Volltext Seite (XML)
57. Jahrgang. L60. Sonnabend, Lv. September 1913. vei»>gS-«ebiihr »ierielliilirl. tür D«»»> lxn d«i iiigiich zwei- malintrZulraaiiiigcan Ton», und Monlagen nur «tnnia» r.bii M., durch «»»wilriio» «o,n> nillltondr« bl» z.du M. Bei «tnmattgrr Zu- likiiung durch dir Post SM. <ol>ne Belirligridj. Auoland^ Qesirr- rrlch-Ungarn 5.N> Nr., Schwriz d,«S grk,.. Jiolirn 7.1? Lire. — Nachdruck nur mit drutlichrr vuollen» angab« <„Dre»dner Nachr.">zui!iilt,. Nn- oerlangie Manulkripi« werd. nichiaulbrwahrl. Tclegramm-Adressc: Nachrichten Dresden. Sammclnummer für jämtl. Telepyonanschlüssc: 25241. Nachtanschluß: II. 1888 Druck und Verlag von Liepsch 5c Rcichardt in Dresden. XokiavES Säckor v,aNÄ-8Lc! t<Uk--Säcj6l- 3Ü61- ^1-1 22 Sük^si-wiess 22. «nzrigen-Tarif. Annahme »an Anilin- digungcn bis nachm. !i Uhr, Conntag» nur Marienftrahe !!» von II bi, >/>l Uhr. Die einlvaiiig« Zeile («Ima ii Eiibeni »ii Pi-, die zweiivailige Zeile aus leiileiie 7» Pi., die zineiivait. Sicklamezetie I.dU M, Iainiiie». Nachrichien aus Dres den die emibalt. Zeile 7S Ps. — In Num- mein nach Sonn und ihrtertage» erhbhier Tarif. — Auswäriijie 7lufiräge nur gegen NorausbeMhiung. - JedesBelcgbiailUiPf. Hauptgeschäfts st eile: Maricnstrasre 3^ 4«. - rrnti ^IlL. s,—, mit R)0 m 8<llnur ^,75. 1«lili-kliiiiiii»c>i>ii«ii- «I«. »rsiM. Linrelteile rum Uaueu. 8. k. «Ml', ^.k^i prel,N,te krel. Verlangen 5ie übefsN nur kaäebel'Ael' ?il8nen aus der kracreder^er ^xporl-dierdravisreL. Verni«Iivtn, Vv^oläen, Versilbern, VermessinMn, Vvrkiipker» ete. »Iler Het»IlM^vn8l»n6v vrsscjnsr Vsrmcl<6luil8S-^kl8la!l OHO ^L>k6l18lra88S dir. 1—3. ^smsppeclisp l^r. 7359. AÜ17 erNgo Lesern. Mulmusiltche Witterung: Südwcstwinde, zeitweise Nebel, sonst heiter, tagsüber warm, nachts kalt, vorwiegend trocken. Hm Eircus Larrasant wurde gestern abend das „Mirakel" von .Karl Vvllmveller mit der Lllusik von Engelbert Humperdinck unter Neinhardts Regie mit starkem Erfolg anfgesührt. Kaiser Wilhelm ist vom 28. bis 28. Oktober Gast üeS Erzherzogs I r a n z Ferdinand und wird am 28. Oktober dem K aiscr Franz Joseph einen Besuch in Schvnbrunn abstatten. Prinz-Regent Ludwig übernahm das Pro tektorat über das Germanische N a t i o n a l m u s c n m. Die Königin von Gricche » land begleitet den König Konstantin ans seiner Pariser Reise nicht. Der groscherzoglich w e i m a r i s ch c Hof legte anläß- lich dcS TvdeS der Prinzessin Sofia eine sechswöchige Hoftrauer an. Die leichte Besserung im Befinden des deutschen Militärattaches v. W i n t c r f c l d t hält an. Der Gesetzentwurf Uber die gesetzliche Regelung der Pensionsverhältnissc der A l t p c n s i o n ä r c deS :)!e!chs soll so zeitig unter Dach gebracht werden, daß er am i. Oktober n. I. in Kraft tritt. Ein Besuch des Königs von Spanien in London wird siir Ende Oktober nngckündigt. Die Ausarbeitung eines K n » a l v r v j c k t e s zwischen der Weichsel und dem D n j c p r ist von russi schen Ingenieuren in Angriff genommen worden: ein Kanal zwischen Wolga und Ob ist in Aussicht ge nommen. Die türkischen und die bulgarische» Dclc- alcrtcn hoben das Protokoll über die endgültige G r e n z f c st s c tz u n g unterzeichnet. Die neue Versassungsvartei in Ungarn. Die verworrene» Verhältnisse in Ungarn sollen einer neuen Lösung zngeftthrt werden. Ein Mann ist auf dem Plane erschienen, der den Scheinkonstitiitivnaliömns be seitigen nnd an die Stelle der „Gewaltherrschaft" des Grasen Tisza ein wirkliches BcrfassnngSregiment setzen will. Graf Julius Andrass», der einstige Jugend freund des Grasen Tisza und jetzt sein schärfster poli tischer Gegner, einer der bedeutendsten ungarischen Mag naten und gewesener Minister, hat eine neue Partei gegründet, die unter dem Namen einer „Lnndcövcr- fa s s u n g s p n r t c i" am 14. September ins Leben ac- trcten ist und bis jetzt etwa 27 ungarische ReichStaaS- abgcordneie zählt. Das charakteristische Merkmal dieser neuen Partei ist. dass sie sich n»ö politischen Persönlich keiten von verschiedenen st a a t S r c ch t l i ch c n An- s ch a » u » g c n zusammcnsctzt, die sich vereinigt haben, um den Sturz der gegenwärtigen Negierung und deS ihr zngeschriebcncn SnstcmS z» erreichen nnd „normale" ver- sassungsmästige Zustände wieder herzustellcn. Da sind Mitglieder, die seinerzeit mit Andrass» ans der alten libe rale» Partei ausgetreten sind, sogenannte Dissidenten, und verschiedene Abgeordnete der stramm oppositionellen Un- abhängigkeitspartci, unter ihnen einige hervvrrggcnde Führer, wie die gewesene» StgatSsclrctärc Zvllän DSsi, und Bcla Mczossn, die noch vor kurzem die 48 er Ideen der Oppositionspartei mit Nerve verfochten »nd dafür das ..Martnrlum" ans sich nahmen, sich durch Polizei aus dem TitznngSsaalc des ungarischen Abgeordnetenhauses schlep pen zu lasse». Die neue Partei steht grundsätzlich ans dem Boden der 67er A u S g l e i ch S b a s i S und stellt durch die Hcr- übcrnahme von oppositionellen 48ern gcwisscrmasten eine vermittelnde Gemeinschaft von 67ern und 48crn dar. Dieser Gedanke ist denn auch in der Gründlitlgsversamiir.- lung deutlich zum Ausdruck gekommen. Trotz aller Be denken, die die Führer der vereinigten llnabhängigkeitö- partei, I u st h und Graf Apponyt, geltend machen »nd trotz eines gewissen Gefühls der Verstimmung, das sic im Gedanke» an die Abspreiigiingeii ihrer eigene» Partei be schleicht, haben sie doch prinzipiell ihre Snmpathie mit der neuen Partetgründung nicht verhehlt, auf die Gemein samkeit dcS Zieles, nämlich der Wiederherstellung der Verfassung, hlngcwiesen und betont, das, angesichts dessen die Unterschiede in den Anschauungen znrückgcsteilt werden mühten. Sie sind also gewillt, mit der neuen Partei ein freundschaftliches Verhältnis herzustellcn, und das sichert der ersteren immerhin eine größere Bedeutung, als ihr aus den ersten Vltck zukommen mag. Die Regierungspartei des Grasen Tisza, die bisher noch ungcichwächt dastcht und Ucbcrtritte zur Andrassn-Partei nicht zu verzeichnen hat. sicht sich jetzt einem nicht zu verachtenden Gegner gegenüber. Ter Kampf der Zukunft svll nach den Verlautbarungen Andrasstis nicht mehr außerhalb des Parlaments ge führt werden, wie cS in der letzten Zeit geschah, sondern man hat die Absicht, wieder im Abgcordnetcnhause zu er scheinen und, entgegen der turbulenten Haltung der gegen wärtigen Oppositionsparteien, an der gesetzgeberischen Ar beit teilzunchmen und gewissermaßen eine Rückkehr zum Parlamentarismus, zu geordneten parlamentarischen Zu ständen zu ermöglichen. Man scheint also eingesehen zu haben, daß man mit den bisherigen Mitteln der rohen physischen Gewalt nicht dnrchkommt, daß man mit der Taktik der rücksichtslosen Obstruktion, mit dem Lärm- nnd Nadauspicl gegen den mit eherner Nrust gepanzerten Grafen Tiöza tatsächlich nichts erreicht, sich höchstens vor In- und Ausland lächerlich macht. So zieht man denn jetzt sanftere Töne ans. bezeichnet sich als gemäßigte Oppositions partei und spielt sich als Beschützer der Verfassung auf. Das macht sich nun allerdings besonders merkwürdig im Munde der Männer, die jahrelang, bevor Graf Tisza mit rücksichtsloser Faust dnrchgrifs. die Verfassung mit Füßen getreten, das Recht der Mehrheit durch ihre gewaltsame Obstruktion zunichte gemacht und jede parlamentarische Tätigkeit lahmgclegt. ja geradezu anarchische Zustände in Ungarn herailfgcsührt haben. Man mag über das Vor gehen des Grasen TiSza denken, wie man will, »nd seine Rigorosität bei Handhabung der neuen Hausordnung be klagen. immerhin muß man ihm das Verdienst znsprcchen, das, er das parlamentarische Grundprinzip des Rechts der Mehrheit schlief,lich doch durch die Acndcrnng der Haus ordnung und ihre energische Durchführung wicdcrhcrgestcllt und den gesetzlosen, anarchischen Zuständen in dem durch das schroffe Parteilcbcn geradezu zerwühlten ungarischen Parlament schließlich ein Ende gemacht hat. Wenn irgendwo, dann lag die Gesetzmäßigkeit ans seiten TiSzas und der Arbcitövartci, und der Ncchtsbrnch ans seiten der Opposition. Man kann daher die Verlautbarungen und Knnd- gcbiingcn der neuen Partei, in denen immerfort aus die Notwendigkeit der Wiederherstellung der Verfassung hin- gewicsen wird, nicht ernsthaft nehmen, sondern muß einen guten Teil als Phraseologie und hochtönende Worte in Abzug bringen. Im tiefstem Grunde der Seele denken diese Männer auch gar nicht daran, wirklich versassungs- mästigc» Zuständen in Ungarn zur Durchsührung zu ver helfen. Was sic zn ihrem Schritte getrieben hat, Ist der reine Machthunger, der Wille zur Macht. Sic wollen wieder regierungsfähig werden und ihre Partei zur aus schlaggebenden machen, wobei sie natürlich ans Absplitte rungen und Zerfall der jetzigen ArbcitSpartci rechnen. Sie sagen wohl, sie wollten die gestörte RechtS- und Parla- mentöordnniig wicdcrherstcllcn. sic haben dabei aber osfen- bar nur jene Ordnung der Dinge im Auge, die herrschte, als sie selbst Herren der Lage, in der Macht waren. Graf Andrass» hat zwar in seiner Programmrcdc den Verdacht weit von sich gewiesen, als ob er von chraeizigcn Absichten geleitet würde, aber er hat in demselben Atem erklärt, daß cs die Pflicht der neuen Partei sei, ihr Bestreben daraus z» richten, i n d c n B c s i tz d crMacbt zu gelangen. Die jetzigen Zustände sind »mH seiner Ansicht unheil bar verrottet. Nur durch „positive Schöpsnugc u ", so meinte er. könne ihnen ein Ende gemacht werden. Im Znsammciihang mit dieser Feststellung empfiehlt der neue Partcichcf sein Progrgmm. Es wird interessant sei», sest- znstcllcn, was er unter „pvsitiven Schöpfungen" versteht, ttcbcrmäßsg viel Ist cS nicht und UcbcrraschcndcS ist auch nicht darin enthalten. Da sind zunächst allgemeine Ver sprechungen, die in jedem Programm wiedcrkchrcn, wie Hebung des Volkswohlstandes. Regelung des Kredit wesens, Achtung der Rechte der Konfessionen und Natio nalitäten. Dann erscheint als wichtiger Prvgrammpnnlt das Verlangen nach Revision deS Wahlrechtes, das im einzelnen begründet wird unter vollständiger Ignorierung früherer WahlrechtSpläne, wie zum Bei spiel des Plnralwahlrechtes, und die Forderung einer V c r w a l t u n g s r c s o r in. Die Forderungen nach Stär kung der Komiiats- und Munizipalautonomic, des selb ständigen Zollgebietes und der selbständigen Bank sind höchstwahrscheinlich daraus berechnet, die nchtundvicrziger Parteien zu gewinnen oder doch versöhnlich und entgegen kommend zu stimmen. Eine Lösung aus diesem Gebiete wird vorsichtigerweise nicht versucht, es wird alles von wirtschaftlicher Zweckmäßigkeit und politischer Opportuni tät abhängig gemacht. Tann werden noch die verschieden sten Fragen des sozialen und wirtschaftlichen Lebens be rührt und schließlich noch die Forderungen nach Aushebung der Parlamentswache und gesetzlicher Regelung der Be fugnisse des Präsidenten des Abgeordnetenhauses sei! um schrieben. Um auch den nationalen Wählern etwas zu bieten, wird in dem Programm die Notwendigkeit der Ei haltung der Großmachrstellung der Monarchie, der Stär kung der Wehrmacht und sic ^reuc zum Treibende betont. Es ist möglich, das, die neue Partei eine Wendung im p a r l a m c n t a r i s ch c n»L eben Ungarns herbei- führt, wenn sie ehrlich bestrebt ist, mit ihrer Vergangenheit zu brechen und reale, positive Politik zu treiben in An lehnung an die gegebenen Faktoren. Vielleicht steht das Land der Magyaren vor cincr Erneuerung des Zwei- Par t c i c n - S y st c m s , das hervorragende ungarische Politiker noch immer für das gegebene System im Lande der Stephanskrone halten, das aber gerade hier die un angenehmste Ausprägung deS P a r t e i a b s o l u t i s m » s gezeitigt hat. Die nächste Zeit wird zeigen, ob die neue Partei für sich allein oder in Koalition mit der ttnab- hängigkeitspartei die Kraft hat, die Regierungspartei zu stürzen und die Macht an sich zu reißen oder ob nicht in folge ihrer verschiedenartig:» Zusammensetzung die Keime des Zerfalls in ihr so groß sind, das; ein baldiges Aus- einandcrsallen wahrscheinlicher und eine neue Partei- Anarchie in Aussicht ist. Ob Andrass» die Verständi gung mit der Regierungspartei überhaupt suchen wird, steht dahin. Uebcrmästig groß sind die Aus sichten auf eine Verständigung nicht, denn die neuesten Pläne des Grasen TiSza, namentlich in bezug auf die Ab änderung der Wahlkrciscintcilung, deuten ans Kamps und Fortsetzung des bisherigen, die Herrschaft der Majoritäts- partci sichernden Regimes. Da Graf Tisza offenbar ge sonnen ist, sein Prinzip zum Aenßcrsten zu treiben und jede Verständigung mit der Opposition abznlehncn, ist cs nicht ausgeschlossen, daß Gras Andrass» und Genossen schneller zn einem Ministcrportcfcilillc gelangen, als sie selbst ahne« und sich träumen lassen. Drahtmeldungen vom lg. September. Zirm Tode der Prinzessin Sofia von Weimar. Weimar. iPriv.-Tcl.j Die Hoftrauer in Sachsen- Weimar anläßlich des Todes der Prinzcsst» Sofia ist ans sechs Wochen festgesetzt. Die offizielle Bekanntgabe des Todes enthalt keinerlei Mitteilung über die Art des TodcS. Karlsruhe. lPriv.-Tcl.) Der „Badischen Landeszig." zufolge steht fest, das, die verstorbene Prinzessin Sofia sich schon lange mit dem Gedanke», freiwillig a n s d em Leben z n s ch c i d e n , trug. Sv soll sie ihrer Enttäuschung über einen glücklich übersiandcnen Antv- nnfall bei der letzten Fahrt durch Tirol offen Ausdruck ge geben haben. Der Zustand v. Wiuterfeldts. Bordeaux. Präsident Poincarä, der sich gegen wärtig an Bord des Torpedobootzerstörers „Dunois" be findet, hat ans seine Erkundigung nach dem Befinden dcS deutsche» Militärattaches Oberstleutnants v. Wintcr- fcldt durch Fnnkspriich -lc Nachricht erhalten, das, der Zu stand des Bcrunglüclten noch immer bedenklich sei. In der Nacht sei eine leichte Besserung cingctrctcn. Grisolles. Der heute morgen ansgegebene Bericht über das Befinden des Oberstleutnants v. Winterfeldt besagt, das, die Besserung, die gestern einsetzte, bis heute morgen a n dauert e. Der Puls betrug 88 nnd die Tem peratur 87,1. DaS Atmen verursacht noch Beschwerden, dagegen ist die Tätigkeit der Nieren normal. Die flüssige Nahrung wird sehr gut ailfgenviiimen. Der Ncrvenchve ist noch nicht überwunden und führt zn ungünstig wirken der Schlaflosigkeit. Die Voraussage ist noch immer zurück haltend. Der französische K r i c g s m i n i st c r erkundigte sich heute morgen pcr'önlich nach dem Befinden des Mili tärattaches. Die deutsche Kronprinzessin ans Sce. London. lPriv.-Tcl.> Der Lloyddampfer „Kronprin zessin Eeeilie", mit der deutschen Kronprinzessin an Bvrd, wurde Freitag früh ans der Höhe vvn Dover erwartet. Das «chiff fahrt alsdann die englische Küste entlang, um die Insel Wight herum. Gegen 0 Uhr abends sollte Tvvcr aui der Rückfahrt passiert werden.