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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 21.11.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-11-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19031121019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1903112101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1903112101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-11
- Tag 1903-11-21
-
Monat
1903-11
-
Jahr
1903
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 21.11.1903
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— Der bekannte Zirkus Garaiani, der in Magdeburg und Breslau große Erfolge erzielte, wird auch in Dresden Vor- stellungen geben. Sie beginnen am 1. Weihnachtsfriertage im ZirkusgrbLude an der Münchner Strotze. -Verschiedene kleiner« Mittetlunaen. Der DeutlchnationaleHandlungSgebilfen.Verband. Ortsgruppe Dresden, veranstaltet morgen. Totensonntag. V»7 Udr, im Etablissement „SchusterhauS" «Hamburger Strotze) einen Theolerabkiid. Zur Äufsühruna gelangt dasVolksstück »Der Väter «übe" von Richard Votz. — Der Allgemeine Turnverein GutS- MutsDreSden-Striesen veranstaltet um 6 Ubr einen Theaterabend mlt Hilfe schauspielerischer Kräfte im .Hotel Hammer": zur Aufführung kommt das Schauspiel .Das bemooste Haupt" — Der dramaMche Wohltätigkeitsveretn Don Carlos veranstaltet eine Theaterauffüdruna in den Wettiner Sälen (.Keglecheim") auf der Fried, ichstratze. Zur Darstellung unter sachmännischrr Leitung kommt: „Die Tochter deS Herrn Fabrlcius", Schauspiel in 3 Akren von A Wilbrandt. — Der GerichtSakluar Hcrig wurde vom Landgericht in Bautzen wegen bei den Amtsgerichten Löbau und Zitrau be gangener Unteuchlagungen im Amte und Unterdrückung amtlicher Schriftstücke zu 2 Jahren 1 Monat GriängniS und 5 Jahren Ehr verlust verurteilt. — An Mittweida stürzte in der Nacht zum Freitag ein 31 Jahre alter Technikumbesucher über das Geländer einer Bachregulierung und schlug so heftig mit dem Kopse aus die Flut- rinne aus. datz er bald daraus starb. Ter Verunglückte ist russi scher Staatsangehöriger. — Die Gemeindevertretung in Klostergrab beschloß, aus dem Gemeinvesrtedhofe nur deutsche Grabinschriften anbringrn zu lassen. — Einer Anzahl treuverdienter Arbeiter, die in der Bleicherei, Färberei und Appreturanstalt von Dr. A. Nietzsche in P'auen Vogtl. länger als 30 Jahre ununterbrochen in Arbeit steyen, wurde am Dienstag das tragbare Ehrenzeichen für Treue in der Arbeit verliehen. ES sind dies der Färberei-Vorarbeiter Fabcr, der Maschinenmeister Mäkler, die Direktrice Frl. Lorenz und die Vorrichterin Irl. Schauptner. Außerdem wurden fünf Arbeiten, derselben Firma für treue Dienstleistung von 25 und mehr Jahren stadträtliche Ehrenzeugnisse ausgestellt. — Crimmitschau, 19. llkovembcr. Tie hiesigen Tertilindustriellen fordern heute wiederum durch Anschlag an den Plakatsäulen eindringlichst zur Wiederaufnahme der Arbeit aus, indem sie betonen, daß die Versprechungen der Arbeiterführer, „nur noch kurze Zeit im Kampfe auszuharren, dann müßte» die Fabrikanten nachgeben", völlig unzutreffend seien; vielmehr seien letztere durch die lange Dauer des Ausitandes bereits so schwer geschädigt, daß sie aus keinen Fall die vielleicht doch noch erwar teten Zugeständnisse machen könnten. Tie Arbeiter würden die hauptsächlichsten Kosten des Kampfes zu tragen haben. - Schwurgericht. In dem Prozeß gegen die wegen Meineids, betrügerischen Bankerotts. Urkundenfälschung und Be trugs anacklagte Vermieterin vcrw. Heinze, worüber bereits ausführlich berichtet worden ist, wird die Zeugenvernehmung be endet. Wesentlich neue Momente kommen daoei nicht mehr zur Sprache. Es wird vor allem sestgestellt, daß die Angeklagte in letzter Zeit nur noch unter dem Versprechen eines erhöhten Zins fußes und der Gewährung eines Damnums bis z» 10 Prozent Hypotheken und bare Darlehen erhalten konnte. Der Verteidiger deutet später darauf hin, daß Geldgeber, welche ihre Kapitalien aus össc»ll>che Häuser in der Erwartung eines erhöhten Ge winnes ausleihcn, vielleicht nicht das Bedauern verdienen, wie cs sonst üblich wäre. Einige der Hypothekare sagen zu gunstcn der Angeklagten aus, daß die Heinze bestrebt gewesen sei, ihre Gläubiger zu bezahlen/ oder auch bezahlt hat. Dagegen sagen bezüglich der Wcchselkälschuugcn auch die nächste» Verwandten der He>nze aus dap sie niemals Erlaubnis gegeben haben, ihren Namen beim AlisftcÜen der Wechsel zu mißbrauchen. Herr Obermedizinalrat Tr. Donau, welcher als ärztlicher Sach verständiger vernommen wird, bekundet, daß allerdings viele Gründe vorlicgeii. welche die Annahme mildernder Umstände rccht- sertcge» könnten. Der Vertreter de"- Staatsanwaltschaft, Assessor Dr. Kurth, hält den Schnldbcweis bis auf einige nebensächliche Fälle für erbracht und beantragt Bejahung der Scyuldsragcn unter Verneinung mildernder Umstäiioe. Der Verteidiger, Rechtsanwalt Dr. Johannes Lehmann, plädiert, der Angeklagten mindestens, schon aus Grund des ärztlichen Gutachtens, mildernde Um- släudc zuzubilligen. Nach einer längeren Auseinander setzung zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung und der vom Vorsitzenden gegebenen Rcchtsbelchrung ziehen üch die Geschworenen um ^5 Uhr zur Beratung zurück. Die Geschworenen finden die Angeklagte Heinze des fahrlässigen Falschcidcs, des betrügerischen Bankrotts, sonst aber in den meisten Fällen der schweren Urkundenfälschung und des Betrugs unter Ausschluß mildernder Umstände schuldig. Die Beratung der Ge schworenen nahm mehr als zwei Stunden in Anspruch. Das Urteil lautet unter tcilweiser Freisprechung auf 7 Jahre Zucht haus und >0 Jahre Ehrverlust: die Untersuchungshaft kommt mit 3 Monaten in Anrechnung. - Landgericht. Wegen Vereitelung der Zwangsvoll streckung hat sich der in Löbtau wohnhafte Dekorationsmaler und BauiiiNeriichuier Karl Ernst Schmidt. 1869 in Greiz geboren, wegen Beihilfe der Stcinmetziueistcr Gustao Adolf Petschel aus ?cu»v zu verantworten. Der Angeklagte Schm, führte im Herbste vorigen Jahres und im Frühjahre dieses Jahres in Löbtau mehrere Neubauten auf, hatte aber nicht die genügenden Mittel und wurde schließlich von Gläubigern hartbcdrängt. Um einer Zwangsooll- streckung auszuiveichcn, verkaufte Schm, am 23. Februar ein Bau gerüst an den Mitangeklagten P. Er wird zu 2 Monaten Gc- längnis verurteilt, Petschel, dem e>nc strafbare Teilnahme nicht uaci-gewiesen werden kann, freigcsprochen. — Ter oft vorbestrafte Provisionsrciscnde Hermann Emil Epperlcin aus Lichtcnstcin fälschte als Reisender eines hiesigen Buchhändlers 18 Bestellscheine und erhob daraufhin von seinem Brotherrn nicht »nbedcutciidc Provisionsbeträgc. Er wird wegen schwerer Urkundenfälschung und Betrugs zu 3 Monaten Gefängnis verurteilt. — Der 30jährige, vorbestrafte Handarbeiter Paul Richard Hemvcl erhielt von seinem Freunde Sittinger an zwei Tagen im August den Auftrag, 100 Kilo Absallzum zu verkaufen und führte den Auftrag auch aus, ob wohl er sich hätte sagen müssen, daß S. das Metall gestohlen baden müsse. H. erhielt für seine Bemühungen 10 Mk. und einige Glas Bier. Nun reisten die Freunde über Bremen nach Amerika, wo sich Sittinger noch heute befindet. Hempel konnte dem Heim weh nicht widerstehen, kehrte zuruck und wurde, wie es Sittinger vorausgcsagt hatte, „geklappt". Hempel wird ivegcn Hehlerei zu 8 Monaten Gefängnis und 3 Jahren Ehrverlust verurteilt; 2 Monate gelten als verbüßt. — Anklage wegen wissentlich falscher Anschuldigung >st erhoben worden gegen die Handarbeiterschefrau Laura Franziska Hcrbig gesch. Junghans gcb. Schmidt. Die 1819 in Meißen geborene, erheblich vorbestrafte Angeklagte richtete am 31. Juli eine Eingabe an die hiesige Polizcidirektion und be- sckwldiyte einen in einem Hanse der Mathildenstraße wohnenden 12jährigen Schulknaben, daß dieser versucht habe, seine 19jährigc Schwester mittels eines Strickes zu erwürgen, und daß der Knabe von den VerkausSständen auf dem Holbeinplatze fortgesetzt Obst und Gemüse stehle. Ueberhaupt sei der Knabe ein Schrecken für die Gegend und reif für eine Zwangscrzielnmgsanstalt. Mit großer Zungensertigkeit sucht die Angeklagte in der Verhandlung vor der 3. Strafkammer die Wahrheit ihrer Behauptungen darzutun. Der Gerichtshof beschließt jedoch, die Hauptverhandlung zu vertagen, »m weitere Erörterungen anzustcllen. — Eine recht schwere Strafe trifft die 19iähriae, bisher gering vorbestrafte, in Mühlberg ge borene Dienstperson Helene Martha Hoffmann. Im vergangenen! Sommer diente die Angeklagte im Hotel „Zum deutschen Hause" I in Riesa, öffnete zu wiederholten Malen unter Anwendung eines , Nachschlüssels die Stube einer im Hotel wohnenden Hondelssrau l und stahl von deren Eigentum 60 Mk. Bargeld und Kleidungs und Wäschestücke im Werte von fast 150 Mk. Auch das Eigentum ihrer Dienstherrin respektierte die Hausdiebin nicht. Sie eignete sich davon einen Touettespiegel und eine Anzahl Kleidungsstücke an. Daß sie auch eine Mitbedienstete bestohlen hat. wie die An- klage onnimmt, kann nicht erwiesen werden. Die Angeklagte hat keinesfalls aus Not gehandelt; deshalb werden ihr von der 3. Straf kammer auch mildernde Umstände versagt. «Sie wird wegen schweren und einfachen Diebstahls zu 1 Jahr 7 Monaten Zucht haus, 5 Jahren Ehrverlust und Zulässigkeit der Polizeiaufsicht verurteilt. ' — LaaeSordnung der Zweiten Kammer für die 8. öffentliche Sitzung am 28. November, mittags 12 Ubr: Schlußberatung über Dekret Nr. >«, «inen Getetzentwms wegen der vorläufigen Erhebung der Steuern! md «»gaben im Jahre ISO« betreffen». LageSgeschichte. Deustche» Reich. In der gestrigen qeschäfllichen Beckamm- lung der SchissSbantrchnischen Geielllchast in Berlin erstattete Gell. Rat BuSley den Jahresbericht. Die Mit- giicderzahl hat sich seit dem Voriahre uni 97 vermehrt. Z»m Bor- sitzende» wurde BnSleh wiedcrgewählt. Der Versammlung ging ei» Telegramm deS Kaisers zu. worin der Kaiser bedauert, nickt erscheinen zu können, da er den Vorträgen und der Dis kussion im Hinblick aus die technische Entwicklung der Marine gern gefolgt wäre. Auch der Kronprinz enlschuldigte sein Fernbleiben mtt dienstlicher Verhinderung. In der solgeuven willenlchaltlichen Sitzung lprach Prof. Ahlbvrn über hydrodynamische ELveckmenial- unternrhmen und Mnrinebaurat Wlesinger über den Wert der In gewerblichen Betriebe» gebräuchliche» Lohniormen. lieber den Beginn der NeichstagSver Handlungen läßt im Chorus der Offiziösen nun auch die „Südb. Ncichskorr." ihre Stimme ertönen. Sie schreibt: „Die Frage, wann der Reichs- tag zusommcntritt, läßt sich auch heute »och nicht beautworteu. Nicht als ob es sich darum handelte, diesen Zeitpunkt möglichst lauge uiibekaiiiit zu lassen, sondern weil wirklich hjg zur Stunde das Datum noch »icht i»it Sicherheit seslsieht. Man weiß nur, daß die Berufung bald nach dem 1. Dezember ersolgen wir». Ter fälschlicherweise als Anfaugstermin bezeichnet«; 2t. November ist nie in Frage gekommen. — Nur ein Scherz soll cs sein, wenn i» der agrarischen Preise behauptet worden ist, die Negierung juche den Beginn der Verhandlungen zu verzögern, um eine Debatte über das Handelöprovisorium mit England zu erschweren. Für dir sachgemäße Erörterung dieser Frage wird unter allen Um- stände», auch wenn der Reichstag ein paar Tage später zu- sainmentrcten sollte, Zeit genug zur Verfügung stehen, und die Regierung denkt gar nicht daran, der Aussprackw darüber aus dem Wege zu gehen, so wenig sie auch von dem Nutzen einer in manchen Blättern anscheinend erwarteten Haupt- und Staats aktion durchdrungen sein mag. Aber eine ruhige, sachliche Aus einandersetzung kann vielleicht Gutes wirken, sosern die Redner nicht, wenn auch unfreiwilliger- und unbcabsichtigterwcise statt der deutschen Ailssuhrinleressen, die Ziele der britischen Reichs- Politik fordern sollten. Diese Möglichkeit liegt immerhin nahe. Im übrigen dürste der Reichstag in seiner Mehrheit den Gegen stand in demselben Sinne behandeln, wie die verbündeten Re gierungen, nämlich mit der Absicht, dft handelspolitische Bcr- ständigung zwischen Deutschland und England zu erleichtern, und mit den dazu geeigneten Argumenten." Wenn der Reichstag über haupt noch vor Weihnachten zusammenircten soll, wird diesem fröhlichen offiziösen Sängerkrieg schon in den nächsten Tagen die Mitteilung der Einbcrufungsorder durch den „Reichsanzcigcr" ein Ende bereiten müssen. Vierzehn Tage vor dem Zusammen tritt hat die Einberu'ung z» erfolgen. Weiip's nach der „Kreuz- Zeitung" geht, haben wir übrigens stürmische Etatsdcbatten zu erwarten. Sie spricht von den „erfahrenen Parlaments-Dema gogen", die diesmal außergewöhnlich reichen Zündstoff hätten sam meln können, und dann fährt sie dort: „Auch die konservative Partei wird an manchen Vorgängen der letzten Zeit nicht schweigend vorübcrgchen dürfen; sie wird vielmehr sich entschließen müssen — nicht um auszureizen, sondern um zu beruhigen — manch' kräftig Wörtleir, über gewisse Zustände zu sprechen." In seiner letzten Sitzung hat der Bundesrat dem Anträge Preußens, betreffend den Entwurs eines Gesetzes über die Ab änderung des Börse ngesetzes, in der von den Ausschüssen beschlossenen Fassung die Zustimmung erteilt. Es unterliegt auch keinem Zweifel mehr, daß diese Vorlage dem Reichstag alsbald nach seinem Zusammentritt zugchen wird. Sic dürfte auch noch vor den Weihnachtsfcrien zur ersten Lesung gelangen und dann einer Kommission zu eingehender Vorberatung überwiesen wer den. Wie bereits milgeleilt, beschränkt sich der Rcgierunas- entwurf aus wenige Punkte, deren Abändcrungsbcdürstrgkeit vis weit in die Kreise der parlamentarischen Rechten hinein wieder holt anerkannt worden ist. Daraus schöpft man die Hoffnung, daß der Reichstag die Vorlage ohne erhebliche Schwierigkeiten werde verabschieden können. Tic „Karlsruher Zig." meldet: Die Budgetarbeiten sind viesmal infolge des Rückschlages in den staatlichen Einnahme quellen und der Auszehrung der Ucbcrschüssc früherer Jahre großen Schwierigkeiten begegnet. Ungeachtet der starken Zu rückhaltung in den Rudgetforderungen ist in der neuen Budget- Periode mit einem so erheblichen Fehlbeträge zu rechnen, daß, wie wir hören, eine Erhöhung des Stenersußcs der Ein kommen-, Kapitals- und Rentensteuer als bevorstehend anzusehen ist, und eine diesbezügliche Vorlage der Ständekammer alsbald nach ihrem Zusammentritt zugchen wird. In Schwetzingen (Badens fand eine auf Anregung der Grob herzogin veranstaltete Frauenvcrcinsvcrsammlung zur Erörte rung der Mittel und Wege zur Bekämpfung der Lungen- schwindsucht statt. Die Großherzogin, welche mittags dort cingetrossen war, wohnte der Versammlung bis zum Schluffe bei und kehrte kurz nach 7 Uhr nach Karlsruhe zurück. Die Handelskammer von Berlin, d^scit ihrem Bestehen amt lich zu den Kanalproiekien noch keine Stellung genommen hatte, vertritt nach ihrem offiziellen Protokoll „einhellig die Auffassung, daß der Ban der neuen Kanalwasserstraßcn, namentlich des Mittellandkanals, nach wie vor als ein dringendes Be dürfnis auch für die wirtschaftlichen Interessen des Berliner Handels »nd der Berliner Gewerblätigkcit crachlct und deshalb die baldige Einbringung einer neuen Vorlage an den Landtag auf das lebhafteste gewünscht werden muß." Die Handelskammer für den Kreis Mannheim hat in ihrer , zu diesem Zwecke besonders einberulciien Plenarsitzung folgenden Bcschllißaiitrag gegen die Wiedereinführung von Schi tsahrts- sabgabcn auf den natürliche» Wasserstraßen einstimmig an genommen: „Mit Beharrlichkeit und bisher unwidersprochen wer den von den Zeitungen Gerüchte gemeldet, nach denen zuständige Behörden mit der Absicht umgehen, die nach jahrzehntelangen heißen Kämpfen um d'e Mitte des verflossenen Jahrhunderts end lich erstrittene, durch StaatSvcrträge gesicherte und in der Rcichs- verfassung gewährleistete M>gabcnfrcinc>t der natürlichen Wasser straßen, insonderheit des Rheins, zu beseitigen. Die Handclskam- mcr für den Kreis Mannheim schließt sich den gegen eine solche i Absicht gerichteten Protesten der Schwcftcrkammern zu Köln ! und Mainz in allen Punkten an. Sic weist mit vollster Ent- fchiedcnheit die falsche Behauptung zurück, als ob die im Landes- kulturintercssc und zur Erhaltung der Schiffahrt des Rheins seit- her unternommenen Arbeiten den Strom seiner Eigenschaft als natürliche Wasserstraße hätten entkleiden können. Die Handels, kammer spricht insbesondere ihre wohlerwogene Ueberzeugung da hin aus, daß Schissährtsabgaben für die schon seit längerer Zeit unter den schwierigsten Verhältnissen arbeitende Rhcinschifsahrt , gegenwärtig und für alle absehbare Zukunft gänzlich uncrträg- s lich sind und daß die Wiedereinführung solcher Abgaben, mit deren Beseitigung erst die eigentliche und festeste Grundlage nicht i nur einer gesunden Entwicklung der Rhcinschiffnhrt, sondern des i glücklichen Gedeihens der gesamten Volkswirtschaft Südwestdcutsch- lands geschaffen wurde, dieses jetzt blühende Gebiet in seiner Entwicklung »m Jahrzehnte zurnckwcrfcn »nd unzählige seiner Bewohner mit schweren, unwiederbringlichen Verlusten hcimsuchcn i würde. Aus diesen Erwägungen spricht die Handelskammer die Erwartung aus, daß nicht nur jeder Versuch zur Abschaffung . der Abgaoenfreihcit unterbleibt, sondern auch von zuständiger ! Stelle den Gerüchten über solche Versuche öffentlich und in unzwei- deutiger Weise entgegengctretcn und die schwere und schädliche Erregung gebannt werde, die am ganzen Rhein durch diese Ge rüchte hcrvoigcrufen worden ist." i Kommerzienrat Wilhelm Butz, Direktor der Zwirnerei und 1 Nähsadenfadrik Göggingen, ist in Augsburg gestorben. ! Der Berliner Magistrat ist der Anregung der Stadtverord neten nachgekommen und hat wegen des Schulausfalls am Paradetag eine Vorstellung an das Königl. Provinzial-Schul- kollegium gerichtet. Die „Rhein-Wests. Ztg." schreibt zu der gemeldeten Beschlag nahme ihres Blattes wegen Mafcstätsbelcidigung: „Es scheint, daß der große Historiker Mommscn wegen Majcstäts- bcleidigung noch nach seinem Tode der Gegenstand gerichtlicher Verhandlungen sein wird. In mehreren Blattern, darunter auch in der „Rhein -Wests. Ztg.", ist eine Aussprache Mommscns über den Deutschen Kaiser wiederneaeden. we'chp niinter«» den Deutschen Kaiser wiedergegcben, wc'che weitere Folgen zu haben scheint. Die Londoner „Deutsche Korrespondenz" batte einen kurzen Bericht über eine Unterredung eines Korrespondenten des „Londoner Truth" mit Mommscn veröffentlicht. 'Deren Auszug ist sowobl in der „Rhein.-Wests. Zta." als in anderen Blättern abgedruckt worden. Hierin scheint die Staatsanwaltschaft eine» Majestätsbeletdigung gefunden zu haben, und so wurde die treffende Nummer bei »ns und wahrscheinlich auch aus and. Redaktionen beschlagnahmt. — In dem betreffende» Geip redet der berühmte Historiker über den Kaiser im ganzen du aus mit hoher Achtung und Ehrfurcht, indem er seine Tugend« auszäklt. So heißt es; „Moinmsen sprach vom Kaiser wie ei> aufrichtiger Freund: er bleibe frisch uns jung und sei eme seltene, interessante Persönlichkeit voll Gute und Klugheit." In einem Satze aber gebraucht er eine Wendung, d>e beim flüchtigen Durch- lesen der Aufmerksamkeit des betreffende» Redakteurs entgangen war und deren Ausnahme wir bedauern." Bon deutscher gewerkschaftlicher Seite ist die Idee des Generalstreiks als „Äeneralunsinn" bezeichnet worden Wie zutreffend diese Bezeichnung ist, geht aus folgendem herum In dem sogenannten wissenschaftlichen Organ der deutschen Sozial demokratie, „Neue Zeit . Halle e>» Genosse kürzlich den General streik als proletarisches Kampfmittel emosohlen, um daL allgemeine Wahlrecht ausrccht zu erhalten, wenn dieses durch sozialdemo kratische Erfolge in Fraoe gestellt werden iollte. Der Wirtschaft lichc» Macht der Bourgeoisie und der von ihr beeinflußten Staats gewalt müsse dann die organisierte Macht des Proletariats eut- aegengcstellt werden. Diese gründe sich aber an) die Unentbehr lichkeit deS Proletariats für die Produkt»,» und beiät'-ge sich allein in der Möglichkeit, die Produktion stillftehcu zu lasse» durch das Mittel des Generalstreiks. Diese Auffassung erfährt nun >»i neue sten Heft derselben sozialdemokratischen Wochenschrift eine schlagende Widerlegung durch den holländischen Sozialdemokraten Vlicgcii, der seinerzeit selbst den Generalstreik in Holland mit vroNamicrt halte, durch seine Erfahrungen aber ein Gegner des Generalstreiks ge worden ist. Er weist daraus bin, daß durch das Stillsctzen der Produktion jedes gesellschaftliche Leben unmöglich werden und Hungersnot cintreten würbe, und fährt daun fort: „Bei wein soll denn die Nahrung am allerersten schien? Beim Proletariat. Wer wirt am ersten srieren? Ter Proletarier. Gewiß, die ganze Gesellschaft wird einer fürchterlichen Krise ausgesctzt. Aber wie bei allen Krisen, ist es der Proletarier, der am ersten und schwer sten darunter leidet." Um sich selbst zu retten, führt Vliegcn weiter aus, werde das Proletariat die Arbeit wieder ausnchmcn müssen. Denn falls sozialistische Genossenschaften für die Sozialisten produzierten, würde die Regierung ihre Produkte im Interesse des allgemeinen Wohls beschlagnahmen. Endlich werde einerseits nicht jeder streiken, andcrcrse'.ts stecke auch in der Bourgeoisie Arbeits kraft; kurz, eine absolute Produkttonseinstellung sei undenkbar. Diese Ausführungen eines führenden holländischen Sozialdemo kraten beweisen schlagend, daß die Idee des Generalstreiks ein „Gcncralunsinn" ist. Oesterreich. Tie Frage der Handelsverträge hat der Miniuervläüdent v. Koerbec in seiner Plogrnmmrede im Ab- georvuclciibauie rbeickalls berührt. Am dringendsten, w erklärte er. sei die Aiisciiiaiiber>ctz»ng mit Italien. Die österreichische Regie rung hoffe, aus Grund des Ermächtigilngsgeicizes mit Italien zu einem provisorifthen Abkommen zu gelangen. „Was unierc hnnvelsvoliliiche» Beziehungen", ko lührte v. Koerber weiterhin ans. „zn den einzelnen Staaken betrifft, mit welchen wir i n Vcr- tragsverhällnisse sieben, jo haben wir, wie das Deutsche Reich, das stärkst? Interesse an der Auirechterhaliung der allen Verbin dungen. Wir werden daher eine den veränderten Grundlagen der Zolltarife^ der beiden Reiche angepaßle Ausgleichung zu suchen haben. Trotz der Lehre, daß man politisch innig bcfteundel, han delspolitisch doch ginndlich emzweit »ein könne, dürfen wir ettvar- ten. daß das teste Band, welches beide Monarchien in der Welt- politik verbindet, auch beim Alnchiuß des neue» Handelsvertrages bemerkbar «ein wird, weil die ooliiiiche nnd die miiitäriiche Mach! eines Staates in unzertrennlichem Zusammenhänge mit leinem Wohlstände steht nnd. soweit niir bekannt ist, dieser Gedanke auch bei der dcnlftbcn Regierung volle Anerkennung findet." Lange würden übrigens anch diese Verhandlungen sich nicht mehr auf- ichieden lassen. „Ebenso werden wir uns um ein günstige» haiidelsvoliliichcs Nebcrcinkvmmcn mit Rußland bemühen. Wir rechnen auch hierbei auf die regen freundichaitlichen Beziehungen unserer Monarchie zu diesem Reiche. Ich meine, daß jede öster reichische Reglern»,, gerade dieses Absatzgebiet wrgfättig im Auge zu behalten bat. Unsere am meisten entwickelten Jnduftriegekielc liegen der Grenze nicht allzu fern, und wenn es gelänge, auch im Nordosten unserer Monarchie eine namhafte Industrie zu etablieren, io wäre das Wesen unserer Beziehungen zu Rußland geradezu vorgeichrieben." Im Einlauf des Abgeordnetenhauses befindet sich eine Interpellation des Vollzugsausschusses der deutschen Par teien nnd des Zentrums, worin es heißt, die jüngste Rede Tiszas sei geeignet, auf die Führung, Leitung und innere Organisation der Gesamtarmce eine Rückwirkung auszuüben. Tisza schlage aber auch einen unerhörten Ton an; die Inter pellanten fragen deshalb, wie Korber sich zu den Aeußerungen Tiszas verhalte. Der Minister führt aus, er habe, als er in der letzten Sitzung ein Bild der innerpolitischcn Lage entwarf, natur- gemäß anch die Mitilärsrage berühren und seine Anschauungen darüber entwickeln müssen. Er könne den Wert begreifen, oen Tisza ans die Konstatierung des Rechts des ungarischen Reichs tages lege, die Ausglcichsgcictze im Einverständnis mit der Krone selbständig zu modifizieren. Aber auch Tisza müßte zugebcn, daß eine solche Aenderung jeder praktischen Geltung entbehre, jo lange sic nickt ans gesetzlichem Wege anch in Oesterreich bc- fchlossen sei. Die Ansgleichsgesetze bleiben so lange für beide Teile verbindlich, als sie nicht von beiden ans gesetzlichem Wege abgeändert seien. Im Interesse der Monarchie müsse auch lintcr schmerzvoller Erregung das Entgegenkommen bis zum Acußcrjten gewahrt werden. (Zustimmung und Rufe: „Gehen Sic nach Ungarn!"! Aber niemals würde ein österreichisches Recht preisgcgcbcn werden. (Stürmischer Beifall.! Denn trenn, was keiner vermuten wolle, das Wort „Fremd" jemals in dieser Monarchie zur Geltung komme, werde daran zu erinnern sein, -aß der ungarische Mlnistcrpräics der erste war, der cs ans sprach. lStürmischer Beifall und Händeklatschen, Lärm bei den Tschechisch-Radikalen.! Korber wird vielfach beglückwünscht. Ungarn. Gras Tisza scheint ctnznsehcn. daß er Herrn v. Koelvcr gegenüber zu weit gegangen ist und sich entschuldigen muß. Diesem Zwecke soll offenbar das folgende offiziöse Com muniqus diene», „In einem Teile der österreichllche» Presse scheint man der Erklärung de» ungarischen Ministerpräsidenten die Deu tung geben zu wolle», daß derft'lbe die gleichberechtigte Einstuß „ahme der österreichischen Regierung ans die gemeinsamen Ange legenheiten übeihauvt in Zweckel gezogen »nd diesbezüglich stir die ungarische Regierung eine VorziigSsteUniia beansprucht hätte. Doch ist in der Rede des Graten Stephan Tisza keine Spur einer loschen Auffassung oder Absicht zu entdecke», wogegen er sich aber, nicht nur als Ekef der ungarischen Regierung, sonder» auch als ungarischer Staatsmann. alleidingS mit der größten Entschieden heit verwahren zu müssen glaubte, das ist. daß das uugarischc Staatsiccht von unzuständigen Faktoren, zumal gleichsam von autoritativer Stelle aus. interpretiert, und daß die Bedeutung der durch den ungarischen Gcsetzartlkel 12 vom Jahre 1867 gewähr leistete» Hoketisrechkc des Königs von Ungarn gemäß den ein schiägigen Bestimmungen der östeneichüchen Verfassnngsgcscbe gewalttam korckgiert werde. Grat Slcvkan Tisza hätte, auch wenn er duich die Debatten im ungarischen Abgeordnctenhaiise hierzu nicht provoziert worden wäre, sicherlich die erste Gelegenheit mahrgeiwmmen. uin im Namen Ungarns gegen einen solchen Vor gang zu protestieren, und er wird wohl auch in seinem persönlichen Bei kehr mit der österreichischen Regierung im Interesse eines beiderseitigen guten Einvernehmens, dessen Pflege ihm gewiß nicht minder am Herzen liegt, wie irgend wem immer, daraus dringen müssen, daß das ungarische Verfassungsrecht auf dem Stoffkreiic autoritativer Erörterungen österreichischer Staatsmänner in Zukunft auSgeschaltet bleibe." Die offiziöse Beweisstihrung kämpft gegen einen Feind, der gar nicht vorhanden ist. Kein Mensch in Oester reich denkt daran, sich in rein inncrungarischc Verhältnisse einzn- mischeii. Es gibt aber auch gemeinsame österre>chi!ch-n»garssche Frage», in denen Oesterreich mitzureden hat. und lediglich dlcies veisastnngsmäßige Recht, das von den Magharen bedroht wird, hat Herr v. Koerber in Schatz genommen. Frankreich. In der D c p u t i e r t e n k a m m c r ist eine allgemeine Debatte über die a u s w ä r t ige P o l it r k bei der Beratung des Budgets des Auswärtigen in Fluß gekommen. Deschonel fragt unter Hinweis aus die Reisen des Königs von England und deS Königs von Italien und die des Präsi denten Loubct, ob die Annäherung Frankreichs an England u n d Italien von Dauer sein werde, nnd welches ihre Ergebnisse sein werden. Redner sagt, er glaube, daß in An betracht des Wettbewerbes Tenischlands und der Vereinigten Staaten die gegenwärtige Politik Englands daraus Hinziele, sich neue Absatzgebiete zu schassen. Frankreich müsse dahin wirken, «»»»
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