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.4» 7, 10 Januar 1896 Nachrichten aus dem Buchhandel. 75 an dritte Personen abgetreten hat. Ich glanbe, daß diese Bestimmung von hohem Werte ist. Sie ist eine Förde rung und ein Schutz des Urheberrechtes selbst, einerseits weil der Urheber gewiß leichter mit einem Verleger und nm ent sprechenden Gewinn sich wird vereinen können, wenn der Ver leger sich bewußt isst daß er gegenüber dem Urheber diesen strafrechtlichen Schutz genießt, und anderseits auch deswegen, weil eben der gute Urheber gegen den schlechten Urheber ge wissermaßen in der Oeffentlichkeit einen Schutz genießt. Es ist nach dem Grundsätze der Bilateralität vollkommen berechtigt, wenn derjenige, der vom Urheber Rechte erwirbt, geschützt ist gegen dritte Personen, welche in diese Rechte Ein griffe machen, aber auch mehr als billig, daß der Urheber, welcher diese Rechte abgetreten hat, für die absichtliche Ver letzung dieser Rechte einer strafrechtlichen Verantwortung unter zogen wird. Dies entspricht dem Zuge der gegenwärtigen Rcchtsentwicklung, nachdem auch im materiellen Güterrechte nicht nur der Eigentümer strafrechtlichen Schutz genießt, sondern auch der Rechtsbesitz sich eines solchen Schutzes erfreut. Sie finden im Entwürfe des neuen Strafgesetzes eine ausdrückliche Bestimmung, welche den Eigentümer straft, der sein bewegliches Gut dem Nutznießer wegnimmt, beziehungs weise an seinem eigenen Eigentume einen Diebstahl begeht, also zum Beispiel der Jagdbesitzer, welcher seine Jagd ver pachtet und in dieser Jagd doch ein Wild erlegt. Warum soll also dieser Schutz nicht umsomehr bei der flüchtigen Natur des Autorrechtes gegeben sein? Ich würde diese Bestimmung dem hohen Hause lebhaft zur Annahme empfehlen. Die Regierung wird gern und mit größter Bereitwilligkeit diese Neuerungen des Ausschusses des hohen Hauses vertreten und giebt sich der Hoffnung hin, daß das hohe Haus mit Rücksicht auf die Kürze des Termines, welcher zur Verfügung steht, ohne weitere Aenderungen, wenn cs der llebcrzeugung der Herren entspricht, dieses Gesetz acceptiert. Im Vergleiche zu dem, was im Laufe des heurigen Jahres in der Gesetzgebung geleistet wurde, ist das wohl nur juristische Kleinarbeit; ich glaube aber sagen zu können, daß sie nicht ohne Bedeutung ist, weil sie in doppelter Beziehung von Wert ist, indem sie den Lohn geistiger Arbeit garantiert und erhöht und anderseits in kultureller Beziehung von Be deutung ist, nachdem sie eben zu geistiger und künstlerischer Thätigkeit anspornt. Nach Inhalt und Form dieses Gesetzes darf ich hoffen, daß es, so gut wie seinerzeit das Gesetz vom Jahre 1846 bahnbrechend in dieser Beziehung war, nach dem Ausspruche des geistvollen Berichterstatters im Herrenhause, dessen Leistungen leider durch einen zu frühen und jähen Tod ein Ende erreicht haben — ich citiere seine eigenen Worte — »einen selbständigen Markstein in der zukünftigen Entwicklung des europäischen Urheberrechtes bedeuten wird«. (Lebhafter Beifall.) Abgeordneter vr. Ritter v. Roszkowski: Hohes Haus! Die Vorlage, welche den Anlaß zu der heutigen Debatte ge- gcgeben hat und der Resolution des Herrenhauses vom 22. Juni 1886 entspricht, wurde sowohl im Herrenhause als auch in diesem hohen Hause mit wahrer Freude begrüßt, und zwar aus verschiedenen Gründen. Der vorliegende Gesetzent wurf soll das jetzt geltende Gesetz ersetzen, nämlich das Patent vom Jahre 1846, welches vor ungefähr 50 Jahren ein aus gezeichnetes Gesetz war, welches sich aber inzwischen beinahe vollständig überlebt hat und den heutigen Verhältnissen nicht mehr angemessen ist. Der riesige Aufschwung der litterarisch- artistischen Thätigkeit der Gegenwart verursacht die Notwen digkeit, einige Zweige derselben besser gesetzlich zu beschützen, als es bis jetzt der Fall war, nämlich die Werke der Ton kunst, der bildenden Künste, der öffentlichen Aufführungen und der photographischen Produktion, weil die Pbotographie in letzter Zeit sehr große Anwendung zur Reproduktion der Kunstwerke gefunden hat. Dazu gesellt sich noch folgender Umstand von ungemein großer Wichtigkeit. Mit der Ent wickelung der Handelsverhältnisse überhaupt hat auch der Handel mit den Werken der Litteratur und Kunst eine sehr große Ausdehnung erfahren und umfaßt heutzutage nicht nur die Staaten, welche Zentren der civilisatorischen Arbeiten sind, sondern auch weitentlegene Staaten und dann noch weiter gelegene Kolonien. Selbstverständlich muh das Gesetz über das Urheberrecht den Anforderungen dieses Großhandels entsprechende Be stimmungen enthalten und jetzt gerade in der Gegenwart sich entwickelnde Bestimmungen zur Unifizierung der Grundsätze und Vorschriften des Urheberrechtes ins Auge fassen und vollständig berücksichtigen. Dieser letzteren Anforderung scheint mir der vorliegende Gesetzentwurf nicht ganz entsprechend, weil sowohl die hohe Negierung, als auch das hohe Herrenhaus sich nicht als Auf gabe gestellt haben, die im Westen Europas geltenden Grund sätze des Urheberrechtes in die österreichische Gesetzgebung ein zuführen, sondern ein selbständiges Modellgesetz zu schaffen, von welchem der unvergeßliche Professor Exner in seiner im Herrenhause gehaltenen Rede mit wahrem Stolze gesagt hat die Worte, welche Seine Excellenz der Herr Justizminister angeführt hat, daß unser Werk den Anspruch macht, einen selbständigen Markstein auf dem künftigen Entwickelungswege des europäischen Urheberrechtes zu bedeuten. Es wäre müßig, heutzutage ein Wort darüber zu ver lieren, ob es gut war oder nicht, daß die Originalität gerade bei der Ausarbeitung des Gesetzes über das Urheberrecht hervortritt, weil das Gesetz bereits vorliegt. Allein, ich kann nicht umhin zu konstatieren, daß gerade jetzt in den meisten Staaten nicht nur Europas, sondern der ganzen civilisierten Welt nicht die Sucht nach der Originalität des Urheberrechtes, sondern vielmehr die Tendenz besteht, die Grundsätze und Prinzipien des Urheberrechtes zu unifizieren und nach dem selben leitende» Grundgedanken zu gestalten Diese Tendenz des vorliegenden Gesetzes zur Originalität betrachte ich als erstes charakteristisches Merkmal des vorliegenden Gesetzes. Das zweite besteht darin, daß das vorliegende Gesetz eine ganze wissenschaftliche Theorie umfaßt und zum Ausdrucke bringt. Die französischen Gelehrten sind meist Anhänger der Theorie des sogenannten litterarisch-artistischen Eigentumes. Dagegen nehmen die deutschen, englischen und amerikanischen Schriftsteller nur einzelne Autorenrechte an, welche sich nur auf den Schutz ihrer Werke beziehen, um ihnen den ökono mischen Ertrag aus der Veröffentlichung und Vervielfältigung ihrer Werke sicherzustellen. Das vorliegende Gesetz lehnt die Theorie des litterarisch-artistischen Eigentumes ab und mit vollem Recht. Es nimmt aber an, daß die einzelnen Autorrechte, daß die Berechtigung des Autors zu seinem Werke den Ausfluß eines rein persönlichen Rechtes darstellt, welches als solches nicht auf den Verleger, wohl aber auf die Erben des Urhebers übertragbar ist. Ich will mich über den wissenschaftlichen Wert dieser Theorie gegenwärtig nicht aussprechen, weil ich die parlamen tarische Tribüne zu rein wissenschaftlichen Auseinandersetzungen und Polemiken nicht verwenden will. Allein in Bezug auf diese Angelegenheit sei mir erlaubt, einige kurze Bemerkungen zu machen. Trotz aller Achtung, die ich vor jeder tief gefaßten Theorie hege, meine ich nicht, daß es entsprechend wäre, eine wissenschaftliche Theorie in ein Gesetz hincinzubringen. Allerdings ist jedes Gesetz der Aus druck einer Idee, auf welche seine Bestimmungen basiert sind; es ist jedoch nach meiner Ansicht viel vorteilhafter, wenn die Gesetzesbestimmungen unmittelbar an die Verhältnisse des