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«it «ine« Freund bet einem vortrefflichen Glase LtmLacher Biere« in der gemütlichen, reinlichm Gaststube der Lampers dorf« Gastwirtschaft saß. Er wächst in derselben, einig» Zoll von der Stubenmau« entfernt, hart an einem Fenster, der er wähnte Pfiaumenbaum, üb« dessen Dasein und Existenz mir Folgendes vom Wirih mitgetheilt ward: Vor fünf Jahren, wo ich die hiesige Schankwirthschaft übernommen, war dieses Bäum chen bereits vorhanden und mochte wohl an 2 bis 3 Jahre alt sein. Ich habe mich desselben angenommen und es mög lichst vor Unbilden und Schäden, die ihm ja gar leicht in einer Gaststube passiren konnten, zu bewahren gesucht, obwohl es frei, ohne irgend welchen Schuh, an d« Ecke eines Tisches steht, wo häufig gespielt wird In diesem Vorhaben bin ich auch durch die mich besuchenden Gäste nach Möglichkeit unterstützt worden. Das Bäumchen treibt regelmäßig bereits im Februar die ersten zarten Blättchen, die sich anfänglich bei geöffneten Fenstern etwas empfindlich zeigen, später aber erstarken und ganz die Größe. Farbe und saftige Frische der Blätter im Freien annehmen. Es rüstet sich aber auch schon bei Eintritt des Septembers zum Winter, wo es aümählig die Blätter verliert. Die Siage bezüglich des Entstehens des Bäumchens ist dahin zu beantworten, daß sich hart an der äußern Mauer der Gaststube ein Pflaumenbaum befindet, welch« eine Wur zel durch die Grundmauer des Hauses gelrieben hat D« Pflaumenbaum treibt überhaupt gar oft eine Menge Wurzel schößlinge und so hat die Wurzel des alten Baumes nach dem Hindurchdringen durch die Mau« und wahrscheinlich an einer defecten Stelle der an derselben zunächst liegenden Diele, den «wähnten Sprösling getrieben, welcher wie noch ersichtlich, anfänglich häufig entfernt worden sein mag, später ab«, als man sich von seiner Harrnäckigkeit nun einmal in der Stube zu wachsen überzeugt haben mochte, dies ruhig geschehe ließ. Wer sich ab« einmal selbst vielleicht un Frühjahre oder Som mer von dem Dasein des acclimarisirten Pflaumenbäumchenö überzeugen will, der gehe nach Lampersdorf bei Wilsdruff, eine Stunde von letzterem entfernt, zum Gastwirth Schaffner. — Oeffentliche Gerichtssitzung am 14. Novbr. Zwischen dem Gerichtsbeisitzer A. Jacob und dem Gutsbesitzer Bruno Ludolph Muhlert, beiderseits in Neustrießen, hatte in einem Rechtsstreite über ein Grundstück im Juni d. I. gericht lich ein Vergleich stattzefunden, in welche,n sich der Letztere benachtheiligt glaubte, und zwar nach seiner Ansicht durch die dabei angewandte Partheilichleit des GerichtSreferendarS Böhme und der theilnehmenverr Gerichtspersonsn. In seiner Entrü stung darüber brach er am 20. Juni d. I. vor dem Gerichte in Neustrießen in die Worte aus. „er sei dabei beschwindelt und über den Liiffel barbiert worden", und spät« wieder au ßergerichtlich: „Die Bande hat mich um mein Grundstück be schwindelt" Auch seine Ehffrau nahm an derartigen Aeuße- rungen Theil, besonders dadurch erregt, weil ihr vom Refe rendar vorgeworfen worden war, sie habe ihren Advocaten beschwindelt. Der Referendar und die Gerichtspersonen fanden sich durch diese Aeußerungen beleidigt und wurden klagbar. Die gebrauchten Worte ließen sich nicht in Abrede stellen, ins besondere da Zeugen vorhanden waren, welche dieselben theil- weise bestätigt hatten: doch wurde vou denjMuhlert'schen Ehe leuten ausdrücklich in Abrede gestellt, damit das Gericht und insbesondere den Referendar Böhme gemeint zu haben. Unter diesen Umständen waren Muhlert und seine Gattin, ein jedes zu 0 Tagen Gefängniß vcrurtheilt worden, wogegen sie Ein spruch erhoben, doch wurde auch heute dieser Bescheid bestätigt. - Johann Adam P.t« Gey«, 26 Jahre alt, Trschlergesclle aus Bärenleh bei Adorf, wo sein Vater ein Bauerngut von 3500 Thlr. Werth besitzt, hatte im Gasthofe der Frau Eleo nore Wilhelmine verwiitweten Noll u. Deuben nebst noch eimm andern Handwerksburschen übernachtet, früh, nachd.m der Andere bereits sortgegangen war, gegen das anwesende Dienstmädchen erklärt, er sei, während der Nacht, von seinem Schlafgenoffen um ein Taschenpistol, einen goldenen Ring rc. bestohlen worden. Hierauf ging « aus, angeblich um Arbeit zu suchen. Einige Zeit nachher kehrte er zurück und beant- «ortete die Frage des Mädchens, ob « Arbeit gefunden, da mit, « sei blos ausgegangen gewesen, um die Gegend zu be sehen und Obst zu kaufen. Zugleich erzählte er dem Mädchen, « habe früh nach dem Aufslehm aus seiner Kammer ein dickes Frauenzimmer herauskommen und die Treppe herunter gehen sehen. Das war oem Mädchen auffällig, sie eilte in die Kam mer und entdeckte, daß ein Bettuch im Werthe von I j Thlr. fehlte. Die Wirthin fragte Gey« näher üb« seine Wahr nehmungen aus und dieser gerieth darüber in Verlegenheit und widersprechende Angaben, machte auch das Erbieten, den Werth des Betttuches ersetzen zu wollen, wenn sie keine Gens- darmm dazu rufe und ihn gehen lasse. Die Wirthin rief aber dennoch «nen vorübergehenden Gensdarm herbei und ließ Geyern in Verhaft nehmen, bei welcher Gelegenheit bei ihm ein Taschenpistol und ein goldener Ring, 3 Röcke u. s w. ge funden wurden. Bei d« Untersuchung wollte ec sogar das Dienstmädchen des fraglichen Diebstahls beschuldigen: es stellte sich aber dagegen heraus, daß er bei seinem Ausgange ein in blaues Papi« gewickeltes Packet, in welchem der Größe nach em Betttuch eingeschlagen sein konnte, unter dem Rock gehabt und damit zu einem außerhalb des Ortes befindlichen Busch werk gegangen war, in welchem man später das entwendete Betttuch verborgen fand; jedoch war von demselben derjenige Theil abgerissen, welcher den eingenähten Namen der Werth,n enthalten hatte. Des Diebstahls überführt, wurde er zu 14 Tage Gefängniß verurtheilt. Heute behauptet er, die Aussage der Wirthin enthielte Unwahl heilen, doch ohne diese näh« anzugeben. Allein, da Letztere ihre Aussage eidlich bestätigt hatte und er unvermögend war, seine Widersprüche genügend zu lösen, ko wurde das frühere Erkmntniß wiederholt. — Die Verhandlung in d« Einspruchssache d« Johanne Louise Auguste Liebeze't in Niedergorbitz wegen Diebstahls fiel aus. — Ca roline Pauline Reichenbach aus Naundorf hatte hi« am 14. Oc br. eine blaue Schürze im Werthe von 2 Nzr. entwmdct, war deswegen, weil außerdem nichts Strafbares gegen sie be kannt geworden und aus Rücksicht auf ihre Jugend, (sie gab sich für I7l Jahre aus, btos mit einen Tag Gefängniß be straft und bann entlass >l worden. Bevor jedoch 10 Tage um warm, wurde vom Staatsanwalt ermittelt, daß sie v»r Ge richt sich fälschlich dm Ramm Joh. Julian« Schröter belgelegt hatte und am 7. Februar 1819 geboren war. Außerdem kam der K. Staatsanwalt nicht nur von früheren, kürzere« Gefängnißstrafen, welche sie vorher wegen Diebstahls und Be trug« «litten hatte, sondern auch von einem sogar den Tag nach ihr« Entlassung schon wled« von ihr verübten Diebstahl, insbesondere eines am 19. Octbr. der hiesigen Frau Rex ge spielten Betrugs in Kenntniß. Dafür und wegen gewerbmä- ßig getrieben« Unzucht waren ihr 4 Monate Arbeitshaus zu- getheilt worden. Die Staatsanwaltschaft hatte dagegen Ein spruch erhoben, weil die Strafe zu gering sei; dennoch fand wegen mildernder Umstände heute der frühere Bescheid Bestä tigung. — Die heutige, letzte Verhandlung, den Einspruch in der Privatanklagsache der Frau Louise Wilhelmine verehelichte Krenkel gegen den Bergarbeiter Heinrich Reh in Niederhäßlich wegen Beleidigungen betreffend, welche Reh der Klägerin zu gefügt haben sollte, und von der der Beklagte fiühcr klagfrei und die Denunziantin in die Kosten verurtheilt worden war, wurde vertagt, da beiderseits Niemand erschienen war. Tage-,zcfckichte. Berlin, Freitag, 15. November, Nachmittags. Heute Nachmittag 2 Uhr ist im weißen Saale des kgl. Schlosses der preußische Landtag von Sr. Maj. dem König durch die Thron rede «öffnet worden, welche belont, daß Se. Maj. zum ersten Male heute an dieser Stelle die Vertreter d« neuen LandeS- theile begrüße, welche durch die Ereignisse ein« großen Zeit mit seinem Staate vereinigt worin n sind. „Mit Zuversicht erneuere ich den Ausdruck des Vertrauens, fährt Se. Maj. fort, daß die Bewohn« dieser L rnveStheile, sowie ich dieselben von ganzem Herzen zu meinem Volke ausgenommen habe, mir und dem erweiterten Vaterlande auch ihrerseits redliche Treue widmen werden. — Während die Heereseinrichtungen des nord deutschen Bundes durch die Verfassung desselben und durch das Gesetz über die Wehrpflicht auf den bewährten Grundlagen der preußischen Einrichtungen festgestellt worden sind, ist die Or ganisation der Wehrkräfte des gesammten Vaterlandes in den Grundzügen vollendet worden. Nachdem so der Boden für eine gemeinsame Thätigkeit der Vertretung meiner gesammten Monarchie bereitet ist, wird es unserer vereinten unv, wie ich zu Gott hoffe, cinmüthigcn Thätigkeit gelingen, diesen Boden fruchtbringend zu machen. Der Druck der Unsicherheit, welcher als Wirkung verschiedener, großentheils beseitigter Ursachen auf dem Verkehre lastet, wird, wie ich zuversichtlich hoffe, in Folge friedlicher Gestaltung der Lage Europas einem lebhaftem Auf- schwunge weichen, um so mehr, als durch Erneuerung der Zolleinigung mit den süddeutschen Staaten unter zweckmäßiger Veränderung der inneren Organisation des Zollvereins, durch den heute «folgenden Eintritt der Provinz Schleswig Holstein in den letztem, durch erhebliche Herabsetzung von Hafengeldern und sonstigen auf der Schifffahrt lastenden Abgaben der Gs- werbthätigkeit und dem Handel wesentliche Erleichterungen zu- gewendet worden sind. Geehrte Herren! Das Werk national« Einigung, welchem die preußische Landesvertrctung durch ihre Zustimmung den Abschluß zu geben berufen war, ist seitdem ins Leben getreten. Wenn Sie eingewilligt Hab n, einen Theil Ihr« Befugnisse auf den norddeutschen Reichstag zu übertra gen, so verkündet schon jetzt das Zeugniß der Geschichte, daß Sie damit das Rechte zu rechter Zeit gethan haben. DaS preußische Volk hat in der Gestaltung des norddeutschen Bun des vermehrte Bürgschaften der Sicherheit und ein erweitertes Fel) organrscher Entwicklung gewonnen; gleichzeitig ist mrt den iüvdeutschen Stammgenosscn die Gemeinschaft der wirthichast- ftchen Interessen und d« tatkräftigen Vertheidigung all« höchsten Gut« des nationalen Lebens gesichert. Die Verträge, aus welchen diese Gemeinschaft beruht, haben in jüngster Ze.t eine erhöhte Bedeutung dadurch gewonnen, daß auch bei ihrer Berathung in den Volksvertretungen das nationale Bewußt sein sich siegreich bewährt hat. Dte Beziehungen meiner Ne gierung zu den auswärtigen Mächten sind durch die neuen Verhältnisse, in welche Preußen inmitten des norddeutschen Bundes gestellt ist, nicht verändert worden. Mit dem freund schaftlichen Charakter derselben sind die persönlichen Begegnungen mit der Mehrzahl der Souveräne Deutschlands und des Auslan- des, zu welchen mir im vergangenen Sommer Gelegenheit gegeben war, in vollem Einklang. Das friedliche Endziel der deutschen Be wegung wird von allen Mächten Europas erkannt und gewürdigt, und die Friedensbestrebungen der Fürsten werden getragen von den Wünschen d« Völker, welchen die wachsende Entwickelung und Verschmelzung der geistigen und materiellen Interessen den Frieden zum Bedürfniß macht. Die jüngsten Besorgnisse wegen einer Störung des Friedens in einem Theile Europas, wo zwei große Nationen, beide uns evg befreundet, von einer ernsten Verwickelung bedroht erschienen, darf ich als beseitigt aniehen. Den schwierigen Fragen gegenüber, welche dort noch einer Lösung harren, wird das Bestreben meiner Negierung dahin gerichtet sein, einerseits dem Ansprüche mein« katholi schen Unterthanen auf meine Fürsorge für die Würde und Unabhängigkeit des Oberhauptes ihrer Kirche gerecht zu werden, und andererseits den Pflichten zu genügen, welche für Preu ßen aus den politischen Interessen und den internationalen Beziehungen Deutschlands «wachsen. In beiden Richtungen sehe ich m Erfüllung der Aufgaben, welche meiner Regierung gestellt sind, keine Gefährdung des Frieden- So lassen Sie uns um so zuversichtlicher an die Lösung der Aufgaben innerer Eatw ckelung gehen. Mögen Ihre Arbeiten für das Wohl deS Staates reich gesegnet sein." (Dr. I.) Paris. Die Einladungen Frankreichs zur Theilnahme an dn Cu:opäischen Conlecenz für die Regelung der römischen Aagelegenheit sind in all« Form an die bezeichnten Cabinete abgegangen. Italien. Jetzt fangen auch die Garibaldian« an, sich unter einander zu zanken; Garibaldi wirft Nicotera Verrath vor, weil er sich den gegebenen Befehlen gemäß nicht am 31. Oktober mit ihm vereinigte, sondern sich ins Neapolitanische zurückzog; Nicotera dagegen entschuldigt sich mit dem Ungehor sam stirer O freiere, dt« ihn g:radezu beschimpften u. s. w Ein Theil der Freischaa er befindet sich noch imn ec i > dem Sab- nergrbtrg«, «Hin dl« Päpstlichen fest «tfgebroch« sind, um ste zu vernichten. — Ja Rom herrscht tiefe Ruhe, so daß der Papst schon wird« seine Promenaden zu Fuße macht; die Po- lizei sucht emsig und nicht erfolglos nach verborgenen Waffen und Munition und die Franzosen «weitern und verstärken die Befestigungen. Am 8. hielt der Papst ein groß»« Todtenamt für die gefallmen päpstlichen Soldaten, wobei die Sixtinische Kapelle fast überfüllt war. - Auffallend ist das in römischen officiellen Kreisen coursirende Gerücht, die französische Expedi tion werde sich nicht auf den Kirchenstaat beschränken, sondern auch die neapolitanischen Provinzen besetzen, was dm Krieg mit Italien unfehlbar nach sich ziehen würde. * Die Deutschen in Lyon. In einem zu Lyon er scheinenden Witzblatte „La Mononnette", beschwert sich „ua (.«-i-miiiwplwlie" über die Invasion der Deutschen nach Frank- «ich, besonders nach L»o». Unter der humoristischen Form des Schreibers blickt aber ein gut Theil ganz ernstlich gemein ter Eifersucht hervor, derselben Eifersucht auf die Deutschen, welche sich in jüngster Zeit in Frankreich bei allen Gelegen heiten ausspricyt. Gcrmanophodloü schreibt: „Es giebt Bank häuser (m Lyon , welche unter zwanzig CommiS achtzehn Deutsche beschäftigen. Es sind ihrer zehntausend, zwanzigrau send vielleicht in Lyon, Badenser, Hessen, Wimtemoerg«, Sachsen, von aller Art, welche, nachdem sie den ganzen Tag Papier bekritzelt haben, auf unseren Plätzen, auf unseren Pro menaden, in unseren Straßen, Kaffeehäutern, Theatern wim meln und eine unnhörte Sprache reden, die nichts Menschliche- Hat und welche übrigens schon ein« ihrer Kais«, Karl V., eme Pferdesprachc genannt hat. Di.se Kaudelwülschen haben rhre Enkel, Vereine, Gesellschaften, sie unrerstützcn sich mit Eis«, ein Bruder ruft den andern, ein Vetter ven andern — m kurz« Zeit ivird ein französischer Buchhalter eine Selten heit fern. Wird eine gute L>teUe offen — schnell ein Deut scher her. . . . Vielleicht sind diese Leute so mäßtg wte die Kamee ie und begnügen sich mit gerengem Gehalt? Durchaus nicht. Man würde einem Franzosen 1200 Fr. zahlen, wenn man einem Deutschen 3000 Fr. giebt und sich noch schön be dankt, daß er es dafür thut. Der Franzose vegetirt, crepirt vor Hunger, wird Hausknecht oder Ehaussecwürter, und der Fremde schaut aus seinem steifen Haiskragen un» durch seine Brille mit Verachtung auf uns herab . . . und wenn er sein Schäfchen geschoren und unsere Pfennige gespart hat, dann kehrt er zurück in seinen Nebel und zu seinem Gretchen und eihält fünfzehn Kinder von ihr, welche er uns alle später zu schickt, damit sie den unseren die Plätze und den Verdienst wegnehmen" u. s. w * Das Wanderbuch. Durch die Beschlüsse des nord deutschen Reichstages fällt wieder ein Stück Mittelalter. Die W inverbüch« kommen in Wegfall. Leser, hast du noch kein Wanderbuch gesehen, so beeile dich, ein solches in Augenschein zu nehmen, ehe es verschwunden ist, denn es ist wirklich eine Merkwürdigkeit und v«dier.te in einem kulturhistorischen Rtuseum aufbewahrt zu werden. Am meisten Aehniichkeit hat es noch mit einem erriefmarkenalbum Oessnet man cö, so glaubt man ein Wappenbuch vor sich zu haben, da stehen die Dienstsiegel aller mögliche: Polizeibehörden Seite auf Seite nebeneinander, darüber das Wort „gesehen" regelmäßig wiederkehrend. Alle Polizeibehörden von Konstanz bis Memel haben das Wander buch eine« vielgereisten Handwerksburschen in Augenschein ge nommen, allein auch der Handwerksbursch war genöthigt, alle diffe Polizeibehörden in Augenschein zu nehmen, und welche Fülle von Verdrießlichkeiten, von Demülhigungen knüpfte sich für ihn daran. Er sah sich in ei«cm Ausnahmezustands gegen über der anderen Menschheit; wie ein Wesen, das nur «nen Schritt vom Vagabunden und zwei vom Verbrecher entfernt ist, wurde er behandelt. Seine erste Pflicht, wenn er in einen Ort gekommen, war, sich mit dem unentbehrlichen Wanderbuche vor der Obrigkeit zu präsentiren; mochte er müde, hungrig od« krank sein, der erste Gang ist zu der Polizei. — Das Handbuch der vergleichenden Grobheit ist er wie keiner zu schreiben im Stande. — Geht er aber aus dem Orte weg, so schreibt ihm die Polizei eine ZwangSroute vor, die er genau einzuhalten hat, wenn « sich mit d« GenSdarmerie nicht in Mißhelligkeit sehen will. Der Handwerksbursch, der z. B. in Darmstadt zum Neckarthor hin auszieht, hat ein Wanderbuch in der Tasche, darin geschrieben steht: „Geht nach Heidelberg". Wo die Polizei unterwegs einen Arm herausstreckt, muß « bei ihr einkehren, in BenS- heim, Heppenheim und Weinheim. Ein Polizeischreiber beguckt den Handwerksburschen, beguckt das Wanderbuch, drückt da« Siegel hinein und weiter trollt der Besiegelte mit der Erwei terung seines Siegelbuches zum nächsten Polizeischreiber. Manch mal beschäftigt sich das Wanderbuch auch mit der Reinlichkeit seines Besitzers. „Haut rein" ist eine Bemerkung, die beson ders den bayerischer. Polizisten geläufig ist. Ein Handwerks bursche aus Hessen verstand den bayrrischen Commissär, der ihm mehrmals zurief: „Haut rein?" ab« gar nicht oder falsch und sing an, ihn mit seinem Stecken zu bearbeiten, bis « auf das Mlßverständniß aufmerksam gemacht wurde. Die Einrich tung de- Wanderbuchs hat keinen Platz mehr in d« Welt der Gewerbefreihett, der Eisenbahnen und de» allgemeinen Wahlrechts. Dem ersten norddeutschen Reichstag gebührt die Ehre, dm deutschen Gewerbestand von einer so unwürdigen Einrichtung befreit zu haben * Fräulein Hildegard Spindler, die noch sehr jugendliche Tochter des Componisten Spindler zu Dresden, hat unlängst mit großer Anerkennung in Bautzen, Löbau, Görlitz und Neichenberg Pianoforte-Concerte gegeben. Sie spielte unter Anderen die große C-,Iar-Sonate, op. 53 von Beethoven, und die TageSpresse jener Städte rühmen von der jungen Künstlerin dir Reinheit der Passagen, Sicherheit deS Anschlages und wohl- thuende Selbstständi keit der beiden Handbewegungen, wie über haupt den einfachen, ungekünstelten und doch klaren Vortrag. v«. WatfenhauSRrrnSe -tr Sprechstunde Nachmittag« von 2 bi« 3 Uhr. Für geheime Krankheiten früh von G bi« V Uhr.