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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 29.03.1926
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1926-03-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19260329017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1926032901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1926032901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1926
-
Monat
1926-03
- Tag 1926-03-29
-
Monat
1926-03
-
Jahr
1926
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 29.03.1926
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irr. IIS Seile r Montag. 2». Mörz 1S2S — »Dresdner Nachrichten- — Die Steuervorlage angenommen. Aushebung de» Staatngerlchishose». Der Reichstag erledig! sein Pensum. Benin, -'7. März. In der Schlußsitzung des Reichstage» erklärte »ach Ser Rede Sc» Abg. Gereckc. der Sie Stimmern» liallung der Deutschnattonolen iin Sieuerkompromtb anche- kündigt halt«. Reich-minister Dr. Rei«h»I-» er »»olle dom Vorredner auf p a r t e t v o l i t t s ch em vlebiete nicht folge», da sich die Regierung von jeder Partetpolitik scrnhalten müsse. Die »Reichsregierung habe auf ein- stlinmigen Beschluß deS Kabinett» die Stellermilöeriiligsvor- lage eingebracht, ohne trgendivelche Parteigruudsätze dabei zu beachten, sondern lediglich deshalb, weil in diesem Moment einer stärkeren Krise cs die Pflicht der Negierung «vor. io weit wie möglich zn helfen. Der Minister bestreitet, das; der RegicrungSeniwurf in seinem Grundcharakter vollständig ver ändert sei. linier solchen Umständen hätte die Regierung nie- mal» dem Kompromiß zugcstimmt. Da» Kernstück der Vorlage, die Lenkung der Umsatzsteuer, sei geblieben. Aber cs war selbstverständlich, das, sich die Negierung der durch den Beschluß aus Aushebung der Weinsteuer ver änderten Sachlage anpasien mußte. SS bleibe Wunsch »nd Ziel der Regierung, die Umsatzsteuer ans »Proz. zu senken. Anis schärfste widersprechen müsse er der Auffassung des Vorredners, daß durch die StenermUdernngen eine schwere Erschütterung unserer finanziellen Grundlagen eintrelcn werde. Die Negierung trägt die Beranlworiung für die Summe, die sie zur Verfügung gestellt hat, und sie ist dabei außerordentlich vorsichtig vvrgegange». Auch die jetzige Lenkung der Umsatzsteuer bedeutet noch eine Summe von 399 Millionen, die der Wirtschaft in Zuknnst erhalten bleiben. Das muß selbstverständlich ans die Tauer auch ans die Preise einen Einfluß auonbcn. Das zweite Kernstück der Vorlage, die Aushebung der 2 u r " s st euer, hat bereits einen ivesent- llchcn Einfluß auf die beirvsseneu Wirlichaslszweige ansgeiibi. Wenn darüber hinaus «vch eine Depression bet der Ver mögenssteuer rtngetreten ist, so ist das ein außerordent licher Erfolg des Steuerkompronmieo. Das Ziel der Regie rung ist die große Verwaltuiigsresvrm »nd die Erreichung größtmöglicher Sparsamkeit in allen Verwaltungen. Tann wird man auch au die Lenkung der Ncalsteuern Herangehen können. Abg, Brüning iZ.l wünschte Auskunft, nach welchen Nicht- Unten das Reichsarbeitsministerium die Wiedereinführung der ausgesteuerten Erwerbslose» in die Fürsorge durchführen »»olle. Rcichsarbciisminisier Dr. Brauns erwiderte, -aß in den nächsten Tagen ein Rundschreiben an die Länder abgehcn werde. Vcsondere Fürsorge solle den langfristigen Erwerbs losen und den Ausgesteuerten zuteil werden. Die Unter st ü tz u n g s d ancr werde grundsätzlich ans 3 9 Woche n er höht, mir Ausnahme solcher Bcrnssgrupvcn, wo die Arbeits bedingungen günstiger sind. Darüber hinaus werde die Er mächtigung eingcsührt, die Untcrstiitzuugödaucr bis aus 22 Wochen zn erhöhen. Das Haus unierbrach dann die Beratung zur Vornahme der Abstimmung über den E r n ä h r u n g ö e t a t. Der An trag der Regierungsparteien über die Gewährung eines Kredits von 39 Millionen au eine Eietrcidehandelsgcscllschast wurde mit 185 gegen 179 Stimme« bei vier Enthaltungen an genommen. Dagegen stimmten die Sozialdemokraten, die Kommunisten, ein Teil der Demokraten und einige Mit glieder der Deutschen Vollspartct. Darauf wurde die Besprechung der StcuermildernngS- porlage fortgesetzt. Abg. Becker-Hessen <D. Vp.s wies deutsch- nationale Angriffe zurück. Tie Parteistreitigkeiten würden erst anfhören, »>enn man nicht mehr von einer Sommcr- koalitivn sprechen könne, sondern von einer Dauerkoall- lion auf breiterer Grundlage. Der Redner erklärte sich grundsätzlich gegen Dauersnbvcntioncn an dem Weinbau. Vorübergehend brauche er aber Kredite, um über die schwere Krisis hinrvcgzukommcrt. — Die weitere Debatte war mit Wiederholungen endloser Reden unter allgemeiner Unauf merksamkeit ausgesüllt, bis zu den Abstimmungen geschritten wurde. « Berlin, 28 März In zehnter Abendstunde nahm am Sonnabend der Reichstag das Stcnerkompromiß «ad dcnGcsamtctat ISLSin dritter Lesung a«. Tie Redner last sämtlicher Parteien erklärten, daß das Stenerkompromiß zwar nicht in allen »Punkten befriedigen könne, aber das zur zeit mögliche »Maß steuerlicher Erleichterungen darstelle. RcichStagspräsident Löbe machte unter Worten de» Dankes an den »Reichstag und an den Haushaltsausschuß darauf auf merksam, daß der Reichstag seit lüll zum ersten Male wieder innerhalb der gesetzlich vorgeschricbencn Frist den Etat fertig- gestellt hat. Gegen die Stimmen der Demokraten wurde sodann be schlossen, den Siaaiogerichtshof zum Schutz der Republik ans- — Der «eichslag getzl »n Osterferien. »«hebe«, «nd die th« »t-her unterstehende« FLIe wieder he» Ordentliche« Gerichten z, llberweiseu. Der Beschluß de» RcichShauKhaltSauSschusse», den Winzer» 39 Millionen Nvtstan-Skredtte z« gewähren, wird bestätigt. Der Reich-tag vertagte sich darauf. Er wird nach den Osterferien am 27. April seine Arbeiten wieder aufnehmen. «»nähme »er Wirtschast-eaquele »urch -e» Retchslag. Berlin, 37. März. I» der heutigen ReichStagssitzung wurde unter Zustimmung aller Parteien der Gesetzentwurf angenom men, wonach ein Ausschuß zur Untersuchung der ErzeuaungS- und Absatzbedingungen der deut- scheu Wirtschaft tWirtschaftSrnguete) eingesetzt werden so», der au» Mitgliedern de» Reichstage», de» NetchSwirt, schaktSrateö und andercr Sachverständiger, die die Negierung vorschlägt, bestehen soll. Kein Ueberschreikrn der gfriedensmtele bi» znm 31. Wiirz 1S27. Berlin, 28. März. Im Reichstag wurde der deutschnatio nale Antrag auf Senkung der HauSzinSsteuer um sech» »Prozent der IrlcderiSiiiIete mit 27,1 gegen 98 Stimme» der Dentschnativnalcn und der »Wirtschaftlichen Bereinigung ab- gelehnt. Den NuSschnßvorschlägcn eulsprcchcnh wird dann beschlossen, daß die Miete vo» 199 Prozent der Friedcnömietc nicht bl» znm 31. März 1827 überschritte» werden darf. Schachts Kolorilaloorschlag und -er Quai d'Orsay. Berlin, 28. März. Wie der „Lokal-Anzeiger" aus Paris meldet, findet der »Vorschlag des Reichsbgiikpräsidente» Schacht, eine internationale Gesellschaft zur A » sbeuiu » g der Kolonien und zur Sicherstellung der Rohstoffe für die deutsche Industrie zu schassen, am Quai d'Orsay starke Beachtung. Man erwartet in der nächste« Zeit ins einzelne gehende »Vorschläge und nimmt an. daß über die »Angelegenheit ernstlich »erhandelt werden wird. Kardinal Gasparri an den Reichspräsidenten. Berlin, 28. März. Nach der „Germania", hat Kardinal Gasparri an den Reichspräsidenten v. Hindeuburg eiu Schreiben gerichtet, in dem er seinen Dank für die Große Denkmünze für Kriegsgefangenfürsorge auS- spricht, die tlim der Reichspräsident tu Anerkennuna der Ver dienste der Kurie um die Fürsorge für die deutschen Kriegs gefangenen durch den Botschafter v. Bergen hatte über reichen lassen. « Nom. 28. März. „Osscrvaiore Romano" dementiert kate gorisch die Meldung der „Daily NcwS", daß die Opposition Brasiliens im Völkerbund ans den Einfluß de» Vati kans znrückzusülircn sei und betont, daß dieser niemals um die »Aufnahme in den Völkerbund ersucht und e» stet» peinlich vermieden habe, ihn in seinem »Wirken zu hemmen. RüchirUi des rumänischen Kabinetts. Bukarest, 27. März. Ministerpräsident Brattanu hat heute nachmittag znr angekündigtcn Zelt in kmr Kammer die »Botschaft verlesen, durch die die Parlamentsseino» geschlossen ivird. und darauf dem König das NücktrittSgesuch de» Kabinetts unterbreitet. iWTB.i » Bukarest, 27. März. Ueber die RegierungSuellibilduug gilt in maßgebenden politischen Kreisen ein« Wiederbcrufung BratianuS oder eine Beauftragung AvereScuS für aiisgeichlossen. Es ist anzunehmcn, daß ei» Kabinett ans Mitgliedern der »Rational, und Bauernpartei mit Manlu an der Spitze zustande kommt. Schellern -er lkallenlsch-jugoslawischen Verhandlungen? Paris, 28 März. Wie der „Information" an» No« ge meldet wird, haben die zur Erweiterung de» italienisch-jugo slawischen Paktes erössncten Verhandlungen z» keinem Er gebnis geführt. Außenminister Nintschitsch hat den sugo- ilamischcn Gesandten in Rom beauftragt, ein Projekt zur Er weiterung des italienisch-jugoslawischen Beitrages aus Grund der im vergangenen Monat zwischen Niirtschitsch und Musso lini geführten Besprechungen in Angriff zu nehmen. Das »Projekt sollte von Nintschitsch bei seinem Besuche, der ihn bei seiner Rückkehr aus Paris nach Nom führen sollte, unter zeichnet werden. Nintschitsch ist aber direkt nach Belgrad znrnckgckehrt. ohne in Rom Halt zu machen. Hierüber sind die italienischen Kreise sehr erregt, und man glaubt, daß die Ver handlungen mit einem Fchlschlage enden werden. Die Einla-ung zur Genfer Sludienkommisjion Berlin, 28. Mär». Vom Gencralsekretartat deS Völker- bunde» ist. wie eine »Berliner Korrespondenz berichtet, nun mehr beim Neichsminister d«S »Auswärtigen eine Mitteilung Uder die Bildung der S t u d i e n k o >» m t s s i» » fLr die Frage der Rat«erweiteru»g etngcgangen. Gleichzeitig wurde die Rrtchvregierung ersucht, dem Generalsekretär ihren Ber- treter zu benennen, der an den am 10. Mat in Gens be- ginnenden Arbeiten der Studicnkommtssion tetlnehmen soll. Ueber ^ die Richtlinien. nach denen die vom Völkerbund eingesetzte Kommtsston arbeiten soll, verlautet folgende»: Die vom Bvlkerbundsrai eingesetzt« Stubtenkommisston kennt nicht da» Vetorecht de» Einzelnen. Gte wird nach folgenden Grundsätzen vor. gehen: Die Kommission berücksichtigt die bisher aus- gesprochenen Wünsche der einzelnen Staaten, hat das Recht, vou den verschiedenen Negierungen schriftliche od«r mündliche Darlegungen ihrer Ansichten »u verlangen, und wird dann schließlich selbst einen Bericht an den Bölkerbunbsrat und an die Vollversammlung ver. fassen. Sollte e» nicht gelingen, einen einstimmigen Bericht zustande zu bringen, so wirb die Kommission zwei Berichte, und zwar einen MehrhcitS- und einen Minderhettsbericht. ausarbeiten. Wie man meldet, ist diese» Endziel ausdrücklich im Einladungsschreiben erwähnt, da» der Generalsekretär de» Völkerbünde» an den Schweizerischen VnnüeSrat abgesanbt hat. Man kann wohl auch anitchmelt. daß im gleichen Sinne das Einladungsschreiben gehalten sein dürfte, da» von Gen« an die Retchsrcgteruilg abgcgangen ist. «euer Aufschub -er Abrüstungskonferenz. Washington. 28. März. Im Weißen Hause erklärt man. -atz mit einer neuen Verschieb««» der vorbereitende» Abrüstungskonferenz, die am 18. Mat in Gens eröffnet werden sollte, gerechnet werden müsse, da zwischen den Negierungen der Vereinigten Staaten. Frankreichs. Italiens »nd Japans noch schivcrwiencnde Meinungs verschiedenheit « bestünde». Diese letzteren Länder vertreten im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten den Standpunkt, daß die Abrüstung zu Lande gleichzeitig mit der Abrüstung z»r See behandelt werden müsse. Dieser Stadvunkt sei insbesondere seinerzeit vom Präsidenten Coolidae bekämpft worden. In de« Kreisen de» Reitze« Hanscö erklärt man so gar. daß man nicht vor zwei Jahren mit einer belriedigendc» Lösung des Problems rechne» könne. Perel -rängt aus Entscheidung. Paris, 38. März. Der gestrige Mini ft errat begann auch diesmal unter dem Zeichen des FrankenkurseS der letzten Tage. Nach dem offiziellen Kominnnigus soll der Finanz- miuister Naoul Pörct daraus bestanden haben, das, das Budget unter allen Umständen bis znm 81. März ins Gleich, gewicht gebracht wird. Navnl Pöret bestätigte im übrigen nach dem Ministerrat den Inhalt des Kvmmttniqua» und fügte hinzu, datz er jede Verantwortung für die «eitere Ent wicklung der Lage ablehncn müsse, wen» nicht bis znm 31. März noch ein Ausweg ans dem gegenwärtige« Ehao» gesunden werde. Die Regierung werde der Kammer in einem einzigen Artikel eine Reihe von Steuern Vorschlägen und daraus bestehen, daß diese an dloc angenommen würben. Di« Lag« sei nahe daran, alarmierend zn werden. Die Re gierung werde darum nicht davor zurückschrecken, nötigenfalls die Vertrauensfrage zu stellen. lieber die Art der Steuern, die der Kammer gewisser, matzen ultimativ znr Annahme unterbreitet werden solle», sind noch keine genauen Airgaben verfügbar. Doch scheint es, daß auf die Erhöhung der Umsatzsteuer verzichtet werde« soll, die dnrch eine Reihe «euer indirekter Steuern ersetzt «er, den soll. Kommunistischer Sieg 1« Parts. Paris, 38. März. DaS offizielle Ergebnis der Stich, wählen tm zweiten Pariser Sektor ist folgender: Die Kommunisten wurden gewählt, ihre nationalistische» Gegner wurden geschlagen. Das Wahlergebnis ruft in Paris großes Aufsehen hervor und wird lebhaft besprochen. Bor den Redaktionen der großen Zeitungen haben sich nach Taufenden zählende Menschenmengen eingefnnden. Sin Zug in eine Schlucht gestürzt. Paris. 28. März. Wie a»S Rio de Janeiro gemeldet wird, ist bet Pcdra am Rio Grande ein Zug in eine Schlucht gestürzt, wobei eine große Anzahl von Personen getötet wurde. Neuis nsetzmiltss 4 Ukr i. «Ina lkr» nnsvr I.'Ii«, v.nn SIs UN» KI» k.ut« ml«»o ll Udr Ikco Vilms u. PInNnn -um knlvlct.ln 0d«r^ed«n. 8 vnoro-nonn. «"-.-Lü'LL Der Prolagonisi. Neaossührung an der Dresdner Siaatöoper am 27. März. Als sich der Vorhang am Schluß der Uraufführung von lknrt Weills Opernctnakter „Der Protagonist" gesenkt hatte, setzte heftiger »Beifall ein. Es wurde aber auch herzhaft »epfisfen. »Man rief den Namen deS Komponisten, andere »ber riesen ..Pfui'." und „Raus!" Es war also das bekannte Bild der Aiisnaljmc, die umstrittenen Werken neuer Kunst bereitet zu werden pflegt. Dabei schalteten politische oder ethische Gesichtspunkte, die sonst manchmal gerade bei Biihncn- eoerken eine Nolle spielen, vollständig aus, denn in der Bc- iiehung ist der „»Protagonist" völlig neutral und problemlos. Kinzig die ästhetische Einstellung zum Stil der „neuen Musik", wie mau neuerdings einhellig die bislang al» Expressionis mus, Futurismus und dergleichen bezeichnet« jüngste Ton kunst nennt, gab den Ausschlag. Wozu freilich noch zu be merken ist. daß der Löwenanteil des Beifall- ganz offen kundig der vorzüglichen Ausführung als solcher und ins besondere ber fabelhaften Leistung Tauchers in der Titelrolle «alt. Sobald di« aussührenden Künstler allein sich zeigten, verstummte denn auch jeder »Widerspruch, um aber beim Er scheinen des Komponisten sofort wieder einzusetzcn. Darüber, ob Werke der „Neuen Musik", so wie jetzt deren Ltil ist, überhaupt berücksichtigcuswcrt sind oder nicht, »erden einstweilen die Meinungen stets aiiScinandergehen. Ein- aber ist klar: wenn schon „Neue Musik", dann doch Möglichst das Bedeutendste. Man versteht darum nicht, warum die Dresdner Oper z. B. den „Wozzek" von Alban Berg, der trotz aller Problematik und Brrskandalnng in Berlin doch zu einem großen Ereignis geworden ist, sich hat tntgehen lassen und dafür diesen „Protagonisten" gab. der. da ngen genommen, jedenfalls eine sehr zweitklassige Angelegen heit ist. Er hätte freilich etwa» andere» werden können kraft Einer dichterischen, theatermäßigen Werte. Für diese tritt sein geringerer als Georg Kaiser «in. der mit diesem Akt Oper rin Stück vollwertiger Satserscher Dramatik ge- heben hat. Der Inhalt und die Szenensolge sind bereits er- iählt worden es Es ist da» Bajazzo-Motiv in die Shake- 'peare-Zeit übersetzt. Und au» den Bahnen einer plumpen »isersuchtStragübie in gewähltere plnchologischr Sphären ge- loben. Auch der Protagonist, das heiht der Führer einer eng lischen Komödiantenlrnppe, tötet in grausiger Vermengung »on Theaterspiel und Wahrheit ein Weib. Ab«r diese» Weib 1t sein« Schwester, die ihm seither tu seinem auf trügend« *l Nr. IIS der „Dresdner Nachrichten". Verstellungskunst gestützten Schauspielerdasein der einzige Spiegel der Wahrheit war. Er opfert sie, als er ihrer ersten, durch eine junge heimliche Liebe bedingten Lüge inne wird. »Viel feine seelische Stimmung schwingt in diesem Vormurs, grundiert auf dem rätselvollen Dämomsmus genialen Schau- spielertums mit dem Wahnsinn feiner ewigen Selbstverwand, lnngen. Dazu eine äußere Ausmachung, die da» Genie eines echten Theaterdichters verrät: wirkungsvoll schon durch da» in Gestalten, Ereignissen und Raum ausgeprägt« kultur historische Bild der Shakespeare-Zeit. Lurch da» nie ver. sagende „Theater im Theater", durch scharf gegensätzlichen Wechsel von burleskem Scherz und düsterem Ernst. Geschickt zngespitzt dabei sogar aus die besonderen Neigungen der „Neuen Musik": die Schauspieler dürfen, da sie vor fremd- nationalen Gästen des Herzogs spielen sollen, nicht sprechen: das führt streckenweise zu der neuerdings so beliebten Form der Pantomime. Und da zu diesen Pantomimen das „kleine Orchester de» Herzogs" begleiten soll, ergibt sich die Möglich keit zn kammermnsikaltschem Musizieren, auch zu Ooncvrtc» gr-os8o-Wirk»nger>: — alles bekannte Ideale de» jungen »Musikers von heute. So wäre aus diesem Akt Oper immerhin etwa» zu machen gewesen, wenn der richtige Musiker üarttbergckommcn wäre. Weills schöpferische Kräfte aber reichten nicht dazu au». Selbst wenn man die „Richtung" als solche gelten läßt und die natürliche Abneigung gegen atonale, melodielose, kakophonc Geränschinusik unterdrückt, kann man sich des Eindrucks eines »Versuches mit untauglichen Mitteln nicht erwehren. Noch- mal mutz der „Wozzek" genannt werden. Der ist noch viel, viel kühner und rücksichtsloser, noch viel mehr ZersebungS- musik, aber er hat einen genialen Wurf, hat bezwingende Stimmung von Anfang bis Ende. Bei Weill aber passiert einem das Schlimmste, was tn der Kunst passieren kann: man langweilt sich. Die Oper spielt eine Stund« und sieben Minuten. Stimmung kommt aber erst in der letzten Viertel stunde auf. Wenn der Haushofmeister de» Herzogs zum zweiten Male, nunmehr in Schwarz gekleidet, erscheint und meldet, e» müsse statt der zuerst bestellten heiteren eine ernste Pantomime gespielt werden, wenn sich dann jäh düstere Schatten über die Bühne legen, die Farbrnfreude der Ge- mändcr und Kulissen z» dsisterem Schwarz gewandelt wird und man auch die menschliche Katastrophe nahen fühlt, dann gewinnt die Musik mit düsteren Akkorden und schemenhaften Klängen znm ersten Male AusdruckSgewalt. Verliert sie auch nie mehr ganz bis zum Schluß und prägt mit dem zuerst von der Pauke gehämmerten, dann gleichsam al» v»s»o ostionto in mächtiger klanglicher Steigerung weitergeführtem „Schick- sal»mottv" her ernsten Pantomime eine« wirklichen Einfall aus. Aber dieses tragische Schlutzmoment zu fassen, war auch die verhältntSmätzig leichteste Aufgabe des Komponisten. Wo hingegen die Untermalung der heiteren Pantomime und ber vorangehenden exponierenden Dtalogszenen die überlegene Meisterhand etiva eines neuen Richard Strauß erfordert hätte. Was aber Weill hier macht, entbehrt nicht nur der Inspira tion. ist auch trotz aller neuen Geste tm Grunde doch nur altes Ladenhütertum au» dem Magazin erprobter Bläser- efsekte, sondern erscheint vor allem erstaunlich wenig ge konnt. Die klanglichen Möglichkeiten des Konzertieren» zwischen der kleinen un» großen Orchestergruppe sind nur dürftig auSgenützt, der Orchester«»»« überhaupt merkwürdig eintönig, „breiig" und trotz allen FigurenrcichtumS arm an lebendiger, klingender Polyphvnie. In ihr und tn der eben falls immer an der Wand lang tastenden Harmonien-, rich tiger Dtsharmonienfolge gehen auch bescheidene Ansätze zu melodischen Tvnfolgcn wirkungslos unter. Der Möglichkeit zu schlichterer Lyrik weicht ber Komponist geflissentlich au», selbst da. wo sie nahcgelegcn hätte, wie tn der kleinen Szene zwischen der Schwester »nd ihrem Geliebten. Wenn diese mit einem zarten sordintrrtcn Violinmotiv anhebt, meint man, e» wolle sich etwas EingänglichereS entwickeln: aber eS kommt nicht dazu. Schließlich bleibt'» dabei: fünfzig Minuten Lange- weile gegen siebzehn Minuten Stimmung. Das bedeutet aber immer ein Mißverhältnis, gleichviel ob eS sich auf alte oder neue Musik bezieht. Dabei hatte das Werk einen Schrittmacher des Erfolges in einer Ausführung, wie sic besser nicht gedacht werden kann. Sie stellte eine Leistung von einer Stärke der Persönlichkeit heraus, wie sic auf der Opcrnbühne überhaupt z» den ganz seltenen Erlebnissen zählt: Lurt Taucher als Protagonist. Ein Triumph des Sänger» Taucher, obwohl «» in der Oper gar nichts tm landläufigen Sinn des Wortes zu „singen" gibt. Und doch: dieser gesund«, frische, strahlend« Stimmklaiig. de« gegebenenfalls ein hohes H hinpfesferte, als gelt« es. -it Stretta zn singen, der imit siegreichem Glan» allen vow Orchester verstreuten Mehltau durchleuchtete und mit einet musikalischen Intelligenz und Sicherheit ohnegletchcn di« Intervall-Equalibrtstik der vom Komponisten vorgekchriebene« Antisingstimme beherrschte — das war schon ein Wunder für sich. DaS aber nun nur al» darstellerische» AuSbruckSmittel eiric<spausplelerischcn Leistung die allem erst den letzten Sinn gab. In dieser Art sah man in Dresden bisher höchstens von Ponto Theater spielen. „Warum", so hat der Protagonist -n sagen, „reiße ich die Zuschauer hin. wie keiner, der noch spielt? . . . Weil ich der bin. der oben agiert, mit iedra Höcker ber Haut, mit feder Furche der Hand de, dt«. ««< ktedt oder rast." Damit ist auch Taucher» Protagontftentun
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