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Die tivaltia« Grund -eile Ica. s Silben» 20 Psg . An- tündigungen aus der Drivatteite Zeile LS Psg.: In« Livalttgc Zeile als „Ein- gelandt" oder aus Terüeilr so Pig. Sn Nummern nach Sonn - und Skier tagen ». de-, rwaliig« Brund-eilen so. « be- so und so Psg nach de ionderem Tarif. Auswärtige Am. träge nur «gen vorausbe-abiung. Beiegblätter werden mit lü Pig. berechn«. Sernsvrechanschlub: «mt I Nr. 11 und Nr. TU»«. II« ..Isirlii»!' »reltflclils«" I« 1^1^22 uua E! !opi Ir las! li ek rvvi l Mal inoritzvn« mck »tivuil» -My äureb O. vtll«,-8vlin lA.vioüsijvü), tz^lraa, ILüolzrisplstL Xo. 8. Nr. 278. Zu»«,!: D--»»»»,«,-. Wadlmännenvoblen. Bauunglück. Steuerfreies GekaltMustel, Versicherung der Privat- I angeitelllen. Gelichtsverhandlungen. Vom italienischen Theater. Donnerstag, 8. Oktober 1883. Neueste Drahtmeldunqen vom 7. Oktober. Berk im Der Studiengcsellschaft für elektrische sch .. schuft und der Firma Siemens zu dem schönen Erfolg, den die deutsche Tatkraft und Beharrlichkeit damit errungen Hai." Berlin. Aus zahlreichen Orten des Westens und Nordens Deutschlands, wie Dresden, Frankfurt a. M., Bremen, Kiel, Emden usw., treffen Meldungen über dort seit gestern herrschende starke Stürme ein, die vielfachen Schaden anrichteten. Auch der telegraphische und telephonische . Verkehr erlitt vielfach Störungen. Plauen i. V. Ter bisherige Direktor der Aklien-Gcsell- schaft Kalk- und Ziegelwerke in Oelsnitz i. P., Arthur Böhme, wurde, wie der „Vogtl. Anz." meldet, auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft in Plauen heute mittag verhaftet. München. Die Kammer der Abgeordneten be endete heute die Besprechung der Interpellationen über die Ver- staatlichung der pfälzischen Bahnen. Hierbei wies der Ministerpräsident nochmals alle Einwürfe zurück, die gegen den Aufschub der Verstaatlichung vorgebrocht wurden. Auf der mor gigen Tagesordnung steht die Interpellation betr. die Feuersicher heit in Warenhäusern. Kiel. Die in der Mittelstrabe wohnende Ehefrau Boehnk wurde heute früh in ihrer Wohnung mit eingeschlagenem Schädel ausgefundcn, neben ihr der Schlosser Behrens, mit dem sie zusammenlebte, mit zahlreichen Schußwunden. Beide waren tot. Vermutlich hat Behrens die Boehnk und sich dann selbst umgebracht. Marienwerder. In Unterberg bei Neucnburg wurde der Eigentümer Radunski beim Hinabstcigen in einen Brunnen von Brunnengascn betäubt, ebenso seine Ehefrau, die ihn zu retten suchte. Beide sind infolge Vergiftung durch Brunnengase gestorben. Paris. Wie verlautet, soll das Parlament am 20. Oktober zuiammentreten. Lille. D>e ausständigen Textilarbeiter verübten gestern den ganzen Tag an verschiedenen Orten Gewalttätigkeiten. Eine Anzahl Häuser wurden demoliert, mehrere Barrikaden wurden aufgekührt, . die von der Gendarmerie zerstört werden mußten: in Bäcker- und Fleischerläden, Wirtschaften, sowie ande ren Geschäften erzwangen die Richcstörer die Herausgabe von Lebensmitteln: an mehreren Orten mußten Dragoner und Gendarmen gegen d'e Menge Vorgehen und die Fabriken und Ge schäftshäuser beschützen. Eine Kapelle wurde geplündert, die Telegraphenlinien zerstört. An anderen Punkten sperrten die Aus ständigen die Straßen mit Stacheldraht. An alle bedrohten Stellen wurden starke Truppenabtcilungen geschickt, auch die Zoll posten an der belgischen Grenze wurden verstärkt. Ter sozialistische Bürgermeister von Lille, Deputierter Telary, weigerte sich, Truppen in den Häusern der Gemeinde unterzubringen. Ter Kriegsminister ersuchte den Präfekten dos Departements du Nord, alle militärischen Maßnahmen zu treffen, die seinerzeit anläßlich des Beraarbeiterausstandes getroffen wurden. Tos ganze l Armeekorps wuvde bereitoeitellt. San Sebastian. Vor dem Zuchtpolizelgericht wurde gegen den verbannten Paul Dvrouläde wegen Körperverletzung und Beschimpfung verhandelt. Ein Franzose hatte gegen ihn Straf anzeige erstattet, weil er ihn, der angeblich auf Grund falscher Empfehlungen bei ihm sich einschlich, aus dem Hause warf. Nach zweistündiger Verhandlung sprach das Gericht T«ronl«de frei, weil er in gerechter Notwehr gehandelt habe. London. Den „Times" wird aus Tokio voni 6. d. M. ge meldet, cs gehe das anscheinend begründete Gerücht, daß die Nüssen in Jongamphr Forts errichten und mit Geschützen versehen, obgleich die koreanische Negierung bei der Weigerung beharre, ihnen Land zu verpachten. — Nach einer Meldung der „Times" aus Tanger vom 6. d. M. haben bewaffnete Räuber unter Führung Basiulis eine Regierungskarawanserei, 20 Meilen von Tanger, angegriffen und eine große Menge Vieh, das Europäern gebärt, geraubt. Petersburg. Die Nachrichten von Unruhen in den Städten Ehotin und Mohilew-Podolski werden von amtlicher Stelle für unrichtig erklärt. Nokokama. Reuters Bureau meldet: Da der 8 Oktober, der für die Räumung von Niutscdwang undMukven seitens Rußlands sestgeletzte Tag. herannaht, macht sich eine wach sende Spannung in Japan bemerkbar. In hiesigen diplomatischen Kreisen wird erklärt, daß Hoffnungen auf eine sreundichnstliche Regelung aus ver Grundlage von geringeren Konzeisionen bestehen, die man von Rußland in den schwebenden Verhandlungen über die Mandichurei und Korea erwartet, niemand glaube aber, daß am 8. Oktober die veriprochene Räumung vor sich gehen iverde. Der russische Gesandte v. Roien ist nach Port Arthur zurückgekrhrt, um mit General Alexejeff, dem neuen Gouverneur von Russiich-Ostasicn. zu beraten. Baron v. Rolen halte am Sonnabend eine Be- iprechung mit dem Minister des Aeußeren Baron Kamuro, der darauf erklärte, er betrachte die Aussichten für hoffnungsvoller. Die Minister des Krieges und der Marine hatten ledocb seit dieser Besprechung lange Konserenzen und Audienzen beim Kaffer, beim Marquis Jko und beim Premierminister, die daraus biittveiien, daß eine ernste Krisis kerannahe Die Flotte wird in Bereitschaft ge halten. auch dos Heer bat Vorräte beschafft, darunter große Mengen amerikanisches Mehl. Die Arbeiten in den Arsenalen werden leit längerer Zeit eitrig fortgesetzt. Die Verteidignngsmaßregeln wer den einer genauen Prüiung unterworsen. Man erwartet hier all gemein. daß die russisch-japanischen Verhandlungen »ch über den 8. Oktober hinaus hinziehen werden, wenn nicht ein unvorhergesehenes Ereignis plötzlich zu einem neuen Ergebnis führt. Johannesburg. Der Bericht Skinners, der den fernen Osten bereiste, um die Möglichkeit einer Heranziehung asiati scher Arbeiter für Transvaal zu prüfen, wurde heute der Minenkammer unterbreitet. Der Bericht empfiehlt die Heranziehung chinesischer Arbeiter unter genauer sanitärer lieber- wachnng. während er andererseits empfiehlt, gleichzeitig An strengungen zur Vermehrung des Zuzugs von Kaffernarbeitern zu machen. — Dem ,,Standard" wird aus Johannesburg gemeldet, die Verwendung asiatischer Arbeiter in Transvaal sei jetzt ge sichert. Der erste Schub werde wahrscheinlich im nächsten Januar landen, von da an würden 3000 Arbeiter jeden Monat ein- tresfen. Die Loge werde täglich ernster. - Oertliches und TächslscheS. Dresden. 7. Oktober. —* I« Militärischen Kreisen bezeichnet man als Nachfolger des im kommenden Früh ja he in den Rckhestand tretenden kom mandierenden Generals v. Treitschke de» Divisionskom mandeur Genralleutnayt Grasen Vitzthum o. Eckst ädt in Chemnitz. —* Laudtagswahlen. Im Bezirk Dresden-Altstadt wurden heute von der 1. Abteilung 51 Wahlmänner für Schulze, 4 für Osterloh gewählt, während eine Nachwahl stattzusinder hat; ein Bezirk fehlt noch. Von den Wahlergebnissen der 3. Abteilung liegen beute noch die folgenden vor: Im IS. städtischen Kreise sAnnaberg, Buchholz. Jöhsladt ujw.j ist der seltene Fall zu verzeichnen, daß die Wahl der ersten Abteilung der Urwähler, also der steuerkrästigsten, nur noch formale Bedeutung bat. Von den einigen 60 Wahlmännern, welche in allen drei Abteilungen nur zu wählen sind, haben bereits die zweite und dritte Abteilung 42 Wahlmänner für den seitberigen Abgeordneten, Stodtrot Gräfc- Annaberg, gewählt. Außerdem hoben sich ist Ober- und Unter- Wiesental zwei Nachwahlen notwendig gemacht, die sicher eben falls zu gunsten des Herrn Gräfe aussausn werden. Wie gering die Wahlbeteiligung ist, geht daraus hervor, daß beispielsweise in Buchholz am Montag von 1485 Wahlberechtigten nur 113 ihr Wahlrecht ausübten. — Im 31. städtischen Kreis sH artenstein, Kirchberg. Reichenbach usw.j liegen bisher nur die Refliltate aus Reichenbach vor, die insofern bemerkenswert sind, als hier neben 12 Sozialdemokraten 4 OrdnunaSparteiler gewählt wurden, obwohl man bei letzteren auf einen Erfolg in der 3. Abtellung wenig gerechnet hatte. — Im 34. städtischen Kreis lAdors. Auer bach, Falkenstein, Oelsnitz! wurden in Adorf im 2. Bezirk die sozialdemokratischen Wahlmänncr gewählt, im 1. Bezirk muß eine Nachwahl erfolgen. In Auerbach, Oelsnitz und Falkenstein wurden fast ausschließlich die sozialdemokratischen Wahlmänncr gewählt. Die Beteiligung war feyr lebhaft. — Im 18. ländlichen Kreise Meißen-Lommatzsch! wurden in 19 Bezirken 8 konservative und 13 sozialdemokratische Wahlmänner gewählt. 8 Bezirke stehen noch aus. — Im 20. ländlichen Kreise lOichatz, Strehla, Werins- dori! wurden in 14 Wahlbezirken konservative und in cmem Be zirke ein sozialdemokratischer Wahlmonn gewählt. In einem Be zirke hat eine Nachwahl zu erfolgen. — Im 30. ländlichen Kreis lEhemnitz-Land Ij wurden in allen Bezirken Sozialdemo kraten gewählt. Von den Wahlergebnissen der 2. Abteilung seien noch fol gende verzeichnet: Im städtischen Kreis Chemnitz I erhielten in 13 Bezirken 52 Wahlmänncr für Longyammer lnat.-sib.! die Mehrheit: in 8 Bezirken haben Nachwahlen stattzufinden. — Im 2. städtiichen Kreis lBautzen, Elstra, Kamenz usw.! sprechen die bisher vorliegenden Resultate für die Wahl Hartmanns lnat. lib.!. In der Stadt Bautzen wurden 13 Wahlmänner für .Hort mann, 2 für Preibsch ikons.s gewählt. In Kamenz wurden alle Wahlmänner für Harlmann gewählt. — Im 11. städtischen Kreis lColditz, Geringswalde, Grimma usw.> wurden sämtliche 23 Wahlmänncr für den Kandidaten der vereinigten Ordnungs parteien, Herrn Gleißberg, gewählt. -- Im 15. städtischen Kreise lCallnberg, Glauchau, Lichtenstem) siegten die Wadl- männer der Ordnungsparteien. — Im 19. städtischen Kreise lAnnabero. Buchholz usw.! wurden die Wahlmänncr für Stadt rat Gräfe lwudlibh gewählt. — Im 23. städtischen Kreise Mühl- troff, Pausa, Plauen! wurden die meisten Wahlmänncr ocö freisinnigen Kandidaten Günther gewählt. In Plauen selbst wurden 41 Wahlmänner für Günther gewählt, während für Flößner inat.-lib.! nur ein Wahlmann gewählt wurde. In zwei Bezirke» bat eine Nachwahl stattzufinden. — Im 24. städtischen Kreise iAdorf. Auerbach, Falkenstein, Oelsnitz usw.) wurden 29 Wahlmänncr iür Fabrikant Bleyer-Falkenstein snat.-lib.s ge wählt. Ter wildliberale dritte Kandidat Privatier Wehncr- Oelsnitz hat nur sechs Wahlmänner dnrchgcbracht. — Im 18. ländlichen Kreise Meißen-Lommatzschs wurden, soweit die Resultate vorliegen, neben den konservativen zwei sozialdeino- kratische Wablmänner gewählt, — Im 24. ländlichen Kreise lDresden-Neustadt-Lond) wurden die Wahlmärmer für den nationalliberalen Fabrikbesitzer Kretzschmar gegen diejenigen für den Konservativen Hofrat Dieterich und den Sozialdcmo. traten Fräßdorf gewählt. In dem 16. Wahlbezirke der 3. Abteilung drS 1. Lond- tagswablkreiies der Stadt Dresden findet im .Könige- kos-, Residenzstraße 62 und in dem 2 Wahlbezirke der 3. Ab teilung drS 4. LandtagSwahkkreiseSder Stadt Dresden im Hotel .Stadt Metz". Kofferstroß« 10. «nn 8. Oktober vor mittags 11 bis nachmittags 2 Ubr eine anderweite Wahl statt. In dem 5. Wahlbezirk der 3. Abteiluna des 4. LandtagS- wohlkreises erfolgt die anderweite Wahl am S. Oktober im .Hotel ,. Kysfbäusrr". Oppellstraße 52. in der gleichen Zeit. —* Der heute bisweilen zum Orkan anschwellende Sturm ! hat in den Vormittagsstunden ein furchtbares Unglück herbei» > geführt. Im Grundstücke Elbbcvg 3, hier, ist man zur Zeit mit dem Neubau des städtischen Volksbades beschäftigt. Dort, hatten die Zimmerleute ein bereits bis in die dritte Etage reichen« des Holzgerüst aufgeführt, an dessen Befestigung und Verankerung noch gearbeitet wurde. Drei Zimmerleute waren eben mit de? Befestigung der Winde beschäftigt, als ein furchtbarer Windstoß von der Elbseite her das mächtige Gerüst wie Kartenbläticr zusammenlegte, jo daß cS prasselnd nach dem Bauplatze zu ein- stürzte. Nachdem sich die anwesenden Zimmerleute und Maurer, die in der Nähe arbeiteten, vom ersten Schreck erholt hatten, und nach dem Trümmerplatze sich bsgaben, vernahmen sie ein herzzerreißendes Wimmern, das von den bei dem Ein sturz Verwundeten ausging. Mit großer Geistesgegenwart und Umsicht stellte der Bauführer, Herr Fleischmann, sofort die um- fassendpen Nettungsarbeiten an. Kurze Zeit daraus traf auch die hcrbeigerusene Feuerwehr mit der Sanitätskolonne «in, die sich energisch an den Bergungsarbeiten der Verunglückten beteiligten. ,Drei Tote wurden unter den Trümmern hervorgezogen: es waren dies die drei Mann, die mit der Befestigung der Winde beschäftigt und von dort beim Einsturz in weitem Bogen in die entfernten Kellergewölbe geschleudert worden waren. Die Toten Kunst und Wissenschaft. s* Mitteilung aus dem Bureau der König!. Hok- thcater. Es wi»d besonders darauf hingewiesen, daß die Generalproben zu den Sinfonie-Konzerten der Serie A nicht, wie in früheren Jahren, um 10 Uhr. sondern erst um '/, 11 Uhr vormittags beginnen. TaS erste Sinfonie-Konzert der Serie A findet Freitag, den 9. Oktober, statt. Vom italienischen Theater. Von Robert Misch. Sehr viele Theaterbesucher und sicherlich fast jeder Jtalien- tahrcr haben schon einmal italienische Komödie oder Oper ge- ichcn. Ta der größte Teil der gebildeten Klassen Deutschlands in eine dieicr Kategorien gehört, ist also eine gewisse Lelbst- cmschauung von dem und ein gewisses Interesse für das Thema dieser Betrachtung vorhanden. Im Rahmen eines kurzen Feuille- tons kann es sich natürlich nur um einige erschaute und erlebte Impreffionen des modernen Thcaterbetricbes in Italien handeln. Zu einer Zeit, als die dramatische Kunst Deutschland — die schaffende und die nachschaffende deS Mimen — noch in den Win deln lag, erfreute sich die italienische Bühnenkunst schon eines europäischen Rufes, und die Sänger und Komödianten der aveninnischen Halbinsel gaukelten in fast allen Hauptstädten, an allen Höfen Europas. Eine wandernde Kunst ist sie geblieben, die im Lande selbst von Stadt zu Stadt zieht, seit der Entwickluna des modernen Verkehrswesens um die Mitte des vorigen Jahrhunderts. auch wieder fremde Länder bereist. ES hängt mit der politischen, sozialen und literarischen Ent- Wicklung des Landes zusammen sdie ja nicht von einander zu trennen sind!, daß es Italien bis auf einen kürzlich unternom- menen Versuch Noyellis im römischen Constanza-Theater, bislang zu keiner stehenden Bühne und zu keinem klassischen Dramatiker der Wellliteratur brachte; denn ein Goldoni, ein Älfieri können doch nur eine rein nationale Bedeutung beanspruchen. Nur in der Over blühten ihnen in Rossini, Verdi, Donizetti und Bellini Musik-Hka-sstler auf: und die Oper nimmt denn auch noch heute in der Vorliebe des Publikums den ersten Rang der italienischen Bühnenkunst'ein. Als Nichtmusiker will ich sic nicht weiter in den Kreis dieser Betrachtungen ziehen. Aber das kann man wohl ohne Uebertreibung behaupten: die Schauspielkunst ist neben der nationalen Over die feinste Kunstblüte des modernen Italiens und steht zweifellos an der Spitze der gesamten euro- päischen Bühnrnkunft, in der Tragödie sowohl, wie in der Komödie und im Konversationsstück. Die Salvini und Rossi, vor ihnen die Ristori haben einen modernen tragischen Bühnenstil geschaffen, in dem Größe und monumentale Wucht mit feinster Charakterisierung, mit Wahr heit und Natürlichkeit sich einten. Sie haben uns und die ganze Welt gelehrt, wie man Shakespeare spielt. Frei von alten ueber- lieferungen, von der lastenden Wucht deS deutschen oder französi schcn Deklamationsstiles, schauten sic die Riesengestalten Shake sveares mit frischen, unverbrauchten Äugen an wie jeden be liebigen modernen Autor. Tradition in gutem Sinne pflanzten freilich auch sie fort: die Tradition der Natürlichkeit, der Wahr- heit, des vortrefflichen Spreckens. Mit jener im ganzen Volke vorhandenen mimischen Beredsamkeit ausgestattet, die man so sehr bewundert, herangebildet von einem hervorragenden Lehrer und Vorbild Modenas, durch stärkste schauspielerische Phantasie, höchstes Anschcmungs- und Ausdrucksvermögen sich über das Durch- schnittskönnen erhebend, steigerten sie ihre Leistungen zu lenen von uns Mittelcuropäern angestaunten Kunstgebilden. Eine ganze Anzahl im AuSlande unbekannter oder nur dem Namen nach bekannter Mimen Pflanzt diese glänzende Tradition fort, die in Novell!, Zacconi, Maggi, Ando, der Marini, Vir ginia Reiter. Clara dAla Guardia. Tina di Lorenzo, der Gra- matika <- tittti grianti neue Blüten treibt, und in der Düse, der Nervenkünstlerin par «xovllonp«» daS größte Talent und die -. . - . .. ^ bervoraebrackt hat. -'^en Bühnengarten. ^ , i Rosti. der Früh- verstorbene, einst bei seinem letzten Bkkliner Gastspiele auf mein Lob der italienischen vschausviekrunst erwiderte: „Wir haben vielleicht die stärksten Individualitäten, Sie in Deutschland aber die besten Ensembles." Mag das iür eine gewisse äußere Exaktheit und den Glanz des Bühnenbildes, der Kostümierung, des Eingreifens der Sta tisterie usw., zutrefsen, welche Dinoe man in Italien nickt immer mit jener Sorgfalt behandelt wie bei unseren besten Bühnen: für das eigentliche sclivuspiclerische Zusammenspiel trifft cs sicher nicht M. Das wird, speziell im Lustspiel und Schauspiel — die Tragödie hoben Stils ist. noch stärker als bei uns, auf Len Bühnen Italiens immer mehr in den Hintergrund getreten — von der Bühnenkunst anderer Nationen sicher nicht übcrtrofien. Gewiß nickt von unseren deutschen Saisonbühncn, die schon nach wenigen Monaten wieder anseinanderlaufen, kaum, daß sich ein wirkliches Zusammenspicl hcrcmsgebildet hat. Das Wcmder- truppen-System hat eben, neben manchen Nachteilen, auch seine Vorzüge, zu denen vor allem die Bildung eines festen und aus geglichenen Ensembles gehört, das immer wieder dieselben Stücke mit denselben Darstellern zur Aufführung bringt. Diese Truppen gruppieren sich gewöhnlich um einen Doppel- star,'einen männlichen und einen weiblichen, von denen zumeist der eine sdurchaus nicht immer der männliche) die Direktion innchat. wenn sie nicht von beiden zusammen ausgcübt wird. Doch kommt es auch vor, daß der Direktor nicht spielt und, wie bei uns. nur die Geschäfte besorgt. Dann ist aber einer der Sterne als stiller Kompagnon, nicht nur mit fixer Gage, be teiligt. Im allgemeinen sind, auch in den größeren Theatern, die Eintrittspreise ziemlich niedrig, wenigstens für das rezitierende Drama. Das Parkett z. B. kostet in den ersten Theatern Genuas. Mailands, Venedigs. Turins zwischen 2—5 Lire, je nach dem Range der Gesellschaft und der Lage der Plätze. Merk würdigerweise sind die ersten Bänke billiger, als dic weiter hinten befindlichen. Allerdings liegt das Podium gewöhnlich etwas höher als bei uns; dazu versperren noch sehr große (mit buntem Samt überzogene, mit den Initialen der Direktion geschmückte und ihr gehörige) Souffleurkasten die Aussicht von den vorderen Plätzen. Schaut man hinter die Kulissen, so fällt einem zunächst aus. daß dic Dekorationen durchweg nicht aus Leinewand, sondern auf Papier gemalt sind, um dic sonst kaum erschwinglichen Transport- kosten zu ermäßigen Aus dem gleichen Grunde ist das Latten- werk auf das denkbar kleinste Maß beschränk. So umfang- reiche Versteisiingen wie bei uns gibt es nicht. Die Dekorationen rollen sich allesamt auf. Im ganzen ist alles einfacher, weniger aut die vollständige Illusion berechnet: es wird auch weniger mit