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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.10.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-10-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19021025015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902102501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902102501
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-10
- Tag 1902-10-25
-
Monat
1902-10
-
Jahr
1902
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Wie nun neuerdings wieder berichtet wird, ist ein Heftchen herausgegeben worden, in welchem eine größere Anzahl Punkte enthalten sind, deren Nichtbeach tung eine Betriebsgefahr in sich schließt. Dieses Heftchens sollen sich die Vorstände bei der Belehrung des Dienst personals bedienen und es wird jedem, der sie außer acht läßt, strenge Bestrafung angedroht. Die gute Absicht dieser, den militärischen Charakter verratenden Anord- nung ist nicht zu verkennen, nur fragt es sich, ob der Zweck, die Betriebsunfälle zu vermindern, damit erreicht wird. Was zu tun und zu lasten ist, darüber bestand beim Per sonal auch bisher kein Zweifel, und an Bestrafungen, gerichtlichen und -isziplinellen, hat es auch seither ebensowenig gefehlt, wie an abschreckenden Beispielen von Verfehlungen. Vermißt hingegen wird die systema tische fachmännische Vorbildung jedes einzelnen für den verantwortungsvollen Posten, auf den er nolovs volens gestellt wird, und die Erziehung des Personals nach mili tärischem Schnitt und Geist zur Einpflanzung eines klaren Verständnisses für die Aufgaben des Gesamtorganismus und die Bedeutung des einzelnen in seiner Mitwirkung am großen Ganzen. Die Pslege des Verständnisses hierfür nach bestimmten pädagogischen Grundsätzen und die Beob achtung einer strengen Auswahl der Elemente in sittlicher und geistigerBeziehung schaffen erst den rechtenGeist in die Personal-Gesamtheit. Der rechte Geist aber bildet die Vorbedingung für die verständnisvolle Auffassung aller dienstlichen Aufgaben, nicht strenge Vorschriften und Strafen. Strafen sind gegenüber Erwachsenen, zumal im Nahmen der Existenz, immer ein sehr zweifelhaftes Er ziehungsmittel, und dem Eisenbahrtbetriebspersonal tun nicht Strafen und Vermehrung strenger Dienstvorschrif ten, deren es sich bereits im Uebermaß erfreut, not, son dern eine fach- und fachgemäße gründliche Ausbildung im allgemvnen und für den Dienstzweig, den der einzelne auf seinem Posten zu beherrschen hat, im speziellen. Deshalb sind die erwähnten, vom preußischen Eiscnbahnminister ge troffenen Maßnahmen nicht als Mittel von besonderer Wirkung zur Verminderung oder Vermeidung von Be triebsunfällen zu betrachten. Das gewaltige Geschäft des Eisenbahnbetriebes, das sich anerkanntermaßen zu einer Spezial-Verkehrswisscnschast herausgebildet hat, verlangt vielmehr, wenn die Betriebstüchtigkeit der darin beschäf tigten Leute gehoben werden soll, eine gründliche fachliche Durchbildung nach, wie schon betont, pädagogischen Re geln, und es muß mit der heutigen Gepflogenheit, wie sie noch seit den ersten Anfängen des Eisenbahnwesens be steht, gebrochen werden, daß jeder, der in den Eisenbahn dienst eintritt, hinsichtlich seiner Ausbildung für den er wählten Beruf auf sich selbst und den guten Willen seiner älteren und erfahrenen Rerufsgenosten angewiesen ist. Es wäre daher nicht sowohl im Interesse der Eisenbahn verwaltung selbst, als auch im Interesse der Allgemein heit von hoher Bedeutung, wenn der preußische Eisenbahn minister seinen großen Einfluß auf deutschem Eisenbahn gebiete dahin geltend machen und in dieser Beziehung zeigen wollte, daß ein neuer Kurs angebrochen ist. Die Frage, wie die berEiche Ausbildung des Eisen bahndienstpersonals sich zweckmäßig zu gestalten habe, ist nicht neu, in Fachkreisen ist darüber schon manches Wort gesprochen und geschrieben worden; weniger hat sich die Öffentlichkeit damit beschäftigt. Es ist aber nicht zu ver kennen, daß auch letztere daran interessiert ist, und zwar aus dem sehr einfachen Grunde, weil von der gediegenen Durchbildung des Eisenbahndienstpersonals die glatte Ab wickelung der Verkehrsgeschäfte überhaupt und im beson deren die Betriebssicherheit in erster Linie abhängt. Be rücksichtigt mau, daß das Eisenbahnwesen mitten hinein gewachsen ist in alle wirtschaftlichen Verhältnisse und von ihm Industrie, Handel und Wandel gewaltig beeinflußt wird,- erwägt man ferner, in welch inniger Beziehung Familie und Haus mit der Eisenbahn steht, indem täglich ein beträchtlicher Prozentsatz der Bevölkerung Leib und Leben der Eisenbahn anvertraut; bedenkt man endlich, was im Kriegsfälle das Vaterland von den Eisenbahnen für bedeutende Leistungen zur Unterstützung der schnellen Schlagfertigkeit des Heeres erwarten muß: so erhellt daraus, daß es niemand gleichgültig sein kann, wie unser deutscher Eisenbahnbeamtenstand qualitativ beschaffen ist. Nach alledem kann das Interesse daran kaum geringer sein als dasjenige, welches das deutsche Volk für unsere HeereSorganisation an den Tag legt. Darum dürfte vom Volksstandpunkte aus die Forderung berechtigt sein, daß in dem anerkennenswerten Bemühen, das Eisenbahnwesen in technischer Beziehung zur bestmögliche» Vollkommen heit emporzuhcben, die zweckmäßige, den wachsenden An sprüchen der Neuzeit entsprechende Ausbildung und beruf liche Erziehung des Eisenbahnpersonals nicht vergessen werbe. Daß cs in diesem Punkte hapert, ist bekannt. Zu wünschen bleibt übrig, daß 1) die zur Leitung berufenen, wissenschaftlich gebildeten Persönlichkeiten nicht oben sondern, wie beim Militär, unten anfangen zu dienen, und ihre fachliche Ausbildung in einer der Offizierslaufbahn entsprechenden Weise er folgt. Demgemäß sollten sie, bevor sie in die hohen leiten den Stellen cinrücken, eingehende Bekanntschaft mit dem Dienste in der Front, d. h. mit dem praktischen Betricbs- und Abfertigungsdienste, machen und am eigenen Leibe er fahren, was diesem Dienste frommt und welche Bcdürs- niste, Vorgänge und Anforderungen darin austreten. Zu dem Zwecke aber wäre es unbedingt notwendig, daß man diesen Dienst nicht im Nebenhergehcn kennen zu lernen sucht, sondern unter eigener persönlicher Verant wortung Dienst leistet und zum Abschlüsse vor dem Ueber- tritt in höhere Stellen mindestens ein Jahr lang einen verkehrsreicheren Bahnhof selbst verwaltet; 2) daß daS mittelerc, zur praktischen Sins- Übung bestimmte Personal nicht empirisch, sondern methodisch nach einem bestinnntcn Lehrplane, und zwar in einer Weise in den Dienst eingeführt werde, daß neben der Erlernung der mechanischen Geschäftsarbcitcn daö Verkehrs- und Berwaltungswcscn in seinen ver schiedenen Phasen auf theoretischer Basis gelehrt wird. Das Personal muß die Dinge, mit denen es beständig Umgang hat, von einem höheren Standpunkte als dem der bloßen handwerksmäßigen Arbeit aus begreifen lernen, nm zum rechten Verständnis für alle in das Eiscnbahnsach einschlagenden gesetzlichen und sonstigen Bestimmungen, wie auch für das Ineinandergrcifen der verschiedenen Dienstzweige mit ihren ebenso verschiedenen Einrichtungen zu gelangen. Mit einem Wort: es muß Eisenbahnfach wissenschaft in Verbindung mit verwandten Fächern so weit gelehrt werden, daß der Berufene sich in seinem Fache ganz zu Hause fühlt; 3) sollte das untere Personal (Zugführer, Schaffner, Bahnwärter, Weichenwärter u. s. w.) nicht bloß manuell in den Dienst eingeführt werden, sondern es sollte durch an verschiedenen Stellen zu errichtende st ä n d i g e L e h r - knrse mit den in Betracht kommenden Aufgaben gründ lich vertraut und über die allgemeinen Verwaltungs verhältnisse so weit belehrt werden, daß sich sein Gesichts kreis über seinen engen Wirkungskreis hinaus erweitert und anch bei ihm ein Verständnis für das Zusammen wirken der vielen beim Eisenbahnbetriebe in Wirksam keit tretenden Kräfte durchschnittlich anzutresfen ist. Auch hier ist es notwendig, daß die Erziehung planmäßig er folgt, denn nur auf dieseWeise ist cs möglich, dieseLeute für die Posten, auf welche sie gestellt werden sollen, so vor- zuberciten, daß sie sich der großen Verantwortung ihrer Dienstleistung voll bewußt werden, anderseits diejenigen Elemente, welche unter dem Niveau der billigsten An sprüche an die Intelligenz stehen, gründlich kennen zu lernen und sie von vornherein von der Anwartschaft auf Beamtenslcllen auszmchciden. Ins einzelne darüber einzugehcn, wie ein derartiger Ausbildungsmodus praktisch durchzuführen sei, würde den Rahmen dieses Aufsatzes überschreiten und dürste zunächst auch von dieser Stelle auS nicht zu behandeln sein. Nur so viel sei darüber bemerkt, daß wir uns die Durchführung in der Hauptsache so denken, daß für das mittlere Beamten personal innerhalb eines größeren Verwaltungsbezirkes Lehrstationeu zu errichten wären, die mit dem erforderlichen Lehrkörper, Lehrmitteln und sonstigen Einrichtungen ans- zurüstcn wären und durch welche die Laufbahn aller jungen Personen, die Anwartschaft auf Vorslehcrstellen und dergleichen haben, hindurch führen müßte. Die Zweck mäßigkeit einer solchen Einrichtung würde außer in der Ausbildung auch in der Hinsicht zu Tage treten, daß die Qualifikation des einzelnen ganz anders wie unter gegen wärtigen Verhältnissen in die Erscheinung träte und dar nach eine reinliche Auswahl für die wichtigen Vorsteher posten leichter getroffen werden könnte. Ist es doch keine Frage, daß die Vorsteherstellen ihrem Wesen nach eigent lich berufen sind, erzieherisch und vorbildlich auf das zahl reiche Betriebspersonal zu wirken, weshalb die dazu be stimmten Pe.Fmen schon ans diesen, Grunde nach einem entsprechenden Maße vortrefflicher Eigenschaften aus gewählt werden möchten. Es kommt hierbei aber auch der weitere wichtige Umstand in Betracht, daß die Stationen in weit engerer Fühlung mit dem reisenden Publikum und der Geschäftswelt stehen, als die sonstigen Dienststellen der Eisenbahn. Erwägt man nun, daß das Auftreten des im äußeren Eisenbahndicnstc beschäftigten Personals und die ganze Art, wie es seine dienstlichen Aufgaben ersaßt und aus führt, vor jedermannsAugcn sich abspielt, und sich darin so zusagen die Verwaltung sc'bst wicderspicgelt; berücksichtigt man auch, wie sich in ihm ein natürlicher Kontakt zwischen den Verwaltungsbehörden nnd den Millionen von Menschen, die mit der Eisenbahn in Berührung kommen, verkörpert, so daß die gegenseitigen guten Beziehungen zwischen jenen und diesen, insbesondere mit der Geschäfts welt, wesentlich durch das Dienstpersonal beeinflußt sind: so wird man in all diesen Umständen einen Grund mehr dazu finden, daß eine gediegene Ausbildung der Eisen- bahnangcstelltcn von größter Wichtigkeit ist, und zwar nicht weniger für das Eisenbahnwesen selbst, als für die Allgemeinheit. Deutsches Reich. Berlin, 24. Oktober. (Staatliche Pensions versicherung für die Angestellten in privaten Betrieben.) Die Ueberzeugung, daß für alle Angestellten in privaten Be trieben eine staatliche Pensivnsversicherung eingeführt werden müsse, bricht sich in immer weiteren Kreisen Bahn und die Propaganda für die Verwirklichung dieses Ge dankens gestaltet sich immer nachdrücklicher. Wie erinner lich, ist am 1. Dezember 1901 in Hannover auf einer Tagung sämtlicher größerer Vertretungen der Privat beamten eine Resolution angenommen worden, die sich dafür ausspricht, „daß eine Invaliditäts- und Alters versicherung, sowie Witwen- und Waisenversorgung der Privatangestcllten nötig ist, daß die bestehenden Verbände und Vereine, so weit sie solche Einrichtungen besitzen, von Len Prinzipalen in dieser Hinsicht zu unterstützen sind, daß aber in letzter Linie die zwangsweise staatliche Regelung der Frage wünschenswert ist, um allen Privatangestcllten die Wohltat einer solchen Versicherung zu teil werden zu lasten." — Gegen die vorstehende Resolution haben damals der Deutsche Privatbcamten-Berein, der Ham burger Verein von 1838 und der Deutsche Bankbeamten- Verein gestimmt. Inzwischen jedoch mehrten sich im eigenen Lager dieser vorläufig abseits sich haltenden Ver bände die Stimmen, die für staatliche Pensionsversichernng der Angestellten einkraten. So hat sich der Vorsitzende des Zweigvercins Aachen im Verein Deutscher Bankbeamten für die staatliche Pensionsversicherung erklärt und die ,.B a n k b e a m t c n - Z c i t u n g" stimmt „jeder an nehmbaren Lösung der Pensions- und Relikten versorgungssrage — ob mit oder ohne Hülfe des Ttacncs — zu, wenn nur etwas Ersprießliches zum Wohle der Ge samtheit herausspringt." — Von anderen Organen der Fachpresse tritt die „Kolonialwaren-Zeitung" für obligatorische staatliche Mittelstandsversorgung ein. Kundgebungen solcher Art lassen darauf schließen, daß ein den beteiligten Vereinen und Verbänden gegenwärtig zur Beratung vorliegendes Flugblatt einen Boden r""--- findet, der für die Idee der staatlichen PensionSocrsia - ruug aller Privatbeamtcn noch empfänglicher ist, als vor einem Jahre. Entworfen im Auftrage einer hierfür ein gesetzten Kommission vom ersten Vorsteher des Verbandes Deutscher Handlungsgebülfen, verbreitet sich jenes Flug blatt eingehend über die Absichten, die mit der staatlichen Pensionsversichernng verfolgt werden, nnd über die Art, wie die fragliche Versicherung im wesentlichen einzu richten sei. Tic Hauptgedanken des Flugblattes sind der maßen von allgemeinem Interesse, daß sie auch von der Tagcspresse berücksichtigt zu werden verdienen. Sie lauten: „Tie gesetzliche Anerkenntnis, daß Angestellte oder Arbeiter mit Lohn bis zu 2lX>0 .// im Alter eine Sicherung haben müßen, ist nicht der Beweis, daß solche mit höheren: Einkommen diese Sicherung entbehren können. Im Gegen teil, ihre Notwendigkeit drängt sich immer mehr auf. Zu nehmende Konzentration des Kapitals vermehrt die Ab hängigkeit der Angestellten und vermindert die Gelegen heit zur Selbständigkeit; sie heischt daher dringend ein Gesetz zur A terssürsorge auch für die höher besoldeten An gestellten, gleichviel welchen Berufes. Ihre persönliche Unabhängigkeit wird durch ein solches Gesetz auch bester gewahrt. . . Tas Interesse des Staates an einer zu friedenen, arbeitssrvhen Bevölkerung, an einem kräftigen Mittelstände erheischt die Erfüllung dickes Verlangens." Nachdem alsdann die Wirksamkeit der gesellschaftlichen nnd privaten Pensionskassen anerkannt, aber als unzu- Feuilleton. Ohm Krügers Memoiren. Wir haben schon einen kurzen Bericht über Krügers Memoiren gebracht. Der „Verl. Lokal-Anz." läßt sich einen längeren Auszug telegraphieren, den wir hier wiedergeben: Paul Krügers Memoiren, die in den „Times" ver öffentlicht werden, setzen mit seiner Jugend ein. Die Auswanderer, die den großen Trekk bildeten, dem Krügers Vater sich anschloß, eroberten -aS Land Schritt für Schritt, und der damals neun Jahre alte Paul war schon ein tapferer Mitkämpe. Krüger erzählt: „Ich schoß meinen ersten Löwen im Jahre 1839. Damals war ich 14 Jahre alt. Ein Löwe hatte unsere Herden angegriffen und mehrere Stück Vieh geraubt, die am Rhenosterftuß itm späteren Oranjefreistaat) weideten. Sechs Mann machten sich zum Kampfe gegen den Räuber auf, ich selbst war der siebente, zählte aber nicht mit. Wir waren alle zu Pferde und ritten in zwei Abteilungen; ein größerer Raum lag zwischen uns. Der Löwe sah uns von weitem kommen und stürzte mit wilder Kraft auf uns los. Die drei Er wachsenen, mit denen ich ritt: mein Vater, mein Onkel und mein Bruder, banden schnell die Pferde zusammen und drehten sie mit -en Köpfen von dem Löwen fort, der auf uns losstürzte. Das wird bei Löwenjagdcn immer so gemacht, damit die Pferde nicht scheuen. Meine Ver wandten postierten uns; ich kam, vom Löwen aus ge rechnet, vor die Pferde zu sitzen. Ein Sprung brachte ihn in meine unmittelbare Nähe, dann streckte er sich und holte zum letzten Sprunge aus. In diesem Augenblick feuerte ich. Ich hatte so glücklich gezielt, daß er mausetot war. ES war ein starke- Tier. Der Schub lockte die andern drei herbei. Tin gewißer Hugo kniete nieder, um die mächtigen Fangzähne des toten Tieres zu meßen. Gleichzeitig sprang ich, nichts Böses ahnend, auf dessen Leib. Sofort erscholl ein furchtbares Gebrüll. Hugo vergaß seine Zahn messung und fiel platt auf den Rücken. Die andern lachten sich halb tot, denn jeder Jäger weiß, daß, wenn man einem toten Löwen auf den Magen springt, die darin befindliche Luft durch den Rachen entweicht und ein Brüllen erzeugt, als ob das Tier noch am Leben wäre. Hugo wollte mir eine Tracht Prügel verabfolgen, aber die andern legten sich zu Gunsten meiner Unerfahrenheit ins Mittel. Ein viel gefährlicheres Abenteuer hatte ich auf einer meiner letzten Rhinoccros-Iagden mit meinem Schwager und treuen Jagdgcnossen Theunißcn. Ich hatte eben ein Nas horn geschossen und auf der Stelle getötet, als ich in der Entfernung auch Theunißcn schießen hörte. Ich galop pierte zu ihm, unterwegs meine Flinte ladend, und sah, wie ein von Theunißcn angcschossencs Rhinoeeros sich durch das Unterholz aus dem Staube machen wollte. Theunißcn rief mir eine Warnung zu, aber ich kannte ihn als übervorsichtig, sattelte ab und rannte schräg auf das verwundete Tier zu. Kaum hatte cs mich erblickt, a's eS auf mich zulief. Ich ließ es bis auf drei oder vier Ellen herankommcn und feuerte, aber das Zündhütchen meines rechten Laufes versagte, und ich hatte keine Zeit zu einem zweiten Schub. Ich konnte nichts machen als ausreißcn und auf Leben und Tod laufen. Nach wenigen Schritten stolperte ich über dorniges Gestrüpp, fiel aufs Gesicht, und im nächsten Augenblick war das Tier über mir. Sein Horn verfehlte meinen Rücken, aber mit der Schnauze drückte es mich nieder, um mich zu Tode zu trampeln. Mit verzweifelter Anstrengung gelang es mir, mich umzu drehen und ihm die volle Ladung meines linken Laufes unter das Schulterblatt mitten ins Herz zu schießen. DaS Tier sprang von mir fort und fiel tot nieder. Thcuuifsen und ich hatten ausgemacht, daß, wer bei dieser gefährlichen Jagd sich unvorsichtig benehmen werde, von dem andern durchgeprügelt werden solle. Als er mich deshalb nicht, wie er glaubte, schwer verwundet, sondern ganz heil wie der ausstehen sah, nahitt er in aller Gemütsruhe seinen Sjambok, und ich mußte für meine Waghalsigkeit die kon traktlich ausgemachten Prügel über mich ergehen lassen." — Wetter erzählt Krüger: „Die Kämpfe mit den Tinge- bvrenen begannen an dem Tage, an dem die Trekker mit -cm grausamen Matabelekünig Moselikaye in Berührung kamen. Moselikatze, auf den der große Trekk von 1836 zwischen Rhenostcr und Vaal stieß, war der unbedingte Herr des ganzen Gebietes westlich des Limpopo und der Drachenberge. Alle Makatesen und Matabelen hatten sich ihm unterworfen. Er behandelte seine Untertanen wie Hunde und nannte sie auch so. Flogen Geier über seine Hauptstadt, so ließ er ihnen alte Weiber zum Fratze vor werfen. Als er vomHerankommen desTrekks hörte, sandte er 2M0 Krieger ihnen entgegen. Die Trekker waren der Größe ihrer Herden wegen in kleinen Abteilungen an den Ufern des Vaal und Rhenoster entlang verteilt. Sie wur den von den Mvselikatze-Leuten überfallen und zum Teil niedergemacht. An dem Nachezuge gegen Moselikaye unter Pvtgieter nahm ich teil, cs gelang aber nicht, ihn zu sangen; wir nahmen aber sein Land in Besitz, und ein Teil seiner llntcrhäuptlingc war froh, seiner Grausamkeit in unfern Schutz cutfliehen zu können." Zum Abschluß der bekannten Konvention aus dem Kampfe gegen den Kaffern Häuptling Setcheli erzählt Krüger: „Der Sturm auf die Stadt begann Montag morgen. Ich war unter den vordersten und tötete mehrere Kaffern mit meinem Vierpfünder, den ich mit grobem Schrot geladen hatte. Als der Hügel erstürmt war, schoß Luis-de-Plcsn gegen einen Felsen und die zurückprallende Kugel tras mich an den Kopf, so daß ich bewußtlos uiederfiel. Ein Kaffcrn- junge hielt durch wohlgeziclte Schüße die Feinde von mir fern; als ich wieder zu mir kam, bemerkte ich, wie trotzdem Kaffern hinter Jelsblückcn auf uns zu krochen und unser ganzes Kommando in höchster Gefahr schwebte. Ich sprang sofort auf, und obwohl ich keine Flinte hatte, konnte ich die Führung übernehmen und die andrängenden Schwarzen zurücktrcibcn. Bald darauf traf mich eine schwere Mus- tctenkugcl auf der Brust und durchbohrte meinen Wams. Der schlaue Setcheli sagte später, er habe cs bis zuletzt in der Gewalt gehabt, mich zurückzuschlagcn, aber von dem Moment an, wo ich Gelegenheit hätte, nach meiner Brannt weinflasche zu greifen, sei ich immer unbcsicglich. Dabei habe ich in meinem ganzen Leben keinen Schnaps ge trunken. — Als der Kampf gegen Setcheli zu Ende war, sandte Kommandant Scholy^nach dem Hause des englischen Missionars Livingstone, das nicht weit von der Kaffern- stadt entfernt war. Thcunis Pretorius fand hier eine voll, ständige Werkstatt zur Reparatur von Feuerwaffen und eine Menge Kriegsmaterial, die Livingstone zum Gebrauch Setchelis aufgcspeichert hatte. Dies war eine Verletzung der Sand-Niver-Konvcntion von 1852, welche die Lieferung von Massen an die Kaffern verbot. Lchvltz konfiszierte deshalb das Livingstoneschc Arsenal, nnd dieser rächte sich dafür, indem er dicBocren in ganz England beleidigte und verleumdete. — Kurz nachdem der Oranje-Freistaat die Unabhängigkeit erlangt hatte, wurde er in einen Krieg mit dem Basutohäuptlinge Moshesh ver wickelt. Der war kein gering zu achtender Feind und ver fügte über eine starke Streitmacht. Als ich davon hörte, bot ich der Freistaat-Ncgicrung meinen Beistand an. Der Sohn des alten General-Kommandanten Pretorius, der inzwischen zum Präsidenten der Südafrikanischen Repu blik gewählt worden war, begleitete mich mit 50 Manu unter Feldkornct Bodenstein. Wir kamen nach dem äußersten Freistaatlagcr bei Oostvruit am Sand-River. In der Nacht stahlen die Kaffern sämtliches Vieh. Ich sandte Bodcnstein auf ihre Spur, und er brachte die Herden zu rück. Von dort ging ich mit meinen Leuten über Winburg nach Bloemfontein. Dort bot ich den Freistaatern an, mit Moshcsh zu verhandeln, was angenommen wurde. General Tick und Schoeman wurden mitgeschickt. Moshcsh wohnte auf dem Thaba-Bvsigo-Berge. Vom Fuße des Berges sandte ich einen Boten zu ihm hinauf und er antwortete: „Ich werde sofort kommen und mit Mr. Krüger sprechen." Ich wartete das aber nicht ab, sondern stieg den Berg hin auf, um in Mosheshs Stadt zu gehen. Ain Rande des Plateaus kam Moshesh mir entgegen, der Kaffer Nagato stellte mich ihm vor: „Das ist Paul Krüger." Moshcsh ant wortete: „Wie ist das möglich?" Seit vielen Jahren höre ich von ihm und bin so alt, wie kann er noch so jung sein?" Darauf nahm er mich beim Arm und geleitete mich in sein HauS, in ein Zimmer, das nie ein Schwarzer zu betreten wagte. Nachdem Erfrischungen aufgctragen waren, be gann ich: „Warum tötet Ihr Euch um nichts und wieder nichts ? Warum vertragt Ihr Euch nicht? Seht Ihr nicht, daß Euch der Krieg nur Schaden bringt? Auch versperrt Ihr die Heerstraßen für Euch freundlich gesinnte Völker." Nach vielem Hin und Her sagte er: „Ihr habt recht; alles, was ich hier im Hause habe, ist von andern Völkern ge liefert, und wenn die Wege versperrt sind, kann ich nichts bekommen, was ich brauche. Uebrigcns seid Ihr der Mann, der den Mapela von seinem Berge holte?" Ich antwortete: „Ja." Nach kurzem Stillschweigen sagte Mo shcsh: „Ihr müßt Euch nicht einbildcn, daß Eure Tapferkeit Mapela dort hcrunterhvlte, cö war nur Gottes Ratschluß." Da Mokhesh anch weiter viel von Gottes Ratschluß sprach, sagte ich: „Wenn Ihr so fromm seid, wie kommt Ihr dazu, mehr als eine Fran zu haben?" Mvshesh antwortete: „Ich habe zwar 200 Frauen, aber das ist noch nicht halb so viel, wie Salomon hatte." Ich erwiderte: „Wißt Ihr nicht, daß cs nach dem Neuen Testament verboten ist, mehr als ein Weib zu haben?" Moshesh dachte nach nnd meinte: „Ja, was soll ich Euch sagen? Tas ist eben so in der mensch lichen Natur." Am Abend wurde ein FriedcnSvertrag
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