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WUWW. Donnerstag, S. November 1»27 Jahrgang. ^ S17 Drabln-sckrill: N»a,rtchte« Drees»» Eernivkecker-Sammelnummer: SS 241 Nm lür Nackloesprüche: SO 011 Bqug-.Debühr Gin,«!»«««»» to <v1e«»i,. Anzeigen-Preise: >»n »erde» N-» B»> leil« » Pia., kür auewS --bat, >!i Pka., a^erko auiierbalb rsoPka. OffeNl berechnet: die eintvaltiae »» mm breite amtlienameioen und Slellenaesuche ohne . dt« »v mm breite Reklamezeile 2ix> Via., dkg. Bu,w. Auktrüae aeaen Dorausbezablg. Schriktleituna und HauvlgeschäftsÜeller Marienftrabe 38 42 Druck u. Verla« von Ltepsch ck Neichardt in Dresden Postscheck'Konto 1083 Dee.de« Nachdruck nur mit deutlicher Quellenanaab« l.Dreeduer Nachr.'i »uläika. Unverlanote Schriklktückc werden nickt ciulb.'wabrl. „Times" erkennt Roms Tangeranspriiche an. Schon eine deutsche Anfrage in Washington wegen der Nachfolge v. Prittwitz und Gassron. Für ein neulrales Tanger. London, 8. Nov. Der Zweck des italienischen Flotten- besucheS in Tanger, für den die „Times" in ihrem heutigen Leitartikel den verschiedentlich gemachten Vergleich mit dem Besuch des früheren deutschen Kaisers im Jahre 1806 oder der Entsendung des „Panters" nach Agadir im Jahre 1V11 ganz entschieden ablehnt, ist nach Ansicht des Blattes der deutliche Hinweis an die Mächte, dass Italien das 1SL8 verhandelte «bkomen über Tanger als wichtigste Mittelmeermacht nicht annehmen kann. Die „Times" unterstreicht heute noch einmal die Auffassung der britischen Außenpolitik, dak Italien einen Rechtsanspruch darauf hat. in der Tanger verwaltung gebührend vertreten zu sein, meint aber gleich zeitig. das, tm gegenwärtigen Augenblick für die Verhandlungen -mischen Frankreich nnd Spanien weder die Beteiligung Italiens noch Grobbritanniens von irgendwelchem Nutze« wäre. Nach britischer Ansicht sei bereits viel gewonnen, wenn zwischen den beiden Ländern ein Abkommen über die Gen darmerie und andere auSstehende Fragen erreicht werde und so der Weg für die italienische Einschaltung in die Tanger verwaltung frei gemacht werde. Das gegenwärtige Verwal- tungSfystem in Tanger habe unter schwierigen Umständen be wiesen. dab es keine ernsthaften Fehler habe. Wenn es er- weitert werden könnte, so mübte Tanger in der Lage sein, über ein« wirksame Verwaltung zu verfüge«, fähig, eine Politik der offenen Tür für den internationalen Handel tm Zeichen des Friedens und der absoluten Neutralität im Falle des Krieges z« betreiben. Der sranzöstsch.i1atter»ische Gegensatz tn der Tangersrage. Paris, 3. Nov. Gegenüber dem italienischen Standpunkt In der Tangerfrage wird am Qnay d'Orsay betont, daß der Vertrag Tittoni-Briand von 1816. der sich nur auf Einzelfragen in der französischen Zone bezog, keinerlei Ab änderungen an dem Prinzip des italienischen Verzichtes aus Marokko, wie es im französisch-italienischen Abkommen von 1812 sestgelegt wurde, gebracht habe. „Figaro" für einen franzSsisch-ikaiienlschen Ansaieich. Paris, 8. Nov. Die Rechtspresse bemüht sich weiter, direkte Verhandlungen zwischen Brtanb und Mussolini herbei zuführen Italien reiche im internationalen Tanger Frank reich die Hand entgegen, schreibt der „Figaro". Der Ouai d'Orsay habe stets an Verhandlungen zu vieren. England, Spanten, Italien und Frankreich gedacht, sobald die Beratungen zwischen Frankreich und Spanien beendet sind. Wenn tn dieser Beziehung ein Mißverständnis ent stehen konnte, so sei dies nur darauf zurückzuführen, daß man in Rom nicht genügend Politik der Zusammenarbeit und des Kontaktes betreibe, besonder» im Hinblick auf die wesentlichen Fragen über die Abrüstung und den Anschluß Oesterreichs an Deutschland. Aalienisch-sranzösischer Zwischenfall in UeskUb. Rom, S. Nov. In der französischen Privatschule in Ue 8 küb hielt Professor v. londel au» Part» einen Bortrag, zu dem auch der italienische Konsul eingeladen war. Als Pro sessor Blondel «. a. erklärte, baß di« slawischen Minderheiten In Italien keine Freiheit gendffe«. erhob sich der Konsnl «nd fordert, de« Redner anf. diese Aenßernng -nrückznnchmen was aber nicht geschah. Darauf verlieb der Konsul den Saal Die italienischen Blätter erwarten, daß der für Mailand vor gesehene Vortrag Professor Blondeis abgesagt wird. Neue Auruhe« tn Syrien. Paris, 3. Nov. Wie au» Jerusalem gemeldet wird, sind zwischen mehreren Stämmen tn Syrien Feindseligkeiten ausgebrochen. Ein weitere» Umsichgreifen der Bewegung sei zu befürchten. Der Kampf Danzigs um sein Recht. Um -as Klagerecht -er Danziger Eisenbahn- beamien. Danzig, 8. Nov. In der Frage des Klagerechtes der Danziger E i s c n b a h n b e a m t e n, in der die sreie Stadt Danzig gegen die Danzig feindliche Entscheidung des Bölkerbundslvmmissars van Hamei vom 8. April 1827 Be rufung eingelegt hatte, hat der Vülkerbundsrat auf seiner Scptembertagung beschlossen, ein Rechtsgutachtcu des ständi ge» internationalen Gerichtshofes im Haag einzuholen, das zu der rechtlichen Begründung der Entscheidung van Hamels Stellung nehmen soll. Das Gutachten wird in gleicher Weise wie eine Entscheidung tn einem Streitfall abgegeben werden, d. h. beide beteiligten Staaten, Danzig und auch Polen, haben nochmals ihre RechtSaussassung tn Schriftsätzen dem Gerichts hof zusammensassend darzulegcn und durch ihren Sachwalter in mündlicher Verhandlung im Haag vorzutragen. Der Haager Gerichtshof hat Danzig in gleicher Weise wie Polen durch ein besonderes Schreiben ausgcsvrdert, entsprechend zu verfahren. Znm Bevollmächtigten der Freien Stadt Danzig, der diese vor dem Gerichtshof vertrete« wird, ist daraus durch den Danziger Senat der bedeutende Staats, und BölkcrrechtS- lehrer an der Universität Paris. Prof. Gilbert Gidel, bestellt worden, der in Fachkreisen u. a. durch seine Vorlesungen an der Akademie für internationales Recht im Haag bekannt ist. Der Gerichtshof, der sonst aus els ständigen Mitgliedern besteht, wird für diesen Fall um zwei weitere Mitglieder ver mehrt werden, von denen je eines durch die beteiligten Staaten Danzig und Polen ernannt wird. Zum Richter seitens der Freien Stadt Danzig ist der Danziger Gerichtspräsident, Geh. Oberjustizrat Dr. Crusen, ernannt worden, der durch seine langjährige dienstliche Tätigkeit im AuSlanbe und seine besonderen Kenntnisse auf dem Gebiete des internationalen Rechts, wie auch in seiner Eigenschaft als korrespondierendes Mitglied de» Instituts für internationales Recht an der Uni versität Kiel und Mitglied des Rate» der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht für die Wahrnehmung de» Rtchteramtes vor zugsweise geeignet erscheint. Der Zeitpunkt für die Verhandlung der Parteien vor dem Haager Schiedsgericht wird von diesem noch bestimmt werden, sobald ihm die schriftliche Stellungnahme beider Parteien zu- gegangen ist. womit tn nächster Zeit gerechnet werden kann. Die Aufforderung de» Haager Schiedsgericht» an die Freie Stabt Danzig zur Entsendung von Vertretern ist für da» Danziger Staatswesen au» prinzipiellen Gründen von großer Bedeutung. Dadurch, daß Danzig wie alle andere« Staaten eingeladen worden sind, seine Vertreter -n entsenden, hat auch der hvchste Gerichtshof der Welt wieder einmal besonder» ,«« Ausdruck gebracht, daß er a« dem sonveräne» StaatScharakter DanzigS. der einzig von Pole« immer wieder geleugnet wird» keine« Zweifel hat. Rechtswidrige Verhaftung eines Danziger Bürgers. Danzig, 8. Nov. InDtrschau wurde vor einigen Tagen ein Danziger Bürger, der Bausachverständige Dieball. von polnischen Beamten verhaftet und ins Untersuchungsgefängnis eingeliefert, weil er ein halbe» Pfund Bonbons und einen Viertelliter Kognak über die zulässige Menge als Retse- proviant nach Polen mitgenommen hatte, obwohl er dielen Vorrat bei der Z o l l k o n t r o l l e sofort vorgezeigt hatte. Die polnischen Beamten verlangten von ihm eine Strafzahlung von 680 Zloty. Da Dieball diese Summe gar nicht bei sich hatte, wurde er in» Gefängnis eingeliefert Erst am nächsten Tage gelang es den Bemühungen seiner Frau, ihn gegen eine Kaution freizubekommen. Bet der Verhaft««» hatten die pol nische« Beamten geänßert, daß gerade gege« Angehörige deS Freistaates Danzig so scharf vorgegange« «erde« müßte. Tat sächlich handelt eS sich bet diesem Vorgang wieder einmal um einen reinen Willkürakt polnischer Beamter. Denn die ge forderte Strafzahlung ist unzulässig, und die Berhaftnng kommt einer Freiheitsberaubung gleich. Es ist anzunehmen, baß diese Häufung von Willkürakten gegen Danziger in Polen noch ein politisches Nachspiel haben wird. Doch Kerr v. Prittwitz und Gaffron? Berlin, 8. Nov. Nach den neuesten Meldungen scheint es sich nun doch zu bewahrheiten, baß der bereits als Kandidat für den Botschafterposten in Washington genannte Bot. schaftsrat von Prittwitz und Gaffron zum Botschafter ernannt werden soll. Der Vollzugsausschuß de» Reichstages soll bereits seine Zustimmung gegeben haben. Nach einer Washingtoner Meldung wird Botschaftsrat von Prittwitz dort als pvrson» srata bezeichnet. Rach einer Ne»,orker Meld»«g eine» Berliner MittagS- blatteS hat daS Staatsdepartement i« Washington die formelle Anfrage der deutschr« Regier««» erhalle«, ob der bisherige Botschaftsrat i« Rom. Herr ». Prittwitz, als Nachfolger MaltzanS «mf de« Washingtoner Votschafterposte« porsono. »rata der amerikanische« Regier»«» sei. Die Antwort de» Staatsdepartements dürfte noch heute erfolgen. — „New Aork Time»" begrüßt bereits den „neuen deutschen Bot. schafter" in einem Leitartikel, indem sie auSführt. baß Pritt- witz bei dem diplomatischen Dienst gestanden habe, und -aß er schon einmal der Washingtoner Botschaft zugeteilt gewesen sei. Sr sei zwrifello» gut geeignet, seine Regierung in Washington zu vertrete« und die deutschen diplomatischen Traditionen fortzusetzen. Die Transserkrise. Von Dr. K. H. Berger. Die plötzlichen Schwierigkeiten in der Begebung der 80-Millionen-Mark-Preußenanleihe, die erst nach einem ziem lich aufregenden Hin und Her in Amerika zustande kam, hat die ausländischen Inhaber staatlicher und privater deutscher Anleihen stutzig gemacht. Die amtliche Kursnotiz einer Reihe erstklassiger deutscher Werte ist daraufhin an den großen Wcltbörsen um mehrere Punkte gefallen. Eine starke und für die deutsche Wirtschaft nicht ungefährliche Ernüchterung hat aus dem Kapitalmarkt der Welt für deutsche Werte Platz gegriffen, so daß die Reichobank beschleunigt zur einer Herauf- sctzung des Diskonts schreiten mußte, um den fremden Geldern neuen Anreiz für kurz- oder langfristige Anlagen in Deutschland zu geben. Diese Ernüchterung, die von einer gewissen Nervosität der ausländischen Inhaber deutscher Werte begleitet wird, gründet sich auf die Befürchtung, daß die Zinszahlungen der deutschen Anleihen in Devisen hinter der Transferierung der Dawes-Annuitäten rangieren würden. Wenn also aus Gründen politischer oder wirtschaftlicher Art der Reparä- tionstransfer in der festgesetzten Höhe nicht möglich sei, so würde danach die Zinszahlung der Anleihen erst recht nicht stattfinden. Hier klafft demnach eine bedenkliche Lücke im Dawes-Abkommcu. nicht für das Deutsche Reich, das als Hauptleidtragender auf jeden Fall bis an die Grenze des Möglichen zahlen muß, son dern für die Inhaber deutscher Anleihewerte, wovon ein Betrag von etwa 5 Milliarden Mark in der Welt zirkuliert. Der Artikel 248 des Versailler Vertrags gab der Reparationskommission ein Prioritärspfandrecht auf allen Vermögensbesih des Reiches und der Länder. Später ist die Ncparationssragc durch das Dawcs-ALkommen geregelt worden. Gemäß den Bestimmungen dieses Planes sind die festgesetzten Annuitäten zugunsten des Neparattonsagenten an die Rcichsbank in deutscher Währung zu zahlen. Danach wäre die auch tm Ausland gehegte allgemeine Auffassung berechtigt, daß der Artikel 248 solange nicht in Frage kommt, als die Annuitäten in der vorgeschriebenen Form in Deutschland ge zahlt werden. Die Bezahlung der Annuitäten tn Reichsmark an die Rcichsbank und die Transferierung der angesammelten Gel ber sind zwei grundverschiedene Dinge. Weil aber die deutsche Negierung und die Rcichsbank verpflichtet worden sind, „in jeder sachgemäßen Weise, soweit es in ihrer Macht steht, die Arbeiten des Transferkomitees zu unterstützen", ist zurzett in der ausländischen Oefscntlichkeit eine lebhafte Debatte dar über tm Gange, ob Regierung und Reichsbank deshalb eine Berechtigung besitzen, zur Sicherstellung des DaweS-Transfers in gegebenen Fällen die Belieferung mitDevisen zu rationieren, auf diese Weise also die private Zinszahlung ans Ausland ««möglich zu mache«. Soweit sich bisher übersehen läßt, herrscht tm Ausland die Auffassung vor. daß der Zinsenbienst der privaten Anleihen den Vorrang vor dem Reparationstransfer haben müsse. In der englischen Wirtschaftszeitnng „Economist" wird darauf hingewiesen, daß der Borrang ihrer Zinsen den privaten Aus landsgläubigern bei Hergabc ihrer Gelder eine Selbst verständlichkeit gewesen sei. Die Sachverständigen des DaweS-Planes hätten mit großen Schwierigkeiten in der Transferierung gerechnet und deshalb Borsorge getroffen, daß der Reparationsagent bei einer Unmöglichkeit des Transfers die Uebcrschüsie bis zum Höchstbetrag von fünf Milliarden' Mark in Deutschland anlcgen könnte. Aber sie wären nicht gleichzeitig in der Lage gewesen, festzustellen, daß Deutschland auf ausländische Kredite in großem Umfang angewiesen sei. DaS Transferkomitee sei, das stehe fest, beauftragt, die Trans ferierungen so vorzuiichmen, daß Währungsfchwiertgkeiten nicht entstehen Man dürfe deshalb z« der Annahme berechtigt sein, daß der Zinscnbienst der Anleihen, der obne Beziehungen znm Staat ans dem gewöhnliche« Gcschästswege erledigt würde, praktisch, wenn nicht rechtlich vor den Transferierun gen anf Reparationsrechnung de« Borrang haben müsse. Die Stimmungsmache in der englischen Oeffentlichkeit für ein Prioritätsrecht der Anleihezinsen wirb auch auf die Bereinigten Staaten ausgedehnt. Die Engländer weisen auf bas „»inoffizielle, aber freiwillige Zusammen arbeiten der Bürger der U. S. A. bei der Lösung des Re parationsproblems" hin, auf die Bestellung des Generals DaweS zum Vorsitzenden des ersten Experten-Komitecs. Da durch sei eine sichere Bürgschaft für eine „faire" Behandlung der privaten Gläubiger gegeben. An dieser Auseinandersetzung zwischen seinen Gläu« btgergruppen dürfte Deutschland nur so weit Interesse haben, als der Zufluß der AuSlanbsgelder in die deutsche Wirtschaft nicht unterbunden wirb. Eine TranSfer-Krise, deren Möglichkeit auch vom Ausland zugegeben werden muß. kann der gute Wille allein nicht verhüten, wenn das Ausland eines TageS aus irgendwelchen Gründen seine Gelber aus der deut« chen Wirtschaft zurückzteht. Neben den bereits erwähnten 6 Milliarden langfristiger Schulden hat der deutsche Ka pitalmarkt nach zuverlässiger Schätzung wettere 2 bis 8 Mil liarden Reichsmark kurzfristiger Auslandsgelder auf. genommen, die tm Interesse ruhiger WirtfchaftSverbältnisse ebenfalls in langfristige Kredite nmgewandelt werden müßten. Selbst In diesem Falle wird der deutside Kapitalmarkt noch