Volltext Seite (XML)
ihre Anwesenheit daselbst nöthig machten und eine Feier ihres Gallen ihre Smpsintungen zu sehr e>regen würde. Man muß gewiß der Gattin Gefühle ehren, hätte jedoch van der Künst lerin eine größere Hingelung an die geistige Weihe deS Feste- erhofft. Äon den vielen musikalischen Notabilitesie-', welche er» schienen sind, hat Liszt eine Lse lnahe gesunden, die ihn in ih ren äußeren Erscheinungen gewrß überraschen würde, wenn er Kenntmß derselben besäße. Ein in der Probe von ihm ver lorener Handschuh wurde von einem Herrn erobert und einer Gesellschaft junger Damen überliefert, welche die einzelnen Fetzen deS gefärbten ZiegenfelleS im Triumph unter sich vcr- theillm; künftig werden diese Trophäen in den verschiedenen Album- mit semimentalen Randglossen wieder zu finden sein, werden einen Maßflab für den Geschmack unserer Damenwelt geben. Sie sehen, wir bilden unS, und wenn die Moden auch »in Jahrzehnt brauchen, ehe sie zu unS kommen, so wissen wir auch die Thorheiten der großen Städte würdig Nachnahmen. Unser Fest ist vorn schönst«» Wetter begünstigt. Leichte Re genschauer haben den Staub und die zahllosen Kohlentbeilchen rriedergrschlageu, welche letztere, gleich schwa'zen Mücken, die Luft erfüllen und, wie in englischen Kabrikslädien, keine weiße Wäsche dulden, — im heiteren Sonnenschein strahlt unsere reizende Gegend und die bei Einheimischen wir F emdcn hier durch b-günsiigle frohe Stmrmung ist sür unser Fest krine ge ring anzuschlagende Würze. Die Vorfeier am 7. d. in dem glänzend dccorirlen Saale deS Gewandhauses begann um 7 Uhr. Die Sinfonie (Nr. 1. 6-vur) wurde mit Bravour ge spielt; die Leipj ge» Künstler halten die große Liebenswürdig keit, sich dem Dichtster anzuschließen. Auf sie folgte daS Ne- q>icm für Mignon sür Ehor und Solostimme, ausschließlich von heimischen K ästen auSgeführt und nur von den Dilet tanten gesungen; nur daß Ba itvn-Solo hatte Herr Musik direktor Finsterbusch auö Glauchau übernommen. DaS schwere Werk wurde sihr fein auSgeführt, und unser Esor hielt sich wacker. Im zweiien Theslr trug Fräul. Emilie Genast cuS Weimar das Gebet aus Genoveva: ,O Du, der über Alles wacht" mit seelenvoll.m Ausdrucke und großem Erfolge vor. Die Sängerin ist Ihnen bekannt, und ich habe nicht nölhig, ihre Vorzüge hervorzuheben. DaS Quintett für Klavier und Streichinstrumente wurde von Leipziger Künstlern auSgeführt! Fräul. Hausse und die Herren David, Haubold, Hermann und Grützmacher. Unter ihnen entzückte narmmlich Fräul. Hauff,' durch ihren künstlerisch hochstehenden und technisch lurchgebil- dcten Vortrag. Die Lieder am Klavier: „Still»' und „Wal- dtSgespräch", beide von Eichendorff, welche Fräul. Genast vor trug, gefielen so, daß sie fiüimisch staospo verlangt und auch gewährt wurden. Endlich bildete die Ouvertüre zu Genoveva dm Schlußstein deS ConcerteS und zündete so, daß auch nach ihr Dacapo-Ruse gehört wurden, denen jedoch daö Orchester keine Folge gab. Nach dem Eoncert versammelten sich Hiesige und Fremde tn einem Hotel zu geselliger Unterhaltung. — Am verflossenen Freitag gegen Mittag war der Wind« müller K in Kötzschenbroda in seiner Mühle beschäftigt, als plötzlich ihn e n herzzerreißendes Geschrei hinauSruft. Ein 1 jähriges Mädchen, sein eigenes Kind, hatte in dtk Näht der Windmühlenflüg.l harmlos im Grase gespielt, war endlich doch zu nahe heran gekommen und der Flügel hatte daS unglück liche Kind erfaßt und mehreremale herumgeschlcudert. Das sofortige Festhalten der Mühle war leider zu spät, denn daS Kindchen wurde todt vom Platze gclragen. — Flora, Gesellschaft für Botanik und Gartenbau, ver sammelt sich Dienstag den 12. Juni Nachm. 6 Uhr beim Hm. Kunst- und Handiltgärtner C. G. Petzold, Schwarze Gaff« Nr. 11, um die daselbst in schönster Blüthe stehende Pelargo- nien-Sammlung in Augenschein zu nehmen. Königlicher Hoftheatcr. Unsere ailgcliebte Theater-Tante, Frau Birch-Pfciffcr, dieses bc- neidenswerthe Kind des Glückes, hat schon wieder ein neues Stück von sich gegeben, „ein Kind des Glücks", Original-Schau spiel in 5 Acten, welches am 9. Juni z. e. M. über die Brctcr ging. DLUEine alte Tante, so eine rechte Prise, der man aber schmeicheln muß, weil sie Geld hat, bald als Bäckersfrau, bald als Herzogin! scheinend, aber immer mit einem harten Kopfe und dabei doch >, i chem Herzen versehen — das ist die Lieblingsfigur unserer Thn I. Tante; dann kommen die, edlen Herzen unter zwillichnen Jacken o! Blouscn, die dito verstockten unter Atlaswesten oder Hoslivreen s« gcnd; ferner die unbändigen Mädchen so abscheulich hold in i» Flcgeljahre Anmuth, abermals von Herzen gut u. s. w. Man keD ja doch die typisch gewordenen Charaktermasken der Birch-Pfe,W schm Muse. — Aus diesen Ingredienzen hat auch diesmal der piD tische Rührlöffel der Theater-Tante ein dem großen Theater-Publik» äußerst schmackhaftes Gericht bereitet, welches in vollem Ernste a» stits empfohlen werden kann. Die Hauptperson de- Stückes, M mance, die Enkelin einer alten Herzogin von Chateaurmard, ein M lenhaftes Gemcngsel von Pariser Taugenichts, Slrudelkvpfch» Waise von Lowood, Pechvogel und Glückskind, „ein HandpfeedD Paraderoß Grille", — wie sie E. Kossak nennt — („SattelpfM wäre wohl bezeichnender gesagt) — ist in ihrem ganzen Wesen ',A ihren absonderlichen Erlebnissen pikant genug, um Anthcil zu e» gen und die Spannung bis zum Schluß zu erhalten. Doch ich M hier nichts weiter aus der Schule schwatzen, denn den Verlauf» Stückes hier getreu erzählen hieße denen gegenüber, die das Ei» noch sehen wollen, diesen: seine feinste Spitze abbrechen. Nur so:» sei noch gesagt: Frl. Guinand gab ihre Hermance mit beM gleiße, schönstem Gelingen und zweifellosem Erfolge. Auch die ül» gen Rollen: die prüde, reiche Tante Herzogin (Frl. Berg); den«! nenstolzen Marquis, übrigens eine wenig dankbare Rolle, (M Quanter); Anatole, der modere Romeo (Hr. Jauner); der» viale Abbe von Beauflcure (Hr. Porth); endlich die biederherD Bäuerin Eaton — von der Verfasserin sich selbst auf den Leib > schneidert und in Berlin mit Glanz zur Schau getragen — (>D Frau Mitterwurzcr mit einem glücklichen Gemisch von freiwi» ger und unfreiwilliger Komik dargestcllt) — alle diese ti» gen nicht wenig dazu bei, das wohl cinstudirte und gut» scmirte Familiendrama zu heben und zu beleben. Man kann u» muß demnach diesem neuen Erzcugniß der Frau Birch-Pfeiffer» das allerdings eine Stufe höher stehen dürste, als z. B. „der Lei» mann' — ein günstiges Prognostikon stellen, denn cs ist mit Gl» und Geschick für die schaulustige, rührungsfähige Menge geschriebD und die unermüdliche Verfasserin bewährt sich auch hierin als ein -D achtes Kind des Glückes. ' Q. * * I Trost und guter Rath. » Ob nun die Telegramme Wahr sprechen oder nicht, Ob Funken eine Flamme, Ob Feuertbninst ein Licht; Ich halte mich an einen Wahrspruch, der voll Humor: In Neapel hängen sieKetncn, Die hätten ihn denn zuvoU Sie sollen ihn nicht haben, Den Kühnsten ihrer Sieih'n. Ob sie wie gier'ge Raben Sich hriser nach ihm schret'n. Soll «aribaldi bluten, I Sa^' ich Euch ent in« Ohr: > Ihr müßt Euch höllisch sputen. ' S o n st — ko m m t er E u ch z u v o r! j Salstaff. I Feuilleton und Vermischte-. * Vor einigen Tagen sprang ein Artillerist in voller Rüstui» aus dem ersten Stockwerke des Kaufmann Schmidt'schen Hauses ai» Büschingsplatz in Berlin und wurde, als er sich sofort wieder aus« raffte und die Flucht ergriff, unter dem Rufe: „Haltet den DieblH verfolgt und in der Königsstraße ergriffen. Im Fallen hatte er ei» Firmaschild mit hcruntergerissen und mit dem Schleppsäbel «in Schau 8 fcnstcr zerschlagen. Hierin liegt die ganze Summe seiner Gchulll denn die Ursache de- lebensgefährlichen Sprunges lag einfach dam! daß er von seiner Geliebten in dem Zimmer derselben ringeschloffwl worden war, während die Wirthin des Mädchens, welche da- Letz tere verscheucht hatte, Einlaß begehrte, um den Eindringling zu ent fernen. * Ein Wirth in Charlottcnburg hat über das ihn ruinirmil schlechte Pfingstwetter den Verstand verloren.