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Ungs, eine Lerche, und girrte in der Luft ihr Lied, himmmlischen Gruß sendend, aber bald wieder verstummend, gleichsam gehemmt vor Trauer wie im Gcmüth der Leidtragenden am Grabe. Ja. an der Gruft des Meisters, dem jetzt ein treuer Schüler, Namens D o nd o r f, in einfach, aber herzlicher Rede ein Lebewohl nachrief. Drei Hände voll Erde! Wenig, aber dabei der volle fluchende Herzschlag — und eine Thränc aus feuchtem Auge. Mit dieser Libation schloß sich der Hügel und — eine denkwürdige Stunde kn den künstlerischen Annalen Dresdens. — Oefsentliche Gerichtsverhandlungen: Von den am vorigen Freitag angekündigten 4 Einspruchsverhandlungen war die zweite (gegen die Henr. Wilh. Kramer allhier wegen Diebstahls) eingestellt worden. Die erste betraf den hiesigen Schuhmachermci- stcr Hrn. C. E. Hertel, der vom Gerichtsamt wegen Widersetzlich keit und Beleidigung mit 2 Wochen Gefängniß bestraft worden war. Bon dem Piquctposten an der Casse Sr. k. Hoheit des Prinzen Georg, war ihm eines TageS verboten worden, dort ein natürliches Bedürfniß zu befriedigen. Aber trunkenen Zustandes, wie er war, hatte er sich nicht nur gegen die Wache höchst unan gemessener und gemeiner Redensarten bedient B. „Sie R. nas«, haben mir nichts ,°u befehlen'), sondern auch, nachdem diese ihn nunmehr arretirt und er von dem GenSdarm Schmidt nach der Polizei geführt wurde, auf dem Wege dahin sich im höchsten Grade renitent bewiesen, so daß darüber ein förmlicher Volksauflauf statt fand. „Ich bin ein Dresdner Bürger und werde von so einem R... jungen areetirt!" Ferner: „Ich lasse mich nicht arretiren, sonst schlage ich Alles zusammen; ich bin schon zweimal beim Kö nig gewesen, und werde auch noch da- dritte Mal hingehen, da werde ich Euch schon ein Licht aufstecken!' durch solche und ähn liche Rodomontaden regte er sich auf dem Wege immer mehr auf, erhob auch einmal gegen den Gensdarmen den Stock und machte einen Fluchtversuch, der aber außerordentlich mißlang; schließlich ging er zu passivem Widerstand über und legte sich wiederholt auf die Straße. In der That gehören solche Vorfälle unter die dun kelsten Schattenseiten im Leben eines Gensdarmen. In der darauf folgenden Untersuchung entschuldigte sich H. mit seiner Trunkenheit und wollte sich des Meisten, das er verübt, nicht mehr erinnern. DaS Gcricktsamt bestrafte ihn, wie oben bemerkt wurde mit 2 Wochen Gefängniß, die jedoch das Bezirksgericht auf 12 Tage dcrgl. herabsetztc. — Die zweire Verhandlung betraf eine Privat- kiagsachc zwischen Herrn v. mess. Seltmann in Zaukeroda und dem Tischlermeister Hrn. E. F, Dietze in Niederhermsdorf. Er- stcrcr balle unter ausdrücklicher und wiederholter Angabe des Grundes cS abgclehnt, das erkrankte Kind Dietze'S ferner zu be handeln. Nachdem dasselbe gestorben, hatte D. in Nr. 12 der vorjährigen Dorfzeitung (23. Mai) einen Aufsatz einrücken las- sen, worin der Passus vorkam, „daß das Erscheinen des Arztes am Krankenbette seines Kindes zu spät gewesen sei, da der bisherige Arzt desselben, der sein ganzes Vertrauen besessen, e« ohne Grund verlassen habe," Da mit dem letzteren nur Herr II, Seltmann ge meint sein konnte, und er in den Schlußworten eine Unwahrheit und Beleidigung erkannte, so dcnuncirte er gegen Dietze. in dessen Folgedieser vom Gerichtsamt Döhlen zu 5 Lhlr. Strafe verurtheilt wurde. Hier gegen erhob er Einspruch und ließ sich von Herrn Adv. Fränzel verthei- digen; das Bezirksgericht jedoch bestätigte das Erkenntniß. — Der dritte Emspruch führte abermals eine leidige Gewaltthatssccne vor, die am Abend des 21. Mai vor. I. zwischen der Ehefrau des Fabrikarbeiters Schaber zu Uebigau und dem Nachtwächter C. W. Strauß daselbst sich ereignet hatte. Erste« stand zu jener Zeit an der Thür der Lust'schen Fabrik zu Uebigau, ihren von der Arbeit kommenden Ehemann daselbst erwartend. Da erscheint Strauß und will die Thür zumachcn, seinen Weisungen aber, zur Seile zu treten, mag die Frau nicht gleich gefolgt und er darüber unwirsch geworden fein. Es kommt zwischen Beiden zu unan- genehmen Erpcctorationen und Schimpfredcn, in deren Folge Strauß die Frau endlich zu packen kriegt, sie bei den Haaren rauft, ihr Len einen Ohrring abreist, sie an das Thor rammelt und bergt, mehr. Auch er mag dabei wohl von manchem „kühnen Griff" seiner Gegnerin zu leiden gehabt haben, die sich freilich gewisser maßen im Zustande der Nothwehr befand. Auf von der Schaller erhobene Klage wurde Strauß mit '2 Thlr. Geldbuße belegt. Da er aber zu beweisen versucht hatte, daß die Schaller' gegen ihn mit einem Pantoffel losgekommen sei, er auch in aufhabender Pflicht ihr da« Fortgehen, dem sic nicht gefolgt, geheißen hatte, so setzte das Bezirksgericht die erkannte Strafe auf 20 Ngr. herab. — Eine Korrespondenz des „UnivcrS" aus Nom enthält ei nige Details über die Ankunft Franz von Bourbons, und über den Empfang seitens des Papste«: „Der König von Neapel, die junge Königin, di« Grafen von Trani und Easerta und das kgl. Gefolge sind in der Nacht vom Donnerstag zum Freitag zu Nom non Terracina angekommcn. Der Papst hatte ihnen seinen Ober- Stallmeister, Marquis Sacchetti bi« Albano, entgegengeschickt. Viele hochgestellte Personen empfingen die königl. Familie am Thor San Giovanni. Im Quirinal erwarteten die Königin-Mutter und ihre Kinder, Graf und Gräfin Trapani, mit Ungeduld ihre Ankunft. Mehrere Personen hatten sich in das Palais begeben, darunter Cardinal Antonelli, Merode, die Generäle Goyon und Noue. ES war IV2 Uhr Morgens, als da« vertriebene KönigSpaar ankam. Man erzählt, daß die junge Königin, nachdem sic sich von den fremden Besuchen frei gemacht, da« jüngste Kind des verstorbenen Königs sehen wollte. Da dasselbe schon zur Ruh gegangen, ging sie in das Zimmer zu dem Bett, um cS zu betrachten. Da« schöne Kind ist wegen seines Charakters und Verstände« die Freude der ganzen kgl. Familie. Eine Kammerfrau kam unvorsichtiger Weise mit einem Licht dem Vorhang zu nah, daß in einem Augenblick das ganze Bett in Flammen stand. Die junge Königin warf sich schnell mit jener Geistesgegenwart, die sie niemals verlassen, auf das Kind und trug cs, in ihren Mantel gehüllt, weg. Da« Feuer, welches noch weiter um sich griff, wurde jedoch bald von der Dienerschaft gelöscht. Die Neapolitaner halten in ihrem Aber glauben das Feuer für ein Zeichen des Glücks. Am folgenden Tage um 4 Uhr fuhr die Königin Marie Christine von Spanien zum Quirinal. Wenig später kam der Papst. Am Fuß der Treppe wurde Se. Heiligkeit vom König, der Königin, den Prin- zen und Prinzessinnen empfangen. Alle fielen zur Erde und woll ten den heiligen Fuß küssen. Nachdem Pius IX. sie erhoben und gesegnet, stieg er an der Seite des Königs zu den Zimmern em por. Man sah oft Franz von Bourbon die Hand des heiligen Vaters ergreifen und an seine Lippen drücken. Der Papst ver weilte über eine Stunde bei seinen Gästen. Bei seinem Weggehen empfing ihn das vor der Thür versammelte Volk mit lautem Zu ruf. Darauf verlangte cs, noch den jungen König zu sehen, der einen Kammerherrn beauftragte, an seiner Stelle dem Volke zu danken. — In einem hiesigen Hotel hielt sich eine sehr reiche Familie aus Rußland zum Amüsement in unserer Residenz auf und waren'eben Willens von hier abzureisen, die gemachte Rechnung war richtig bezahlt — aber von einem Trinkgelde für da« Hoteldienstpcrsonal sah und hörte man Nicht« l — Plötzlich kam eine telegraphische Depesche welche die Herrschaft abhielt, augenblicklich abzureisen. Dieses machte sich einer der dienstbaren Geister, der nicht auf den Kopf gefallen zu sein scheint, zu einem Fingerzeig, und gekränkt, daß feine klingende Hoffnung zu Schanden geworden, fetzte sich und schrieb folgende Zeilen an die betreffende Herrschaft: „ Ew. Hoch- „wohlgeboren untcrthänigst ob diese« um Verzeihung bittend, bitten „die als dienstbare Gnomen derzeit um dero Hochwohlgeboren Ge- „wesenen um einen kleinen versilberten Abschied-Händedruck." — Per Post gelangten diese Zeilen an seine richtige Adresse, — dem kal ten Nordländer schmolz die harte Eiskruste vom Herz und Geld beutel und siehe der billige Zweck war erreicht. — Oefsentliche Gerichtsverhandlungen: Morgen Dienstag den 26. d. M. Hauptverhandlung wider Johann Trau gott Wilhelm Baumgart au- Stetzsch wegen Diebstahl. Vorsitzen der Gerichtsrath Glöckner. — Mittwoch den 27. d. M. Haupt- verhandlung wider den Reviergehülfen Emil Klüppgen wegen Un terschlagung. Vors. Gerichtsrath Einert. — Repertoir-Entwurf des königl. Hoftheaters: Mittwoch: Tannhäuser. Donnerstag uud Freitag: Vacat. Sonn- abend. Orpheus. Sonntag: Die Räuber. Montag: Ein Lust- spiel. Die Gustel von Blasewitz.