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71. Jahrgang, 179 Sonnabend, 19. April 1927 Gegründet 18SS Drabtanschrilt! Nachrichten Dresden Fernwrechkr - Tammelnummer - 2S Lai Nur für NachigcjprSche: 20011 vom >6, bis». Avril IW7 bei tSq«» jweimaliaer Zuftellum, L)gHU05*1D6l1Ul)k Poftbezugsvret» für Monal April 3 Mark obne Posnuftellir Sin»et«n«mer L« «viennig frei Laus >3>v Mk. mgsgevübr. Die Anzeiaen werden nach «Soldmark berechneil die etiripalNoe ^ nun drei Anzeigen-Preile: Z », «'L?S,'ÄL» auberkalbAOPsg. Ofleriengebübr lUPig. Ausw.AusirSae aege» Dorausbeiabla. Tchrislleiiuna und LauvtaesckMsstelle- Marienktrabe 4rZ 42 Druck n. Verlag von Ltepich L Reichardt ln Dresden Postscheck-Konto lOSS Dresden Nachdruck nur mit deutlicher Quellenangabe I.Dresdner Nachr.'l »ulässtg. Unverlangte Schristftücke werden nicht auibewabrt. p,uutint7.trn..:'. cc u i. rrl^l.tlltllnutnnurninttltl.::.». tttttttttuiuntttt v::.: l.lt.tintuutllnt...ui...ln. t . r. l-sslsursnl u. Ssf Mium» kür ö«»»II»ekkk1«n unä stontsrsnrsn ritt euirok»^«o^ blLetimittsgs Dsrir-Dss ^sscisn Lolinsbenci SsssIIsesis^is-^bsrics - ...» vsr Vrskkpunlt» r>«r vvrnskmen a«r«N,<NsN Spaltung der Kantoneseu. Sonüerlagung -er gemässigten Kuomintang-Gruppe. — Kankau in -er Kan- -er Ra-ikalen. Neuausleben -es ilalienisch-slidslawischen Konflikts. — Unwelterkalastrophe in Spanien und Marokko. Beschlüsse des Tschankaischek-Flügels (Durch F u n k s p r u ch.) Nanking, 15. April. sNcutcr.) Das Zentralkontroll- komitee der Kuomintang verurteilt in einer Entschließung, das radikale Ha nkauerNegimc und fordert die Fest nahme zahlreicher extremistischer Führer in Hankau alö Störer der öffentliche» Ordnung in China. Z« den letzteren gehören Borodin, Justizminister Hsuchicn und Chantouhsu. der Führer der Kommunistischen Partei. Tschcn ist nicht ge nannt worden, da er nicht als Kommunist, sondern als Werk zeug Borodins angesehen wird. Die Entschließung stellt die endgültige Spaltung der Kuomin tang Lar. (W. T. B.) Paris, 15. April. Der „Information" wird ans Schanghai gemeldet: Reguläre Streitkräste der Armee TschangkatschekS kämpfen weiter gegen die Kommunisten in den Borstädten von Schanghai. Die gemäßigten Elemente der Kantonregie rung hielten eine Besprechung in Nanking ab. die sich gegen die bolschewistische Tendenzen vcrsolgcnde Regierung von Hankau richtete. Man rechne mit einem ossenen Kampfe zwischen den beiden Flügeln der Südarmce und einer Ver ständigung zwischen den gemäßigten Elementen Süd- und Nordchinas. Die Lage der Ausländer in Hankau bleibe schwierig, denn der Bolschewismus scheine dort die Oberhand zu haben, wie sich ans den Angriffen aus die japanische Konzession ergebe, die jedoch nicht geräumt worden sei. «W. T. B.i Die SäuberungsaNtton in Schanghai. Paris, 15. April. Nach den letzten hier vorliegenden Meldungen wurde die in Schanghai von extremen Elementen der Kuomingtang gebildete Regiernng am 11. April auf gelöst und die Mitglieder der Regierung, die sich nicht fügen wollten, cingcspcrrt. Das Gebäude der Kuomingtang wurde militärisch besetzt und die extremen Elemente ans der Partei ausgcschicdeu. Eine Enthauptung des Führers der Schang- haicr Arbeitergewerkschaft wurde am 11. April vollzogen. Moskauer Angrisse gegen Tschangkaischek. Moskau, 15. April. Die kommunistische Inter- nationale (Komintern) veröffentlicht einen Ausruf, in dem Tschangkaischek zum Verräter an der chinesischen Re volution, zum Feind der Arbeiterbewegung wie der Komintern erklärt und als Verbündeter der Imperialisten bezeichnet wird. „Prawda" erklärt, Tschangkaischek habe die Massen hcrauögesordert, und diese seien bereit, die Heraus forderung anzunchmen. Die kommunistische Partei Chinas werde beharrlich neue Kräfte sammeln, um über die in Schanghai erlittene Niederlage zum endgültigen Siege zn schreiten. (W.T.B.) Äommunislische Landaufteilung in Kunan. London, 15. April. Reuter meldet aus Hankau: Die kommunistisch gerichtete Bauernunton hat die gewaltsame Durchführung der Landaufteilung in der Provinz Hunan in Angriff genommen. Verschiedene der jetzigen Grund eigentümer wurden getötet. Die Bewegung hat in allen Städten der Provinz die Oberhand erlangt und schwere Ausschreitungen verursacht. (WTB.) Dorrücken -er Nvrdlruppen. Paris, 15. April. Havas meldet aus Schanghai: Das allgemeine Borrückcn der Nordtruppcn bestätige sich. In Schanghai sei die Lage trotz der Agitation, die unter den Arbeitern betrieben werde, ruhig. Pariser kommunistische Stadkräle wegen Spionage verhastet. Paris, ll. April. Die neue Sptonageaffäre, die am ver gangenen Sonnabend zur Verhaftung von zwei ausländischen Agenten und drei kommunisttschen Arbeitern führte, scheint immer weitere Kreise zu ziehen. Wie der „Jntranstgeant" mitteilt, haben die Beamten des französischen Sicherheits dienstes zwei kommunistische Pariser Stadträte verhaftet, die beschuldigt werden, mit ausländischen Spionage-Agenten Hand in Hand gearbeitet zu haben. Es heißt, daß man bei ihnen Dokumente gesunden habe, die sich insbesondere aus die Fabrikationsgeheimnisse der Munittonsherstellung be ziehen. Alle bisher verhafteten Kommunisten, die angeblich Mit glieder einer von Moskau geleiteten Spionageorganisation wären, erklären auf das entschiedenste, nichts mit den ihnen zur Last gelegten Beschuldigungen zu tun zu haben. Einer von ihnen, der Russe Bernstein, der bereits ein Elestänbnis abgelegt hatte, erklärte bei seiner gestrigen Vernehmung, daß seine Aussagen von A bis Z von ihm erfunden worden ivärcn. Er habe die von ihm erdachten Delikte in vollkommener körperlicher Erschöpfung unterzeichnet, um den endlosen Ver nehmungen ein Ende zn bereiten. Deutschland und »le AdrlahSsen. Von unserem römischen Korrespondenten. Nom, den 12. April. Die seit Monaten vielbesprochene Reise BethlenS nach Nom ist programmäßig verlausen: es muß sich nun zeigen, was bet den „technischen" Verhandlungen der beiden Grün-weiß-roten und besonders bei denen zwischen Ungarn und Jugoslawien über die Bedingungen der Durchfuhr nach Fiume herauskommen wird. Italien und Ungarn sind beide gleich an dem Wiedcrhochkommen Fiumes interessiert, das 1926 knapp ein Drittel des Verkehrs von 1918 aufwies: dabet hat Italien beinahe gleichzeitig eine Maßnahme ergriffen, die einen guten TeU der eben mit schöner Geste den Magyaren htngehältenen Privilegien aller Welt zuteil werden läßt: Fiume wird zusammen mit dreizehn anderen HaupihLfen Italiens Freihafen für jedermann! Immerhin wird Ungarn besondere Vorteile genießen: es wirb wieder eigene Schlffahrtsiinien mit eigenen Liegeplätzen haben, Magazine mit freier Lagerung, deren heutige Frist (drei Wochen) wesentlich verlängert werden soll: man glaubt, Ungarn im Verkehr von Fiume so an die erste Stelle (die heute Jugo slawien einnimmt) bringen zu können. Weizen, Zucker und Mats sind die Hanpiarilkel Ungarns, die in Frage kommen. Zn den Fragen, die auf diesem Gebiet in Italien nicht zur öffentlichen Diskussion stehen, gehört in erster Linie die, ob der so erstrebte Aufschwung Fiumes nicht aus Kosten von Triest gehen wird, dessen Verkehr bekanntlich an einer bauernden, neuerdings sich anscheinend noch verschärfenden Kris« leidet, die uns auch etwas angeht. Führt doch der unter der alten Monarchie einst so blühende Platz — wenn man den italienischen Blättern glauben darf — einen Kamps ans Leben und Tod mit — Hamburg, Bremen und Stettin! Die „Tribuna" vom 9. April gibt die letzte Statistik bekannt und knüpft daran recht melancholische Erwägungen, die nach den großen Worten der Jtaliainssimi ziemlich ernüchternd wirken: weist doch der Gesamtverkehr (Schiff und Bahn) der beiden ersten Monate 1927 (7,6 Millionen Doppelzentner) gegen den gleichen Zeitraum des Vorjahres (8.2 Millionen Doppelzentner) einen Rückgang von 7.2 Proz. ans! Der Fe bruar allein sogar einen Rückgang von 15 Proz.! Es muß eigentümlich berühren, wenn man in einem italienischen Blatt, das jederzeit die Zerschlagung der alten österreichischen Monarchie, des Erbfeindes, als Ruhmesblatt des neuen Italien preisen wird, Klagen darüber liest, daß die also zerschlagenen Teile ihren Verkehr nicht mehr ans den Wegen ziehen lassen wollen, die ihnen die Habsburger ge wiesen haben! Irgend etwas von den einst gehegten Hoffnun gen ist da also im Begriff, als Trugschluß erkannt zu werben: „die Tschechll-Tlow-ffei", so schreibt die „Tribuna", „begünstigt Preßbnrg, Polen Danzig und Gdingen. Jugoslawien Spa- lato, Rumänien Galatz und Oesterreich betreibt intensiv den wirtschaftlichen Anschluß an das Deutsche Reich, den der große Rhein—Main—Donau-Kanal bis Ungarn besiegeln wirb." Ja gewiß, alle diese Länder hatten bis 19!8 ihre Tendenz ans Triest gerichtet: warum heute nicht mehr? — Die uns nicht eben wohlgesinnte Agentur „Radio Nazionale" schreibt am 7. April: ,^Wie richtig es von der Regierung Mussolini war, in den italienischen Hanpthäfcn Freihafenzoncn zu schaffen, beweisen bie zurzeit zwischen Deutschland und Rumänien ge pflogenen Verhandlungen, die ein deutsches Angebot einer rumänischen Freihafenzone in Hamburg zur Grund lage haben, der eine deutsche Freihafenzone in Co sta n za mit anschließenden Industrieanlagen zu entsprechen hätte: Rumänien sei dazu bereit, wolle aber nicht zugeben, daß die Arbeiterschaft der Industrieanlagen überwiegcnb deutsch werbe. (?) Wie gut war es also, daß Mussolini daran denkt, die italienischen Häfen auf diesen neuen Kampf um Ab satzmärkte vorznberetten!" Nicht gesagt wird hier, ob die italienische Produk tion, die mitten in der Deflationskrise steht, heute über haupt zu einem solchen Kamps bereit ist: es sieht eher so aus, als würde Italien noch sehr zufrieden sein müssen, wenn es sich von jetzt an den ungarischen Verkehr über Fiume sichern kann. Der zitierte Artikel der „Tribuna" weiß über die „deutsche Durchdringung" folgendes zn berichten: „Für eine ganze Anzahl wichtiger Uebersee-Erzeugnisse sehen wir heute in Deutschland riesige Lager entstehen, von denen ein großer Teil Europas versorgt wird. Die rapide Entwicklung des .Hamburger, Bremer und Stettiner Verkehrs entzieht Triest bie Kundschaft Wiens und der reichsten Teile der Dschecho- Slowakei: Triest reicht mit seinem Einfluß kaum mehr bis Innsbruck, Salzburg unb Linz und wird durch zahlreiche „Transttstatlonen" behindert. Hamburger Waren sind in zwei Tagen in Wien, Triesttner brauchen vier bis fünf Tage: selbst bei svon Italien in den Ver handlungen 1926 durchgedrückten) gleichen Transportkosten kotzet tu Men bi« Tonne Trtester Ware über 10 Lire mehr al» Kantons Antwort an die Mächte. Internationale Untersuchung in Nanking. Schanghai, 16. April. Nach einer Reuter-Meldung sind die Antwortnoten des Ministers des Acußcrcn von Kanton, Tschcn, an die fünf Protokollmächtc nunmehr veröffentlicht worden. Tschcn schlägt in ihnen die Nachprüfung der Vor fälle in Nanking durch eine internationale Untcrsuchungs- kommission vor. Der einzige Unterschied zwischen den ein zelnen Antwortnoten besteht darin» daß in den Noten an Großbritannien, an die Vereinigten Staaten und an Frank reich der Beschießung chinesischer Städte Er wähnung getan wird, und zwar in der Note n» Großbritan- nie» des „Bombardements deo schutzlosen Schämten und des schutzlosen Nanking", in der Note an Frankreich des Bom bardements des „schutzlosen Schämten" und In der Note an Amerika des „Bombardements des schutzlosen Nanking". Offenbar bezieht sich die Bemerkung über Schämten aus die Beschießung, die im Jahre 1926 stattgefunden hat. In der Antwortnote an die Vereinigten Staaten, die sich im übrigen im wesentlichen mit den gleichzeitig überreichten Antworten an die anderen Mächte deckt, heißt eS: Die Rationalregicrung ist bereit, den gesamten, dem amerikanischen Konsulat in Nanking zngcsügten Schaden wieder gntzuinachcn. gleichviel ob dieser durch „Nordrebellcn" oder andere verursacht wurde. Bezüglich der Frage der Re parationen siir persönliche Verletzungen amerika nischer Untertanen und Sachschaden iß die National- rcgicrnna bereit, alle angemessene und notwendige Reparation zu leisten, außer in den Fällen, wo zweifelsfrei erwiesen werden kan«, daß sie verursacht wnrdcn durch die Beschießung seitens britischer unb amerikanischer Kriegsschiffe am 21. März oder durch Nordrebellcn. die alö Lockspitzel banbelten. Die Nationalrcgierung schlägt vor. daß die Frage der Bestrafung der Schuldigen nach Vorlicgen der Ergebnisse der augenblick lich im Gange befindlichen Rcgicrungönntersuchnna oder der »««ersnchnng durch eine internationale Kommission, bie so. fort von den Vereinigten Staaten und der Rationalregicrung eingesetzt werden soll, erörtert wird. Die Nationalregiernna schlägt vor. daß die Unter- suchvngskommission auch die Umstände der Be s ch i e ß u n g der unbefestigten Stadt Nanking durch die Flot teil st rcitkrästc der Bereinigten Staaten am 21. März untersucht. Die Forderung nach einer schrift lichen Entschuldig»«« durch den Oberbefehlshaber der Nationalarmec ist gerechtfertigt, wenn die Schuld der Nationalisten für die Unruhen in Nanking erwiese» werde. Die Nationalregiernna schlägt daher vor. für die Frage der Entschuldigung ebenfalls die Klärung der Schulb- fragc, sei es durch die augenblicklich im Gange befindliche Ncgicrnngöuntersnchung oder durch die vorgcschlagene inter nationale Kommission abzuwartcn. Inzwischen wiederholt die Rationalregicrung den Ansdruck des Bedauerns wegen der Verletzung deö amerikanischen Konsnlats in Nanking Die Nationalrcgierung als verantwortliche Behörde billigt nicht, daß in irgendeiner Gestalt gegen das Leben und Eigentum von Ausländern Gewalt angcwcndet oder agitiert wird. Die Behörden der Nationalarmec werden angewiesen werden, daraus hinznwirkcn, daß wirksame Maßnahmen getroffen werden, nm Ausländern angemessenen Schutz z« gewähren. Die Nattonalregicruna würde cs jedoch an Offenheit fehlen lasse», wenn sic unterließe, zu betonen, daß nach ihrer Ansicht die unbilligen Verträge die Hanptgesahr für das Lebe« «nd Eigentum der Ansländer in China bilde». Dir Nattonalregierung ist daher gern bereit. Delegiert« zu ernennen, um mit den Vereinigten Staaten eine be friedigende Regelung der zwischen Nationalchtna und Amerika schwebenden Fragen und Meinungsverschiedenheiten hcrbeizuführen unter Bedingungen, die die rechtmäßige« Interesse« beide, Länder ««d die Gegenseitigkeit ihrer Be ziehungen sichert. lW- T.