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Diese- Blatt wird den Lesern' von Dresden und Umgebung am Tage vorher bereit- als Abend - Ans gäbe zngestellt, während eS die Post-Abonnenten am Morgen in einer Gesamtausgabe erhaltein verugzgebilhr: ^Ik^DreSdnir NackrMki, k »» vl.: durck ickricktkn' »zlckelnen : die Bkiieker »I nücklir» Um»eb»n». mor,»»«; Dre«dey und der . wo die llutraaun, du ich eigene Bolen oder »oiiimimoiiar» erioloi. erhalten dao Blatt a» Wochenlaar», die nicht aut Sonn- oder mierlaa« lolaen. tn «tvet rr>t-u«,ad«ii »»««»» und «»reeos »„aeneltt Ii «»druck aller «rtckei u. Orlamal. Mittellunaen nur »nt deutlicher QueNenauaabe >,.Dre»d. Nack». ) «ulW«,. .Nachwiglickik öynorar. anivriicke dlcibc» luibcnlckiickitiat: uiiverlauale Mtaiuiürivle ioeiden nickt auwkiiiaim. relearomm-ildrelle: «achrtchti» »rrSde» ^ureigen-tanf. Anualiiiie von Ankündiauiiaeu bis »ackiniiltaad :i II!» Sou» und Skienaa« nur Marien,trake as non i> dir ",! tu» Die I inaltiacArund ,.ei!e Ica. « Süden' « Via. '.In kündiaunacn aul der LnvaNc-llc eirüe W Via : die 2ivaili»r ijciie als „itin aeiandi" oder an! Tertieile so V»> In Nunimeni nach Sonn und ,leie> lasen l de». Lipalnae Grund>>eile„ so. <10 de, «o „nd so Via. nack, de ionderem Dari! Anowariiae Ai» traae nur aeaen üiocausdccaliluua. Beleadlatler werden mit Iv Via. derecknet. Sernlvreckanlcklub: «Mt l Sir. U und Nr. DOS«. rdo1oerLpdi8vdv Lpyaratv kmil Mliseiie Usekf.. AL 2». Rr.INL. Neueste Drahlberlchte. Hosnachrichten, Wahlversammlung. Städleausstellmig. Wettinlchützenbund. Gerichtsverhandlungen. ' „Die H " ..Falstaff". Heilige Famille" Freitag, >». Mai IW3. Rencfte Drahtmeldn»««» vom lt. Mai. Straßburg. Der Kaiser empfing gestern vor der Ab fahrt nach der Hohkviiigsbnra de» UntcrttaatSickrclär Frechen» Harn v. Bulach und teilte chm feine Ernennung zum Wirst. Geh. Rat niit dem Prädikat „Ex,eile»»" mit. Heule Margen 8 Uhr verließ der Kaffer unter dem Geläut der Glocken Strahlung und fuhr mittels Sondcrzuges nach Biffch. Bitsch. Ter Kaiser ist heute vormittag kurz vor 10 Uhr hier ffngetrofsen und auf dem festlich geschmückten Bahnhose von den Spißerr der Behörden empfangen worden. Staatsrat Jaunez entbot ihm in einer Anivrache im Namen der versammelten Mit glieder des Bczirksrats den Willkommen und den Dank für den Besuch und schloß daran die Bersicherung unverbrüchlicher Treue gegen den Kaiser Ter Kaiser dankte und sprach seine Freude über den glänzenden Empfang aus. Bom Bahnhöfe fuhr der Kaiser mit dem 2tatt>)alter Fürsten Hohenlohe nach dem Marktplätze, wo mehrere Hundert junge Mädchen in Landestracht Ausstellung ge nommen hatten. Nachdem der Bürgermeister hier den Kaiser be grüßt und dieser den Ehrcntrunk entgegengcnoinmen hatte, wnrde die Fahrt »ach der Kaserne des Magdeburger Jäger-Bataillons Nr. 4 fortgesetzt. Potsdam. Die Kaiserin ist gestern abend 11?/« Uhr nach Uiville abgereist. Berlin. <Priv.-Tel.I Im Gegensatz zu einigen Blättcr- mcldnngcn waren die gestern beendeten Verhandlungen der Kartell-Enquete über das K okssyndikat recht lebhaft. Die Großindustriellen und auch die Vertreter der Klernindustrie kritisierten sehr scharf das Vorgehen des Syndikats. Zn den im Juni stattsindcnden Verhandlungen über das Papier-Kartell ist eine Reihe von Zeitungsvcrlegcrn cingcladen. Berlin. Die Zeiten der diesjährigen Flottenmanöver sind wie folgt festgesetzt: 15. August Zuiammentritt der Ucbungs- flotle unter Befehl des Admirals von Köster in Wilhelmshaven: l5. August bis 5. September Manöver in der Nordsee und Marsch »ach Kiel: 5^September bis 15. September Manöver in der O sisee: 15. September Auflösung der Flotte in Kiel. .. Berli n. Das große Los der preußischen Klasscnlosteric fiel auf Nr. 9121. Kiel. Die gegen den Oberleutnant Gleiß vom Kriegs gericht des Marincbildungswcsens verhängte Strafe von einem Monat Festungshaft wegen fahrlässiger Brandstiftung an Bord des .Moltke" wurde vom Obcrkricgsgerrcht der Ostsecstation heute auf Berufung des Gerichtsherrn in eine Gefängnisstrafe von einem Monat umgcwandelt. Das Berufungsgericht nahm nicht Ungehorsam gegen einen Dicnstbefehl, sondern das Vergehen fahrlässiger Braiidsifftnng gemäß dem Rcichsstrafgesetzbuch an. Budapest. In der Stadtverordnetenversammlung in Kronstadt lSiebenbürgenl wurde aus einen Antrag von 11 ungarischen Mitgliedern beschlossen, das Protokoll außer in saßt worden. Paris. Der Abbe Valentier in Anbetvilliers. über den der Ministerpräsident die Gchaltipene vcrbängt bat. bat gegen die antiklerikale Zeitung „Aktion" einen Prozeß angestrengt, weil sie die in seiner Kirche vorgekommenen Ruhestörungen an- gestiftet hat. Versailles. AlS die Gräfin Dclanaes. die kürzlich zu 8 Tagen Gefängnis vermteiit worden war, weil sic einen Friedens richter bei der Schließung einer Kongregationsschnlc beschimpft batte, sich zur Verbüßung Ihrer Strafe nach dem Gefängnis degnb. wurden ihr von einer großen Volksmenge H >, Id ign n g en dar gebracht. Die Polizei schritt ein und trieb die Menge anseinandrr. Brest. Der deutsche Kreuzer „Ariadne" traf heute morgen zugleich mit dem französischen Nordgeschwader ans der diesigen Reede ein. Das deutliche Geschwader kreuzt ans hoher See. Die „Ariadne" tausckffe mit dem französischen Geschwader den üblichen Gruß aus und nahm die Post on Bord. Der Kommandant stattete dem Marinepräscktcn einen Besuch ab. Lissabon. Der Jinanzministcr hat i» der Abgeoidnelcn- kammer einen Gesetzentwurf eingebracht betiessend die Emission von 200000 Schuldverschreibungen zum Nennbeträge von je 20 Pfund Sterling oder 500 Francs mit einer Verzinsung von 5'/« Prozent in Gold. Ter Rennbetrag der Schnldveffchreibnngcn wird durch Hinterlegung von Titres der Oprozentigen inneren chuld garantiert werden. London. Ter „Standard" meldet aus Lissabon. derFinanz- minister habe erklärt, die neue portugiesische Anleihe solle zur Tilgung oder zum Rückkauf der äußeren schwebenden Schuld und zur Regelung des Wechselkurses verwendet werden. Konstantinopel. Die Wiedereröffnung der Bazare und Magazine in Monastir hat gestern begonnen-, etwa ein Drittel derselbe» wurdci bis heule geöffnet. Bis zur vollständigen Wiederaufnahme von Handel und Verkehr dürste aber noch einige Zeit vergehen. Nach den letzten übereinstimmenden Konsular- berichtcn ist die Erbitterung der Türken und die Beunruhigung der Christen infolge der letzten Vorfälle noch immer groß und auch im Bilajct bemerkbar. Saloniki. Tie österreichisch-ungarischen Kriegs schiffe „Habsburg" »nd „Magnet" sind gestern nach Volo ab gegangen, das Kriegsschiff „Budapest" nach Perm Bukarest. Ministerpräsident Cturdza, der Minister des Acußern, und der Minister des Innern sind ans ihrer anläßlich der Generalratswahlen unternommenen Rundsahrt in Jassy cin- gclrosfcn, wo ihnen ein glänzender Empfang bereitet wurde. Bei einem den Ministern zu Ehren veranstalteten Mahl brachte der Ministerpräsident einen Toast ans den König aus und besprach sodann die politische Lage. Ter Ministerpräsident führte aus, Rumänien bilde gegenwärtig einen festen Punkt inmitten der Wirren des Orients und protestierte gegen die im Auslände gegen die Liberalen geführte Verleumdmigskampagne. San Francisco. Im Laufe einer gestern gehaltenen Rede führte Präsident Roosevelt aus, der sicherste Werden Frieden zu erhalten, sei der, z» zeigen, daß die Vereinigten 'Staaten einen Krieg nicht fürchten. Sic müßten daher sür den Bau weiterer und besserer Schlachtschiffe Sorge tragen. OertlicheS und Sächsisches. Dresden. 11. Mai. —* Se. Königs. Hoheit der Kronprinz wohnt heute abend einer- Bereinigung im Osiizierskasino des Lcib-Grenadier-Regi- mcnts Nr. 10V bei. —* Se. Königl. Hoheit der Kronprinz wird der ans den 22. Mai anberamnten Rcgimentsbesichtigniig in Grimma beiwohnen und voraussichtlich hierzu am 2l. Mai, nachmittags 5 Uhr. auf dem unteren Bahnhöfe eintrefscn und ini „Schntzenhause" abstcigen. —* Sc. Königl. Hoheit Prinz Johann Georg erwarb in der Sächsischen Kunstausstellung, Brühlsche Terrasse, die Rötel- Zeichnung „Sächsischer Bauernhof" von Adolf Fischer-Gurig. —--'Der Erbprinz von Reus; j. L. und diePrin zessin Wilhelminr Lobkowitz sind gestern abend hier eln- gelroffen »nd baben im „Hotel Eontinental" Wohnung genommen. —* Am Montag weilte Se. Exzellenz der Herr Justizminister Dr. Otto in Auerbach, um die Räume des Amtsgerichts einer Besichtigung zu unterziehen. Ta diese Räume völlig unzureichend sind für die Erledigung der Geschäfte soll durch Freigabe dcr jetzt im Amtsgerichtsgebände befindlichen Wohnung des Gerichts- Vorstandes mehr Raum gewonnen werden. —* Das Frnanzmimsteriiim hat genehmigt, daß in diesem Jahre sowohl sür die Handelska m mer, als auch für die Ge wcrbeka innrer zur Deckung ihres Aufwandes mit dem zweiten diesjährigen Staatscinkonimcnsleuertcrmine am 30. Sep tember von den beteiligten Handels- und Gewerbetreibenden Bei träge erhoben werden. Die Beiträge sind nur von dem Handcls- oder Gcwerbseinkominen nach Maßgabe des bieraus entfallende» Jahresslenersatzes zu erheben und werden mit drei Pfennigen ans die Mark des ermittelten Staatseinkommensteucrsatzos ausge schrieben werden. Tic Herabsetzungen der Klassen durch Rcklama- tioncn haben auch aus die Herabsetzung dieser Beiträge Einfluß, so daß besondere Rechtsmittel nicht notwendig werden. —* Ter Kampf um die Dresdner Reichstags Mandate, den die nationale» Parteien gegen die Sozialdemokratie gemeinsam führen, stellt an den Kartcllkandidaten Anforderungen, denen er u»i so vollkommener zu entsprechen vermag, je weniger er ans Grund seiner Vergangenheit, seines politische» Temperaments oder persönlicher Charakter-Eigenschaften auf scharf abgcgrenzte Parteischemata eingcschworeu ist, die naturgemäß zu Engherzigkeit und Befangenheit zu verleiten pfleg»». Wer den verichicdcneu parteipolitischen Richtungen, die das antisozialdcmokratischc Kartell vereinigt, gerecht werden und sic in seiner Kandidatur als eine geschlossene, kampffähige Einheit verkörpern will, muß über alle trennenden Schranke» hinweg den Schwerpunkt auf die Jntercsscn- Gcmcinschaft legen und mit Energie einen Standpunkt cinnehmeu, den zu wahren und praktischen vertreten alle Wähler, die bie vaterlandslose, internationale Sozialdemokratie bekämpfen wollen, sür ein selbstverständliches patriotisches Pslichtgebot erachten müssen. Dieie wesentlichen Voraussetzungen für eine wirkungs volle antisozialdemokratische Rcichstagsiandioatur erfüllt der Kartellkandidat für den vierten sächsischen Wahlkreis Dresden- Neustadt, .Herr Amtsrichter Tr. Wagner, indem er mit einem politischen Programm den Wahlkamps eröffnet, das ein ersprießliches Znsammcnsassen aller vaterländisch gesinnte'-. Ele mente ermöglicht. Nicht Parteipolitik, sondern in erster Linie nationale Volkspolit > k ist cs, für die er in die schränken tritt. Ter nationale Gedanke, der allen Vaterlandssreunden voran- leuchten soll, ist die Parole, unter der er den Kampf gegen den Umsturz führt. Ei» Kompromißkandidat will er sein, sticht in dem Sinne, daß den Kariellparteien Opfer an ihren Sondcnorde- nnigeii oder an den Ueberzeugungen, zu denen jeder engere politische Vervand verpflichtet, zngenmtet werden, sondern er gibt seiner Kandidatur den Inhalt, daß jeder Wähler mit rückhaltloser Genug tuung für ihn eintreten kann, mag er sonst ein Konservativer oder ein Naiionallibcraler, ei» Agrarier oder ein Reformer sein Abhold jedem Ertrcm, frei von fraktioneller Unduldsamkeit besitzt er diejenige Ehrlichkeit und Selbständigkeit der politischen Ueber- zcugungen, die auch bei abweichender Auffassung zur Achtung und 'crtschätzung zwingen und zu der Erwartung berechtigen, daß er itz seiner Zugehörigkeit zur deutsch-konservativen Partei keinem R tro Anhänger einer andere» Kartcllpartei gerechten Anlaß bieten wird, zu vcrenen, ihm seine Stimme gegeben oder für ihn im Wahlkampfe gearbeitet zu haben. Was Herrn Amtsrichter Tr. Wagner noch im besonderen empfiehlt, das ist die Jugendfrische seines politische» Bekenntnisses, die glückliche Verschmelzung realvolitischer Besonnen heit mit warmer Begeisterung sür die idealen Faktoren und Trieb kräfte des politischen Lebens, die wohltut. weil Skeptizismus und Blasiertheit, Mißmut und Verdrossenheit heute die Gemüter nur allzu sehr zu beherrschen drohen. — In einer gestern abend im „Nenstädter Casino" abgehaltenen, sehr gut besuchten Veriaimu- lung stellte sich Herr Tr. Wagner zum erstenmal seinen Wählern vor. In seiner anderlhalbstünoigen. mehrmals von Beifall unter brochenen Rede führte der Kandidat unter anderem aus: Er stehe auf dem Boden der konservativen Partei von Jugend aut, und bekenne sich zu dem Tivoli-Programm. Die Erhaltung der Monarctue sei eine Hanptbcdingung zur Erhaltung des Staates. Dentschland bedürfe eines starken Heeres und einer starken Flotte. Ausgaben sür unsere nationale Wehrkraft seien vorbehaltsios z» bewilligen. Er lvisse wohl, daß die Milltärlasten in Deutsch- land bohe seien, und doch seien sie ans den Kopf bedeutend ge- ringer, als in Frankreich und England. Der .Handel und Deutschen im Auslände aber brauchten eine starke Marine. Tie Jesuitensrage sei nielit mehr aktuell, sollte aber an den Reici)s- tag dieie Frage herantrctcn, so würde er eine entschieden ab- wehrendc Stellung cinnchmen. Dringend verlange die Selbständig keit der Einzelstaaten, daß in finanzieller Hinsicht ein definitives Verhältnis geschaffen werde. Das Reich mutz sich mit eigenen Einnahmen ansstatten, damit die Einzelstaaten wieder ein erfreu liches Dasein sichren können. In erster Linie käme eine Wehr- steucr in Betracht. Tie Wchrsteuer sei «ine gerechte. Neue Kunst «nd Wissenschaft. 4- Mitteilung ans dem Bureau der K önigl. Hofthcatcr. Die Köntgl. Generaldirektton hat die neue Oper „ A lpenkö » rg » nd Menschenfeind" von Leo Blech angenommen. Tie Oper wird zu Beginn der nächsten Spielzeit in der Hosoper ihre Uraufführung erleben. x* Königl. Hosoper. Neueinstudiert: „Falstaff". Nachdem Giuseppe Verdi sein großes dramatisches Talent durch länger als ein halbes Jahrhundert hindurch in de» Dienst der Tragödie gestellt, schrieb er, ein Achtzigjähriger, die lyrische Komödie „Falstaff. Man sagt, er habe damit seiner traurig und dornen voll begonnenen Künstlerlaufbahn den Abschluß in einem heite ren Nachjpiel geben wollen. -Hierbei war cs ihm nicht um eine Oiiaro. ffutkii alten Stils zu tun, wie Rossini und Tontzctti sic ichufcu, sondern um ein Werk des Fortschritts, das, ähnlich wie Wagners „Meistersinger", die textliche Unterlage in eine in Zuge, wie ein Finale, behandelt, das, durch keine rein musikalische K'umt- sorm beengt, fortfließend den Stoff durch ein immerwährendes Sprießen und Wachsen flüchtiges, dem Augenblick, dem dramati- schon Zwecke aufs vollkommenste dienendes Gebilde erschöpft. Wie meisterlich ihm diese Absicht gelungen, kann nur dem oberfläch lichen Hörer entgehen. Ohne seine italienische Natur zu verleug nen, sich selbst treu im Rcinmelodischen, läßt er hier den Sänger in gleicher Ungebundenheit agieren, wie das Orchester mit feinster, geistvoller Beredtsamkeit plaudern: mit dem ganzen Aufwand« virtuoser Technik illustriert er die Vorgänge, die sich aus der Bühne abspielcn, instrumental immer ergänzend und vervoll- ständigend, waS das Wort oder die Szene nur andeuten — er gibt uns ein modernes, durch und durch geistvolles Musik-Lust- j piel, entzückend in der Grazie seines melodischen Reichtums und dem pikanten, elektrisierenden Reize seiner Rhythmen. Die Oper, oder wie Verdi das Werk benannt haben will, die 6 owru ocki» liriaa, hat keine Ouvertüre, nicht einmal eine kurze Einleitung. Nur wenige Takte führen uns mitten in die Handlung und vor den dominierenden Helden, Sir John Falstaff. Das geistreiche musikalische Plaudern beginnt und fließt ohne Er müden fort. Motiv reiht sich an Motiv, und dieses Heer von Motiven bleibt mit der Darstellung und Handlung eng verbunden. Mein Trinklied, kein Liebeslied, keine eigentliche Cantilene. die sofort auffällt — alles vollzieht sich in fast eiliger Gesprächsform, heiter, schlagfertig, anmutig, reizvoll. So eilt das ganze Werk un Fluge an dem Hörer vorüber, und etwas nachdrücklicher auf breitem Gesänge verweilen eigentlich nur daS kleine, in die Plauder- und Zankfzenen von Falstaff, Bardolph und Pistol eingestreute Arioso und die entzückende kleine Licbesszene zwischen Aennchcn und Jemo». die unter dem langgehaltenen V-< der Oboe wie ein Idyll ausklingt. Ferner gebören hierher die parodierte Würde der Frau Quickly: „Meine Ehrfurcht", eins der köstlich sten Stücke des ganzen Werkes; der Eintritt des als Stutzer ge schmückten Falstaff: die Einleitung des letzten Bildes, und als Perle Aennchens Elfenlicd, mit dem Chor: „Tie Lilien, die blassen". Fast alles übrige sind Parlandi und Gesprächsformen, deren brillante Einzelheiten allerdings nur im Zusammenhänge kostbar werden, die sich nicht trennen lassen eins von dem andern, die als festgefügtes Ensemble gehört »nd bcuricilt werden müssen. Aber in allem diesen bunten und tollen Treiben, in dieser Hetzjagd nach Motiven und Themen ist nirgends eine Verlegen heitspause. nirgends ein Ermüden und Verstechen, nirgends ein toter Punkt zu finden, und wie aus einem Gusse geformt ist das Ganze — eine Welt von Gedanken, zusammengchalten in der engen Partitur einer Spielopcr. Nicht weniger ein Meisterstück ist die in der Vollendung ge botene Aufführung. Tic Filigranarbeit der Partitur, der oft nur wie durch Spinnweben hergestellte Zuiammcnbang der un gezählten zarten, duftigen Motive, das unaufhörliche Plaudern, Lachen und Kichern der Instrumente hier und da unterbrochen durch die geheuchelte Würde Falstaffs, durch die Wntausbrucbe Fords, durch das reizvolle Liebesgeslüster Aenncktcns und Fcntons, diese ungeheure Schwierigkeit des Ensembles vollzieht sich unter v. Schuchs geist- »nd temperamentvoller Leitung und der Bravour der Königl. Kapelle wie in einem Zuge. Gleich vor- trefflich ist die Darstellung — nicht eine Figur, die nicht vollkom men an ihrem Platze wäre. Vor allem ist Herr Schcide- mantel ein prächtiger Falstaff, dessen Hohlheit, Gewissenlosigkeit und Schuftigkeit zwar offen zur Schau liegen, der aber doch in seiner Gravität von Fett und Sekt, mit seiner Liebenswürdigkeit des Humors die Moralisicn entwaffnet »nd dank dieser brillanten Charakteristik bis zum Schluß der r-piritus raetai- der Handlung bleibt. Im wirkungsvollen Gegensatz hierzu steht die Noblesse des Spieles und Haltung des Herrn Perron in der Rolle des Ford. Kaum ein anderer wird die Partie so einwandfrei er schöpfen können, wie er. Nicht weniger Anerkennung verdienten sich Frau Abendroth lAlice) „nd Fri. v. Ehavanne lQlticklyj für die Lebendigkeit des Spiels und die Tadellosigkeit der musikalischen Leistung, die auch Frl. N a st und Frl. Schäfer in den kleinen Partien des Aennchen und der Mcg nackzurühmen sind. Ganz reizend sind die Damen im Quartettgesange, den sie in der Tat virtuos beherrschen. Die Herren Gießen und Erl, Kruis und Nebuschka können in ihren Episoden nicht sonderlich hcrvorirelen, trotzdem sind sie in allen Einzelheiten vor trefflich. TaS Werk ist durch Herrn Moris elegant inszeniert, unv nicht weniger geichmackvoll sind die choreographocheu Aus schmückungen des Herrn Balletmeistcrs Berger in dem eitel: vollen, prächtigen Schlußbilde. Tic Vorstellung wurde mit großem Beifall ausgenommen »nd hoffentlich findet sie die Beachtung, d e sie in jeder Hinsicht als eine ganz hervorragende Leistung nn'crer Hosbühne verdient. ll. Kl . 1* „Die Heilige Familie.- Im Leipziger Schaujpicllmus. unter der Direktion des wagemutigen Anton Hartmann erlebte am 13. Mai wieder einmal ein neues Stück, so weit wenigstens bekannt, die Uraufführung. „Tic Heilige Familie" betitelt sich das Stück, verfaßt ist es von E. von Lcnor. seiner Gattung nach ist cs ein Schauspiel, bezeichnet Ivird es aber als ein „Jamilieuwiderstreit", eine merkwürdige Gattungsbczcichnuiig: doch derlei ist nun einmal modern, mag cs auch ei» wenig absonderlich, ja abgeschmackt sein. Versaßt ist das Stück von einer Dame, der Gattin des ehemaligen, leider früh verstorbenen beliebten Bonvivants am Lcivzigcr iLtadttbeater. Herrn R. von Lenor. Ich sage absichtlich: das Stück, nicht das Drama, denn gebandelt wird darin herzlich wenig und planmäßig gcbansclc nun gar nicht. Das Fehlen jeder dramatischen einheitlichen Handlung, jedes dramatilch fest gegliederten Aufbaues sollte nun nach den Regeln der älteren Dramaturgie ein solckws Stück, das nur ans einzelnen, lose ancinandergcreihlcn Stückchen oder Szenen besteht, eigentlich von der Bübnc a»s>chließen und zum nilndestcn verlangt werden, daß, wer sich aus die Bühne mit einem Drama wagen will, zunächst sich mit den Grundregeln der Technik vorher wenigstens einigermaßen vertraut gemacht habe. Was wir aber in neuerer Zeit auf den Bühnen zu sehen bekomme», das hat im Grunde zumeist gar kein Anrecht mehr darauf, sich Drama zu nennen, und wie es sckieint, machen sich unsere modernen Bühnendichter ihre Arbeit von Jahr zu Jahr immer leichter. Da darf man cs den» einer Dame am Ende nicht weiter übel nehmen, wenn auch sic diesem an sich nicht nachahmenswerten Beispiel folgt und sich damit begnügt, cinsach niederzuschreibcn, was und wie es ihr gerade in das phantasiereiche Köpschcn kommt. Stellenweise bemüht sich anscheinend Frau von Lcnor iogar, eiiwn Anlauf zum Dramatische» zu nehmen, doch bleibt es eben bei solchen Anläufen, wenigstens noch in diesem Stück. Beim näch sten hoffentlich nickt mehr, da Frau von Lcnor trotz ihrer zur Zeit noch großen Unbchilslichkcit in der Handhabung der Technik doch Talent zu haben scheint, worauf der flott geschriebene Dialog hindeutct. Ehe Frau von Lenor indes ein gutes Stück von bleibendem Wert schreibt, wird sie noch manches kernen