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Vvesdnev Nachrichten Sonnabend, 16. Oktober It»VE »« Nr. 2>>7 > Ehrengäste j» der Aula des Gymnasiums »»rriammeli- Di' slnüttickzen Behördeu waren vertreten durc» die Herren Bürgermeister Dr. nreviciiinar, Siadträke Dr. Körner, Dr. lavier, Dr. Malilies, Köhler, Stadtschulrat Dr, Lnvn, Stadtverordneten Dittuiann, Braun, Kechlmann ns-w., und von den Lchivestevan stallen lzatten sich zur Begrüstung des neuen Schulleiters die Herren Ot»ei'studienrat Dr, Stiiren- bnrg, Rektoren Dr, -<xnke, Dr, Giesing. Dr, L lange. Dr- W«m>ier uird die Direktvreu Dr, Döhler, Dr. H»rhn, Dr, WeidenmnNer. Meuer und Laulw eingesunde». Nach dem gemeinsamen "ftiang: .ZZK'de den Herren, den mächtigen König der Ehren" gedachte v>err Professor Dr. Goldberg im «Oevet des oernorbenen Nektars, Oberstudienrats Dr. llteltzer und er Nu an dem tientigen Freuden lag für das "'innnasniin zu dessen Förderung und o>edeil>en 'tzottes Beistand, Für de» durch dringende 'A nitsg eich aste in leg ier Linnde verhinderten Herrn Oberbürgermeister ivies Herr Stadtrak D r. Habt er den neuen -Rektor förmlich in sein Ami ein und gab neben seinen besten L-egenswnti sche» der Ernmrtuiig Ausdruck, das, Professor Poland das »eiche Mas; von Bertraue», dessen er sich während seiner 25jährigen Tätigkeit am Gymnasium l>ei seinen Amtsge nossen. seinen Schülern und deren Eltern und bei den Bevor den zu erfreuen gehabt !>abe, sich auch in Zukunft zu »'»rliren wissen werde, Weitere Preise interessieren dürste aus Dr, Hoblers Ein-iveiinngsrede noch die Bemerkung, öap man betwrSlicherseits in ernste Erwägungen darüber etttgetreten sei, beim Wettiner Gnmnastum neben d.n humanistischen auch reale Abteilungen zu bilden und in beiden den Resormlehrplan einzuftihrc». Mit herzlichen Wo neu lwgrützte und .beglückwünschte Herr Professor Dr, Wickel als ältester Lehrer im Namen des Kollegiums den erprobten Amtsgenossen, der in glühender Begeisterung für Berus und Wissenschaft allen voranlenchiete, als künf tigen Führer und gelobte ihm getreue Mitarbeit. Der Biimu-i oiiiniuin Löffler sprach Sen Wunsch ans, Satz es noch vielen Schülergetchlechtern vergönnt sein möge, von Pro fessor Poland in die Schönheiten des klassischen Altertums eingesnhrk zu werden und schloß mit dem Gelübde des 'Se it oria ms und der Treue gelten die Schule. In der nun fol genden Ansprache des neuen Schulleiters wurde die ge rade in der Gegenwart oft gestellte Frage nach dem Nutzen der humanistischen Bildung erörtert. Das Ideale ist das Nützlichste im höchsten Sinn: darum müssen beim Unter richt in Naturwissenschaft, FK'schichie und de» modernen Sprachen die großen Znianimen-ltzinge und die leitenden Gedanken in den Vordergrund -bestellt werden, und Sem humanistischen Gymnasium muh lein einzigartiger Borzug erhalten bleiben. Sah cs in de» klassischen Sprachen einen Mittelpunkt besitzt, oon dem aus der Unterricht in den anderen Fächern befruchtet wird. Die humanistische Bil dung icl>astt ideelle Güter: Sinn für Schönlxttt und die Kunst, klare Anstauungen über die sittlichen Wahrheiten t.nd Tugenden: Freiheit, Wahrhaftigkeit, F reuiidichatt, Baterlandsliebe und Verständnis für den Werdegang unse rer .Kultur: ne in daher geeignet, die Fugend zu wahren Fhrnsten tnid z» anie» Denischen heraiiznbilde». Wenn cine der wichtigsten Ausgaben der höheren Schulen darin bestellt, die jungen Lenie an ernste zielbewusste Arbeit zu gewöhnen, io must doch das Bestreben des Lehrenden, in ttiiei' Herzen Liebe zu dem Lernenden wohnt, daraus ge richte! ictti, dast der Schüler seinen iiigendirischcii fröh lichen Sinn mit ins Leben liinausnehme und dast in ihm d-is Bew'lhtiein reitt: das höchste irdiiciie ckftiick besteht in Arbeit, die mit Freuden geia» wird, Znm Schluß der Feier iang der Schulchor unter Musikdirektor Eicbler tonichön und eindrucksvoll die Motette „Preis und Anbetung nsw," von Ni nt. Znr Landtaqswahlbewegung. Im 0. Dresdner Landtagswaltlkreiie spricht morgen Sonnabend, abends Uhr, in ztammers Hotel in Borstadt Strieien der >> a i i o n a l I i b e r a l e Kandidat Herr Nechnnngsrat A » ö e r s über das Thema: „Sachten national und liberal," - Herr 'Rirtnereibesitzer Gabriel- Äötzkchenbroda. der morgen Sonnabend abend im 'Nisthose zu Dobritz spricht, ist der Kandidat der Konservativen, der Mtticlstandsvcrcini- gung iiiid der Nesormpariei. Der Kandidat der National- liberalen ist Herr Kansmann K u n tz e - Niederlöstnitz, — Btiliivoch. den 20, Oktober, findet eine reiormerischc Ver- sammliing im Ncstanrani „Zum Kaiser Barbarossa" in Slrieie», Barliaroisastrake ll, abends 'H-o Uhr. statt, ,'iied- ner ist der Kandidal der Deutschen N e f o r m p a r t e i, Herr Obervostietretär Fcvcrhcrni. - Die Uebernahmc der Talonstcner aus die Ltadtkasse für die Schuldscheine ans Anleihen der Stadt Dresden war in der gestrigen Sradtoerordnetensitzung, wie von uns rm Morgeublatt bereits berichtet, in letzter Stunde noch zur Beratung gestellt worden. Durch Reichsstempelsteiler- leietz vom 15. Fnli lOOO sind bekanntlich die Zins'cheinbögen ulanLiichcr >i»d auslündiieher Papiere und von Schnldver- ,-chreibungcn der Städte einer Steuer von 2 ">«, des Nenn wertes niuermorsen. Diese Steuer nun ist von fast sämt lichen Grostsiädten Deutschlands ans ihr Konto übernom men worden. Auch der Nai zu Dresden hat sich entschlos sen, davon abzniehen, die Steuer ani die Zinsscheinbögen der Besitzer zu übertragen, da die Stadt sonst Gefahr laust, käst ihre Papiere gegenüber den Papieren andererSiüdtc, die Seil Stcmpelbeirag von der Stadtkaise tragen lassen, min derwertig erscheinen würden. Um Jahre 1010 werde» neue .ittisicheinbögen für die Anleihe von 1000 ausgegeben im Betrage von >0G Millionen Marl. Die Talonstencr hier für beträgt im Jahre l»10 WOOv Mk„ ION 1800 Mk.» 1013 öl MO Mk usw.. die also von der Stadtkasse übernommen werden sollen. Das kurz vor Beginn der Sitzung ausge- arbeiteie Gutachten deS Finanzausschusses lautete: „Kollegium wolle der Ratsvorlage gemäfi sich damit einver standen erklären, daß die Kosten des Neichsstempcls für die Ausgabe von Zinsscheinbögen der Dresdner Stadl anleihen auf die Sladtlasse übernommen würden". Lt.-B, Braune führte Klage darüber, das, eine so wichtige Bor lage so spät vom Nate an daS Kollegium gegeben worden sei. das« man erst unmittelbar vor der Sitzung habe Be-- schluki darüber fassen können. Bürgermeister Dr, Äretzsch- m a r antwortete, die Verzögerung !ei durch die Umfrage des Nates bei anderen Großstädten entstanden. Da aber der Beitrag mit den Emissionsbanken bis Ende Oktober erneuert werden müsse, so habe der Rat die Erledigung der 'Vorlage in -leier Sitzung für nötig gehalten. Auch Li.-B. llnraich bedauerte die Eile der Erledigung dieser Borlnge: doch ersuchte er, de» Antrag Braune aus Znrückverweisinig an den Finanzausschuß zurückzuweisen, -a eine nochmalige Beratung doch dasselbe Ergebnis haben werde. Wie schon gemeldet, wurde denn auch der Antrag Braune mit großer Majorität abge lehnt und das Gut achten gegen die Stimmen der Sozialdemokraten ange nommen. —* Die Lustjchifsahrt in Lachsen durste sich ichon immer eines sehr regen Interesses sowohl der sportlichen Kreise als auch der gesamten Bevölkerung erfreuen. Gerade in diesen Tagen sind im 'achsischcn Lustschissahrtswcsen große Fortschritte zu verzeichnen. Heute nachmittag 5 Uhr hält bckannllich der Direktor der Luftschiffbau .'Zeppelin-G. m. b. H„ Herr Eolsman, iin StadtvervrdnetcntLaale vor geladene» Fntercssenten einen Vortrag über: „Die Zwecke und Ziele der nengegründeten Verkrhrsgcsellichaft", woran sich eine Beiprechnng über die Einbeziehung D r e s dcns in den regelmäßigen Verkehr mit lenk- «baren Luftschiffen schlichen wird. Wie verlautet, sollen zunächst Dresden und Berlin durch eine Lustlchiff- linie miteinander verbunden werden: eine Lahrt dahin, die, nach den Ergebnissen der „Zepoelin"-Probefahrtcn zu ichlicfien, etwa drei Stunden Zeit beansprucht, würde sich für jeden Iahrgasr am Anfang freilich noch auf ungesähr 2'D Mark stellen. Absolut Genaues läßt sich nicht eher sagen, bis die Zepoelin-Gesellschaft, die ihre ersten beiden Schisse im nächsten I-rühjahr fcrtigsicllen wird, an der Hand präziser Kostenberechnnngen ihre Preise normieren wird. — Ierncr wird auch der in den nächsten Wochen zu erwartende Bestich des ..Parseval l 11". der voraus sichtlich die Städte Oschatz. Riesa und Meisten ans seiner iVahrt überstiegen wird, das Znieresse für die Luftschiff fahrt in unserem engeren Vaterlande erheblich steigern. Schon jetzt wollen wir daraus Hinweise», dast cs die Ge pflogenheit des Majors Parseval ist, seine Fernfahrten niemals vorher anznlündigen. Dazu haben ihn anschei nend die durch nnoorhergciehene Umstände oeranlastien Dispvsiiionsändernngen anderer Lenklmllonstcucrer be wogen, die durch das Nichieinhalten ihres Versprechens die Menge sehr enttäuscht haben. Däs Lenkballonmesen steht eben noch zu sehr im Anfänge der Entwicklung, als döst man die Ankunft eines Lnsii'chisses so bestimmt Voraussagen tonnte, wie etwa das Eintreffen eines Eiienbahnziiges. Auch beim Antritt der „Parseval" - Iahrt vvn Bitterseld nach Leipzig wnstte die Besatzung nicht, dast der Major über die sächsische 'Kreuze sahren wolle. Und vorgestern, als der „Parseval" in AngSbnrg übernachtete, mar es keinem, auster dem Iübrer Oberleutnant Stelling, bekannt, dast das Schiff am Tage daran, nach München fahren würde. Man wird also oon den Mannen Parievals keine bestimmst' Zeitangabe über den Besuch in Dresden er warten dürfen: fest steht aber lrotzdem, dast Parser>al als Erster in den ittllhstcn Wochen den Dresdnern ein lenk bares Ln'ischiss Vorführer, wird. — Und auch der Säch sische Verein für L u s t s ch i f sa h r t ist. wie immer, rege an der Arbeit. Er Hai beschlossen, seine Luftflotte um das Doppelte zu vergröstcrn und sich zwei Start plätze gesichert, der cine siir Kohlcngas-, der andere für Wasserstvis-,Füllungen. Dieser liegt bei 2k n n ch r i tz in der Nähe oo„ Weistig an der Bahnstrecke Dresden—Nüderan bei der chemischen Iabrik, die von der I-irma v. Heyden dort errichtet worden ist: der andere wird inmitten der im Ban begriffenen neue» Radrennbahn bei R c i ct her- gcsiellr: die Rohrleitungen für zwei Iüllsicllen sind bereits gelegt. Die Einweihung des Weistiger Aussiicgvlatzes soll Sonntag, den 2 l. Oktober, erfolgen: gleichzeitig wird durch Oberbürgermeister Dr. Peittlcr die Taufe z w e i e r ne » cr Ballons s„Lnna" »nd „v. Hcnden I"j vollzogen werden. Bei genügender Beteiligung ioll ein Erirazng von Dresden »ach Weistig gehen. Der Verein wird also in Zukunft in der Lage sein, wirklich sportliche Veranstaltnitgen zu unternehmen. Schon in nächster Zeit soll cine 'Art B a l l o n - A-n ch s j ag d stattsinden, zu der alle sächsischen Vereine, sowie die von Halle und Breslau eingtladcn werden sollen. Tie Inchsjagdeii. die von der „Ila" in Frankfurt ausgingc», haben allgemeines Inter esse erregt. Ter durch eine rote ..Bauchbinde" oder eine Schärpe als Juchs kenntlich gemachte Ballon steigt als Erster auf, während ihm die Iägerballons in kurzen Ab ständen folgen. Der FnchS »ins; innerhalb einer bestimm ten Zeit niedcrgehcn: wer ihm nun am nächsten landet, ist Sieger: freilich must der Zägcrballon innerhalb eines bestimmten Kilometer Umkreises vom Fuchs landen. Andernfalls hat der Fuchsballon gewonnen. Wir werden bei schönem Wetter arzo cm recht interessantes Schauspiel in den Lüsten sich abspielen sehen, wie cs in Sachsen »och nie geboten wurde. — Der Verein wendet auch der Motorlustlchissahrt, wie überhaupt allen flugtechnischen Problemen weiter sei» Interesse zu: die Firma Gebr. Bie nen ha, zu diesem Zweck 8M> Mark zur Verfügung gestellt. —* Eine Sternwarte in Dresden. Bei dem allseitige» Interesse, welches das groste a st rvnv mische Fern rohr aus der Internationalen Photographi schen Ausstellung gesunden har, wird vielen unserer Leser die Mitteilung willkommen sein, daß dank des liebenswürdigen EittgegenkommenS der Leitung der Inter nationalen Hygiene-Ausstellung Dresden 1011 das In strument vorläufig in seinem Kuppelbau stehen bleiben kan». Der Himmel bietet gerade jetzt eine Fülle der inicr cssantesten BcobachtungSobjekte «Venus, Saturn mit seinem Ringsysteni, Mars in gröstter Erdnähe», und fortwährend mehrt sich die Pracht der Sternbilder des Winterstimmels. ES ist Vorsorge getroffen, dast die Sternwarte an Abenden, die zu Beobachtungen geeignet sind, ge öffne, bleibt, und eS ist dadurch allen Freunden der Himmels künde Gelegenheit geboten, sich nicht nur von der Schön heit dieser Objekte, sondern auch von der Güte des In strumeittes zu überzeugen. Es ist erklärlich, dast Ser Wunsch anfgetaucht ist, die Sternwarte unserer Stadt dauernd zu erhalten, um auf diese Weise auch in Dresden dem Publikum die Möglichkeit der Ne, »ützung eines grosten astronomischen Fernrohres zu bieten, wie cs in anderen Städten, z. B. Berlin und Zürich, langst der F-all ist. Ein kleiner Kreis von Anhängern dieser Idee hat sich bereits gesunden, »nd es ist sehr er wünscht, dast die Leser dieser Notiz, denen der Gedanke sym pathisch ist, eine kurze diesbezügliche Mitteilung unter An, gäbe ihrer Adresse an Herrn Direktor Henbach, Heidenau, gelangen lassen. Es ist nämlich beabsichtigt, dem nächst eine Zusammenkunft zu einer 'Vorbesprechung zu veranstalten, und die Beratungen würden wesentlich er leichtert und gefördert werden, wen» inzwischen die Zu stimmung weiterer Kreise zu dieser Frage bekannt würde. -* Der Scheckschwindler Kurt Artur Müller, der un längst cine hiesige Bank um 20 000 Mk. geschädigt hat, dürfte sich der Legitimationspapiere des gleichaltrigen Kellners Julius Rudolf Wilhelm Würtz aus Mügeln bedienen. Herr Würh schreibt dem „Pirn. Anz.": Der Betrüger Müller war ein guter Freund vvn mir. Er war Regisseur vom Dramatischen Verein in Mügeln, und als solcher bat er mich deS öfteren, wenn es ihm an Personen bei Besetzung der Rollen fehlte, mitzuspielcn. Seit der letzten Anfsnh rnng eines Stückes unter Müllers Leitung fehlten mir einige wichtige Papiere, die ich im Jackett, das währen des Spieles in der Theaiergardcrobc hing, stecken hatte. ES kann aber auch möglich sein, dast er mir die Papiere im Hanse meiner Eltern gestohlen hat. da er mich öfters dort besuchte. —* Mord und Selbstmord in Moristburg. Gestern abend in der ll. Stunde hat sich in der am König!. Jagd ichlvst Moritzbnrg gelegenen Villa deS Herrn Professors Kotter eine surchlbarc Bluttat abgespielt. Dort war die lOjährigc, bildhübsche Tochter des Schlvstdicners Schröter, Maria, als Hausmädchen bcdienstet. Sie erfreute sich als bescheidenes und gut erzogenes Mädchen allgemeiner Achtung im Orte und des vollen Vertrauens ihrer Herr schasi. Dem Mädchen stellte schon seit längerer Zeit der 50jährige Geslügelwürter Jakob mit Liebesanträgeu nach, winde aber von ihm immer streng zuriiekgewieien. Jakob, ein gebrechlicher Mann, sollte heute seine Stellung bei Kotter aiisgcben. Gcstxrn abend gegen 10 Uhr hat er sich nun in das Zimmer der Maria Schröter cingeschlichen und diese nach abermaligen Belästigungen mit einem scharfen Messer überfallen, nachdem er hinter sich die Tür ver riegelt hglle. Er schnitt dem ahnungslosen Mädchen den Hals durch, so dast dieses «ofort tot gewesen ist. Darauf schnitt er auch sich die Pulsadern und den Hals durch. Von dem Vorgänge hat die Familie Kotter nichts wahr- genommcn. Erst durch das Röcheln des Mörders wurde Professor Kotier ans das Vorgcsallcnc aufmerksam. Der Mörder verstarb alsbald. Heute früh trafen Vertreter der Staatsanwaltschaft an der Mordstelle ein, um den Tat bestand scstznstellen. Die Bewohnerschaft von Moritzburg befindet sich in höchster Erregung. — Von anderer Seite wird »ns mitgcteilt, dast die Leichen im Zimmer des Jakob aittgefundcn wurden : dahin pflegte allabendlich die Schröter die Zeitungen zu bringen. — Obgleich die hiesige Polizei behörde in Moritzbnra nicht zuständig ist, wurden gestern abend nach dem Tatorte Beamte der hiesigen Kriminal- abtciluitt« rcgniricrt. —* Polizcibcricht, 15. Oktober. Gestern tst ein von auswärts zugereister Wjähriger Kansmann fcstgenom- mcn wurde n, der verschiedene hiesige kleine Geschäfte ausgesucht hat, angeblich um ein Stückchen Seife zu kaufen. Als Zahlung hat er dann ein Zehnkronenstück, ohne die Gcichäftsi»Haber hieraus aufmerksam zu machen, in Zah- > lung gegeben. Diese haben das Geldstück für ein Zehn markstück gehalten uird sind nur dadurch, dast sie das Gold nicht wechseln konnten, vor Schaden bewahrt geblieben. Da der junge Mann noch austerdem fünf Reste verschiedener Schokolade bei sich führte, ist nicht ausgeschlossen, dast er dastt'lbc Manöver auch in anderen Geschäften mit Erfolg ansgesührt hat, weshalb eventuell Geschädigte ersucht wer den, sich bei der Kriminalabteiluiig, Lchiestgassc 7, l., Zim mer 2N, zu melden. — Am Ist. Oktober in der 0. Stunde Und Gras Engclbrechl von Gleichen reitet freudlos und «riedloS in alle Lande, neben ihm Regen, der Knecht mit den Zügen -des Gewappneten, der ihm einst im Kerker die Tod und Frieden bringende .Hand reichen -wollte. Wilhelm Schmidtboun gib! in diesem Drama ohne Frage ein Wert von hohem lün'stl-.riichen Reiz, das Un gewöhnliche in den Beziehungen der drei Menschen zu- ettiairdci' war inr ihn das Verlockende. Eine Fülle fesseln der Gesichtspunkte ergeben sich, wenn man sich nicht nur an der Oberfläche des Gebotenen hält, sondern tiefer den Wur zeln nachgrübt. Nie dari man vergessen, -gst der Held des Dramas 12 Fahre schrecklichsten Kerlereleirds zu erdulden hatte, dast alle Fibern in ihm nach einem gesteigerten, un gewöhnlich grosten Glück verlangen. Ein Foüler in der tzlmrakterenttvicklung, an der das ganze Stück laboriert, ist der. -dast man die Vorgänge in der Seele des Grasen, die Grundlage, ans der sich seine seltsamen phantastischen Glnetstränme ansbauen, »ich! genügend kennen lernt. Was ist in ihm ausgelöichk. ums neu geworden '? Wie kann er von seinem Weibe Ungeheueres verlangen in der 'Art eines Kindes, das nach neuem Spiel begehrt. Hier wirkt der Gras selbst für den, der den verschlungenen Wegen einer Psyche nachz,i,spüreii gewohnt ist, doch pathologisch. Die Gräfin ist vollkommen klar und austerordenilich sein entwickelt, bei und i» ihr liegt ja auch das eigentliche Drama, das ineuichlich am stärksten sesselt. Sic must die Tat tun, ftir die sie im Rate der Frauen -stets bestochene Richter haben wird. Naemi ist aas holde Kind, dem man Pinchologie nicht zutrancn dar», das mit lächelnder Anmut nimmt, was ihm zu nehmen recht erscheint. Was von dem Dichter entschieden nicht ge nügend berücksichtigt ist. ist der ganz andere Kulturboden, ans dem Naomi erwachsen ist. WaS die zarte, weiche Orien- ialtti tonnte, mustie für das hochgemute germanische Weib eines Ritters eine phnsischc und psychische Unmöglichkeit sein. Was der Dichter an Beiwerk gibt, an Gestalten, die ebensosehr zur Verstärkung des Legendäre» dienen, als zur Kennzeichnung seelischer Zustände der Hauptfiguren, ist trefflich gelungen Die Sprache ist zum Teil sehr schön, nach der Tai der Gräfin wird etwas zu viel geredet, hier würde Knappheit die dramatische Wirinng erhöhen. Ueber- hauvt Et Handlung nicht das Stärkste dieser Dichtung. Aber man spürt in ihr, was auch die Werte der Neu- rvmaiitlker so oft vermissen lassen: daS klopfende Herz des Dichters. Die Anftührnng suchte dem Stimmnngsgohalle und innersten Wesen der Dichtung unter Herrn Fischers Regie gerecht zu werden. Frau Salbarhs 'Natur ist zu gradlinig, um sich aus Rätsel einzulasscn. Ihre Notbnrg war aus Stolz und starker fraulicher Empfindung geboren und damit waren die Grundznge der Gestalt gegeben. Das Wiedersehen mit dem langentbehrten Gatten spielt ihr so leicht keine nach. Frl. Verden, die viel Beschäf tigte, war als Naömi sehr apart, schmal und braun, einem fremden Vogel gleich. Ein wenig mehr scelnchen Eharme Hütte sie auswenden können. Herr Wen dt, den Grasen o.iistersich männlich schön repräsentierend, sprach die Verse mit warmer Bei'eelnng und versuchte es, den Liebenden mit dem seliiamen Wunsch in den Bereich des Glaubhaften zu rücken. Nach seinem Achill im Dcrsites war dieser Graf eine der besten Leistungen, die .Herr Wendt hier geboten hgt. Stark bildhaft, sehr eindrucksvoll gab Herr Mehnert den Tod, der als Landsknecht auftrit». Herr Müller gab ein hundertjähriges Bnrgsakiotnm in Sprache, Gang und Ton überzeugend echt — solche Rollen gehören zum eigensten Gebiete des Darstellers. Kleinere Aufgaben hafte» die Herren Deitmer und Beyer, Frau F- i r l c, Fräulein Lichten egg lsehr lieb als junge Magd Veronika» zu lösen. Der Stil des Schauspiels war im Grnndton und i» der szenischen Ausstattung gut getroffen. DaS Publi- lum blieb dem io behandelten Konflikt eilt wenig fremd gegenüber, Mich schienen ihm die änstcren dramatischen Ge schehnisse nicht stark genug zu sein. Der Beifall war achttlngSvoll. aber nicht mehr. P. H. Hartwig. r* Mitteilungen auS dem Bureau -er KSnigl. Hof, thcatcr. Im Opernhaus« wird Sonntag, den 17. Ok tober, Richard Wagners „Ring des Nibelungen" mit der Ausführung des „Siegfried" fortgesetzt. Besetzung: Siegfried: Herr Bürrig», Wanderer: Herr Plaschkc, Albe rich: Herr- Ermold lznm ersten Male», Mime: Herr Rüdi ger, Fasner: Herr Ludikar, Brünnhildc: Frau von Fal ken. Erda: Frl. v. Eha-vannc, Waldvogel: Frl. Keldorscr. Es -wird besonders darauf ausmerksam gemacht, -Last die Vorstellung bereits um 4 Uhr beginnt. — Im Schauspiel Hause wird Sonnabend, den 16. Oktober» das neue Schauspiel „Der Graf von Gleichen" von W. Schmidtbon» mit Herr» Wendt in -der Titelrolle zu in zweiten Male wiederholt. Gleichzeitig wird daraus hinge- wiesen, dast mährend des Vorspiels dieses Werkes die Türen zum Ziiscliaucrraum geschlossen bleiben. f-!- Vortragsabend Ritter—Winds. Die beiden in Dres den nicht unbekannten Künstlerinnen hatten die Freude, ihre mit gewühltem Geschmacke zusammengcstellten Gaben am Donnerstaa im Palmengarten-Saalc einer zahlreich erschienenen, beifallsfreudig gestimmten Hörerschaft darbieten zu können. Tic als Konzertiüngerin und Lehrerin ihres Faches geschätzte Sopranistin Frau -Hedwig Rittcr leitetc das Konzert ein mit einer Reihe von Schubert- Liedern. Die bessere Ausnutzung des Kopstonregisters würde der Klanabilünng gröstcre Freiheit gewähren und der Intonation ein erhöhtes Mast non Sicherheit ver leihen. Ter Vortrag erschien uns bisweilen zu monoton. Persönlichkeit ist alles. Die den zweiten Teil des Pro gramms füllende» Weisen von Kurt Hösel, der sich als geschmackvoller, sattelfester Begleiter Verdienste erwarb, lagen dem Naturell der Sängerin bei weitem günstiger. Die an tonmalerischen Feinheiten reichen Schöpfungen deS einheimischen Komponisten fanden rauschenden Reifall, in sonderheit die beiden allerliebsten Katzenlieder. Den durch cdelgeschwunqene Melodik und Stimmungscchtheit sich aus zeichnenden Liedern von Sinigaglia folgten „Wiegen lied" und „Die Lerche" von Humperdinek, die beide in ihrer herzerfrischenden Schlichtheit und in der ungesuchtcn, reiz vollen Wiedergabe anstcrordentlich gut gefielen. Nicht weniger Anerkennungen errang sich Frau IennyWinds mit ihren Rezitationen. In der an ergrerfenden Szenen reichen Dichtuna „Der Todspieler" sBörricS, Freiherr von Münchhausen» wußte sie Momente von packender Wirkung zu gestalten. Aber auch die übrigen Darbietungen sWil- dcnbruch, Liliencron. Dehmel...» hielten sich aus beachtlicher Höhe, obwohl man den Eindruck nicht los wurde, bah ote Sprcchtechnik in mancher -Hinsicht Mängel aufwieS, so bah das Ausdrucksvermögen der temperamentvoll gearteten Rednerin nicht immer zur vollen Entfaltung kommen konnte- An Snmpathic-bekundungen und kostbaren vlu- mengaben hat es den Künstlern keineswegs gefehlt. L. k.