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71. Sahr-arr-. M 4-4 DradlanIchrMr »«cketcht« g»n>I»r»<tz»r-S«mm»Imumn»r: 2» 241 «nr (ür N,ch>a«I»rLch„ 20 011. Sonntag. S. Oktober 1SL- X/^XLO. 8LX0X0l.^l)k MIM ominino ». ssivms gsgv. 1838. ^ No^uasoebü^r «5.^»'', ^ Ä?'5 Zustellung frei ysnioinoniroiso Di» Anzeigen werden nach «oldmari, berechne!; di» «inspaillg« so mm breiie Zeile so Psg.. DrgU^s^evUt-c Kau» Mark. Postdezu^preie Mr Monai VKIoder S Mark ohne «ittgbtgkNPlPljk. Familienanzeigen und Stellengesuche ohne Rada» 10 Psg.. aukerhalb 20 Psg., die 90 mm dreiie Postzuftellung»g,düdr. «iazelnu»»», I, Psenni,. ^ auberhald 200 Psg. Off-riengeduhr 10 Psg. Au.wtiri.g. AuslrLge gegen Vorausbezahlung. silr auewiirls 35 Psg. Rehlamezeii» 150 Psg.. Nachdruck nur mit deullicher Quellenangabe i.Dresdner Nachr.-) zuliisstg. Unverlangl« Schriststücke werden nicht ausdewahrl. l^olel VsIIsvue k^soiimillsg-Dss mli Konzert. H/Iittsg- urici /Xtrsrici-Dsks! im Dsri-ssssn-Sss! sn cisr Lids. Ssksnnis vonnsiims l'sislmusik. k«Lt»SI« via ironkorsnuimmsr. r1s66si IVIiltwocli ^bsoc! Ae Haupttagung der Bottspartei in Köln. Huldigungen für den Außenminister. — Die Rede Stresemanns. Der Germersheimer Skandal gehl weiter. — Die jinanziellen Forderungen der Gemeinden. — Dolksparlei und Regierungsumbildung. Die grohe Versammlung im Gürzenich. Köln, 2. Okt. Am großen Saal des Gürzenich zu Köln trat heute unter »»»gehcurem Andrang der eigentliche 7. Rclchöparteltag der Deutschen Bolkspartci zuiam'men. Der Scial ist geschmückt mit den Wappen und Aal,»en der alten Kölner Geschlechter.» Seine Breitseite weist die alten schwarz-wciß-rvtcn Reichs fanden a>uf. -lms Lorbeer bäumen ragen di-e Büsten Hindcnburgs, Bassermanus und von Benningens hervor. Um 19,15 Uhr eröffnet -er Pari ei vor sitzende Dr. Strese- man» den Parteitag mit einem Hoch ans Reich und Vatcr- land. Gcheimrat Dr. Kahl richiete dann Worte -er Begrünung an den Parteitag. Den ersten Gruß brachte er dem rheinischen Land und der Stadt Köln. (Beifall.j Herzliche Worte des Dankes richtete er dann an den Parteivorsttzenden D r. Str «scmann. An feierlicher Art sprechen wir, so betonte er, unserem Führer das Vertrauen aus. (Lebhafter Beifall.) Ohne ihn wären wir vielleicht überhaupt nicht tn Köln. (Erneute lebhafte Zust.j Ich grüße Dr. Stresemann heute nicht bloß als den Führer de, Partei, ich grüße ihn als den Führer des Bolkes. lLtürmische anhaltende Beisallskundgebungeil.f Deutschland ist wieder in die Lage verseht, als gleichberechtigter Faktor wieder mit zu raten und mit zu taten bei Weltwirtschaft und Weltpolitik. Wir alle wissen, daß wir den Dornenweg wciter- geben müssen, daß der Weg zur Höhe steil ist und langsam, Schritt für Schritt, zurückgelegt werden muß. Nach der Parole unseres Führers Stresemann gehen wir ihn: Durch Opfer und Arbeit zur Freiheit. Mit dem tiefen Dank verbinde ich den innigsten Wunsch, daß es unserem Führer Stresemann bc sch reden sein möge, noch reiche Ernte für das Vaterland cinzubringen von der Saat, die er io fruchtbringend in den steinigen Boden der deutschen Politik gesenkt hat. Nehmen Sie, verehrter Freund, den Aus druck unserer Verehrung, Treue und Dankbarkeit entgegen. (Stürmischer, anlialtender Beifall. Die Partei bringt dem Patteiführer lebhafte Ovationen dar.f Gchcimrat Dr. Kahl begrüßt daraus die ausländischen Gäste. Die Deutsche Bolkspartci bleibt die alte, treu ihrem Wesen als vaterländische Partei, treu ihrer Geschichte alS nationale und liberale Partei, treu aber auch als Partei ihrem Schöpfer, der daS Deutsche Reich geschaffen hat. (Veis.) Dr. Kahl stellt dann fest, daß cs ein günstiger Zufall gefügt habe, daß an diesem Parteitag der Geburtstag des Reichspräsidenten von Hindcnburg gefeiert werden könne. (Stürm. Zust.) Wir werden ihm zn seinem 79. Geburtstag unsere treuen, innigen und dank barsten Glück- und Segenswünsche senden. Wir grüßen und verehren in dem Patriarchen unter den Staatsoberhäuptern das Vorbild der reinen Vaterlandsliebe, das Borbild der vollendeten deutschen Treue und heiligsten Pflichtgefühls. Wir wisse» uns eins mit ihm, wenn er bei jeder Gelegenheit wieder das deutsche Nolk aufgcrusen hat zur Einigkeit. Der Parteitag beschließt einmütig, dem Reichspräsidenten ein Glückwunschtelegramm zu übersende». Stürmisch begrüßt, sprach nunmehr der Parteivorsitzendc Dr. Slresemann über die polnische Lage. Er führte auS: Zwischen hem Parteitag, den wir vor zwei Jahren in Dortmund abhiclte», und dem heutigen Z>r- sammenscin der gesamten Partei liegt eine große Spanne außen- und innenpolitischer Entwicklung. Noch immer ist da bei die Außenpolitik die vorherrschende. Sie bestimmt unser politisches, unser soziales, unser wirtschaftliches Sein in erster Linie. Lasse» Sie mich daher von dieser Ent wicklung zuerst sprechen. Die Deutsche Bvlkspartei hat jahre lang unter ihrer Außenpolitik gelitten, und sie ist deswegen der stärksten Besehdung ansgesctzi gewesen. Aber ich glaube, man kann sagen. e8 gibt nicht eine Außenpolitik der Par tei, sondern nnr eine deutsche Außenpolitik. An ihrem Ziele ist sich die große Mehrheit des dcntschcn Volkes über diese Außenpolitik durchaus einig. Ähre Me thode ist umstritten. Ob sic richtig ist, wird an Ihrem Ersola zu messen sein. Aber lassen Sic »ns auch gleichzcitia hier einmal die Frage vorlegen: Welchen Erfolg kann man jetzt von einer deutschen Außenpolitik erwarten? Niemand kann irgendwie himmelstürmcndc Tatsachen erstreben und erreichen wollen. Was wir Erfolg nennen müssen, kann in der Lage, in der wir uns bis zur Stunde missen, nur Befreiung von drückendsten Fesseln sein, die auf uns lasten. Mer auf diesem Gebiete ist eS. wenn auch Schritt für Schritt, vorwärts gegangen. Dortmund ist eine Etappe aus diesem Woge. Köln ist die zweite. Wir käm"kcn um die nächste. Wir vergessen zu leicht. (Sehr richtig!j Wie lange haben wir versucht, in den erste» Jahren nach dem Nicdcrbruch überhaupt dahin zu kommen, einmal den deutschen Stand punkt vor einer Konferenz vertreten zu können, an statt nur ultimative Drohungen und Befehle von der anderen Seite cntgcgenzunehmen. Erst langsam ist das Terrain besser geworden, und glauben Sie mir, der Kampf im Schützen graben wird nicht gestärkt durch große Worte der Etappe. lLcbhaste Zustimmung.) Jeder, der heute in Deutschland Außenpolitik zu machen hat. hat zu kämpfen «egen eine ganz große und mächtige Partei in Deutschland, die Partei derjenigen, die da im Innern beten: Unsere tägliche Allusion gib uns auch heute. (Heiterkeit und Beifall.) Wer gegen diese Partei anzukämpfen hat. der muß den Mut zur Un popularität haben. Die Verständigungspolitik war un populär und die Schuld lag dabet ehrlich nicht nur am deutschen Volke: denn die Politik der ersten Nachkriegsjahrc gegenüber Deutschland war die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln. Aber gegen diese Situation war mit Hatz, mit Trotz und mit illusionäre» Rcvanchcgedanken nicht an zukämpfen. Die Verständigungspolitik fiel uns nicht in den Schoß, sic mußte erkämpft werden, und bis heute hält dieser Kamps a», nicht nur bei »ns, auch bei den anderen Nationen. Die Berständigungspolitik führte über den Abbruch des Ruhrkampfcs, über die Micum-Vcrträge zur Londoner Konferenz und zum Dawes-Abkommen, zu dem Februar-Memorandum und von dieser deutschen Initiative nach Locarno, von Locarno nach Gens und von Genf bis Thvirn. Fm Nahmen dieser Politik liegt Dentschlands Eintritt in den Völkerbund. Gleichgültig, wie man sich innerlich zu den allgemeinen Ideen des Völkerbundes und ihrer historischen Bedeutung auch stellen mag, es würde eine Torheit sein, die große politische Realität zu verkennen, die die Genfer In stitution darstellt. An Gens ist ein internationales Forum geschaffen worden, das schon durch die bloße Existenz, seinen ständig bcrcitstehcnden Apparat, große Wirkungen ausübt. Das internationale Leben bedarf tatsächlicher neuer Formen, und i» Kiens ist zum mindesten ein wertvoller An satzpunkt für diese Bestrebungen gegeben. Das beweist schon die Tatsache, daß dort mehrfach im Jahre Zusammen künfte der führenden Staatsmänner stattfinden. Man ver gegenwärtige sich nur die frühere diplomatische Geschichte, welche Schwierigkeiten in kritischen Zeiten das Zustande kommen politischer Konferenzen und Aussprachen gemacht hat. Damals galt ein sachliches politisches Problem schon bciiialn zür Hälfte gelost, wenn cs gelang, seine Erörte rungen einer Konferenz zu übertragen. Die Bedeutung der regelmäßigen Znsammeiikünfte der Außenminister und füh renden anderen Politiker in Genf geht über die Möglichkeit der Besprechung aktueller Einzelsragen weil hinaus. Sie be gründet persönliche Beziehungen, wie sie früher nicht möglich gewesen wären. Ach persönlich schätze den Kontakt, den ich mit vielen be deutenden Staatsmännern anderer Länder schon während dieser erste« Tagung gewonnen habe, anßcrordcntlich hoch ein. Dabei ist für mich der Völkerbund nicht etwa nur ei» aus optimistischen Erwägungen ergriffenes Hilfsmittel. Es ist nicht nur ein Zufall, sondern im Wesen der Dinge begründet, daß der Gedanke der Verständigung uns den besonderen Zielen der deutschen Außenpolitik näher bringt. ES ist schließ lich kein Zufall, daß meine Besprechung mit dem französischen Ailßenministcr in unmittelbarer Nähe von Genf stattgefnnde» Hai. An Locarno und Genf ist für uns die Grundlage ge schaffen worden, die eine Bereinigung der zwischen Deutsch land und seinen ehemaligen Kriegsgegnern schwebenden Pro bleme ermöglicht. Deshalb komme ich zu dem viel erörterten Thema einer bentsch-französtkchen Verständigung. Ach kenne alle Hindernisse, die psnchvlogischen Hemmungen hüben und drüben, aber ich glaube, daß die Tatsache nicht zu bestreiten ist. daß die dcntsch-sranzösische Verständigung der Kernpunkt jeder europäischen Verständigung und Bekricdnng ist und bleibt. Ob die Völker dem Wunsch und dem Willen Ihrer Staatsmänner folgen, ist eine andere Frage. Ach glaube an den ehrlichen Verständigungswillen des französischen Aiißenmlnistcrö. ich höre die Stimmen, die da auftauchcn, und ich sehe schon die liebenswürdigen Hauptüberschriften der Zeitungen, wie: „Der ewige Optimist", oder „Der vertrauens volle Utopist". (Heiterkeit.) (Fortsetzung st«»e Seil« »Z Zur Kölner Tagung der Deutschen Dollispaklel. Der heute und am morgigen Sonntag in Köln statt- sindcndc Parteitag der Deutschen Volkspartei ist von einem besonderen Nimbus umgeben. Die wirischaftspolitische Hauptstadt des Nhcinlandes ist im alten Reiche eine der aus gesprochensten Pflanz- und Pflegestätten des Nationallibera lismus gewesen, und nicht ohne betonte Absicht hat die Partei leitung ihre diesjährige Kundgebung gerade dorthin verlegt, nachdem die volksparteiliche Press« in der letzten Zeit oft- mals hcrvorgehoben hatte, daß der liberale Charakter der Deutschen Bolkspartci in der Fortführung der Traditionen des früheren gemäßigten Liberalismus begründet sei. Nach zweijähriger Pause tritt die Volkspartei nun auf einem Boden, auf dem sie sich hervorragend heimisch fühlt, wieder auf den Plan, um von ihrem Führer Dr. Stresemann den Rechenschaftsbericht über seine in der Zwischenzeit betriebene auswärtige Politik mit ihren Marksteinen Locarno—Genf— Thoirn eiitgcgcnznnehmcn und der Offenbarung der pcrsölü lichen Eindrücke zu lauschen, die er vor allem von der letzten Genfer Tagung empfangen hat. Auch vom innerpolittschen Standpunkt aus ist die Kölner Veranstaltunq allgemein mit Spannung erwartet worden, weil die Annahme gerechtfertigt erscheint, daß dort seitens der maßgebenden Instanzen ein klares und unzweideutiges Wort gesprochen wird, das die herrschende Undurchsichtigkeit der Lage beseitigt und alle Zweifel darüber zerstreut, ob die vom Zentrum und den Demokraten mit so großem Aufwand an Druckerschwärze in Szene gesetzte Reklame für die Große Koalition in weiteren vvlksparteilichcn Kreisen irgendwelchen beachtlichen Wider hall findet. Die Antwort ist eigentlich schon deutlich genug in der kühlen Zurückhaltung gegeben, welche die Deutsche Bolkspartci in der Angelegenheit beobachtet hat. Die „Kölnische Zeitung" stellt fest, daß der ganze» Erörterung „auch nicht die geringste Tatsache" zugrunde liege, außer der rein privaten, von keiner fraktionellen Einwirkuna ge tragenen Unterredung zwischen einem Mitglied« des Zen trums und einem Angehörigen der Deutschen Volkspartei in Preußen. Für Sie Stimmung in der Deutschen Volks- Partei ist auch bezeichnend, daß auf der Vortagung der Ländcrvertreter in Köln die Große Koalition auch nicht mit einem Worte gestreift wurde. Da nun aber einmal die Aus einandersetzungen in unhcmmbarcn Fluß geraten sind, und da die Frage der Regierungsumbildung in kurzer Frist nach dem Wiederzusammeniritt des Reichstages in ein aktuelles Stadium eintreten wird, so ist es interessant und zugleich für die Bcnrtcililng der gegebenen Möglichkeiten lehrreich und aufklärend, sich die Beziehungen vor Augen zu führen, die zwischen dem Gedanken der Großen Koalition und der Deutschen Bolkspartci bisher bestanden haben. Dreimal sind in der nachnoncmbcrlichcn Zeit Sozialdemokraten in die Reichsrcgicrnng eingetreten: im Oktober 1918, im Mai 1921 und im August 1923, aber nur das letzte Mal auf der Grund lage der Großen Koalition. Im Juni 1929 schied die Sozial demokratie aus der Negierung aus und das Kabinett Fchrcn- bach-Simons kam anS Ruder. Ahm folgte Im Mai l92t die Negierung Wirth-Nathena», die Trägerin der Erfüllungs- Politik, an der die Sozialdemokratie wieder mit mehreren Sitzen beteiligt war. In dieser Periode vollzog sich die Einigung der Sozialdemokratie mit den Unabhängigen, von denen sich die Kommunisten getrennt hatten. Den Zusammen schluß der Sozialisten beantworteten Zentrum »nd Demo kraten damit, daß sie mit der Deutschen Volköparte! eine parlamentarische „Arbeitsgemeinschaft der Mitte" gründeten. Hier zeichneten sich zum ersten Male die Um risse der Großen Koalition am politischen Horizonte ab: denn die Arbeitsgemeinschaft mußte folgerichtig zum Eintritt der Deutschen Volkspartei in die Regierung führen. Die Sozialdemokratie weigerte sich aber, mit der Bvlkspartei zusammcnzuarbeiten, und so kam das Kabinett Wirth Im November E2 zum Sturz. Inzwischen hatte sich 1921 auf dem im Dezember ab- gehaltenen Stuttgarter Parteitage der Deutschen Volks- partci eist bemerkenswertes Ereignis vollzogen in Gestalt der von Dr. Stresemann ausgesprochenen Bereitwilligkeit, die bisher gemeinsam mit der Deutschnationalen Volkspartei innegehabte vppositionsstellnng auszngeben «nd mit der