsauf seher". Für die bestätigten gehobenen Unter beamten tritt diese Titelverteilung sofort in Kraft. Es ist in Aussicht genommen, die gleichen Titel auch bewährten Unterbeamten in nicht gehobener Stellung nach Vollendung einer längeren tadelfreien Dienstzeit zu verleiben. Die Schulter-Plattschnüre, die am Dienstrock und an der Sommer-Litewka auf beiden Schullern zu tragen sind, haben eine Breite von 4 mm und werden an dem oberen Ende 1 cm von ter Kragennaht durch einen gelben polierten Metallknopf mit ausgeprägtem Kaiserlichen Adler, an dem unteren, mit der Aermelnakt abschließenden Ende in einer dreifachen Sckleife befestigt. Von denjenigen Unterbeamten, die regel mäßig Taschen :c. mit Schulterriemen benutzen, werden die Schnüre nur acht Centimenter lang von der Aermel- nabt ab getragen. Gegen Beschädigungen durch die Taschen riemen werden diese Schnüre durch erhöhte Schulterknöpfe geschützt, die zum Anftchrauben ans ein im Rock befestigte- Unterteil eingerichtet und so angebracht sind, daß der äußere Knopfiand mit dem oberen Schnürende abschneidet. Muster der Schulter-Plattschnürc werden den Ober-Postdireklionen zugeben. Die Verleihung der Dienstauszeichnungsschnüre und der Titel erfolgt durch die Over-Postvirektionen und wird den Unterbeamlen durch eine an sie gerichtete Vertilgung initgeteilt. — In der Antritts-Audienz, die der Kaiser dieser Tage dein neuen amerikanischen Botschafter Tower gewährte, sprach der Monarch, wie ein Hofberichterstalter meldet, in Erwide rung auf die Ansprache des Botschafters bei Ueberreichung seines KrediliveS die zuversichtliche Erwartung auS, raß eS gelingen werde, die freundschafilichen Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland nicht nur un getrübt zu erhalten, sondern auch fester und inniger zu gestalten. Ferner gab der Kaiser der Hoffnung Ausdruck, daß eS dem Botschafter Tower ebenso gut in Berlin gefallen möge wie seinem allseitig geschätzten Vorgänger. Auch der Weltausstellung in St. Louis gedachte der Kaiser, der er große- Interesse entgegenbringe. Deutschland werde auch da glänzend vertreten sein, er selbst werde einige hervorragende Erzeugnisse deutscher Kunst nach St. Louis schicken. — Um, so weit möglich, eine Herabminderung deS Fehlbetrags zu erreichen, der im Reichs- haushalts - Voranschlag für das nächste Jahr zur Anmeldung gebracht werden muß, haben auch in der letzten Zeit Verhandlungen zwischen Vertretern des Reichsschavamts resp. dem Reichsschatzsekretär nnd Ver tretern der anderen Ressorts stattgefunden. In denselben ist man bis an die äußerste Grenze gegangen, bis zu wel cher Abstriche zu machen möglich erschien. — Der Plan für den N e u b au d e s K a i s e r l i ch e u P a t e u ta m tä ist jetzt fcrtiggestellt. Er wird dem Reichs tag in seinem bevorstehenden Taguugsabschnitt im Zusam menhang mit dem Reichshaushalts-Voranschlag zugehen. Es handelt sich um ein seit langer Zeit vorbereitetes, von dem Staatssekretär des Reichsamts des Innern In be sonderen Schutz genommenes Projekt, dessen Kosten sich auf 7s-. Millionen Mark belaufen. Der Bau soll ausge führt werde» im südwestliche» Teil vvu Berlin auf einem Terrain, das von der Alexandrine«- bis zur Gitschiner- straße reicht. — Der rumänische Gesandte vr. Beldiman ist auS Bukarest wieder in Berlin eingetrofsen und hat die Geschäfte der Gesandt schaft wieder übernommen. — Der bisher in Sofia tätig gewesene rumänüche Leaationssekretär N. Filodor ist an die hiesige rumä nische Gesandtschaft versetzt und auch bereit« hier eingrtroffen. — Den Vortragenden Räten im preußischen KultuSmini- sterium Graf v. Bernstorff und v. Bremen ist der Charakter als Wirklicher Geheimer Ober-Regierungsrat mit dem Range der Räte erster Klaffe verliehen worden. — Dem Ministerialdirektor im Kultusministerium, Wirkt. Geh. Regierungsrat vr. Althoff ist der Kronen^Orden 1. Klasse ver- liehen worden. Die „Köln. Ztg." die diese Meldung bringt, nimmt an, daß diese OrdenSauszrichnung wegen des Abschlüsse- der Brr- Handlungen über die Errichtung der katholisch-theologischen Fakultät in Straßburg erfolgt ist. — Dem Vortragenden Rat im preußischen Ministerium der öffentlichen Arbeiten, Geheimen Ober-Baurat Johann Fülscher. ist der Uebertritt in den Ruhestand bewilligt worden. Herr Fül'cher batte am 6. d. M. sein üOjähriges Dienstjubiläum begangen. Sei» Nachfolger ist der Geheime Baurat Otto Hüsfgen, der seit Ende vorigen Jahres als Hittfsarbeiter im Ministerium der öffentlichen Arbeiten beschäftigt ist und vorher vier Jahre Elbstrombaudirektor in Magdeburg war. — Der Präsident der Ansiedlungskommissioa für Westpreußen und Posen vr. v. Wittenburg ist aus Posen hier angekommrn. — Der Bevollmächtigte zum Bundesrat, bayerischer StaatSrat Frei herr v. Stengel, ist nach München abgereist. — Interessante Angaben über da» Verhältnis deS Oberbürger- Meisters Witting zur Nationalbank für Deutschland einer- seils und zur Staatsregierung anderseits werden jetzt bekannt. Für den Verzicht de» Oberbürgermeisters auf Pension in Posen bat, wie der „Ostd. Presse" au» Posen berichtet wird, die deutsche Nationalbank ihrem neuen Direktor 300 000 Mark in Bank- aktien gewährt, von denen er einstweilen die Zinsen bezieht. Weiter sind Herrn Witting, wie bekannt, 100000 Jahreseinkommen zu- gesichert. Eine weitere Mitteilung bezieht sich auf das Angebot der Staatsregierung. Danach soll Herrn Witting da» Ober präsidium in Posen angeboten worden sein, das er aber ebenso wie den Posten al» Ansiedlungspräsident abgelehnt hat. Dem jetzigen Oberpräsibenten von Posen wollte man rin anderes gleichwertiges Amt geben. — Tie in Krakau in polnischer Sprache erscheinende Zeitung „Naprzüd" ist auf dir Dauer von zwei Jahren in Deutschland verboten worden. * Schwerin, 22. Dezember. Der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin begab sich am Sonnabend an das Krankenbett des Prinzen Heinrich XVIII. Reuß nach Ludwigs lust und reiste am Sonntag über Hamburg, Köln, Paris nach Cannes zum Besuche seiner Mutter. * Schönhausen, 22. Dezember. Die Abreise des Fürsten Herbert von Bismarck von hier nach FriedrichSruh bat eine unliebsame Verzögerung erfahren, La der Sohn deS Fürsten er- krankt ist. Der Leibarzt des Fürsten, Prof. vr. Schwrninger, war bereits am Mittwoch hier. * AuS Posen meldet die „Voss. Ztg.": Bei den letzten Provinziallandtagswahlen in Kosten, Krotosckin und Schroda eroberten die Deutschen drei bisher pol nische Mandate. * Quedlinburg, 22. Dezember. Der jetzige Vertreter des WablkreiseS Kalbe - Aschersleben im Reichstage, Cchiffbauereibesitzer Placke (nat.-lib.) in Aken, hat ans Gesundheitsrücksichten auf ein Mandat für die bevorstehende ReichStazSwahl verzichtet. -s- Halle a. S , 22. Dezember. Die heutige Straf kammer verurteilte u. a. den derzeitigen verantwortlichen Redakteur der hiesigen sozialdemokratischen Volkszeitung, Ernst Däumig, wegen öffentlicher Beleidigung zu der hohen Strafe von 1 Jahr Gesängniß. Der Verurteilte halte einen ibm von einem Arbeiter zugestellten Bericht, in welchem der Eisenbohrer Piltzing einer unehrenhaften Hand lung bezichtigt wurde, in gedachtem Blatte zum Abdruck gebracht. Die Mitteilung war total falsch. Der Beleidigte verlangte die Nennung deS Namens deS Einsender-, da er einen Racheakt vermutete; dieselbe wurde ihm indessen ver weigert. Der Staatsanwalt batte 9 Monate Gesängniß beantragt. Der Verurteilte will Revision einlegen. * Darmstadt, 22. Dezember. Folgendes Stimmung«- bild aus der hessischen Abgeordnetenkammer ent wirft daS „Frankfurter Volksblatt": „Tagesordnung für den 16. Dezember 1902: Beratung über eine an den Großherzog zu richtende Adresse alS Antwort auf die Thronrede. Die Abgeordneten versammeln sich. Da erscheint der Hof-Sozialist Ulrich (den der Großherzog bekanntlich bei einer parlamentarischen Festlichkeit in die Unterhaltung gezogen hat) im Hause. Unwillkürlich erinnert man sich an die Sceven der Rohheit im Reichstage, mit denen der Name Ulrich für immer verbunden sein wird! Und siehe da. Von allen Parteien drängen sich Vertreter des Volkes um den Herrn Ulrich, beglückwünschen ihn und schütteln ihm die biedere Rechte! Ter Herr Kollege üj Unter -em Christbaum. Eine Wethnachtsgeschichte von O. Elster. Nachdruck verboten. Sie erhob abwehrend die Hand. „O, schweigen Sie!" rief Sie vorwurfsvoll. „Weshalb wollen Sie mich verspotten? Der dereinstige Herr von Schloß Haidhaus hat Mut nnd Kraft nicht nötig! Das Glück fällt ihm von selbst in den Schoß." „Hedwig, Sie wissen nicht, was Sie da sprechen!" Er war dicht an sie herangetreten und hatte ihre Hand mit festem Griff erfaßt. Seine Augen blitzten zornig, seine hohe Gestalt straffte sich empor, seine Augenbrauen zogen «ich finster zusammen. Fast empfand sie Furcht vor ihm, zu dem sie doch bewundernd anfblicken mußte. „Sie weisen mich jetzt zurück", sagte er dumpf. „Aber ich schwöre Ihnen zu, daß Sic die Meine werben sollen!" Sie suchte ihre Hand zu befreien. „Lassen Sie mich, Herr Baron", sagte sie zürnend. „Sie beleidigen mich — Sie tun mir weh." Da stieß er ihre Hand fort. „Ich beleidige Sie? Nun wohl", lachte er auf. „Sie sind frei! Aber mein werden Sic doch, Hedwig! Ich schwüre es; denn ich liebe Sie nnd ich will ohne Sie nicht mehr leben!" Mizzi und Emmy, die soeben aus der Halle herbei eilten, störten sie. Hedwig begrüßte diese Störung mit Freuden, mit einer stolzen Bewegung verabschiedete sie sich von Arnold und ließ sich von den beiden Kindern wieder in den Saal zurückführen. Arnold strich sich mit der Hand über die Stirn. Der finstere Ausdruck verschwand aus seinen Zügen und machte einem freundlichen Lächeln Platz. „Du warst 'mal wieder recht ungeschickt und wild", sagte er zu sich selbst. „Wir sind hier nicht in den Htnterwäldern von Wild-West . . . aber ich habe es ge schworen und ich halte mein Wort." Damit begab er sich zu dem Grafen, ihn um einen Wagen zu bitte«, der ihn nach Todtenmoos, seinem neuen Besitztum, dem „alten Eulennest", bringen sollte. »Jetzt, einige Tage vor dem Fest, willst du «ach Todtenmoos?" fragte der Graf erstaunt. „Tu wirst doch das Fest mit uns verleben?" „Gewiß, Onkel. Ich möchte nur kn Todtenmoos einige Anordnungen für meine Uebersiedclung treffen. Ich werde doch dort wohnen." ,,Hm", machte der Graf, „wenn du — wenn es nach mir ginge —" Arnold lachte. „Verzeih', Onkel; aber ich bin ein Mensch der Tat sachen geworden und gebe auf Hoffnungen und Er wartungen nichts mehr. Bekomme ich also den Wagen?" „Natürlich, wenn du durchaus willst! Wann bist du zurück?" »Ich schicke dir den Wagen morgen wieder. Ich selber komme am Tage vor dem Feste mit meinen eigenen Pferden zurück." „Wenn du nur geeignete Ktttschpfckcde in Todten moos vorfindest?" „Ich habe schon dafür gesorgt, Onkel. Kaufte in Hamburg zwei russische Jucker, sie müssen bereits in Todtenmoos angekommen sein." „Ei der Tausend! Da bin ich doch neugierig." „Du sollst sie in einigen Tagen sehen, Onkel. ES sind ein Paar muntere Tiere." Arnold verabschiedete sich und fuhr noch an demselben Tage nach dem einsamen Todtenmoos hinaus. rjr Ter Baron hielt Wort. Nach drei Tagen bereits hielt sein Schlitten vor Schloß Haidhaus. Es war kein ele gantes Lurusgefährt, sondern ein kleiner, alter Schlitten mit einer dicken Pelzdecke — dem Fell eines grauen Bären, den Arnold selbst erlegt hatte. Aber vor dem Schlitten stampften zwei herrliche schwarze Rosse den Boden. Dampfend stieg der feuchte Nebel von ihren Rücken auf, ihre Augen sprühten Feuer und weißer Schaum flockte um ihr Gebiß. „Donnerwetter, Arnold", rief der Graf, „was hast du da für ein Paar Teufelskerle? Das ist ja ein präch tiges Gespann!" „Ja, Onkel — bloß noch ein bißchen wild. Sie müssen noch eingefahren werden, wären mir dreimal beinahe durchgcgangen; ich bc.« aber auch in zwei Stun den von Todtenmoos hcrgesohren." „Alle Wetter! Sonst fährt man fast vier Stunden! Na, nun komme aber herein, deinen Kutscher hast du wohl nickt mitgebracht?" „Habe noch keinen, Onkel", lachte Arnold. „Ich muß daher die Pferde selbst besorgen. Entschuldige mich einige Minuten." Ein leichter Zungenschlag — kerzengerade stiegen die Rappen in die Höhe, die kräftige Hand Arnolds zwang sie jedoch wieder — ein klatschender Peitschenhieb — die Pferde bäumten sich abermals aus und wollten davon rasen, aber ihr Herr hielt sie fest in den Zügeln, so daß sie zitternd und gehorsam sich seinem Willen fügten. Langsam fuhr Arnold um den Hof, hielt dann vor dem Stall und übergab die schönen Tiere den Stall knechten. „Du verstehst ja famos mit Pferden umzugehen!" sagte der Graf, als sein Neffe mit ihm nnd den Damen bei Tisch saß. „Troy bricht man nur mit Gewalt", entgegnete Arnold. „Ein fester Wille besiegt Eigensinn und Wild heit!" Sein Blick traf scheinbar zufällig das Auge Hedwigs, deren Wangen eine leichte Röte überhauchte. Sollten diese Worte auf sie gemünzt sein? O, ihr Wille war aber so fest, wie der seinige! Und stolz nnd heraus fordernd erwiderte sie seinen Blick. Am andern Tage — dem Tage vor Weihnachten — fand eine Schlittenfahrt nach dem benachbarten Wallers mühlen statt, nm für die dortigen Beamten und An gestellten die Weihnachtsbeschcrung abznhalten. Als die Schlitten vorsuhren, betrachtete der Graf miß trauisch die tänzelnden, unruhigen, mit den Gebissen spielenden Rappen seines Neffen. „Willst du nicht lieber ein Paar von meinen Pferden nehmen, Arnold ?" fragte er. „Die deinigen scheinen das Schellengeläut und all den Wirrwarr einer Schlittenfahrt noch nicht vertragen zu können!" „Bah, Onkel, ich gewöhne sic daran!" „Aber, wenn ein Unglück geschieht?" „Es braruht ja niemand mit mir zu fahren, der sich fürchtet", entgegnete Arnold. „Die Plätze sind ja schon verteilt. Herr von Studnitz fährt mit Gerda und der Tante — du, lieber Onkel, fährst Mizzi und Emmy — folglich bleibt Fräulein Hedwig für mich. Wenn Sie sich jedoch fürchten, Fräulein Hedwig, so finden Sie noch in Onkels Schlitten Platz." „Ich fürchte mich nicht", erwiderte Hedwig ruhig, dem ironischen Blick Arnolds stolz begegnend. „So bitte ich Sie, bei mir Platz zu nehmen." Mizzi und Emmy wären lieber mit Vetter Arnold und den beiden Rappen gefahren, aber das Machtwort der ängstlichen Mutter bannte sie in den großen Fa milienschlitten, mit den zwei dicken, gemütlichen Braunen, welche die Jugendtorheiten schon längst vergessen hatten. Es waren Mamas Leibpferdc und Mama trennte sich heute nur auS dem Grunde von ihnen, um Gerda nicht allein mit Fritz von Stübnitz fahren zu lassen. Ihr Gatte hatte so merkwürdige Andeutungen gemacht; da wollte sie lieber ein sorgsames Auge auf die beiden jungen Leute haben. So setzten sich die Schlitten unter Schellengeläut, Peitschenknallen und dem Gebell der nebenherlaufenben Hunde in Bewegung. Die Rappen Arnolds zeigten große Lust, von der Stelle weg durchzugehen, und es bedurfte aller Kraft und Geschicklichkeit ihres Lenkers, sie zu bändigen. „Draußen werde ich sie tüchtig ausgreifen lassen", sagte er zu seiner Begleiterin. „Sie fürchten sich also wirklich nicht, Fräulein Hedwig?" „Nein", entgegnete sie ruhig, innerlich jedoch erbebend unter seinem Blick. Sie fühlte es, die nächsten Stunden müßten die Entscheidung bringen — der Kampf zwischen ihnen drängte zum Austrag — sie wappnete sich mit Mut und Stärke, nicht unvorbereitet sollte er sie treffen. Endlos lag die weißverschneite Haide vor ihnen. Am nordwestlichen Horizont stieg eine dicke, graue Wolken wand empor und ein eisiger Wind fegte über die Ebene. „Wir werden ein Schneegestöber bekommen", sagte Arnold, „nnd müssen uns beeilen, unter Dach zn kommen." Ein Peitschenhieb traf die Rücken der Pferde, daß sie sich erschreckt aufbäumten und dann in rasendem Galopp davonstürmten. „Fürchten Sie sich, Hedwig?" fragte er nochmals lächelnd. „Nein —" kam es eisig von ihren Lippen. Die andern Schlitten blieben weit hinter ihnen zurück und verschwanden in dem weißen Nebel, der sich immer mehr verdichtete und bald in ein wirbelndes Schnee gestöber überging. Wohl eine halbe Stunde ging so die tolle Fahrt. Nach Hedwigs Berechnung hätten sie bereits in Wallers mühlen sein müssen. Sie blickte sich suchend nm — kein Haus, kein Hof war z» sehen — kein Laut zu hören — nichts wahrnehmbar, als das wirbelnde Niederflocken des stnrmgetriebenen Schnees. Ganze Wolken von Schnee wurden durch den Sturm aufgepeitscht und überschüttete» den kleinen Schlitten. Ein paar Krähen kämpften mit mattem Schwingen gegen den Wind an, dann taumelte» sie kraftlos auf die Schneedecke nieder — auch die Pferde versanken bis an die Knie in den Schnee — feuchter Nebel stieg von ihren Rücken auf nnd glühendheißer Dampf entströmte ihren wettgevffneten Nüstern. (Schluß folgt). ,
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)