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--.Jahrgang. ^ 387 Montag, 2. August 1V2V Gegründet 18S6 DradianIchrM, »achrtch»«, D»«.«,. F,rnlpr»«I>»r-Samm»tnumm«i SV 241. Nui >Ur Nachl«»Iprüch»> SO Oll. M-r» vom >. bt, lti. Lu,. 192« d»t lügltch »-»»tmaltzer Justellun« frei Kau» >,»0 W6vUl)r Polib«»us»pr»t» iur Monat August 2 Mir» odn» PoI>tufl«llungLg,dtU,r. vt»^»>»««,r » PI,a»I,. Dt» Anzelgrn w»rd«n »ach «otdmar» d»r»ckn»I, dt» «ntpaltig» SV min Anzeigenpreise: aus,»rda>b 2dv PI». 01s«rl»na»dudr >0 Ps». Au»«. Auitrit«» a«orn Porauidrzasil drrtt« n« SchrtsN«»una und vauptl,»lch»tt,sl»v M»rt«»Itr»tl» SS<42. Druck u. vertag von Utrpsch » Artchnrdt in Dr«»d«n. Poklch»ck«Konto lOSS Dr»»d»n. Aachdnil» nur mt> d»u»tch«r Qu»ll»nanaad» .Dr»«dner Nachr " zulitMa. Unvrrlanair SchriltNiii»» werd»n n»j>> ouldewadrt. ^nsrksrmt guls prsigwsrts Weins uncl KUoiis I-imbseker fsmsprseiisr 13777 ^oiisnn-6soi'g6n-/^ll66 8 Poincars aus der Anleihesuche. Annahme öes Finanzgesehes in -er Kammer. — Beginn -er Wiihrungsslabilisierung. Ein neuer Borsloh Joses Wirlhs. - Blusiger Beginn -es Kutturkampses in Mexiko. - Altenlal aus Primo -e Aivera. Poincars fehl sich -urch. Annahme der Finanzgcsctze in der Kammer. Paris, 3l. Juli. Die Kammer hat heute abend die Einzel- bcratung des Kinanzgcsetzrntwurses beendet «nd ihn in seiner Gesamtheit mit 801 gegen 177 Stimmen an genommen. Die Kammer vertagte sich daraus ans Mitt woch. Die Opposition setzte sich zusammen aus 28 Kommunisten, 81 Sozialisten, 12 Sozialrepublikaner», 31 Radikalen, 11 bei keiner Fraktion eingeschriebenen Abgeordneten und ein Mit- glicd der republikanisch-demokratischen Vereinigung. 18 Ab geordnete enthielte» sich der Stimme, und zwar 12 Sozialisten, 82 Nadikalc, drei Mitglieder der radikalen Linken und ein Eozialrcpublikaner. <W. T. V.) Der Verlaus -er Kammersihung. Paris, 31. Juli. In den Bormittagsverhandlungen der Kammer, die — wie gemeldet — mit dem Abschluß der Gene raldebatte zu den Kinanzprosektc« und damit urit der An nahme des Vertrauensvotums siir Poincars mit 366 gegen 158 Stimmen ihren Ausgang fand, hatte sich Poinearü in seiner !»cdc gegen die Angriffe des sozialistischen Abgeord neten Auriol verteidigt und hierbei im einzelnen u. a. ans- geführt: M a n m ü s s e e i l e n. Es werde alles aufgeboten werden, um schon heute abend praktische Arbeit leisten zu können. Wen» aber die geforderten Steuern nicht bewilligt würden, werde der Staat täglich 16 Millionen verliere». Nach einem Hinweis auf das, was von Belgien ui den letzten Tagen getan worden sei, erklärte der Ministerpräsident, bevor man stabilisiere, müsse die Währung wieder gehoben werden. Dabei sei es notwendig, an die Er haltung der Wirtschaft zu denken. Wenn das erreicht sei, könne stabilisiert werden. Poincars beschäftigte sich dann mit den Be r s a l l s t e r m i n e n bis znm 3. Dezember 1V26, zu denen insgesamt 2,6 Milliarden Verpflichtungen zu erfüllen seien. Er ging weiter auf die in Aussicht stehenden Spar- masin ahmen ein und erklärte, das Land habe sich daran gewöhnt, in den Tag hincinzulcbcn. Dadurch werde die Lage verschärft. Tie Negierung sei entschlossen, das private Eigentum zu achten, aber das bedeute nicht, dass nicht jeder Steuern nach seiner Fähigkeit werde zahlen müssen. Poincars kündigte dann an, dass die Negierung zur Ein leitung von Reformen der Kammer schon in der nächsten Woche eine» Gesetzentwurf über die Amortisie- rungslasse verlegen werde. Schließlich erklärte Poin- care, die Gläubigcr Frankreichs im Auslande müßten Gewiß heit haben, daß Frankreich im Rahmen seiner Kräfte seine Schulde» bezahlen werbe. Poincars richtete zum Schluß einen Appell an alle Franzosen, an der Wiederher stellung der Finanzen und der Hebung der französischen Devisen miizuarbcitcn. Aach der Mittagspause trat die Kammer in die Einzclberatung der Stcucrgcsctze. Tie Diskussion war rein technischer Art, da durch den gcst- rigeii Beschluß den Parteien die Möglichkeit, Abänderungen »u beaniragen, genommen wurde. Gegen die einzelnen Artikel stimmten durchschnittlich etwa 186 Abgeordnete. Diese Minderheit setzt sich zusammen aus den Kommunisten, Sozialisten »nd einigen radikalen und sozialrcpublikanischen Abgeordneten, sowie einigen Mitgliedern der äußersten Neil,len. Die Gcsamtgbstimmung ergab, wie oben gemeldet, 2l>.', Stimmen siir und 188 Stimmen gegen die Negierung. DieFinanzprojckte sind somit von der Kammer angenommen worden. Nach Schluß der Abstimmuna legte der Minister präsident Poincars der Kammer ein Gesetzesprosckt über die Schaumig einer Amortisalionskasse zur Tilgung der inneren Schulden vor. * Paris, l. Ang. Poincare hat seinen Entwurf betreffend iaS Statut der zu errichtenden Amortisationökasse heute wie der zurückgezogen. Er wird ihn am DienStag, also 21 Stunden vor Beginn der Kammersitzung, auss neue völ ligen. Gleichzeitig wird er beantragen, daß auch für die Be ratung dieses Entwurss, wie schon bei den Stencrgcsctzcn. das DringlichkeitSversahrcn in Anwendung gebracht werde. Die Kammer wird darüber am Mittwoch z» beschließen haben. Sie könnte dann am DvnncrStag de» Gesetzentwurf über das Statut der AmortisationSkaiie verabschieden, so daß seine An nahme durch den Senat noch im Laufe dieser Woche möglich wäre. Der Ministerpräsident wird daraus dem Parlament den Antrag unterbreiten, bas Statut der Amortisationökasse der Nationalversammlung zur Annahme vorzulcge«, «ie in den ersten Tagen der nächsten Woche in Versailles iuiammentrcten könnte. Dadurch soll dem Statut der Charak ter eines BcrsasinngsgesctzeS gegeben werben. Besserung des Arankenkurses. Unter dem Eindruck des BcrtvanensvotnmS sind die Tenisrnkursc an der Börse beträchtlich zurttckgegangcn. Der Dollar notierte 11.«». das Psnnd 1V»,S«, 10« Mr S7ü Fran'-n. Furchlbares Flugzeugunglück in Württemberg. Das Flugzeug in der Menschenmenge. — Fünf Personen getötet. Hcidenhcim an der Brenz, 1. August. Die Flug- veranstaltnng des Landesverbandes von Württemberg endete nach kurzen Flngvorsührungen mit einem furchtbaren Un glück. Heinkcl 1) 7LL mit dem Jungslieger Drcchkcl sloa beim Landen z« kurz an den Platz. Der Versuch, erncnt durch Antrieb des Motors z« steigen, mißlang, da das Flugzena absacktc. Das Flugzeug erfaßte dabei die Bretterwand des Platzes und drängte gegen die Barriere und die da hinterstehenden Zuschauer. Durch die Propeller, die brechenden Planken «nd das Dchleiscn des Flugzeuges wnrdcn fünf Personen tödlich, sieben Perkonen «nd der Flieger leichter verletzt. Die anwesenden Aerzte leisteten die erste Hilf«. Das Flugzeug, das im Endlauie nmkivvte. wurde zertrümmert. lW-L. B.i Die Bank von Frankreich hat den Diskontsatz von 6 auf 7k v. H. heraufgesetzt. Im Zusammenhänge damit wird vom 1. August ab der Zinssatz für die Bonds der nationalen Ver teidigung erhöht. Beginn -er Wiihrungssanierung. Die nächsten Pläne Poincarss — Anlcihevcrsnchc in England «nd in Holland. Paris. 1. Ang. Sofort nach Verabschiedung des Gesetz entwurfes betr. die Organisation der Amortisationskasse für die Bons der nationalen Verteidigung und die SchatzbonS mit geringerer Laufzeit als einem Jahre wird die Regierung, wie Havas berichtet, die Lösung der WährungS- und der Sta- bilisicrnngskrise in Angriff nehmen. Ministerpräsident Poin» care hat bereits mit mehreren Mitgliedern des Sachver« ständigenausschusses hierüber beraten »nd wird am Dienstag, vormittag mit dem Gcsamtausschnß in die Ausarbeitung diese- Programms eintrctcn. Laut „O u o t i d i e n" soll Poincars durch die Unterredung mit -en beiden belgischen Ministern Francqui und Bänder» velde zn der Einsicht gekommen sein, daß die finanzielle Wieder« aufrichtnng Frankreichs nicht ohne die Hilfe des Auslandes dnrchgesiihrt werden könne. Er sei jetzt entschlossen, sich i» England und Holland um die Erlangung von Kredite« zu de» mühen. Um diese leichter zu erhalten, beabsichtige er. noch vor den Parlamcntsferie» die Ratifizierung des zwischen Caillaux und Churchill getroffenen Schuldenrcgclungsabkommens zu beantragen. Auch in diesem Falle werde er die Anwendung des Dringlichkeitsvcrsahrens fordern. In der Presse findet die Annahme der Regierungsvorlage durch die Kammer eine durchweg günstige Ausnahme. Mit dem heutigen Tage sind in Paris sämtliche Tarife der Verkehrögesellschaftcn erhöht worden. Gleichfalls tritt für Ausländsbriefe ein erhöhtes Porto in Kraft. Immer noch Irem-enbeläsiigungen. Paris, 31. Juli. Trotz des Einschreitens der Behörde« kommen immer noch Belästigungen von Aus lau- der« in Paris vor. Gestern nachmittag wurde et» Amerikaner, der in Gesellschaft von Landsleuten de» Luxemburg-Garten besichtigte, von einem Franzosen wegen seines angeblich zu lauten Auftretens zur Rede gestellt. Es entspann sich zwischen beiden ein heftiger Wortwechsel, der sehr bald zu einer Schlägerei ausartete. Der Franzose wurde von dem Amerikaner niedergeboxt, worauf dessen Landsleute zu Hilfe kamen. Die Polizei griff ein und nahm die Beteiligten in Hast. Ausbruch des Kirchenkrieges in Mexiko. Die Machtprobe zwischen Staat un- katholischer Kirche. Mexiko, 31. Juli. Zur selben Zeit, als gestern abend sämtliche katholische Geistlichen in Mexiko die Kirchen ver ließen und damit den Kirchenstreik begannen, empfing Prä sident Calles die Führer der Gewerkschaften, die ihm eine Entschließung überreichten, in der der Kamps bis znm äußersten verlangt wurde. Calles erwiderte, er werde ganz entschieden die bisherige Politik weiter verfolgen, «nd es werde bald seststehcn, ob die Revolution oder die Reaktion triumphiere. Die Negierung sei entschlossen, im Kampfe bis zum letzten Ende dnrchzuhalten. Sämtliche Kirchen sind überfüllt «nd werden von riesigen Menschenmenge» umlagert. Bevor die Priester die Kirchen «erließen, zeigten sic die Reliquien der Menschenmenge, die sich daran? zu Ricsendemonstratiancn zusammen» schlossen. Für heute planen die Gewerkschaften Gegendemon strationen. Die Geistlichen fordern die Gläubige« ans, wäh rend dieser Demonstration die Häuser nicht zu verlassen, um Blutvergießen zn vermeiden. Heute nacht versuchten die Soldaten in Mexiko-City einen Platz «or einer Kirche zu räumen, wurde« jedoch von der Menschenmenge mit Stcinwttrscn empfangen. Die Soldaten gaben Feuer «nd verwundeten nenn Personen. Am 1. Angnst tritt der von der Geistlichkeit angcdrohtc Boykott in Kraft. Danach sollen die Gläubigen nnr die notwendigen Rcdarss- mittel kaufen, keine Steuer« zahlen und die Kinder nicht mehr in die Schulen schicken. Ans Anordnung der Negierung wurde gegen verschiedene Bischöfe Anklage erhoben, Bluttge Zusammenskötze. London. 1. Angnst. Blättermeldnngen ans der Stadt Mexiko zufolge kam es ans Anlaß des Inkrafttretens der ncnen Gesetze zn ernstcn Znsammenftößen. An füns Plätzen ereigneten sich A u s sch r c i t n n g c n. Die Zahl der Toten wird aus sechs, die der Schwerverletzte» aus 88 geschätzt. Hunderte von Verhaftungen wurden voracnommen. Unter den Fcstgcnommcnen besandcn sich anch viele Franc«. „Gnnday Times" berichtet ans Mexiko: In der Raphacl -Kirche. wo sich die Gemeinde in ihrem religiösen Eifer weigerte, anscinanderzngehen. wnrdcn durch das Feuer der hcrbeigcruscncn Truppen zehn Personen ver wundet- Die meisten Ooker sind Frauen. Auch bei der Kirche Santa Katharina sordcrte baS Feuer der Truppe« Opfer. Die Frauen nahmen überall hervorragen de« Anteil an dem Kampse. 4L junge Frauen ans wohl habenden Familien wnrdcn unter der Bcschnldianng. Pro» paganba gegen die Politik der Regierung getrieben zu haben, verhaftet. (W.T.B.i Umstritten» Wirkungen -es Boykotts. Rcnyork, 1. Aug. Wie aus Mexiko berichtet wird, ist eS in Mexiko aus Anlaß des Kirchenkonfliktes ru größerem Blut vergießen bei den bisherigen Zusammenstößen noch nicht ge kommen, da bei Unruhestörllngcn die Truppen meist über die Köpfe der Volksmenge hinwegschossen. An der berühmten Kathedrale in Mexiko, die von einer starken Trirppenkette umstellt war, gab cs verschiedene Tote. Der von der Kirche angedrohte Boykott hat sich bereits stark fühlbar gemacht. Der Umsatz der Luxusgeschäste war uur ei« Drittel des üblichen. Sämtliche Theater «nd Kinos sind geschloffen. Die Regierung droht mit gewaltsamem Oeffnen. An der Grenze der Vereinigte« Staate« trafen LAI Nonne» ein, die nach Nordamerika auüzywandern. beabsichtigen. Im Gegensatz zu den amerikanischen Berichten über den Boykott besagt eine Nentcr-Meldung aus der Stadt Mexiko, daß die Reaktion des Publikums gegen die neuen religiösen Vorschriften anscheinend keine störende Wirkung in der Stadt Mexiko habe. Die Kathedrale und die übrigen hauptsächlichen Kirchen standen unter der Aussicht der Ein- n'nhneransschüffe. Der Boykott habe bisher keine be sonderen Wirkungen hervorgerufen. Die Militär» und Polizeircservcn würden für Notfälle in Bereitschaft ge halten. Sine Erklärung -es mexikanischen Geschäfts- irägers in Washingl»n. Washington, 1. August. Der mexikanische Geschäftsträger in Washington gab eine offizielle Erklärung znm Kirchen, konflikt in Mexiko ab, in der es heißt: Die Kirche hat sich in Zeiten voller politischer Macht in Mexiko nicht als kon struktiver Faktor für das Volk erwiesen. Sje darf nicht nach den Kirchen in den Vereinigten Staaten beurteilt werden, da die Verhältnisse beider Länder grundverschieden sind. Nur wer die Geschichte Mexikos genau kennt, kann den Konflikt verstehen. Die Kirche hat in Mexiko 311 Jahre geherrscht, ohne doch das Land auf die Kulturhöhe anderer Staaten zn bringen. Durch die Trennung von Staat und Kirche soll die Kirche veranlaßt werden, sich ausschließlich auf ihre geistlich« Tätigkeit zu beschränken. Ein Anschlag gegen Präsiden! Calles? Mexiko, 1. Aiigust. Sieben Frauen und zwei Männer, die der Vereinigung der Verteidigung der Religionsfreiheit angehören sollen wurden im Zusammen. Hang mit einem angeblichen Anschlag gegen bas Lebe» des Präsidenten CalleS verhaftet. tWTB.)