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SS. Jahrgang. O A17 Donnerstag, 14. August 1924 Gegründet 1838 Dradtemlckritl: «echec-HI», genüprecher- Sammelnummer 2» 241. Dur tür NachtgeiprSch«: 20011. Bezugs - Gebühr Di« An.,»«« werde» »»ch ««tdnwrli deeechnel: di» ecnt»«»,«» R >»n> »re«, Anzeigen-Preise: «uberdckd 2V0VI,. 0s>«r»,n,»dul,r IVPtg. A»»». AutzrS^ s»,en Dorausde^l. vackdruck «r mit deuMcker Ou»e«»»na,t>« «.Dresdner «Nachr.-i «asm«. — Nnverlencil« SckrisMlick» werden »ich« miidewadr» Schrislieiwng und Irauplgelckiiftsflelle! MarirnIIrode 3S/40. Druck u. Verlag von lllepsch L AelchardI in Dresden. Posticheck-Äonlo 1OSS Dresden. 11 gninsik, keko rikkurrlmke 21 ^ k»»pe«,d«r: KS11 lS»mm,inumm,s) sologr.-äilr.: kridoalc kSSlll plivst-ksiiit, 6sgk. 1909 sls SsnosZsusclieltt , _ . kern,pr,eher: SM, -07, 4S7 kintrill der Krisis. Unerhörte französische Gegenforderungen für eine bedingte Räumung -er Ruhr. Deutschnalionaler Slan-punkl zur Ränmungsfrage. — Das Urteil im Fie-ler-Prozetz. Die Ruhr muh spätestens Januar 1925 geräumt werden! London. l!l. Ana Herriot und dir' belgischen Minister sind heute morgen t»,!>0 Uhr im Auswärtigen Amt mit dem Reichs kanzler Marx und dem Aussenunnisler Dr. Strcsema » n zu einer Besprechung zusammcngctrctcn. Wie verlautet, bilden den Gegenstand der Verhandlungen die Räumung des Ruhrgebietes, die Frage der M i l i t ä r k o n t r o l l e in Deutschland, das Problem der sranzösischcn Lichcrheit nnd die Grundlage fiir das in Aussicht genommene sranzösisch- deutsche Handelsabkommen. Anscheinend drängt die deutsche Delegation daraus, das, das Datum der Räumung nicht Uber den Januar 1!)L!> hiuanögczogcn wird, mäh rend die Franzosen daraus bestehen, das, cs ungefähr in den August 1»2ü säll«. Möglicherweise kommt es zu einem Uom - promisi zwischen beiden Staaten, und in diesem Hall steht einer erfolgreichen Beendigung der Konferenz so gut wie nichts mehr im Wege. «W.T-B.j Die Bedeutung der Verhandlungen am Mittwoch. Der Höhepunkt der Konferenz. iLonderdiciisi von der Londoner tkonserenz.) London. l:l. August. Der Mitlwochmorgen bedeutet den Höhepunkt der Konferenz. Es ist das erstemal nach dem Kriege, das, die offiziellen Vertreter Deutschlands. Frankreichs und Belgiens alle miteinander verhandeln, um den 'Versuch einer generellen Verständigung über alle Streitfragen zu machen. Herriot hat zivar die Hoffnung nnsgesprvchen. das; nach dem Abschlns; der Londoner Konferenz Deutschland nnd Franlreich alsFreundc voneinander scheiden würden, aber vorläufig stehen dem noch starke Hindernisse entgegen. Die Aussprache ist gut vorbereitet. Die englische Haltung sühn den Franzosen zu Gemüte, das; nach den eigenen früheren Ertlürungen Pvincaräs ihre Besetzung der Ruhr vollkommen in der Lust hängen würde, sobald das Sachverständigengut achten angenvinmen worden sei. Am Dienstagabend hat noch eine Besprechung zwischen den Belgiern und den Franzosen stattgcfnnden. in der die Belgier keinen Zweifel darüber gelassen haben, das; ne lieber beule als morgen aus dem Ruhrgebiet herausgingcn. Mac donald und die Amerikaner sind hinter den Kulissen tätig ge wesen, aber man weis; nicht, wieweit es gelungen ist, Herriol weich zn machen. ES wird deshalb, weil der gesamte Fragcn- komplcr durchgcsprochen werde» soll, mit einer Dauersitzung gerechnet. Die deutsche Delegation hält ihre Sachverständigen für die verschiedensten Möglichkeiten bereit und ist gerüstet, ob nun die Frage der Entwassnnng, der Amnestie, der Rück kehr der Vertriebenen oder der Handelsverträge entschieden »»erden soll. Die Lage isl sehr bedenklich. iS o n d c r d > e » st von der Londoner Konferenz.) London. 13. August. Die heute mittag um 2 Uhr ab gebrochenen deutsch französisch belgische» Verhandlungen sind heute nachmittag um ü Uhr iin Hause Maedonalds, Downing Street 10, wieder ausgenommen worden. Die Verhandlungen haben ein kritisches Stadium erreicht, lieber die Schwierig keit der Situation ist man sich i» allen ttonscreiizkrciscn völlig klar. Die deutschen Bertrelcr waren sehr überrascht, als sie heule früh Herr tot, nicht wie sonst von Rollet nnd Est'mcntcl begleitet, sondern t» Begleitung von zwei Be- riisödiplomatcn, Pereilt dclla Nvcea und Bergern, antrascn. Infolgedessen wurde lediglich über die Ruhr- ränmiing und Uber die damit von sranzüsischcr Seite in ZusammenHang gebrachte Frage verhandelt. ,Vm Zusammen Hang damit wurden die Amnestiesragc, die Rückkehr der Be amten und die Eiienbahncrsrage besprochen. Herriot bcharrtc daraus, das, er erst am l'». August nächste» Jahres die Ruhr räumen werde. Ratnrgemäss sind die Rachrichten über den Stand der Verhandlungen, die unterbrochen sind, ziemlich spärlich. Der allgemeine Eindruck ist aber der, das; ein sehr kritisches Sta dium der Konferenz erreicht worden ist. Heute nachmittag wird, wie man aiinimmt, über die Frage der handelsverirgglichcn Zugeständnisse a» Frankreich gesprochen werden. Die deutsche Delegation sieht ans dem Standpunkte, das, cS zu teuer bezahlt märe, wenn man slir einen Zeitgewinn von menigcn Monaten bei der Rnll- räumnng dauernd handelspolitische Belastungen in Kaus nehmen würde, und man ist entschlösse», in dieser Hinsicht keine Konzessionen zu machen. Beide Parteien scheine,, seist ent schlossen zu sei», cs ans einen Abbruch der Verhandlungen ankommen zu lassen, in erster Linie England und die Vereinigten Staaten. Jedenfalls hat heule schon im Laufe des Vormittags Macdvnald wiederholt inter veniert, denn er war wiederholt bei den Verhandlungen an wesend. Eine neue Schwierigkeit ist dadurch cingetreten. dass Herriot im Lause der Unterhandlungen plötzlich daraus hin wies, das, das Lanktionsgcbict i» zwei Teile zerfiele- Die deutsche Regierung hatte bisher »„widersprochen die Ans- sassnng vertrete», das; das gesamte Einbruchsgediet einheit lich zu beurteile,' wäre. Herriot machte darauf aufmerksam, das; er nur für das Rnhrgebiet selbst zuständig wäre, und das; die drei Städte Düsseldorf, Duisburg und Nuhrvrt der Zuständigkeit der Reparntionskommissivii unterständen, aus deren Veranlassung seinerzeit die Besetzung erfolgt sei. Man nimmt vorläufig nicht au, das, die Frage der drei SanklionS- siädte irgendwelche nnsiberwindlickie Schwierigkeiten bieten wcrde, da cs sich vorläufig nur nm eine Schwierigkeit in der Kompetenzfrage handle. Absage -er Sitzung -es Vierzehner-Rales. London. 13. August. Reuter erfährt aus britischen Krei sen, dass der Rat der Vierzehn, der nicht, wie vereinbart, heute nachmittag zusammcntrat, weiterhin auch den Bericht des dritten Komitees bezüglich des Schiedsspruches zwischen dem IlebertragungsauSichus, und der deutschen Negierung berate. Ein weiterer Grund fiir den Richlznsammeutritl des Rates der Vierzehn sei wahrscheinlich die Tatsache, das; keine Vereinbarung heute vormittag zwischen den deutschen, fran zösischen nnd belgischen Delegierten Uber die Frage der mili tärischen Räumung erzielt wurde. Diese Erörterungen wer den heute nachmittag fortgesetzt. kW. T. B.i Besuch -es Reichskanzlers bei Mac-onald. Der Zweck des Besuch» wird gehetmgchalten. iL o n d e r d i e » st von der Londoner Konferenz.) London, 13. August. Der Reichskanzler stattete am Rachmiltag in der Panse zwischen den Vormittags- und den Nachülittagsverhandliliige» dem englischen Premier minister einen Bes» ch ab, der eine Stunde dauerte. Die Tatsache des Besuchs nnd der Zweck derselben werden streng grheimgchaltcn. Man wird aber annelnnen dürfen, das; Dr. Marr die Gclegenlwit benutzte, nm Macdonald nicht nur in seiner Eigenschaft als englisciwr Premierminister, sondern auch als Vorsitzender der Konferenz der Ministerpräsidenten dar aus Hinz« weisen, das, eine einjährige Frist für die Nuhr- ränmnng iiir Dcnlschland nnanncsimbar sei. nnd das, daran das ganze Ssterk der Konferenz zu scl)eitcrn drohe. Französische Ablenkungsversuche. sSondericienst von der Londoner Konferenz.) London, 13. Nng. D-cr Parlier Korrespondent des „Man chester Guardian" lenkt die Aufmerksamkeit seiner Leser er neut aus das französische Bestreben, die augenblicklichen Kon- ferenzvcrhandlnngen mit einer Unsumme von Nebensächlich keiten, wie die deutsche Entwaffnung, die Räumung Kölns, die Sicherheitssrage, die Handelsverträge, die interalliierten Schulden, zu belasten. Diese Dinge hätten mit der Konferenz nichts zu tun- Sie würden nur unter dem Gesichtspunkt be sprechen, ob man sic nicht als Vorwand zum Verbleiben in der Ruhr bcnntzen könne. Dennoch wäre kein Zweifel, das, die Franzosen begriffen haben, das; sic ans dem Nuhrgcbiet heraus müssten. Der Korrespondent schreibt weiter, eS wäre über flüssig, alle Beweisgründe gegen die französische Logik ins Feld zu führen, denn es wäre unlogisch und überflüssig, sic mit der RäumilngSsrage in Verbindung zu bringen. Besonders über flüssig wäre das Hereinzichcn der interalliierten Schulden in die Nältmiingsvcrhandliingcn. Die Arbeilen für Donnerslag. London, 13. August. Morgen vormittags 1l» Uhr findet eine Zusammenkunft der sechs Häupter der Alliierten Delegn livn und daraus eine Konferenz der Vierzehn statt, die die grundsätzliche» Entscheidungen z» ratifizieren haben wird, zu denen heute abend die Vertreter der drei hauptsächlichsten interalliierten Mächte gelangen werden, und die die mili tärische Räumung, die Belastung der frgnzösischen nnd der belgischen Eisenbahner, die Rückkehr der während des pas siven Widerstandes ausgewicscncn Beamte», das Verzeichnis der Ratnrallieser»ngen und die deutschen Verschlungen be treffen. lW. T. B.) Mililärkonlrolle und Ruhrräumung. Roch kein ttontrollpla» des Völkerbundes. London, 13. August. Da Frankreich für die Räumung des Ruh »gebiets nicht nur einen wirtschaftlichen, son dern auch einen militärische» Preis verlangt, so dürfte die Frage der M i l i t ä r k v n t r o l l e noch eine Nolle spielen. Hcrrivt wünscht, wie „Dailn Ehroniele" sich ansdrückt, hierüber alle verschiedenen RegicrnngSmitglicder z» sprechen. Deswegen sei a»ch bereits ein deutscher militärischer Sachverständiger in London angckomme». Hcrrivt schlage vor, baß die Revisionen sofort beginnen solle». Schwarz-rol-gol- gegen Schwarz-weih-rol. In diesen Tagen ging eine kurze belanglos erscheinende Mitteilung durch die Presse, in der berichtet wurde, das; Mit glieder des Reichsbanners Slluvarz-rvt-avld in einer nieder deutschen Kleinstadt Stahlhelm- nnd Landbnndlcntc bei einer Demonstration überfallen und mit ihnen eine blutige Aus einandersetzung hcrbcigcsührt haben. Ist dieser Znsammen- scos;, wie jede gewalisaine gegenseitige Bekämpfung deutscher Boilsgenvsscn an sich schon bedauerlich, io dnri das, was es wie ein Snmbol verhüllt, als eine der gefährlichsten und schwerstes Unheil verkündenden innerdeutschen Gcgenwarts erscheinungcn angcsprvchc» werden. Es ist die tiefe, unüber brückbare Kluft zweier Uebcrzcugnngen, die in diesem Vor gang znm Ausdruck kommt, es ist der sinnfällige Beweis fiir die sich stetig verschärfende Zuspitzung vvn Gegensätzen, die als ein Danaergeschenk der Revolution von 1918 in den Schosi des deutschen Volkes gelegt wurde und es ist schliesslich ein Zeichen dafür, dass man in schwarz-rot-aoldencn Kreisen den Zeitpunkt für gekommen ansieht, die Gegenseite unter Zuhilfenahme letzter gewaltsamer Mittel aus ihren Positionen zu verdrängen. Tie Farben, so viel sic gc,m»nt werden und so grvss ihre Bedeutung als historische Wahrzeichen deutscher Eittwicklungsperioden auch sind, spielen beim Anstrag der Differenzen nur eine nebeiigcordncte Rolle. Sie sind die Exponenten nalionnlpvlilischcr Auffassungen, deren Ver schiedenheit zum Teil aus ausciiiailderstrebcndcn Welt anschauungen beruht. Auf der einen Seite, seit verwurzelt in der geschichtlichen Traditivn, nw rschüttcrlicb durchdrungen vvm Glauben an eine deutsche Zutnnft, die sich auf friedlich und kriegerisch in Deutschlands Vergaiiacnheit zustande- gckvmmeuen Grnndlagen ansbaut, steht die. wenn man io sagen darf, schwarz weiss-rote Ueberzeugnng, auf der anderen erheben sich die jungen schwarz-rot-gvldenen Ansprüche, die sich auf den im schwächsten Augenblick des alten Deutschlands bcwerlstcNigtcn Umsturz und jene zeitweiliae Ucbcrlcgenhcil republikanischer Tendenzen als Rcchtsbasis stützen. Die wirklich geistig vom Wert und von der Kraft ihrer vaterländischen Nebcrzeugung durchdrungenen Anhänger des schivarz-wciss-roten Smnbvls haben nie Neigung dazu be kündet, ein Zwangssnstcm des nationalen Glaubens zn schaffen und anderen ihre Gesinnung aufzuoktrovicren. Sie wussten und wissen eS noch heute, dass ihre Stunde nicht mit Gewalt oder technischen Mittelchcn herbeizuftthren ist. sondern, dass sie cniwicklnngsgcmäs, kommen muss und kommen wird, die Stunde nämlich, in der Dcntichland den Faden seiner Answärtöbewcgung zu Macht und Grosse an der Stelle wieder ausnehmcn wird, an der er zerschnitten wurde. Wo sich im Zeichen Schwarz-weiss-rot gegenteilige Erscheinungcn geltend machten, da handelte es sich für jeden, der objektiver Krilil fähig ist, nm die Abwehr vvn Angriffen, die aus dem Rechte der Verteidigung heraus selbstverständlich war. oder nm Ucbcrgrifsc jugendlicher Elemente, die von menschlich ver ständlichem, aber sachlich schlecht angebrachtem Fcncrciier ge leitet wurden. Für die Zurückweisung von Vcrleuliid'»ge», die die Verteidigung schivarz-wciss-roten Rationalgntcs in schnöden Terrorismus ummünzcn wollen, kann liier kein Raum sein. Wäre die schwarz-rot-goldene Bewegung von; Tage ihrer Geburt an, als den man übrigens nicht die Epoche der Bürger revolution vvn 1818, nicht den 11. Anglist 1919, sondern nur den 9. November 1918 bezeichnen kann, die gleichen Bahnen gegangen, wie ihre volkstümliche Vorgängerin, ihre natnr gegebene schwarz-wcis; rote Gegnerin, die Bahnen friedlicher Entwickelung, so würde cs sich wahrscheinlich schon bis ans den Tag gezeigt habe», wie wenig lebens- und anSbreilungs- fähig sie ist. Die Anhänger des ne»-schwarz rot goldenen 'Banners haben aber von Anfang an versucht, unter Aus- schlachtnng ihrer staatspvlitischcn Machtstellung ans dem 'Wege änsserlichcn Zwanges Proselntcn zu machen und ihre Gegner schgft durch eine ihre eigene Bedeutung weit übersteigende Propaganda zu ersticke». Das Wort von den schwarz-rot goldenen Fahnen, die am Vcrfassnngslage nach dem Vorschlag eines dcinvkralischcn Berliner Blattes jede andere Beslag- gung durch ihre Masse erdrücken und unwirksam machen sollte», ist kenn zeichnend für die Methoden dieser 'Bewegung überhaupt. Mag sein, das; sic sich ans diese Weise künstlich eine längere Lebensdauer und einen grösseren, als den normalen Anhang verschassen kann. Den Triumph volksiimspannender Ausdehnung wird ihr solche Praxis unter keinen Umständen Vvr allem svllte sich die ichwarz-rot goldene Bewegung vor einer lleberschätznng ihrer letzten „Erfolge" und vor einer Unterschätzung der allgemeine» Situation hüten, wie sic immer hänsigec in den ihr dienstbaren Srganen der Svzialdcmvlratie