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Dresdner Nachrichten : 25.09.1926
- Erscheinungsdatum
- 1926-09-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-192609251
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19260925
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19260925
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1926
-
Monat
1926-09
- Tag 1926-09-25
-
Monat
1926-09
-
Jahr
1926
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 25.09.1926
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Sochmals „gu wentn Derkehrsdisztpltn". von Poltzethauptmann Thtertg, Letter der BerkehrSpolizet tn Dresden. Der Artikel »Zu wenig VerkehrSdisztpltn* tn Nr. SV7 der -Dresdner Nachrichten* ist insofern zu begrüben, als rS im Interesse der diese Fragen bearbeitenden Stellen liegt, auch dt« Meinung de» Publikum» hierüber zu hören und An regungen nachgeben zu können. TS ist nur bedauerlich, bah meine rein sachliche» Ausführungen von dem Herrn Verfasser de» Artikel» in» Persönliche hinübergezogen worben sind und «» dadurch, daß mir gänzlich unzutreffende Beweggründe untergeschoben werden, statt zu einer sachlichen Aussprache, die der Sache genützt haben könnte, zu einem gewissen persvn- Itchen Angriff gegen mich gekommen ist. SS sei ausdrücklich betont, daß der seinerzeit von mir eingesandte Artikel, be treffend der mangelnden VerkehrSdisztplin, nicht einseitig gegen dt« Fußgänger, sondern im selben Maße gegen die Rad fahrer und Kraftfahrzengfiihrer gerichtet war. Er mar auch nicht entstanden aus »gekränkter Unschuld* noch viel weniger dadurch, »weil das Publikum den BerkchrSposten zu viel Arbeit macht*. Es waren lediglich gut gemeinte Ratschläge, die die Fußgänger über die ihnen auf der Straße drohenden Gefahren aufklärcn und die Krastwagenführer, ebenso die Radfahrer auf gewisse Rücksichtslosigkeiten im Verkehr Hin weisen sollten. Der versuch, durch die Presse daS Publikum aufzuklären. darf auch nicht als ge scheitert angesehen werben, denn man kann erfreulicherweise fest st eilen, daß die Fuß gänger sich nach und nach gern und willig den Verkehr» Vorschriften fügen, ebenso, baß Kraft fahrzeugführer nnd Radfahrer bemüht sind, die Selbstzucht in ihren Reihen zu fördern. Wenn daS Polizeipräsidium bet Einführung der neuen Vcr- kehrSordnuim ein großes Beamtenaufgebot zur Durchführung -er neuen Bestimmungen auf die Straße stellte, so ist dies nicht geschehen, weil ein großer Teil des Publikums „bewußt alle polizeilichen Ratschläge und Vorschriften mißachtet*, sondern weil es bet allen solchen Neuerungen nötig ist, daS Publikum zunächst mit den neuen Vorschriften überhaupt ver traut zu machen. ES ist auch kein Zwang ausgeübt worben, im Gegenteil hatten die Beamten die ausdrückliche Anweisung, nicht strafend, sondern nur belehrend vorzugehcn. Auf die sachlichen Auslassungen beS Herrn Verfasser» beö Artikels möchte ich hier nur, soweit es von allgemeinem Inter esse ist. eingehen, ihm besonders seine beiden Hauptfragen beantworten: I. Ist die hohe VerkehrSgeschwtndtgkeit auf dem Fahrdamm wichtiger als Menschenleben? ES stehen sich doch nicht »hohe Verkehrögcschwtndigkeit und Erhaltung von Menschenleben* als einander gegenseitig ausschlteßend gegenüber! ES soll sa auch gar keine höhere Verkehrs g e s ch w i n d t g k e i t, wie bisher, erzielt werden. Es soll vielmehr die Verkehrs sicherhett erhöht werden. ES würde doch aber rückschrittlich sein, dieö durch Verringerung der bisher gebräuchlichen Geschwindigkeit, wo bei cs sich überhaupt nur um Höchstgeschwindigkeit handelt, zu erreichen. Wetter schreibt der Herr Verfasser sehr richtig, baß Un fälle in den meisten Fällen nicht durch zu schnelles, sondern durch rücksichtsloses Fahren hcrvorgerufen werden. Infolge dieses Widerspruches ist cS schwer, die Frage zu beantworten, ich will aber doch insofern etwas näher darauf eingehen, als ich einmal die Ursachen der tn letzter Zeit statt- gefundenen verkehröunfälle, soweit Fußgänger in Mitleidenschaft gezogen wurden, feststelle. Abgesehen von einem Falle, wo grobe Rücksichtslosigkeit des Wagenführers vorlag, sind die Unfälle fast durchweg nur auf die eigene Leichtsinnigkeit — nennen wir es Berkehrsunerfahren heit — des Publi kums zurück-»führen. ES ist Pflicht der Verkehrs polizei. in diesem Falle unberechtigte Vorwürfe gegen die Krastwagenführer zurückzuwcisen. ES ist doch dem vor sichtig fahrenden Krastwagenführer keine Schuld beizumessen, wenn sich Unfälle dadurch ereigne», daß Fußgänger plötzlich hinter einer Straßenbahn oder hinter einem Fahrzeug ihm unmittelbar ins Fahrzeug hinetnlaufen oder daß jemand tn frevelhaftem Leichtsinn versucht, noch schnell vor einem Kraftfahrzeug die Straße zu über queren. Der Ansicht des ArtikelschretberS, daß der Fuß gänger genau dasselbe Recht auf die Fahrstraße erheben darf, wie der Fahrzeugführcr, muß widersprochen werden. Die Fahrstraße muß dem Fährverkehr vor- behalten bleiben. Ist der Fußgänger gezwungen, die Fahrstraße zu benutzen— dies kommt für ihn nur tn Frage, wenn er die Fahrstraße überqueren muß —, so soll er sich nach dem Fährverkehr richten, b. h. er soll Rücksicht anfden Verkehr nehmen. Dafür gehört ihm der Bürgersteig allein. Die Rücksichtnahme deS Fuß gängers auf den Verkehr zeigt sich dadurch, baß er einen günstigen Verkehrs Moment abpaßt, daß er sich erst nach links und dann nach recht» ver gewissert. ob die Straße auch frei ist. und daß er sich nicht unnötig auf der Fahrstraße aus. hält, also den kürzesten Weg im richtigen Augenblick benutzt. Beachtet er diese wenigen Regeln und richtet er sich an besonder« verkehrsreichen UebrrgangS- stellen nach den Zeichen b « r Poltzetbeamte », so kann ihm eigentlich nichts zustoßen. Ls ist allerdings leider noch viel zu beobachten, daß Krastfahrzcugsührer die nötige Rück- stchtnahme aus die die Fahrstraße ordnungsgemäß über querenden Fußgänger missen lassen, so beispielsweise die Fuß- gänger durch Hupensignale zur Eile auspornen. Gegen solche Rücksichtslosigkeiten schreitet aber ge rade die Polizei besonders scharf ein, indem sic den Verkehr an den Kreuzungen durch Ztvilbeamte über- wachen läßt. ES wird also nicht nur Rücksichtnahme »empfohlen*, sondern auch scharf gegen Rücksichts losigkeit vorgegangen. Der Vorschlag beS Artikel schretberS, an den Kreuzungen durchweg die Schritt- aeschwtndigkett vorzuschreiben, hat vielleicht etwa» Bestricken- beS, ist aber insofern völlig undurchführbar, als es schon technisch gar nicht durchführbar sein wirb «dauern des Umschalten, Erhöhung der Geräusch- und Geruchs belästigung usw.j, überdies auch der ganze Verkehr auf gehalten würde. Die 2. Hauptfrage: Sind wir infolge der Un- entbehrlichkeit der hohen Geschwindigkeit der Kraftwagen wirtschaftlich imstande, für Kraft fahrzeuge und Fußgänger gesonderte Wege zu bauen, muß für unsere Stadt glatt verneint werben. Die Verkehrspolizei rechnet zu einer ihrer Hauptaufgaben, die vorhandenen besonders ungünstig angelegten Plätze so umzugcstalten, daß vornehmlich die Sicherheit deS Fußgängers, der die Plätze überschreiten muß, ständig erhöht wird. (Siche hierzu der neuerliche Umbau des Pirnaische» und deö AlbertplatzeS.s Welche Straßenanlage, ob die Kreuzung oder die strahlenförmige Anlage die sicherere ist, läßt sich zurzeit nicht mit Bestimmtheit sagen. Eine Platz- anlage mit Nundverkchr bietet wohl die größere Sicherheit als die Kreuzung. Leider kann in Dresden infolge der Be schaffenheit der Plätze einer Einführung des Rundverkehrs der hohen Umbaukosten halber zurzeit nicht näher getreten werben. Der Vorschlag, zu gewissen Zeiten den Fahrzeug, verkehr ans den Hauptverkehrsstraßen zu bannen, dürfte auf Schmierigkeiten stoßen, weil die Stadt Dresden leider so un günstige Srraßenverhältnisse hat, die eine Ableitung deS Verkehrs von den Hauptverkehrsstraßen überhaupt nicht gestatten. Auch dem Vorschläge des Artikelschreibcrs, den Lastverkehr in einzelnen Straßen des Gebäudcschutzcs halber zu unterbinden, kann nicht tn dem er wünschten Umfange nähergetreten werden, da die meisten Firmen fast ausschließlich zum Transport sich der Lastkraft wagen bedienen. Soweit Pferdegeschirre noch vorhanden sind, ist eine planmäßige Umstellung dieses Verkehrszweiges tn den Krastwagenbetrieb fast überall zu bemerken. Die Ge- schwindigkett der Lastkraftwagen ist soweit herabgeürückt — bei besonders schlechten Straßcnverhält- nissen ist sogar Schrittgeschwindigkeit vorgcschrtcbcn —.daß die Gebäude vor Schaden bewahrt werden. Hierzu tritt das Verbot des Durchgangsverkehrs für eine große Anzahl Straßen, die Infolge der Beschaffenheit der Straßendecke zur Aufnahme stärkeren LastkraftwagcnvcrkehrS nicht geeignet sind. Ueberdies ist auch die Industrie bemüht, durch Verbesserung der Bereifung dazu betzutragcn, die Straßendecke und Gebäude vor Beschädigung durch den schweren Lastverkehr zu schützen. Die Verkehrspolizei überwacht durch ständige Kontrollen die Ge schwindigkeit der Lastwagen und hat erfreu- ltcher weise in letzter Zeit nur selten gegen GeschwtndtgkeitS-Ucberschrettungen einzu- schreiten brauchen. Würde man dem Lastwagenverkehr gestatten, die Straßenbahnschienen zu befahren, so würde sich einesteils die Straßenbahn mit Recht dagegen wenden, zu dem der Betrieb der Straßenbahn erheblich gestört würde, anücrnteils würden aber auch die Regeln des Fähr verkehrs, daß sich die schweren Fahrzeuge scharf rechts zu halten haben, vollkommen durchbrochen und da- durch die allgemeine Verkehrssicherheit ge- schädigt. Jettfragen des Reitttsbafmverlorrals. Eine tn Dresden von der Gewerkschaft deutscher Eisen bahner E. B., der Gewerkschaft der technischen Eisenbahn- bcamten (Getebs, der Deutschen Berkehrsbcamten-Gewerkschast und dem Bund deutscher Lokomotivführer gemeinsam ein- berufene Versammlung beschäftigte sich eingehend mit den augenblicklichen Zeitsragen deS Reichsbahnpersonals. Einen Hanptgcgcnstand bildete die Frage der Betriebssicherheit tn Verbindung mit dem Personalabbau. Bei der heutigen An spannung des Personals würde jede weitere Belastung die schwersten Gefahren bedingen. Die Versammlung beschäftigte sich weiter mit der Frage des Berufsbeamtentums. Sie erklärte einstimmig, baß an dem bestehenden Beamtenrechte keinesfalls gerüttelt werben darf, und es wurde gefordert, baß Reichstag und NetchSregicrung im Interesse der Oeffentlichkeit die Ent wicklung der Deutschen RcichSbahn-Gesellschast zu über wachen habe. Einstimmig wurde nachstehende Entschließung angenommen: „Die Eisenbahner verlangen von Reichstag und ReichS- regterung eine Nachprüfung der die Reichsbahn betreffenden Gesetze und ihrer Auswirkung, insbesondere halten es die Ver sammelten für unbedingt notwendig, daß die Frage der Be triebssicherheit allein ausschlaggebend ist für die gesamte Ge- schästssührnng. Es ist deshalb erforderlich, daß vor jeder weiteren Personalverminderung geprüft wird, ob diesem Ge sichtspunkt genügend Rechnung getragen ist. Schon heute ist daS Personal in Betrieb und Verkehr in einer derartigen Weise angespannt, daß jede weitere Belastung schwerste Gefahren für die Bediensteten und bas reisende Publikum mit sich bringt. Die Reichsbahn hat wiederholt erklärt, daß sic nicht beabsich tige, das bewährte Beamtentum zu beseitigen. Im Wider spruch mit dieser Erklärung steht aber die Tatsache daß noch ständig eine Verminderung der Beamten vorgenommen wirb. Dabet ist besonders bedeutsam, daß diese Verminderung von Beamten nicht vorgenommen wird, weil etwa Dienstpostcn ent fallen. Der Dienst muß vielmehr zum Teil von anderen Be amten und zum Teil von Arbeitern übernommen werden. Diese Entwicklung bringt eine dauernde Beunruhigung nament lich tn die Kreise der Reichsbahiibeamtcn und ihrer Anwärter. Die Aufregung wird aber noch dadurch gesteigert, daß die Reichsbahn beabsichtigt, die gesetzliche Pension durch eine Penstvnskasie nach dem Muster der Beamten-Krankenkasse zu ersetzen. Die Eisenbahner erwarten, daß Reichstag und Reichs, regiernng im Interesse der Oeffentlichkeit und der Beamten eine derartige Entwicklung nicht zulasscn." —* Uebung des SamaritervcrciuS. Aus Anlaß de» 30jährigen Bestehens veranstaltet der Samariterverein zu Dresden in Verbindung mit der Berufsscuerwehr am Sonn tag vormittag 8 Uhr im Fabrikgrundstück der Mimosa-A.-G. in der Bärensteiner Straße 91 eine Uebung. Es wirb an genommen, daß im zweiten Stockwerk des Seitenflügels der Fabrik ein Brand entstanden ist, der zu starker Rauchentwick lung geführt hat. so daß der Zugang zu den Treppenhäusern gesperrt ist. Außerdem haben sich mehrere Personen eine Gasvergiftung zugezogen. Durch Fernsprecher werden Feuer wehr und Mannschaften des Samaritcrvereins hcrbeigerufen und die Uebung beginnt. Die Leitung liegt tn den Händen deS 1. Vorsitzenden des Samaritervereins Dr. Honecker, deS AmtSbaurats der Berussfeuerwehr Dr. Leitholb und der Oberführer der Samaritervereine Dresden und Heidenau Kurt Rossel und H. Thonig. —* Wer ist bestohlen worden? Ein hiesiger älterer Schulkirab«, der verschiedene GelegenheitSdiedsdähle ausgcsühvt hat, will nach seinen eigenen Angaben vor etwa drei Wochen zwei kleinen Kindern, einem Knaben und einem Mädchen, aus der RöhrhosSgane aus einem Hvndkörbchen einen gröberen Geldbetrag gestohlen haben. Die Eltern der Kinder wohnen vermutlich in der Fa-kobs- oder Nöhrhofs» ga»e. Sic werden gebeten, sich iinngehend bei der Kriminalpolizei, Schiebgage 7, 1-, Zimmer 88, zu melden. —* Sittlichkeitsverletzer. Am 17. September 1826 Ist Im Großen Garten ein Unbekannter, etwa 25 Jahre alt, mit Windjacke und brauner Manchesterhose bekleidet, als Sittlichkeits-Attentäter aus getreten. Er hat an genanntem Tag« gegen 10 Uhr vormittags dort unbeaufsichtigt spielende Mädchen im Alter von drei und fünf Fahren angelockt, hat sich mit ihnen ins Gebüsch begeben und sich dort unsittlich an ihnen vergangen. Sachdienliche Mitteilungen er bittet die Kriminalpolizei. 8iM-8PIkKkI. Im nstisn i-istiss kVIose^insk^stt-ÄLs 3 —— imirriletit Ii, goolltl» ii»0 tos»rd»ttoo» 2U billigen l^rsissn siaisatisr vrick eisgsntsr — ??i,2ivic>vel_i,? — >d Soaoodoart clsn LS 8eo«»mbsr vorm. 10 tttir unä aacdm. 4 tldr feindlich eingestellten Tschccho-Slomaket. Im übrigen lasten sich weder die Fragen der Donoilschtsfahrt nveh die wirtschaft lichen Fragen NomänienS im Rahmen dieses kurzen Auf satzes erschöpfen, und eö soll deshalb auf sie hier nicht t'äher eiiigegangen werden. Von Gturgtu gelangt man tn gut zweistündiger Bahn fahrt nach Bukarest. Diese Bahnlinie ist die älteste romä- Nische und stammt aus dem Jahre 1869. Auch wenn einem diese Daten nicht gegenwärtig sind, kann man ans ein hohes Alter dieser Strecke schließen, wenn man sie befährt. Sowohl der Unterbau als auch das Wagcnmatertal bedürften sehr dringend der Erneuerung, und Ortskundig« sagen, alles sei auch sicher bereits vom rumänischen Staate bezahlt, die neuen Schienen nnd die neuen Wagen und die Reparaturen, aber das Gelb sei wohl den Weg gegangen, den so vieles Geld tn diesem Lande geht, den Weg der Korruption. Wenn man da von spricht, so empfindet daS selbst der gebildete Romänc nicht als verletzenden Vorwurf, sondern er zuckt die Achseln. WaS sollen die Beamten denn machen? Wovon sollen sie leben? Und wie es oben im großen geschieht, so unten im kleinen und daS Trinkgeld, das orientalische Baks hisch, öffnet einem Wege, die sonst eigentlich verschlossen sind. Ich sprach darüber auch einmal mit ciliar Romäntn. und sie er zählte mir ein lustig klingendes Gcschichtchen, wie zwei ihrer -enckchen Freunde dringend notwendige Papiere von den rumänischen Behörden nicht bekommen konnten und sich seit Tagen die erdenklichste Mühe gaben, anständig zum Ziele zu kommen. Sie seien ganz verzweifelt gewesen, weil der äußerste Termin für die Beschaffung der amtlichen Stempel und Bogen im Verstreichen mar. Da habe sie alö landeskun dige Frau die Sache tn die Hand genommen und ihren Freunden geholfen. Die Briestasche brauchte nicht einmal sehr gefüllt zu sein, bet deren Anblick sie alle notwendigen Papiere und Bescheinigungen tn einer halben Stund« zu- sammenbckam. Derartige Beispiele bekommt man unzählige gegeben, und es fällt manchmal auch dem Deutschen schwer, sich diesen orientalische» Methoden zu entziehen. Bukarest, die Hauptstadt des Königreiche- Rvniänie'n, ist im Stadtzentrum, besonders auf der Ealca Victoriei. wohl eine der Internationalsten Weltstädte mit gleichstarkem orien talischen Einschlag und Pariser Puder- und Schminken- Überzug. Man hat auch das instinktive Gefühl, baß die Gauner und Verbrecher aller Völker Europa» hier ein ergiebiges Feld suchen. Der nachmittägliche Bummel ans der Ealea Vte» ivrtci von sechs Mir bi« ach» Uhr ist für den fremde» Besucher dieser Stadt mit da» Interessantest« nnd er dürft« auch nicht so leicht seinesgleichen finden. Al» wir von dem Sltdbahnhose FIlaret mit dem Auto tu das Innere der Stadt fuhren, kam ein Nomäne in der kleidsamen bäncvlichen Tracht auf seinem Fuhrwerk mit drei feurigen Rossen durch die Hamptftraße dahergabopplcrt, daß die Funken stoben, und wenn wir nicht mit einem ganz scharfen Ruck in aller Hast ans den Bürgersteig mit unserem Auto gesprungen wären, so würde sich dieser Ru mäne keine Gewissensbisse gemacht haben, über Auw und Insassen himvegzusprengen. An den Berkehrszentrcn der Stadt stehen zwar nach europäischem Vorbild Schutzleute, den Verkehr im europäische Bahnen zu lenken, aber jedermann in Bukarest empfindet diese Posten als Verkehrshindernisse im tatsächlichen Sinne des Wortes und fährt wie er Lust hat und wie cS seinen' Pferden oder seinem Motor gefällt. UcbrigcnS war Bukarest einst die Stadt der schönen Pferde und -er ele ganten Equipagen, und ein Ucbcrrcst des alten Glanzes hat sich noch erhalten in den heute etwas verschossenen und grau und klebrig gewordenen langen schwarzen Samtrücken der Hcrrschastökutscher und der Droschkcnlcnker. Bukarest ist eine orientalisch lanie Stadl, und tn der Ealea Victoriei schreit fast jeder Mensch. Da schreit der Zeitungsjunge ohrenbetäubend, und sein Konkurrent ü-bertön-t ihn noch, da schreit der Kuifchcr und der Chauffeur, und da schreien die Insassen der Gefährte, da schreien die Obstverkäufcr und Obstverkäuferluucn, die mit ihren großen flachen und runden Körben, die sie je zwei mit einem Tragbalken über den Schultern tragen, am Rande der Straße stehen und daS wnn'dcrvollste Obst feilbieten, das dieses von der Statur so gesegnete und fvuchtbare Land erzeugt. Spottbillig, weil cs in feiner Menge nicht absetzbar ist. In Berlin ober München würde man für einen solchen Korb voller Trauben und Pfirsische, der herrlichsten Birnen und Aepfcl und dicker Pflaumen und riesiger Walnüsse ein kleines Vermögen zahlen müssen, während man hier für ein paar Lei ins Voll« greift. Sonst ist Bukarest ein Merans te-nreS Pflaster, das noch wesentlich verteuert wird durch den Zwang zum Bakschisch für scden kleinen Dienst. Verläßt man das Innere der Stadt, daun findet man sich nach wenigen Schritten in einer Umgebung, die man ohne Wissen nie al» ein« europäische Hauptstadt er- kennen würde. Da ist nicht viel von Sauberkeit und Ordnung zu finden, nnd die kleinen Häuser stehen verfallen nnd ver. kommen da, und auf den Straßen und Gassen spielt ein« KIndcrschar, deren völkische Abstammung nicht mehr fest zustellen ist. Durch diese europäische Hauptstadt ziehen noch die Ochsenkarren und die Wagen der Bauern mit Büffeln bc- spannt. Bukarest prunkt mit einer Anzahl moderner repräfcn- tatlver Batten tn seinem Stadtlnnern, aber in den Außen- bezirken erkennt man, daß der europäische Glan» nur äußerlich ist, wie die Schminke und -er Puder und die seidenen Strümpfe sowie dt« modernen Sonnenschirme chinesischer Form der Damen der Ealea Viciorici. Die neueste Errungenschaft dieser Welt sind die kleinen elektrischen Glühbirnen an den Fuß knöcheln der Damen, die auf dem abendlichen Bummel leuchten und wieder erlöschen und wieder auficuchten . . . Und kommen wir auch nur bis zum Dambovitafluß. der die Stadt in zwei Hälften teilt, so stehen da die orientalischen Händler in langen Nethen, und die Teppichweber Bcssarabiens, das ja heute auch zum großromänlschcn Königreiche gehört, haben ihre großen und kleinen Teppiche über die Geländer der Flußkats gehängt un- aus der Erbe ausgebreitet und preisen ihre Waren an. Die Hauptstadt des Landes hat eine überaus stark« deutsche Kolonie, deren Mitglieder sich aber leider bei weitem nicht all« erfassen und in einem Klub vereinigen lassen, weil die ver schiedensten Interessen aimd die Eigenarten und unsicheren Ver hältnisse des Landes die weiten veranlassen, im stillen zu leben und ihren Geschäften nachzugehen. Man sprach mir von schätzungsweise 60 000 bis 80 0tX> Deutschen in Bukarest. Eine Anzahl der Repräsentanten des Deutschtums tn Bukarest fanden wir gelegentlich eines abendlichen Empfanges In der deutschen Gesandtschaft, dem früheren Hanfe K'tdcrlen- Wüchters, das nun bald auch der bisherige deutsche Gesandte, der Minister Freytag, verläßt, um einem Rufe in das Mini sterium in Berlin zu folgen. Minister Frentag verabschiedete sich bei dieser Eielegcnhctt von seinen deutschen Landsleuten tn Bukarest, die ihn eb'Ni'o ungern scheiden kebcn, wie er selbst auch nicht gern« seinen Wtrkungoki-eiS verläßt. Wo man.- mit einem Deutschen darüber spricht, hört man das Bedauern über den Fortgang deS Gesandten, der unter den gegebene« Verhältnissen gut für sein Land inid die deutschen Interessen gewirkt habe, und auch ans einer eingehenden Besprechung mit dem Minister gewann ich den festen Eindruck, daß er da« Land und daS Volt de- Romanen kennt und >>:iS dieser guten Kenntnis heraus im deutschen Sinne günstig zu wirken ver mag. Besonders wohltuend berührt rS, wenn man sieht, baß bet allein guten Einvernehmen mit -cm offiziellen Romänten — von dem man ein Bild gelegentlich eines intimen Frühstücks au einem anderen Tage gewann — doch die de »Ische Würde und di« deutsche Ehre mit einem vollendeten Takte gewahrt wird und von Anfang an gewahrt worden ist. Und letzten Endes ist eS ia wirklich so. daß wir Deutsche den Romänen nicht nachzulaiifen brauchen, sondcrn sic uns eines TageS suchen müssen, weil sie die deutsche organisatorische Arbeit »nd die deutsche aufbauende und gestaltende Intelligenz nicht ent. behren können.
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