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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.10.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-10-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19021015014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902101501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902101501
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- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-10
- Tag 1902-10-15
-
Monat
1902-10
-
Jahr
1902
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7134 gebildeter Polizeibeamter, der sich an Wissen mrd Können mit denen, die in Versammlungen reden, in keiner Weise messen kann, durch sein Machtwort 4000 bis 5000 Mensche» wie Schulbuben nach Hause schicken kann. Der Reichs kanzler hat einer Deputation von Krauen gegenüber er- klärt, daß er zwar nicht allmächtig, aber doch geneigt sei, Aendcrungen des Vereins» und Versammlungsrcchtcs zu gunsten der Frauen zu treffen. Nun, wenn der Reichs kanzler will, so kann er cs auch. Wir wollen auch das Stimmrecht für die Krauen durchsetzen, wenn auch zu nächst, wie wir zugeben müssen, die Mehrzahl der Frauen gar nicht für uns stimmen würde; aber wir kriegen sie doch, wie die Arbeiter. Wir gönnen den bürger- lichen Frauen die Freiheit, die ihnen die Polizei gewährt, aber wir wollen diese Freiheit für alle Frauen und nicht als Akt der Willkür. Wenn es einen preußischen Staatsanwalt gäbe, der seine Pflicht nach allen Seiten täte, so müßte er den Minister Frhrn. v. Hammcrstein wegen Verletzung des 8 8 unter Anklage stellen. Der preußische Minister des Innern hat mit seiner Erklärung sich selbst eine moralische Ohrfeige gegeben. Bundesratsbevollmächtigter für Sachsen Ministerial direktor Fischer widerspricht den Abgg. Müller-Meiningen und Bebel bezüglich ihrer Vorwürfe wegen unsachgemäßer Handhabung des Vereins- und Versammlungsrechtcs im Königreiche Sachsen. Zwischen der Handlwbung und Aus legung des Gesetzes bestehe ein großer Unterschied. Da, wo — wie auf dem Gebiete des Versammlungsrechtes — die Entscheidung sofort getroffen werden müßte, sei es leicht, ein Dutzend Fälle herauszuheben, um daran zu zeigen, daß Mißgriffe vorkämen. Daß gerade Sachsen so häufig zum Gegenstände der Angriffe der Sozialdemo kraten gemacht werde, finde wohl nur in der Tatsache seine Erklärung, daß man dort von sozialdemokratischer Seite das Bersammlungsrecht möglichst auszubeutcn und seine Schranken zu durchbrechen suche, wodurch die Be hörden ihrerseits sich veranlaßt fühlen, die Schranken auf recht zu erhalten. Legationsrat Paulsen bestreitet gegenüber dem Abg. Bebel, daß das neue VereinSgcsetz für Sachsen-Weimar, Sachsen-Altenburg und Schwarzburg-Sondershauscn einen reaktionären Charakter trage. Abg. Chrzanowsky (Pole) sagt, der Unterschied zwischen öffentlichen und nichtöffentlichen Versammlungen werde nur gemacht, um die Vereine zu chikanicren. Die polnischen Vereine würden stets als politische Vereine betrachtet. Abg. Trftnborn (Zentr.) nimmt die Tätigkeit des Zen trums in Frage des Vereinsrechtcs in Schutz und bemerkt, gerade die Sozialdemokraten gefährdeten die Versamm lungsfreiheit durch das Sprengen von Versammlungen. Hierauf wir- ein Bertagungsantrag angenommen. Präsident Gras Balleftrem teilt mit, daß außer der Interpellation Albrecht über die Fleischnot eine gleiche Interpellation Müller-Sagan eingeqangen sei, die zu sammen mit jener auf eine der nächsten Tagesordnungen gesetzt würde. Nächste Sitzung morgen 1 Uhr: Wahl eines Schrift führers an Stelle Pachnickes, Fortsetzung der Besprechung der Interpellation Albrecht über die Arbeitslosigkeit und Fortsetzung der heutigen Beratung. Schluß gegen 6 Uhr. Werkmeister-Lezirksverein Leipzig II. Wie alle Veranstaltungen des Werkmeister-Bezirks- Vereins lebendiges Zeugnis von der guten Kollegialität ablegen, die die Mitglieder beseelt, so auch das 17. Stif tungsfest, das der Verein am Sonnabend abend bei Bono- rand unter lebhafter Teilnahme seiner Mitglieder un seren Angehörigen feierte. Das dem Abend zu gründe gelegte Unterhaltungsprogramm wies in reicher Fülle Vorträge instrumentaler und gesanglicher Natur auf. In erster Beziehung war es die Kapelle des 134. Infanterie- Regiments, die unter der Direktion des Herrn Musik direktors Jahrow viel Genußreiches bot; sie leitete die Festlichkeit mit dem Bortrage „Mit Bomben und Gra- naten", Marsch von Bilse, ein. Weiter kamen Variationen über Motive aus Donizettis „Regimentstochtcr", siir Cello, Solist Herr Wintgen, zum Vortrag und guter Ausführung. Die Gesänge wurden von der fleißig übenden Gesangsabteilung des Vereins unter der überaus tüchtigen, umsichtigen Leitung des Herrn Kantors Uhlemann aus Mockau ausgeführt. Die wackere Sängerfchar führte unter wohlverdientem Beifall u. a. „Die erste Rose", Lied von Richter, vortrefflich aus. In einer Ansprache begrüßte der Ver- einSvorsitzende Herr Wittig die stattliche Festversammlung und gedachte sodann mit begeisternden Worten deS dahin geschiedenen Königs Albert, des Kaisers Wilhelm H., so wie des Königs Georg von Sachsen, als der erlauchten Schützer und Förderer der Industrie. In das vom Redner ausgebrachte Hoch stimmte die Versammlung mit lebhafter Freude ein. In seinen weiteren Ausführungen hob Herr Wittig hervor, daß der Abschluß des 17. VercinsjahrcS ein guter zu nennen sei. Der Verein stehe, durch kräftige Unterstützung seiner Ehrenmitglieder, nicht nur finanziell gut da, sondern die Zahl der Mitglieder habe sich auch durch Aufnahme neuer Mitglieder verstärkt. Er wünsche nur, daß die neuen Kollegen den alten in Kollegialität und Gesinnung folgen möchten. Zum Schluß erläuterte der Redner an der Hand eines reichen Zahlenmaterials den Stand und die Fortschritte, welche der deutsche Werk meister-Verband in diesen Jahren gemacht habe durch folgendes: Der Verband hat in den 17 Jahren seines Bestehens überaus segensreich gewirkt und insgesamt über 7 Millionen Mark für Sterbefälle, Unterstützungen an Witwen und bedürftige Mitglieder verausgabt, dabei aber dennoch ein Vermögen von fast rund 4 Millionen Mark angesammelt. Im laufenden Jahre kamen bis zum heutigen Tage 363 000 an Sterbegeldern, 145 000 Unterstützungen an die Witwen und 130 000 .F zur Unter stützung invalider, stellenloser und sonst hülfsbcdürftiger Mitglieder zur Auszahlung. Die Sterbckassc, welche ein mit den Mitgliedsjahren bis auf 800 steigendes Sterbe geld für die Männer und ein bis 200 steigendes Sterbe ¬ geld für Ehefrauen und Witwen zahlt, hat das nach dem Privatversichernngsgcsetz unzulässige und die Mitglieder nach einer Reihe von Jahren übermäßig belastende Um- lageverfahrcn beseitigt und erhebt jetzt feste Beiträge. Außer den Einnahmen an Beiträgen verfügt der Ver band noch über außerordentliche Einnahmen. So be ziffert sich der Reinverdicnst aus seinem Organ, der „Werkmeister-Zeitung", auf jährlich IM 000 .^. Für die bedeutenden Leistungen wird nur ein Monatsbcitrag von 3,30 .4! erhoben. Mit großer Freude begrüßte man noch die aus Hoboken bei Antwerpen, sowie aus Zeitz nnd Wangen i. Allgäu ein gegangenen Glückwünsche. Kurz, das 17. Stiftungsfest des Werkmeister - Bezirksvcreins Leipzig II hatte einen harmonischen Bcrlanf in jeder Hinsicht. Entscheidungen -es Reichsgerichts. Rachdruck verboten. O. Leipzig, 14. Oktober. Ein Ehemann verübt HausfriedensbruchbeiseinerFrau. Das Land gericht Leipzig hat am 24. März den Opernsänger Max Richard Fritz Röhser wegen Hausfriedensbruches und ver suchter Nötigung zu Geldstrafen von 120 und 30 <T ver urteilt. Seine Frau betreibt mit seiner Genehmigung in Leipzig eine Schankwirtschaft. Der eheliche Friede hatte sich im Laufe der Zeit immer mehr verflüchtigt, so daß der Ehe mann den Wunsch hegte, cs möge seiner Frau die Konzession entzogen werden, während sie selbst kurz entschlossen die Ehe scheidungsklage cinreichte. Röhser kam nun trotzdem öfters in das Lokal seiner Frau, um etwaige Panschercien ermitteln und anzeigen zu können. Seine Frau verbot ihm dann schließlich das weitere Betreten de» Lokale». Wend» kam er aber doch wieder und zwar in Begleitung eine» anderen (der gleichfalls angeklagt war) in daS Lokal. Beide zogen den HauSburschen S., der als Bierausgeber bei Frau Röhser tätig war, in den Hausflur und suchten von ihm das Geständnis irgend einer Unregelmäßigkeit zu erpressen, jedoch ohne Erfolg. In der Hauptverhanolung behauptete Röhser, er sei sich nicht bewußt, einen Hausfriedensbruch begangen zu haben, da er als Ehe mann jederzeit das Recht haben müsse, die Wohnung seiner Frau zu betreten. Das Landgericht nahm aber doch Hausfrie densbruch als vorliegend an, indem es ausführte, daß der Ge- ichtspunkt des gemeinschaftlichen ehelichen Lebens dann ent ölte, wenn die Ehefrau dem Ebemanne als selbständige Ge werbetreibende gegenüberstehe. Wenn er etwa mit seiner Frau in Ehescheidungssachen habe sprechen wollen, so sei der Zeit punkt sehr uripassend gewählt gewesen. Er habe nichts weiter gewollt, als von S. ein Geständnis zu erpressen und darauf habe er kein Recht gehabt. Das Bewußtsein der Widerrecht lichkeit habe er schon deshalb haben müßen, weil ihm seine Frau das Betreten des Lokals verboten hafte. — Die Revi - '.i o n des Angeklagten Röhser wurde vom Reichsanwalt für unbegründet erklärt. Zweifelhaft könne es nur sein, ob das Verbot der Ehefrau, ihre Räume zu betreten, auch dann tmrk- am sein müßte, wenn es sich um Wahrung ehemännlicher Rechte handle. Da aber festgestcllt sei, daß der Angeklagte olche Rechte gar nicht wahrnrhmen wollte, so sei die Ver urteilung wegen Hausfriedensbruches einwandfrei. Die Fest stellung, daß nur versuchte Nötigung vorlicae, sei dem Ange klagten günfttg; eigentlich hätte vollendete Nötigung angenom men werden müssen. — Das Reichsgericht erkannte unter Billigung dieser Ausführungen auf Verwerfung der Revision. Gerichtsverhandlungen. Königliches Landgericht. 6. Leipzig, 14. Oktober. In der Lindenstraße in Wurzen wurden am Nachmittag des 2. September 1901 die Pferde eines zweispannigen Lastgeschirrs, dessenLeiter, der GeschrrrführerM., rn der Schoßkclle saß, infolge des Vorüberfahrens des Auto mobil-Omnibus, der zwischen Wurzen und Eilenburg zu ver kehren pflegt, scheu, M. sprang ab, um die Pferde zu beruhigen, kam aber dabei zu Falle und wurde überfahren und so schwer verletzt, daß er nach dem Wurzener Krankenhause gebracht wer den mußte, wo er am S. September an den erhaltenen Ver letzungen starb. Für den Unfall wurde der Leiter des Auto mobils, der Motorwagensührer Walter Paul Max Sch., ver- amwortlich gemacht, weil er angeblich zu schnell um die Ecke in die Lindenstraße eingebogen sei, und obwohl er schon auf 150 Schritte gesehen hätte, daß die Pferde infolge des vom Automobil verursachten Geräusches sich bäumten, in demselben Tempo weiter gefahren sei, obwohl er nach der Ministerialvor- chrifr vom S. April 1901 hätte halten sollen. In der Haupt verhandlung vor der vierten Strafkammer bestritt Sch. jede Schuld. Er gab an, daß schon gegen 3 Uhr nachmittags, als er mit seinem Automobil vor „Stadt Leipzig" an der Remter Straße hielt, M. mit seinem Geschirr vorübergefahren und hierbei das eine Pferd unruhig geworden sei. Er habe deshalb M. gesagt, daß er (Sch.) in kurzer Zeit nachkommen würde. Gegen 3 Uhr sei er dann mit seinem vollbesetzten Automobil ab gefahren. Als er langsam und in großem Bogen in die Linden- rraßc cingebogen sei, habe er mehrere Male das Signal ge geben, um das vor ihm fahrende M.'sche Geschirr auf sein Nahen aufmerksam zu macken. M., der in der Sckoßkellc saß, habe sich umgedreht und mit seinem Kopf ein Zeichen gegeben, aus dem er geschlossen habe, daß er vorbeifahrcn könnte. Da gleichzeitig M. auch nach rechts fuhr, habe er keinen Zweifel mehr haben können, daß M. ihn verstanden habe und sein Vor- bcifahren erwarte. Beim Vorüberfahrcn des Automobils hätte aber das eine Pferd des Lastwagens gescheut, M. sei abge- prungen, um cs zu beruhigen und habe gleichzeitig dabei nach den Zügeln gegriffen. Unglücklicherweise habe er aber den alschcn Zügel ergriffen, wodurch seine Pferde nach links ge drängt wurden. Dadurch sei M. zu Falle gekommen und ver unglückt. Diese Darstellung wird von einigen Zeugen bestätigt, die widersprechenden Angaben der Zeugen sind infolge des lan gen Zeitraumes, der seit dem Unfall verstrichen ist, ungenau und nicht derart, daß die Behauptungen Sck.'s als widerlegt gelten können. Der Gerichtshof erkannte daher auf tue kostenlose Freisprechung des Angeklagten von dem Vergehen der fahrlässigen Tötung unter Außerachtlassung der Berufspflicht; die Kosten des Verfahrens wurden der Staats kasse zur Last gelegt. Der Drang nach Selbständigkeit hat den 23 Jahre alten Barbier Max Hermann F. aus Crottendorf wieder einmal mit der Strafbehörde in Konflikt gebracht. F. war bei dem Barbier und Friseur L. in Stellung und kaufte ihm im Mai das eine seiner beiden Geschäfte ab. Um L. zum Abschluß des Geschäfts geneigt zu machen, schwindelte F. ihm vor, er habe an seinen Vater geschrieben, der ihm das Geld zum Ankauf des Barbier geschäftes geben wolle. Er heirate eine Müllerstochter aus Döllnitz, die am 23. Juli 6000 -L Mitgift erhielte. F. wolle 100 anzahlen, 1400 werde sein Schwiegervater am 30. Juni bringen. L. übertrug ihm die Leitung des Geschäftes. Unter dem Vorwand, das Geld von seinem Schwiegervater zu holen, verschwand F. am 1. Juli mit seiner Frau. Die Ein nahme der letzten Woche nahm er als Reisegeld mit. Seinen Bräutigamsanzug hatte F. sich von dem Schneidermeister F. auf Kredit anfcrtigen lassen, dem er die Geschichte von dem reichen Schwiegervater vorgeschwindelt hatte. Vom Bäcker Sch. erlangte er auf Grund der nämlichen unwahren Angabe SO .L, die F. bis zum 30. Juni zurückzahlen wollte, aber bis heute noch nicht zurückgegebcn hat, ebensowenig wie eine Uhr, die ihm ein im Geschäft angestcllter Lehrling anvertraut hatte und die von F. schleunigst versetzt worden war. Ehe er Leipzig verließ, versuchte er noch die Firma E-, mit welcher L. in Geschäfts verbindung stand, um 300 anzuborgen, indem er dem In haber E. vorlog, er habe eben 1500 bar bezahlt, dabei aber ganz außer acht gelassen, daß er noch die Miete zu entrichten habe, E. möge ihm doch auf kurze Zeit 300 <K leihen. Glück licherweise war E. vorsichtig genug, um auf den Schwindel nicht hcreinzufallcn. F. ist bereits zweimal wegen Betrugs bestraft, cs hatten daher die Rückfallsbestimmungen Anwendung zu fin den. Der Gerichtshof billigte ihm zwar mildernde Umstände zu, erkannte aber unter Anrechnung von drei Wochen der er littenen Untersuchungshaft auf einJahrGcfängnis und 3 Jahre Ehrcnrechtsvcrlust. vermischtes. — Ei« Freund der Boerc« scheint Prinz Friedrich Leopold zu sein. Schon bei Mehrfachen Gelegenheiten hat er seine Sympathie für sie zu erkennen gegeben, und neuer dings hat er im Park von Glienicke eine Maßnahme ge troffen, die besonders seine Boerenfreundschaft erkennen läßt. Die Parkaufseher uud Portiers des prinzlichcn Privatbesitzes trugen von alters her die königlich preußische Hausofsiziantenuniform. den dunkelblauen Rock mit sil bernen Knöpfen, und dazu eine silberbvrdiertc Mütze. Prinz Friedrich Leopold hat diese traditionelle Uniform abgeschafft. Er pensionierte seine alten Beamten und stellte dafür mit vierzchntägigcr Kündigungsfrist neue junge Männer, die eben erst vom Militär, meistens von den Kavallerieregimentern, entlassen waren, ein. Sie er hielten Boerentracht, und so sieht man denn jetzt im Park von Glienicke die Parkaufseher, Portiers u. s. w. angetan mit einem grauen Blusenanzug, gelben Gamaschen und einem großen grauen Schlapphut nebst Hirschfänger einher gehen. — Lübeck, 13. Oktober. Die Bürgerschaft beschloß die Errichtung eines Schwimmhallenbades, dessen Kosten insgesamt auf 650 000 veranschlagt sind. — In Schlagsdorf erschlug der 76jährige Altenteiler Oll- mann seine 75jährige Frau. Der Täter ist verhaftet. -- Elberfeld, 11. Oktober. Die Frag«, ob Zu schneider an Sonntagen während der für die Kaufleute freigegebenen Zeit beschäftigt werden dürfen, unterlag der Entscheidung der hiesigen Strafkammer. Zwei Konfekttonsgeschäfte hatten ihre Zuschneider Sonn tags während der Zeit von 11—2 Uhr beschäftigt und waren wegen Vergehens gegen 8 105a und b der Gewerbe- vrdnnng vor das Schöffengericht gestellt, aber frei gesprochen worden. Die beiden Firmen hatten unter Be weis gestellt, daß ihre Zuschneider Sonntags nur Maß zu nehmen und im Geschäft als Verkäufer tätig zu sein hatten, falls sie überhaupt erschienen, wozu sic nicht ver pflichtet waren. Dieselbe Erklärung gaben die Firmen- nhaber auch heute vor der Strafkammer ab. In Ueber- einstimmung mit dem Schöffengericht hielt die Strafkammer itte Tätigkeit der Zuschneider während der fraglichen Zeit unter den gegebenen Umständen als eine in das HandclS- gewcrbe fallende. Das Maßnehmen könne ebenso gut auch von anderen Personen, wie beispielsweise Handlungs- gehülfen, besorgt werden. --- Altenburg, 13. Oktober. Auf dem Rittergutsfelde bei Aulendorf eggte ein Knecht mit ein Paar Pferden Plötzlich versanken dieselben samt der eisernen Egge vor -en Augen des Knechtes, und dieser mußte schnell zur Seite springen, da auch ihm der Boden unter den Füßen chwand. Die Pferde waren in einem niedergegangenen Kohlenbruchc versunken, konnten aber noch lebend heraus gegraben werden. — Rudolstadt, 12. Oktober. DaS hiesige Technikum, eine höhere und mittlere Fachschule für Hoch- und Tiefbau, öwie für Tischler, wurde im Winterhalbjahr 1901/2 von 101 Technikern, im Sommerbalbjahr 1902 von 72 Technikern besucht, mithin beträgt der JahreSbesuch 173 Techniker. Di« Diplom- und Abgangsprüfungen, die unter Vorsitz deS fürst lichen Staatskommissars abgehalten wurden, bestanden im 'etzten Schuljahre 47 Techniker, 1 mit Auszeichnung, 4 mit recht gut, 22 mit gut und 20 mit genügend. Der Unterricht für daS Wintersemester 1903 beginnt am 3. November 1902. —r. Ans Thüringen, 13. Oktober. Am Sonntag nach mittag gegen 4 Uhr ging über Jena und Umgegend ein Gewitter unter Blitz und Donner, Sturm und Regen nieder. In Mulda hauste ein Hagelsturm. — In Neu stadt a. O. verstarb im 75. Lebensjahre Tuchfabrikant C. F. Könitzcr nach einer arbeitsreichen, aber auch erfolg reichen Tätigkeit. — Zu der Herzog Alfred-Gedächtniskirche in Stützhaus-Schwarzwal- wurde am Sonntag nachmittag der Grundstein gelegt. — In Gotha brannte eine große Doppclscheune -er Hugo Wernerschen Oeko- nontte vollständig nieder, ein Stallgebäude wurde be schädigt, einiges Vieh verbrannte. — In Eisenach wurde ein Chinakrieger-Verein gegründet, dem 15 Mit glieder angehören. — Der bekannte Ein- und Ausbrecher Präßler, der im Zuchthause in Untermetzfeld sitzt, sollte kürzlich nach Aschaffenburg verbracht werden, wo er sich wegen Eigcntumsvergehen verantworten sollte, die er nach seinem letzten Ausbruche verübt hatte. Dabei zeigte sich, daß er seine Schellen bezw. die Kette durchgearbeitet, mit feinen Nieten aber für äußerliches Zusammenhalten gesorgt hatte. Das Fenster der Zelle war zum Heraus nehmen fertig, die Stäbe hätten nicht mehr lange Stand gehalten. In den Zementfußboden war ein Loch von 40 Centimeter Tiefe gearbeitet. Alle diese Dinge hatte Präßler trefflich zu verdecken gewußt. — In Neustadt bei Coburg wollte ein 30 Jahre alter verheirateter Mann in seiner Trunkenheit kurz vor einem Zuge noch das Bahn gleis überschreiten. Er wurde aber erfaßt und totgefahren. — In Eich igt hat sich der Bahnhofsvorsteher in einem Anfalle geistiger Umnachtung eine tiefe Schnittwunde am Halse beigebracht. Er wurde nach Jena gebracht; wo der Luftröhrcnschnitt vorgenommen wurde, der auch gelang, so daß der Verletzte mit dem Leben davon kommen dürfte. — Sein SOjähriges Bcrgmannsjubiläum feierte der Steiger Andreas Hennicke auf der den Niebeckschen Montanwerken gehörigen „Grube Hedwig" bei Deuben. — Prag, 18. Oktober. Der Statthalter versicherte einer Anordnung -es Berwaltungsrates der Wenzels kasse, er lege großes Gewicht darauf, daß eine Kata strophe vermieden werde und die Kasse erhalten bleibe. Er werde dafür einstehen, daß eventuell Staat und Land hel fend eingreifen. Heute begann ein großer Ansturm vom Lande eingetroffener Einleger, doch vollzieht sich die Ueber- nahme der Einlagebücher in vollster Ruhe. Es wird jeyr bekannt, daß Drozd mit seiner Wirtschafterin nach Amerika flüchten wollte und daß er bei einem ihm befreundeten Goldarbeiter in den letzten Tagen 70 000 Kronen hinter legt hat. Weitere Verhaftungen stehen bevor. — Nene Complice« des Mörders Tullio Morri. Aus Mailand wird uns geschrieben: ES scheint jetzt sicher zu sein, daß Tullio Mnrri, der Mörder seines Schwagers, des Grasen Bonmartini, das Verbrechen in Gemeinschaft mit gedungenen Meuchelmördern begangen hat. Man hat nämlich eine neue, gänzlich unerwartete Spur entdeckt, die nach Neapel führt. Die Polizei in Neapel erhielt vor einigen Tagen durch einen nicht unterzeichneten Brief die Mitteilung, daß an der Ermordung Bonmartinis auch eine gewisse Angela Santangelo beteiligt sei. Die Santangelo ist ein in Neapel wohnendes hübsches Mädchen, das schon bestraft ist und unter Polizeiaufsicht steht. Sie soll einige Wochen vor der Ausführung des Verbrechens von ihrer Freundin Bonetti, der Geliebten und Mitschuldigen Tullio Murris, eine Einladung nach Bologna erhalten und an genommen haben. Mit ihr sollen zwei neapolitanische Camorristen gereist sein. Auf Grund dieser Information nahm die neapolitanische Polizei bei der Santangelo so fort eine Haussuchung vor, wobei in der Tat mehrere Briefe der Donetti gefunden wurden. In einem dieser Briefe wird die Santangelo, auch im Namen einer ande ren Person, aufgefordcrt, nach Bologna zu kommen, und ein anderer Brief kündigt die Absendung des Reisegeldes an. Die Santangelo wurde daraufhin verhaftet, obwohl noch nicht mit Sicherheit feststcht, ob sie der Einladung Folge geleistet hat. — Die Kellner Italiens sind abgesagte Gegner der Frauen-Emanzipation; auf ihrem Kongreß zu Genua haben am 11. Oktober dieses Jahres die „Herren Ober "einen Beschluß gefaßt, in dem sie die Abschaffung ver Kellerine, der Damenbediennng, fordern, obschon diese Verwendung der weiblichen Arbeitskraft in Italien nur sehr spärlich verbreitet ist und fast nur in Obcritalien vorkommt. --- TifliS, 14. Oktober. (Telegramm.) Am letzten Sonntag wurde hier ein schwaches Erdbeben verspürt. — Das Schulmädchen als junge Frau. Aus Read ing, Pennsylvania, schreibt man der „N. A. Staats-Ztg." unter dem 29. September: Daisy Belle, 15 Jahre alt, ging heute wie gewöhnlich zur Schule und studierte eifrig, als wäre in ihrem jungen Leben gar nichts vorgefallen. Und doch hatte Daisy am Sonnabend Abend in Pastor Huntzi gers Haus dem 54jährigen Jakob Klink, einem wohl habenden Manne mit erwachsenen Kindern, die Hand zum ewigen Bunde gereicht. Klink ist ein Veteran des Bürger krieges und hat sich vor zwei Jahren von seiner Gattin scheiden lassen. Die junge Frau wird jetzt, da die Ge schichte ihrer jungen Ehe in die Oeffentlichkeit gedrungen ist, die Sckulbank nicht länger drücken, sondern nach gutem Brauch eine Hochzeitsreise machen. Aus dem Geschäftsverkehr. f Tas alte, bestens bekannte Lokal „Gute Quelle", Brühl 42, ist in die Hände des Herrn Louis Bernstein, eines als tüchtig bekannten Wirtes, übergegangen. Die „Gute Quelle", die Jahrzehnte hindurch dem Variete diente, ist vor anderthalb Jahren, nachdem sie der Neuzeit entsprechend um gebaut und komfortabel eingerichtet wurde, zu einem beliebten Vcrkehrslokal geworden. Auch Herr Bernstein wird bemüht sein, das alte Renommee des Etablissements durch musterhafte Bewirtschaftung und Verabreichung bester Speisen und Ge tränke zu wahren. Die beliebten täglichen Konzerte der vor züglichen Hauskapelle werden beibehalten. eröffnet worden. Dasselbe zeigt sich al» ein behaglich aulae- statteteS und gemütliche» Kneiplokal. Der Wirt, Herr Oskar Brückner, der aus seinen früheren Geschäften al» tüchtiger Fach mann bekannt sein dürfte, wird eifrigst bestrebt sein, nur vor zügliche Getränke und gute Speisen zu liefern. wiederholte Nachrichten. (AoS dem gestrigen Abeudblatte wiederholt» weil zu spät ein- getroffen, um auch in dem frühzeitig »ach auSwLrt» versendeten Theile der Auflage Ausnahme finden zu könnens * Paris, 14. Oktober. (Telegramm.) Die natio nalistische Gruppe der Deputrertenkammer beauftragte den Vizepräsidenten Rousict, in der Kammer einen Antrag einzubringen, durch den -er Gebrauch von Waffen bei Aus st and en geregelt werden soll. * Paris, 14. Oktober. (Telegramm.) Auf der Straßenbahnlinie nach Bagnolet sind gestern zweiWagen, in denen zumeist Angestellte der Straßen, bahn sich befanden, zusammenge stoßen. 35 Per - onen sind verletzt. Vorgestern kam bei einem Zusammenstoß aus derselben Linie ebenfalls eine größere Anzahl Personen zu Schaden. * Paris, 14. Oktober. (Telegramm.) Zu dem Ausstande der Bergarbeiter in Balenciennes wird be richtet, -atz die sogenannten „roten" und „gelben" Syndi kate fett gestern in völligem Einverständnis miteinander ind und daß derAusstandindenDepartements Nord undPasdeCalais ein voll st ändiger ist. * Paris, 14. Oktober. (Telegramm.) In der Umgebung von Dcnain kam es zwschen 1000 Ans tändigen, die nach einem Schacht, in welchem an geblich gearbeitet wurde, marschieren wollten, und beritte nen Gendarmen zu einem Zusammen st oß. Mehrere Arbeiter wurden leicht verletzt. * Versailles, 14. Oktober. (Telegramm.) Infolge dcsZusammcnbrucheseinesGerüstes stürzten sechs Maurer in die Tiefe; zwei wurden getötet, die anderen verletzt. Letzte Nachrichten. * Berlin, 14. Oktober. (Telegramm.) Wolffs Telegr. Bureau erfährt: Zum Oberpräsidenten von West preußen ist der Oberbürgermeister Delbrück in Danzig, zum Regierungsprä- sidentenvonWiesbaden der Oberpräsidial, rat Hengstenbcrg in Breslau ernannt worden. * Berlin, 14. Oktober. (Telegramm.) Das „Berliner Tageblatt" hat die Angabe verbreitet, es sei nicht ausgeschlossen, daßdasAuswärtigeAmtein Audicnzgesuch der Boeren, das ihm auf un mittelbarem Wege zugcgangen sei, demKaiserunter- breitcn werde. Bon zuständiger Stelle wird dem „Wolffschen Bureau" dies als irreführend und grundlos bezeichnet. Die Frage des Empfanges der Boerengenerale durch den deutschen Kaiser ist, wie die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" schon früher festgestellt hat, in negativem Sinne entschieden und erledigt. 6. H. Berlin, 14. Oktober. (P ri v a t t e l e g r amm.) Die Berliner Handelskammer wird am 17. d. M. in öffentlicher Sitzung zu dem Bundesratsbeschluffe, betreffend die Krankenversicherung der Hausgewerbe treibenden und mehrere Anträge auf Beseitigung bez. Ein schränkung der Gerichtsferien. Stellung nehmen. * Wien, 14. Oktober. (Telegramm.) In einer Konferenz mit den Vertretern der Deut schen in Böhmen hob der Ministerpräsident v. Koerber hervor, daß die Grundzüge der Sprachen verordnung nach den Erfahrungen der Behörden zu- sanmrengestellt seien. Sie seien aber nichl unabänderlich. Der Ministerpräsident betonte die Notwendigkeit einer Verständigung und ersuchte, sich über die Grundsätze zu äußern. * Paris, 14. Oktober. (Telegramm.) Der Senat hat sich nach kurzer Sitzung auf den nächsten Dienstag vertagt. * Paris, 14. Oktober. (Telegramm.) Die Kammer ist unter dem Vorsitze des Präsidenten Bourgeois heute wieder zusammengetreten. Der Finanzminister Rouvier legte vor gut besetztem Hause das Budget für das Jahr 1903 vor. Abg. Basly brachte einen Antrag über die Altersversicherung der Arbeiter ein und verlangte die Dringlichkeit, die beschlossen wurde. Abg. Baudry d'Assen beantragte die Versetzung des Ministeriums in den An klagezustand, weil cs durch die Schließung der kongre- ganistischen Schulen das Gesetz verletzt habe. Die Dring lichkeit wurde mit 414 gegen 53 Stimmen abgelehnt. So dann beschloß das Haus die Reihenfolge der zahlreichen vorliegenden Interpellationen. Tas Budget balanziert in den Einnahmen und Ausgaben mit 3 575 500 000 Francs. * Paris, 14. Oktober. (Telegramm.) In der Kammer wurde ein Gelbbuch über die inter nationale Konferenz zur Unterdrückung des Mädchenhandels verteilt, die im Juni in Paris stattgefunden hat. DaS Gelbbuch enthält besonders die Sitzungsberichte und das von der Konferenz angenommene Schlußprotokoll. * Paris, 14. Oktober. (Telegramm.) Hinsichtlich des Ausstandes ist die Lage unverändert. Die letzte Nacht im Kohlenbecken des Pas de Calais ist ziemlich lebhaft verlaufen. Die Patrouillen der Ausständigen waren wieder in der Umgegend der Schächte tätig. An einigen Punkten mußten Truppenabteilungen die Aus ständigen zerstreuen. Handelssache«. » Essen, 14. Oktober. Die „Rhein.-Westf. Zta." meldet: Von den im September durch das Westfälische Kvhlrnsyndikat zum Versandt gelangten CoakS- und Feinkohlen sind zu folge der Vorstandsabrechnung nur 70,839 Proz. gegen 72,14338 Proz. im August, sowie gegen 76,802 Proz. im ganzen zweiten Quartal 1902 als Coaks.kohlen abgenommen worden. Tee Rest wurde auch als Feinkohle zu 7,50 statt zu 9,50 verrechnet und tm AuSIande abgesetzt. k Am heutigen Tage eröffnet Herr Hermann Hamann, früherer langjähriger Wirt des Würzburger Hofes, Eisenbahn straßc, sein Restaurant „Würzburger Hvfbrän", Ecke Mittel und Tauchaer Straßc 15. k Ein neues bürgerliches Restaurant ist in dem Hause Prcußergäßcken Nr. 11 unter dem Namen Lerchen Schänke
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