Suche löschen...
01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 30.12.1930
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1930-12-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19301230018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1930123001
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1930123001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1930
-
Monat
1930-12
- Tag 1930-12-30
-
Monat
1930-12
-
Jahr
1930
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 30.12.1930
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
V»e«i«er N«-Le1«Llen ernrisclie Vtenrtog, 3V. De-br. u»,l. i»»ik tm I»,lj unt. I stch a/s») und erte. den sein. Satz istig. > 1» drei >r,t. INN. i«e. inde rtt.» >iark vom lein inen II uvg. ,vde ont» DK Regel t« »er Geschichte V. H. Echess« l: v« prlavipU» rer«« g»»»»ra« lK»m«ifstou«verlag T. Junghan», Wurzen t. Ga.) Wi» Deutsche» find nicht arm an GeschtchtSphtlosophten; wenn »nsere Beachtung heute einem soeben erschienenen Werk« gilt, so einmal deshalb, weil des Verfassers Leben ties in der s-ch fischen Heimat verwurzelt zu sein scheint; er besuchte die Fürsten, und LandeSschule St. Afra zu Meitzen, war dann 25 Jahre lang aktiver Ossi, zier und lebt heute, als SLjähriger. in Wurzen; dann älber auch, weil dieses Buch, trotzdem es von einer ganz er- stauplichen WissenSslllle und einer seltenen KombtnattonS. fälstgkett zeugt, von einem Außenseiter der GeschichtS- Wissenschaft herkammt, der sich vergeblich bemühte, die Do- zentenlausbahn etnzuschlage», der, in einem verständlichen Ge fühl der Verbitterung, sein Lebenöwerk allen widmet, die sich für Geschichte interessieren, „nur nicht den Dozenten der Geschichte ans de» deutschen Hochschulen". Nichtsdestoweniger ist das Buch von strengster Wissenschaftlichkeit und genauester Sorgfalt. Aber ein Welt- und Geschichtsbild ist für unsere Me thoden der Erkenntnis natürlich immer subjektiv, und so wird denn auch SchefselS Theorie von den „Prin zipien" des Weltgeschehens nicht unwidersprochen bleiben. Für ihn gibt es nur einige wenige Prinzipien" oder Ideen, Impulse. Tendenzen, die de» Zeitaltern ihren Stempel aufürücken und sich gegenseitig ablüseu, sich verdrängen, nicht bis zur vollständigen Vernichtung, sic bleiben nebeneinander tm geheimen bestehen und breclMN wieder zur offenen Macht hervor, wenn ihre Stunde ge kommen ist, »ach dem Gesetz der Aktion und Reaktion, nach dem Pendel- oder Schaukelgesetz löst ein mehr geistiges Prinzip immer ein materielles ab; und umgekehrt. So unter, scheidet Scheffel etwa das nationalistische, das hierarchische, das religiös-konfessionelle, das Kabinetts- und baS wirt schaftliche Prtiizip, die alle wieder einmal auftauchen, in mannigfachen, veränderlichen, bunten Formen, aber tm wesentlichen sich immer gletchbleibend. Denn — so meint Scheffel — daö andere Element des geschichtliche« Wandels neben diesen überpersünlichen „Prinzipien", der Mensch selbst, ist zu allen Zeiten derselbe gewesen; er meint mit Marc Aurel: „Wer das letzt Vorhandene gesehen hat, der hat alles überschaut, was von jeher war und was in aller Ewigkeit sein wird." So ist ihm die Geschichte wie ein Spiel der Polaritäten, wie ein ewiges Hin und Her. wie die Gezeiten des Meeres, und eS hat keinen Sinn, nach einem Warum? oder nach einem Fortschritt zu fragen. Mit Recht lehnt Scheffel den optimistischen Fortschritts wahn ab, der in der Zeit der Aufklärung und des Posittvis- muS die Geister zu dem leichtfertigen Glauben verwirrt«, wir würden immer gottähnlicher... Er beruft sich auf Goethe: aber neben der Polarität kannte Goethe den Begriff der „Steigerung"; er ah^te zumindest in dem scheinbar willkürlichen Hin und Her der Ereignisse eine Ztclgcbiing. ein H t n a u s e n t w i ck e l n zu »»bekannten Höhen, und wenn e r sich in den „Geist der Zetten" zurückversetzte — nicht wie Wagner, sondern wtz: Faust —, dann war das nicht nur ans ästhetischer an vergangenen fremden Formen und Farben, sonde ehrfürchtiges Zurückschauen in die MenfchhettSgeschtl wie der Erwachsene aus seine Kindheit zurückblickt utzd stau nend erkennt, wie sich die unscheinbarsten Keime yglgonhnt erschlossen. In neuester Zeit hat ja Spengler upr allem das Gefühl dafür geweckt, daß die alten Völker durchaus nicht gleicher Art mit uns waren, sondern buchstäblich eine andere Weltanschauung, ein anderes Hcbensgefühl, eiche andere Art des Sehens, -Hörens, des Rechnens, des künstlerischen Ge- staltens und der Gottesverehrung hatten. fOb er, auS diesen richtigen Intuitionen die richtigen Folgerungen zyg, bleibe dahingestellt.) Und wir bekommen selbst dafür esü Gefühl, daß die angeblich absolut unveränderlichen Konstanten des Menschleins, „Hunger" und „Liebe", ihren ^tnn und ihre Befriedigung wechseln. Am offenbarste» wird diese geschichtliche Resignation Scheffels am Prüfstein allen Lebens, in sei>»:r Stellung zum Ehrtstentum. Er empfindet sehr «chGg, daß dieses einmalige kosmisch-irdische Ereignis sich s»ntzr Prinzipien» theorie nicht cinfttgt, ja. eö irgendwie in ß>yage stellt. Er spricht von „Ereignissen, die mehr der E^d-ge schichte <!f als der Historie angchören, bet denen, der Zufall (!) eine viel größere Rolle spielt und die deshalb dazu geneigt sind, den Wetterlaus der Prinzipien Pi unterbrechen." iSchefsel nennt diese Zeit des Urchristentums den „großen Einschnitt."» Der Historiker, der ««gcsichts der Ent stehung des Ehristentnms zu solcher Resignation, zum Ein geständnis solchen Nichtverstehens komnxt. hat in seinem Welt bild eine emvsindlichc Lücke: das ist nun freilich kein in dividueller Mangel, kein Vorwurf, sondern das Schicksal einer ganzen Generation, aber schon der alte Ranke hat wenigstens empfunden, daß er «igcirtlich seine ganze Weltgeschichte umschreiben müßte, Lp« hinetnzunehmen die Auswirkungen des allcreinschiictüeu-istzeii Ereignisses, daS die Erdgeschichte jemals erschüttert hast. — Es sei ans diesen Punkt besonders verwiesen, weil lzhcr. im Hinblick aus daö Christentum, die nächsten Aufgaben einer kommenden Ge schichtsschreibung liegen. Nach Scheffel stehen wir nun..abermals mitten in einer Weltenwendc, i» einem Wechsel d«r Prinzipien: daS natio nale Prinzip, das von 178S bis 191» geherrscht hat, wird abgclöst durch das wirtschaftliche, durch ein nüch ternes, wirklichkeitsnahes, das amS Amerika zu uns herüber- gekommen ist und schon tm Weltkriege den bestimmenden AnSschlag gegeben hat. Dc»s scheint angesichts mancher Snmptome eine sehr plausible und treffende Formel zu sein: aber gerade die allerjnngsten iEntwicklungen in Europa und i» Deutschland im besonderem lassen doch Zweifel entstehen, ob so einfach die Sphtnrngstur unseres sich umwälzenden Zeitalters zu verstehen Ist: man könnte mindestens mit gleichem Recht sagen: Der Nationalsozialismus erfährt jetzt feine Klärung und reinste, entsch'edenste Ausprägung, auf der anderen Seite: man bozstnnt, der Wirtschaft schmerzliche, aber unvermeidliche Schra>«ken zu setzen, die notwendig sind, um das vö'kische Leben zu sichern. Wir können anch nicht finden, daß die Deutschen «ein müdes Volk geworben seien... Und wenn der Autor z-rm Schluß — abermals in leiser Resignation — meint, doß heute tm Deutschen Reiche die Jugend eine viel lautete Stimme führt und einen viel größere» Einfluß anSüht, als wie es von der Natur vor geschriebe« sei — sollten dann nicht vielleicht die Aelteren sich an die Brust schla,nen müssen und sagen: Pater paacavi? Aber das alles übxrläßt man am besten der Sprache, die die Geschichte selbst spricht. — Scheffels Werk, aus dem hier natürlich nur eintFe wenige Leitgedanken herausgehoben werden konnten, das, in der Fülle seiner Anschauungen und Kombinationen tm einzelnen unerschöpflich ist und eine Fundgrube für wlsstmschastliche Streit- und Doktorfragen, ist jedenfalls ein überaus wertvoller Beitrag zur geistigen Debatte unserer Zeit, die dahin drängt, immer intensiver einzubringen in dste Geheimnisse der Menschen und Völker, die „Geschichie" -gemacht haben. Paul RiehanS Erzählung - Betrachtung - Gespräch -an« Heyck: „Der Strudel- — Aadrea» Haukland: „Flut und Ebbe" — Han» Heinrich Ehrler: „Die Frist' Paul Ernst: „Erdachte Gespräche" Wahlvcrwanbt sind einander oft Menschen, deren Schick. salSwcge getrennt verlaufen, sic binden sich au Charaktere, die ihnen innerlich kremd sein müssen, und wenn sie dann da», wa» wir einen Zufall nennen, mit den Naturen zusammen, führt, zu denen sie eigentlich gehören, so kommt es zu surcht- baren HerzenSkämpfcn. Nicht alle haben dann bte Stärke, den Konsltkt ganz für stch zu durchleben: der Wille beugt sich oft unter das Joch de» Triebes; Leidenschaft verströmt in Leidenschaft, es gibt ein heftiges Aufwallen, und nicht immer schließen solche gewaltigen Episoden tm Dasein mit einer Klärung der Gefühle; der Untergang der Persönlichkeiten, bte in die Flut gerissen wurden, ist häufig das folgerichtige Ende, und wenigsten» tragen sie, wenn sie denn auch mit dem Leben davonlommcn. bleibende Wunden tm Gcmüte davon. A»S dieser Erkenntnis heraus schuf Hans Heyck feinen be deutsamen Roman „Der Strudel" lL. Staackmann, Ver- lag, Leipzig). Zwei Paare, der Dichter Jürgen McinberS und seine Frau Sigrun auf der einen und der Maler Thomas Bcnther und seine Fra» Marianne auf der anderen Seite, werde» miteinander verflochten; wa» Jürgen al» Ergänzung braucht, kann ihm Marianne biete», während es Sigrun zu Thomas zieht, und mit feinstem Empfinden für die männliche und namentlich für die weibliche Seele wirb nun all daS Wirrsal geschildert, das ans diesen Neigungen, die sich leicht verdammen, aber nicht einfach vermeiden lassen, entstehe» muß. Ein Znrüclfindcn am Ende ist nicht etwa ein Schluß, der dem Publikum gefallen soll; der Verfasser steht darin eine Notwendigkeit, und wir geben Ihm vollauf recht. Ein höherer Wille lenkt alles zur Harmonie; das Leid dient hier zur Kräftigung derer, die es erfahren. Es ist wundervoll, wenn Jürgen zuletzt zu Sigrun spricht: „Marianne wird bei uns bleiben und wird zuweilen auch zu mir kommen. Wenn du sie in meinen Träumen duldest, wird sie dich tm Wachsein meiner Liebe dulden." — Das ist daS ehrlichste Wort, das ein Mann nach einer derartige» Erschütterung äußern kann. Poetische Natnrbildcr von der Nordseeküste. der Havelland schaft und vom Karwendclgcbirge gereichen dem wertvollen Werke zum Schmuck; der Dichter malt sic uns als Untergrund der Vorgänge. (Hern veimetlen wir geistig im Nordland, wo die See ihre tiese« Fjorde ln die Felsen eingewaschen hat. wo die Menschen bei aller Großartigkeit ihrer Umgebung schlicht geblieben sind, wo man noch von einem Glück reden darf, das in der Genüg samkeit besteht. Wehe, wenn dies Gleichgewicht gestört wird m,o an Stelle der Zufriedenheit die Begierde nach materiellen Gütern tritt. Dann ist der Nordmensch entsichert, seine Welt ist zerstört, und die prächtigsten Charaktere verfallen einer krankhaften Auflösung. Andreas Haukland gibt uns in seinem von Dr. Ellinor Drösser übersetzten und bet Adolf Sponholtz in Hannover erschienene» Roman „Flut und Ebbe" hierfür ein ergreifendes Beispiel. Haukland kennt die Fjorde mit ihrer eigenartigen Bevölkerung, denn bevor er feine dichterische Begabung entdeckte, war er Hausierer »nd zog von Jahrmarkt zu Jahrmarkt a» der norweaischcn Küste herum; da drang er in da» Wesen seiner Landsleute ganz von selbst tief et». Und nun erzählt er un» von ihnen, die stch verleiten lassen, ihre Wälder an fremde Unternehmer z» ver kaufen; da bekommen sie Geld in Hülle und Fülle, aber ihre Existenzen werden von diesem Gifte zerfressen; sie besaßen ihre Beschaulichkeit, und sie tauschen dafür eine Zivilisation ein, mit der sie nichts anzufangen wissen. Das Element der Unruhe wirst alles Bestehende um. ein Rausch ersaßt die primitiven Bewohner der Gegend, als aber dann die Haine, in denen es geheimnisvoll rauschte, abgeholzt sind, als sich die Betreiber des Raubbaues gesättigt haben und abzteben. da bleiben die Bauern und Fischer trostlos zurück, ihre Boden- ständiakctt ist dahin. Konkurs auf allen Höfen, in alle» Hütten. DaS Buch sicht zu hoch da. »m als Tendenzroman bezeichnet zu werden, und doch ist eS eine Warnung vor der Uebcr- tndustrtalisierung. unter -er wir heutzutage leiden. er Atem weht durch die Blätter, auf denen diese »leschichte steht, da» soll aber nicht heißen, daß Haukland kein Eigener märe, solider,, nur den beträchtlichen Grad be- zeichnen, den sein Talent erreicht hat. Kraftvoll und iirdividuell sind die Männer und dte Frauen gestaltet, und eine große Natur, dte der Dichter klar erschaut und wiedergibt, umfängt die Geschöpfe, deren tragischer Drang cs ist, sich selbst unselig zu machen. „Die Frist" nennt Hans Heinrich Ehrler sein neuestes, bei Georg Müller in München herausgcgebeneS Buch, da» sehr geeignet ist, den Menschen zum Nachdenken zu bringen. ES ist kein Roman, sondern mehr eine Betrachtung über da» Leben und über die letzte» Dinge; der Mann, der die Ergebnisse seiner Erfahrungen nicderlcgt, heißt Martin Pilger. Er ist vermählt mit Marianne, und die beiden wohnen still für sich in einer Siedlung. Marti» war beim Arzt, und der sagte ihm, er habe nur noch zwei, höchstens drei Monate zu leben: sein Herzleiden sei zu weit fortgeschritten, als daß ihm eine längere Frist gegeben sei. So gilt es für den Kran ken, der sich als Dichter einen R„s erworben hat, mit allein Irdischen abzuschließen. und er gelangt zu einer Objektivität der Anschauung, die ihn über das Alltägliche erhebt und zum Philosophen werden läßt. Seine Frau weiß nicht, daß die Trennung jo nahe bevorsteht; sie ist lieb und gütig gegen ihn, eS gibt in dem stillen Hei», keinen Streit, nur einmal wird sie schmerzlich bcivegt, al» nämlich Martin ihr berichtet, daß er Veronika wtcdcrgefchcn hat, jenes Mädchen, dem einst seine Neigung galt und das er dann verließ. Im übrigen herrscht Friede zwischen de» beiden Gatten, und er zeichnet nun alles auf, was ihm an Ideen kommt; wie in einem Brcniispicgel sammeln sich die Erscheinungen des Daseins in seiner Seele, er wird mit ihnen fertig, sein inneres Wesen löst sich vom Acußerlichen los, und zuletzt ist es so weit: fein Unsterbliches entschwebt, und seine Witwe sagt nie. daß er gestorben fei. Seite sür Seite mahnt uns dieses Tagebuch eines im Scheiden Begriffenen daran, daß auch uns selber nur eine Frist gegönnt ist, und ob es nur zwei Monate sind oder ob sie länger dauert, wir sollten nicht versäumen, eine Rechnung aufziistellcn, wie Martin Pilger es tut, wir würden dadurch hellsichtig werden, daß mir das Wesentliche vom Unwesentlichen zu sondern wissen, mir würden erkennen, daß mir viel zu sehr an der Materie haften und darüber unser Geistiges vernachlässigen. Nicht bedrückend ist, wenn wir uns zu dieser Höhe auf- schwingcn. daö Bewußtsein unseres Todes, sondern wir sehen »ns ins große All cingeiügt als ein Stückle!» Unvergänglich- kcit. Eö ist ein edles Buch, das uns der Verfasser da ge schenkt hat. Paul Ernst hat die von ihm während der Zeit von 1012 bis 1022 niedergcschriebencn Dialoge in einem Bande gesammelt, den er „E r d a ch t e G c s p r ä ch c" betitelt sVerlag von Georg Müller. München). In der Art GobineauS unter halten sich die verschiedensten Personen über die wichtigsten Probleme. Wir lausche» den Wechsel,eden CäsarS mit Antonius. Dantes mit Giotto. Buddhas mit dem Armen, des Philosophen mit dem Dichter, Luthers mit Mclanchthon und so vieler anderer historischer oder erdichteter Persönlichkeiten. Die behandelte» Fragen werden aus das gründlichste öurch- gesprochen, und überall wird der Versuch gemacht, die Probleme auch wirklich zu lösen, manchmal weitet sich die Aeußerung eines Beteiligten zur Abhandlung, wir erfahren vieles über den Glauben, über die Nassen, über Besitz und Eigentum, über Schicksal und Tod, ja, cs gibt kaum ein Gebiet, von dem hier nicht kluge Worte fallen. Ein ungemein großer geistiger Reichtum bildet den Inhalt dieser mehr als fünfzig Gespräche, und eö kann sich jeder, der vor einem Rätsel steht, daraus Rat holen. Es Ist ein Kompendium der Bildung und der Weisheit, das a»S Paul ErnstS schöpferischem Meiste floß. Ucbrigens ist der Ton keineswegs lehrhaft: es spricht Lebendigkeit und manchmal sogar Humor ans den Reden. Pros. Ottomar Enking. Ar und dte Sintflut Halbwegs zwischen Bagdad und dem Persischen Golf, etwa l5 Kilometer westlich vom jetzigen Laus des Euphrat, liegt Ur. Bereits 185-1 hatten Engländer einige Fundstätten >», Süden Mesopotamiens erforscht und dabei Ur in Chal- däa, die Heimat AbrahamS, entdeckt. Aber damals erkannte man „och nicht den wahren Wert der Entdeckung. Erst die gemeinsame Expedition des Britischen Museums und des Museums der Universität von Pcnnsnlvanta, die 1023 die Arbeiten wieder allsnahm, sollte dem Boden Mesopotamiens seine tiefsten Geheimnisse entreißen. C. Leonard Woollcy gibt nun tu dem außergewöhnlich interessanten, stark fesseln den, glänzend geschriebenen Buche: „Ur und die Stnt- flut; sieben Jahre Ausgrabungen in Chaldäa, der Heimat Abrahams", einen erschütternden Tatsachenbericht. Der Ver lag F. A. BrockhauS, Leipzig, hat das Werk vornehm aus- gestattet und mit 02 Abbildungen, Karten und Plänen kitnst- lcrisch geschmückt. Die Ausgrabungen in Ur brachten eine ungeahnte, neue Urkunde, um das Bild lener Anfänge z» ergänzen, von denen unsere moderne Welt stch ableitet. Sie schufen tatsächlich eine völlige Umwälzung unserer Kenntnis von den Anfängen menschlicher Kultur. So mögen sich denn viele biblischen Vor gänge tatsächlich auf dem Boden von Ur abgespielt haben. Die Funde ergaben z. B., daß dte Bewohner von Ur bereits den Webstuhl kannten, daß sie als Schmuck Perlen trugen, die aus Muscheln ober aus durchscheinendem weißen Quarz, Karneol und Obsidian roh geschnitten waren. — Siedlungen entstanden und vergingen. Schließlich kamen in das Tal Leute einer neuen Raste — die Sumerer. Vielleicht sind die Sumerer das Volk, von dem die Bibel sagt, -aß eS von Osten kam und in die Ebene von Linear — Babylon — einmal,derte. Dte Sumerer hatten anscheinend eine höhere Kultur al» die früheren Einwohner von Ur. Davon -engen dte Tempel- bauten. besonders bte grandiose, wuchtige Ziggurat. — Viele Generationen zogen vorüber. Auf dem Hügel wuchs die Akropolis von Ur höher und höher in die Lust. Und dann kam die Flut. Woolley kommt auf Grund seiner jahrelangen gründlichen AuSgrabungStätigkett zu dem Er- gebnis, daß dte Flut der sumerischen Geschichte und Sage eben die biblische Sintflut war, auf der die Geschichte von Noah beruht. Diese Sintflut, also historisches Ereignis, mar nicht allgemein, sondern eine örtliche Katastrophe, beschränkt aus die unteren Täler des Euphrat und des Tigris in einem Gebiet, etwa «00 Kilometer lang und 150 Kilometer breit. Aber für dte Bewohner der Täler war da» die ganze Welt. Möglich erscheint eS, daß daS hochgelegene und durch Wälle auS gebrannten Ziegeln geschützte Ur von der Sintflut ver- schont wurde. Schätze, die Woolley aus den KönigSgräbern heraufholte, wüsten ferner unsere bisherigen Anschauungen von der früheren Kultur der Welt gänzlich umgcstalten. Dte Entstehung de» ersten Königsgrabe» in Ur fetzt Woolley kurz nach 8500 v. Ehr. an. Zahlreiche dem Buch beigegcbene photographische Abbildungen zeigen die Schönheit der in den Gräbern gefundenen Schätze, der Goldgefäßc, Schalen, Opfer gaben, Schmuckgegcnstände. Durch die Ausgrabungen in Ur wird ferner ein neues Licht auf die Sitte der Menschenopfer geworfen. Woolley fand dte Leichen wohlgeordnet, ohne Zei chen des Tvdeskampses Er nimmt daher an. daß die Opfer lebendig in den TvdcSschacht hinuntergingen, wahrscheinlich ein Gift nahmen „nd sich dann htnlcgtcn. Es waren wohl keine unglücklichen Sklaven, die geopfert wurden, sondern in Ehren gehaltene Menschen, die freiwillig ihrem König in den Tod folgten und ihren Herrn in das Jenseits begleiteten. Hochinteressant ist ferner die Entdeckung der „Standarte von Ur", eine wertvolle geschichtliche Urkunde aus Mosaik. Hier haben wir nach Woolley das früheste ausführliche Bild jenes Heeres, daö die Kultur der Sumerer von ihren frühen Sitzen am Rande dcS Persischen Golfs zu den Gebirgen Kleinasten« und den Gestaden des Mittelländischen Meeres trug. Der Inhalt der Gräber erläutert einen sehr hohen Gesell schaftsstand städtischer Form, zeigt, daß eS schon damals sehr tüchtige Architekten und geschickte Metallarbeiter aab. Woolley setzt die KönigSgräber zwischen 8500 bis 8200 v. Ehr. an. Und damals war die Kultur auch schon viele Jahrhunderte alt. Bisher glaubte man. daß die ägyptische Kultur die älteste der Welt sei. Aber um 850» v. Ehr. war Aegypten noch Barbaren- landl So erscheinen also nach Woollcy die Sumerer als das älteste Kulturvolk, dem dennoch vieles zugcschrie- ben werden kann, was nickst nur der ägyptischen, sondern auch der babylonischen, assyrischen, hebräischen ,»>d pbönizischen Kunst und Gedankenwelt zugrunde liegt Sehr fesselnd sind schließlich die Darlegungen WoolleyS. wie etwa ein Wohn haus aus der Zeit AbrahamS auSgesehen haben mag. Das Buch bringt eine Rekonstruktion eines zweistöckigen Hanse», wie eS vielleicht der hebräische Erzvater bewohnt hat. Nach Woolley war Abraham Bürger einer großen Stadt und erbte bte Ueberlieferungen einer alten nnd hochentwickelten Kultur. — WoolleyS Buch sei sehr empföhle». Wenn der Abend den Vorhang über den Tag und daS Leben zieht, dann greife man zu diesem wertvollen, inhaltrcichc» und gedankenttefen Buche. Dr. Curl Treitfchk«. Oroile» l^Ker moderner lstteriv» k^rilelüßrer, l^ncii>»rt-o 5ee/?r»I?e Z (lst»uplg-scßrkH - I^raHer 5tr. l y (2velAjelck>Lk) ——. Sus>I>Ins!«stt«,k Vrnrtidikell« s« XstreSd-ch«» kür vr«s»o >— >
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)