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Keine WaWetze innerhalb der Bolksparteien! Pariser Erörterungen über die Mobilisierung der deutschen Lawes-Obligationen. Eine Mahnung -es Reichsinnenminislers. Berlin, 4. April. Die volksparieiliche Preise hebt eine Aenßerung des NclchSministcrS des Inner» Dr. v. Ken bell hervor, die dieser ans der znrzcit in Berlin stattsindenden Achten Bundestagung des Deutschnatlonaleu LehrerbundcS machte. Herr v. Kcudell ging ans das Scheitern des Schul gesetzes ei« nnd betonte, die Dentschnationalcn hätten ihrer seits im Interesse des Zustandekommens eines späteren Schul gesetzes die Pflicht, zu verhindern, dak der Kamps mit der Deutschen Bolkspartei Formen annimmt, die etwa zu einer persönliche« Erbitterung sühren könnten. Zentruuiskan-i-alen sür Westfalen Nord und Süd. Hamm, 4. April. Die Wahlkreisausschüssc der Zentrums- partci haben gestern die Reichstags- und LandtagSkandidatcn für Westfalen Nord und Süd ausgestellt. Unter de» Reichs? tagSkandidatcn sind zu nennen Karl Herold, Professor Dr. Schreiber, Adam Sieger wald und Imbusch. Kermes bleibk -eulscher Derhandlungs- letter in Polen. Berlin, 4. April. Amtlich wird gemeldet: NeichSmtnister a. D. Hermes hat ans Anlaß seiner Wahl zum Präsidenten der Vereinigung der deutschen Bauernvereine dem Herrn Neichsaußenminister sein Amt als Führer der deutschen Delegation für die deutsch-polnischen HandclsvertragSver- handlungen zur Verfügung gestellt. Ans Vorschlag des Rcichs- auhenministerö hat das Nclchsknbinctt den Anstrag des Herrn Dr. Hermes erneuert. Dieser hat den Auftrag angenommen. Dr. Wirth in Wien. Reichskanzler a. D. Dr. Josef Wirth weilt seit Dienstag früh in Wien. Seine Anwesen- Der Prozehlermin noch nichl festgesetzt. Berlin, 4. April. Wie die hiesigen Blätter berichten, hat Legationssekretür Schliep über seinen Besuch bei den deutschen Verhafteten einen telegraphischen Bericht er stattet. worin er miltcilt, das, die Unterredung in Gegenwart von drei Beamten der G. P. U. stattsand nnd sich auf je zehn Minuten beschränkte. Die Verhafteten hatten erklärt, dak sic sich seit dem l5. März in Einzelzcllcn befinden und ihre Unterbringung seitdem keinen An las, zu Be schwerden gebe. Sauberkeit der Räume, Waschgclcgcnhett. Tuilcttenvcrhältnlsse und Verpflegung licken nichts zu wün schen übrig. Er selbst habe die Zellen besichtigt und festgestellt, das, die Räume zufriedenstellend seien. Maier habe über die Unterbringung vor dem 15. März geklagt, wo er mit 15 Mann znsammen t» einem engen Raum gewesen sei. Otto erklärte dagegen, das, er auch am Anfang, als er mit den Russen znsammcngcwcsen sei, bevorzugt be handelt morden wäre. Lcgationssekrctär Schliep habe beim Untersuchungsrichter die sofortige ärztliche Untersuchung Maiers nnd seine Ucber- sührung in ei» Lazarett beantragt. Es wurde zngcsagt, das; der Kranke »och am Montag ärztlich untersucht werden würde. Maier steht im Briefwechsel mit seiner Iran, die in Nutschcn- kow ist. Otto und Badstiebcr haben von der ihnen erteilten Genehmigung des Briefwechsels mit ihren Angehörigen bis- er keinen Gebrauch gemacht. Sämtliche Verhafteten hatten le Bestellung eines deutschen Verteidigers beantragt. Die Beamte» der G. P. U. hatte» erklärt, das, eine Entscheidung über den Termin und Ort der Gerichtsverhandlungen noch nicht getroffen worden sei. ES dürfte sich hierbei nur um eine erste Mitteilung de- LcgativnssekretärS handeln. Ein eigentlicher amtlicher Bericht liegt, wie verlautet, im Auswärtigen Amte noch nicht vor und dürste auch vor heute abend oder morgen früh nicht zu erwarte» sein, da Lcgationssekrctär Dr. Schliep erst heute mittag nach Moskau zurlickgekchrt ist. » Kowno, 4. April. Wie auS Moskau gemeldet wirb, ist aus das Ersuchen der deutschen Botschaft hin der verhaftete deutsche Ingenieur Mayer im Aufträge der G. P. N. einer ärztlichen Untersuchung unterzogen worden. Der Arzt habe eine N e r v e n r e t z u n g festgestellt nnd eine Aenderung der Behandlung empfohlen. Eine Uebersührung des Kranken in rin Lazarett könne jedoch nur von den obersten Behörden der G. P. U. bewirkt werden. Eine diesbezügliche Entscheidung soll bereits beantragt und bis morgen zu erwarten sein. Russische „Enthüllungen" in Paris. Paris, 4. April. »Intranstgeant* veröffentlicht «ine« langen Bericht einer i» Paris erscheinenden russischen Zeitung, worin behauptet wird, daß die Doncz-W rke, bei denen die «erhastcten deutschen Ingenienre beschäftigt waren, als IlricgSarsenal für die Reichswehr gedient hätten. Im Jahre tS24 sei »wischen einer deutschen Milttärkommission und. den heit hat keine politischen Hintergründe. Heute mittag fand im Bundeskanzleramt eine Begegnung Dr. Joses Wirths mit Bundeskanzler Seipel statt. Unterbin-ung -es Luftverkehrs im besetzten Gebiet. Berlin, 4. April. Im besetzten Gebiet herrscht eine leb hafte Mihstimmung darüber, daß die Städte den Anschluß an das Streckennetz der Deutschen Lufthansa leider auch in diesem Jahre nicht erreichen werden. Angesichts der un günstigen Lage werden die im vorigen Jahre über dieses Ge biet vorgesehenen Flugverbindungen in den neuen Sommer sahrplan gar nicht mehr ausgenommen, obgleich die Deutsche Lufthansa bereit ist, diese Strecken zu eröffnen. Die Schwierig keiten werden durch die Nhcinlandkommisston bz«. die Saar- rcgicruug hervorgcrufen. Theoretisch ist zwar die Lufthoheit in allen diesen Gebieten Deutschland zurückgegeben worden, praktisch aber hat schon im vorigen Jahre die Aufnahme des Flugverkehrs auf den vorgeschricbenen Linien nicht erfolgen können, weil die Nheinlandkommisston sich das Ge nehmigungsrecht sür das Ucberslicgen ihrer Gebiete Vorbehalten hatte und die Genehmigung mit irgendwelchen Vorwänden wegen der Sicherheit der Besatzungstruppen in den allermeisten Fällen nicht erteilt wurde. Im Gegensatz hier»» «erde« drei über das Saar gebiet führende Strecken in dem Gommerftrcckcnnetz 1928 erscheinen. Es handelt sich um die Linien: Köln—Saar brücken, Frankfurt a. M.—Saarbrücken, München—Stutt gart—Karlsruhe—Saarbrücken. Ueber die Ausnahme des Flugverkehrs auf diesen Linien wird mit den Nesahungs- stellcn verhandelt. Es muh erwartet werden, daß hierüber baldigst eine Einigung erfolgt, zumal der Landcsrat des Saargebicts eine Entschließung gefaßt hat, die die Aufnahme des Flugverkehrs mit dem Saargebiet fordert. Sowjets ein formaler Jntercssengemeinschaftsvertrag über die Ausbeutung der Doncz-Werke abgeschlossen worden. Es sei darin folgendes bestimmt worden: Eine sicbcnglicdrigk- deutsche Kommission übernimmt in Memcinsclmit mit einer gleichstarken russischen Kommission die Leitung der Werke. Ten Deutschen obliegt die technische und industrielle, den Russen die finanzielle und soziale Leitung. Deutschland verpflichtet sich, die Doncz-Werke zu einer leistungsfähige» K a r t u sch e n f a b r i k auszubauen, die not wendigsten Maschinen zu liefern und die Techniker zu stellen. Dafür erhält Deutschland die Hälfte der gesamten Kartuschen- prvdukton zu eigener Verwendung. Die Russen verpflichten sich, die Arbeiterschaft nnd die Rohstoffe zu stellen, und zum mindestens die ungestörte Fabrikation des deutschen Anteils zu gewährleisten. Aus Grund dieses Vertrages nun hätten die Deutsche« nicht weniger als 12 999 deutsche Arbeiter und Techniker mit samt ihren Familien nach Rußland geschoben und in nächster Nähe der Doncz-Werke in neuen Arbeitcrkolonien «nter- gebracht. Zwei Monate schon nach Eröffnung der Produktion Hütten die Doncz-Werke über folgende Belegschaft ver fügt: In der russischen Abteilung 3859 Arbeiter und 4999 Ar beiterinnen, dazu 2199 Lehrlinge, in der deutschen Abteilung 1259 Arbeiter, 12 599 Arbeiterinnen und 3899 Lehrlinge. Die Deutschen hätten für ihre Abteilung die weiblichen Arbeits kräfte vorgezogen, weil sie billiger arbeitete». Die Produktion in der deutschen Abteilung sei sofort um 27,5 Proz. höher ge wesen als in der russische» Abteilung, wogegen der Lohn um 15 Proz. niedriger war als tn der russischen. Kurz darauf sei tn den Donez-Wcrkcn auch die Fabri kation von Flugzeugmotoren ausgenommen worden. Auf jeden Fall sei es den Deutschen gelungen, die Doncz- Werke wieder voll in Schwung zu bringen. Die Produktion des Jahres 1927 habe die Vorkriegsproduktion um nicht weniger als 25 v. H. überstiegen. Gleichzeitig hätte diese Interessengemeinschaft, die zwar bet den Nullen keine un getrübte Freude hervorgerufen habe, den Deutschen gestattet, die Reichswehr unter Umgehung der interalliierten Militär, kontrolle mit bester und billigster Munition zu versorgen. Dieser russisch frisierten französischen Zweckmeldung steht die Unglaubhaftigkeit mitten auf der Stirn nnd man muß sich nur wundern, daß der deutschfeindliche .Hntrausigeant" nicht schon eher an die Donez-Affäre ein solch famoses Lügen märchen angeknüpft hat. Ein lö-liches Attentat auf Trotzki? Paris, 4. Aprtl. Rach de« »Reuyork Heralb* find gestern in Paris drahtlose Telegramme eingetrofsen. die be, sagen, baß gegen Trotzki von einem Armenier, der An hänger Stalins sei, in der Verbannung ein Attentat verübt worden sei. Trotzki habe einen Schuß in die Wirbel« sänke erhalten «nb soll im Sterben liegen. Die Neqierung bemühe sich, die Berbrcitung von Nachrichten darüber z« verhindern. (MDB.) . . ... Gegenwarls- «nb Zukunslsprobleme Oesterreichs. Von Dr. Michael Hainifch, Präsident der Republik Oesterreich. Dr. Hainisch hatte die Freundlichkeit, unserem Kor respondenten gegenüber die nachstehenden Ausführungen zu machen: Wird Oesterreich in der Lage sein, als wirtschaftliches und politisches Gebilde in seiner augenblicklichen Form w e i t e r z u b e st e h e n '? Das ist eine Frage, die nicht nur Oesterreich, sonder» auch die gesamte Kulturwelt bewegt. Es ist schwer, diese ernste Frage in einigen kurze» Sätzen zu beantworten. Sicherlich durchlebt das heutige Oesterreich eine überaus traurige Gegenwart, und seine Zukunft erscheint grau und trübe. Ein Blick aus die Karte Europas zeigt ohne weiteres, in welchem katastrophalen AuSmahe das alte Oester, reich verkleinert wurde. Tatsächlich hat man das Land wie einen Laib Brot ausgcteilt. Oesterreich besitzt tn neunens- wertem Umsange keine natürlichen Bodenschätze: es muß verzweifelt arbeiten, will es nicht untergeben. Trotz dieser höchsten Anstrengungen bleibt die Bilanz seines Außen« Handels unverändert passiv. Es gelingt ihm einfach nicht, den für die Verbesserung seiner Lage so überaus notwendigen Ausfuhrüberschuß zu erzielen. Gewiß haben wir tn der Landwirtschaft ziemliche Fortschritte gemacht. Unsere Produktion an Roggen, Hafer, Gerste und Kartoffeln konnte dank unserer unermüdlichen Anstrengungen so weit gesteigert werden, daß sie beinahe unseren heimischen Ansprüchen genügt. Noch sind wir aller, dings genötigt. Weizen und Mais in erheblichem Umfange einzuführen. Wir produzieren dagegen bereits etwa 60 Proz. unseres eigenen Zuckcrbcdarses. ES ist uns ferner gelungen, unsere Butter- und Käse-Erzeugung erheblich zu steigern. Wir sind daher auch nicht länger auf den Import dieser Landesprodukte in so starkem Maße angewiesen wie früher. Beispielsweise konnten wir einen sehr guten Ersatz für den berühmten Emmentaler Käse Herstellen, und das zu etnem Preise, der um etwa 15 Proz. niedriger ist als der Preis für echten Emmentaler. Natürlich behält der Schweizer Emmen, taler Käse seinen Ruf in der Welt weiter, aber für unsere hetinisclie Wirtschaft bedeutet die Schaffung eines hochwertige« Ersatzprodnktcs immerhin einen Vorteil. Auch in organisatorischer Hinsicht haben wir viel sür unsere Landwirtschaft getan. In Niedcrösterrcich be. steht bereits eine Vauernkainmer, nnd jeder Distrikt hat seine besondere Bezirksbauernkammer. Die Sekretäre dieser Be» zirkSbaiiernkammern sind Leute, die ihre Ausbildung auf einer landwirtschaftlichen Hochschule erhalten haben. Unsere Landwirtschaft hat sich also in den letzten Jahren sehr ge» hoben und dürfte auch in den nächsten Jahren weitere Fort, schritte machen, eine Tatsache, die natürlich für das gesamte Wirtschaftsleben des Landes von höchster Bedeutung ist. Gegner der A n s ch l u ß b e we g u n g weisen darauf hin, unsere Wirtschaftslage erbringe bereits heute den Beweis dafür, dass sich das verstümmelte kleine Oesterreich selbst er» nähren könne: mir hätten also keinen Grund, den Anschluß an Großdcntschland z» betreiben. Dies« Leute vergessen aber, daß die Fortschritte, die wir in unserer Landwirtschaft ge- macht haben, noch lange nicht eine Lösung unserer gesamten Wirtschastsproblcme bedeuten. Man muß sich einmal vor Augen halten, was es heißt, wenn wir bei einer Gesamt, bcvölkernng von nur etwa 6 Millionen Seelen einen Be» schäftigungsloscnstand von etwa 179 9M Personen besitzen, ja daß wir nor nicht allzu langer Zeit beinahe 309 990 Beschäf tigungslose zählen konnten. Unsere Industrie, auf die wir doch für die Aufrechtcrhaltung unserer Wirtschaftskraft angewiesen sind, hat die Mehrzahl ihrer ausländischen Märkte clngcbüßt. Jedem Reisenden, der Oesterreich besucht, wird es gar bald aufsallen, wie viele indnstrieNe Unternehmungen cs Im ggnzen Lgnde gibt, deren Schornsteine nicht rauchen. Besonders trostlos liegen die Verhältnisse In unserem Berg» bau. Ich glaube bestimmt nicht, das, sich unsere kleine Re publik, auf allen Seiten eng von wirtschaftlichen und politi schen Grenzen umgeben, für die Dancr halten kan«. Zu diesen schwerwiegenden wirtschaftlichen Problemen kommen innerpoltttsche Sorgen. Wien, das etwa ein Drittel der Gesamtbcvölkcrung des republikanischen Oesterreichs umfaßt, stellt sozusagen einen Wasserkopf dar, der auf einem kleinen schwächlichen Körper sitzt. Zudem be. steht tn Oesterreich ein halb politischer, halb gefühlsmäßiger Gegensatz zwischen Stadt nnd Land, besonders zwischen der Hauptstadt nnd den ländlichen Gebieten. Die Mehrheit der Arbeiterklasse sowie ein großer Teil der jüdischen Bevölke. rung Wiens ist nach links orientiert, während die große Mehrheit der Provinzbevölkerung der katholischen Partei an« gehört. Die blutigen Vorgänge, die wir im vergangene« Sommer tn Wien beobachten konnten, haben die Gefahr einer zu starken LinkSorienttcrung der Wiener Bevölkerung auch dem Auölanbe vor Augen geführt. Der monarchistischen Bewegung t« Oesterreich lege ich keine große Bedeutung bet. Die Habsburger scheine« mir erledigt. Selbst in Vorarlberg und Tirol, der bisherigen Hochburg der Habsburger, hat der republikanische Gedanke tark au Macht gewonnen. Ich glaube, daß in ganz Oester, reich knap« 5 Prozent Monarchisten vorhanden sind, Für Zer Bericht über die Zonez-Gesangenen.