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Dresdner Nachrichten : 18.07.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-07-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-190507188
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19050718
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19050718
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-07
- Tag 1905-07-18
-
Monat
1905-07
-
Jahr
1905
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 18.07.1905
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— Sin Ärrliner Blatt hatte die Mitteilung gebracht, dag vom 1. Oktober ad in Dresden eine neue Tageszeitung agra rischer Richtung erscheinen werde, und »war unter Aegide des Herrn Geh. HofratS Dr. Mehnert. Dieser aber teilt aus An frage mit, dag ihm von der ga»»en Sache nicht das Geringste be kannt sei, bezw. daß er rinrin solchen Unternehmen, falls es ge plant wäre, völlig fern stehe. — Der Allgemeine Turnverein (gegründet 1844> konnte im abgelausenen zweiten Vierteljahre eine Zunahme von IIS Mitgliedern verzeichnen, so daß er am 1. Hüll die stattliche A Der hl von 1635 über 1t Jahre alte Angehörige erreicht bat. r Verein bietet jungen Leuten, die -um Herbste in da» Heer einzutreten oaben^ Gelegenheit, sich in besonderen Rekruten- rieae» für den Militärdienst vorzubereiten. Die Hebungen dieser Rekrutenriegen finden Mittwoch» und Sonnabend« abend« in der Turnhalle an der Permoserstrahe statt. — Der Männergesangverein „Liedergruß" unternahm am Sonnabend, den 8., und Sonntag, den g. Juli, seine diesjährige Herrenpartie nach der Lausitz. Die Abfahrt erfolgte Sonnabend 8 Uhr 10 Minuten abends und kam man ll Uhr 10 Minuten in Großschönau an, wo der „Liedergruß" von Mitgliedern des Groß- schönauer „Sängerkreis" empfangen wurde. Nach gegenseitiger herzlicher Begrüßung im Bahnrestaurant durch den l. Vorsitzenden des „Sänaerkreis", de« Herrn Lehrer Werner, und vom „Lieder- gruß" durch den Königl. Hoflieferanten Herrn Ganßange begann dann ein fröhlicher Sangerkomniers, bei welchem die Sängcrhcrze» sich bald zusammenfanden. Nach dem gemeinsamen Gesänge von „Bruder, reicht die Hand zum Bunde" wurde um 2 Uhr morgens der Marsch nach der Lausche angetreten, wo die Teilnehmer den herrliche» Sonnenaufgang bewundern konnten. Dem festgesetzten Programm gemäß ging dann die Wanderung nach den Nonnen selsen, Jonsdorf, Jvhannisstein, Hochwald, Otzbin und Zittau, von wo aus 8 Uhr 8 Minuten abends die Rückfahrt erfolgte. 11 Uhr 31 Minuten brachte das Dampfroß die trotz der durch wanderte» Nacht kreuzsidelen Sänger nach Dresden zurück. — Der Vorstand der Privil. Bogens chützen-Ge- iellschaft erläßt im Inseratenteile eine Bekanntmachung, die Ueberweisung der Gewerbestellen während der Vogelwiese be treffend. Der russisch-japanische Krieg. Tn Anbetracht der bevorstehenden Ereignisse um Wladi Wostok erläßt der dortige Festungskvnnnnndant, Generalleutnant Kasbek, folgenden Tagesbefehl: „Nach den letzten cingelanfenen Mitteilungen sind Japaner bereits ans dem Wege von Korea nach Ninauta, so daß bald Schwierigkeiten im Bestem zwischen Wladiwostok und der mandscl,»rischen Armee entstehen werden und die Belagerung der Festung selbst zu erwarten ist. Ich halte es für meine Pflicht, die Einwohner Wladiwostoks zu warnen, damit alle Personen, die für die Festung unnütz sind, rechtzeitig für ihre Abreise sorgen. Den Zivilverwnlter beauftrage ich. Vor kehrungen zu treffe», damit dieser mein Tagesbefehl den Einwoh nern, besonders den Chinese» und Koreanern, im ganze» Fcstnngs- rahon bekannt wird. Den Chefs der einzelnen Abteilungen der Jestungsaarnison befehle ich, unverzüglich die Familien der Mili rarS ans der Festung wegzuschaffcn. Der „Russky Jnwalid" veröffentlicht folgenden Depeschen wechsel zwischen de», Zaren und Li»ewilsch. Auf mehrere Kundgebungen aus dem Hanptguarticr telegraphierte der Zar: „Zweifeln Sie nicht daran, daß das Möglichste getan ist und getan wird zur Sicherung des Erfolges und Erleichterung Ihrer schwere» Arbeit. Ich hoffe fest guf Sie und meine helden mütigen Truppen, daß sie zuguterletzt mit Gottes Hilfe alle Hindernisse überwinden und den Krieg zu einem guten Ausgange für Rußland führen werden." Hieraus erließ Linewitsch folgenden Tagesbefehl: „Ruhmvolle russische Truppen ! Glücklich, Euch solche bochgnädigsten Worte Sr. Majestät bekannt geben zu können, bin ich überzeugt, daß Ihr bei der bevorstehenden Arbeit das hohe Vertrauen des hochverehrtesten Zaren zu Euch rechtfertigen werdet. Dieser Tagesbefehl ist zu verlesen in allen Rotten, Schwadronen, Satnien, Batterien, Kommandos, Schiffen undKüstciikommandos." Taaesneschichte. Ueber die Thronfolge im Fürstentum Schlvarzburg> Soudcrshaufcn bringt die „Köln. Zgt." aus Anlaß des 26jährigen Regierungs jubiläums des Fürsten Karl Günther an leitender Stelle fol gende Ausführungen: Am Montag werden 25 Jahre verflossen sein, seitdem der Fürst Karl Günther von Schwarzburg- Sondershausen den Thron seines Batcrs bestiegen hat. Am 17. Juli 1880 verzichtete der damals 79jährige Fürst Günther Friedrich Karl, wohl mit Rücksicht aus sein Alter und leine Er blindung, zu gunsten seines Sohnes aus die Negierung: er starb neun Jahre später im fast vollendeten 88. Lebensjahre. Er hinterlleß bei seinem Tode außer der inzwischen »»vermahlt gestorbenen Prinzessin Elisabeth den jetzt regierenden Fürsten Karl Günther, geboren am 7. Angnst 1830, den Prinzen Günther Leopold und die Prinzessin Marie. Fürst Karl Güntl>er ist seil dem 12. Juni 1869 vermählt mit Marie, Prinzessin von Sachsen- Altenburg: diese Ehe ist kinderlos. Die Geschwister des Fürsten, der Prinz Leopold und die Prinzessin Marie, sind unoermählt geblieben. Zum Hause Schwarzburg-Sondershauicn gehört ferner noch die in Bonn lebende verwitwete Freifrau EharlVite Amalie v. Jud, eine geborene jchwarzburg-sondersl-ausensche Prinzessin. Sie ist 1816 als Tochter des Prinzen Kar! von Schwarzburg-Sondershausen, eines Bruders des Großvaters des jetzt regierenden Fürsten, geboren: auch ihre Ehe ist kinder los geblieben. Angesichts dieser Tatsachen drängt sich unwill kürlich die Frage auf, wie die Erbfolge im Fürstentum sich ge stalten wird. Nach dem Landesgrundoesetz vnm 8. Juli 1857 ist die Regierungsfolge erblich in dem Manncsstamm des fürst- ltchen Hauses nach dem Recht der Erstgeburt und der Lineal- ordnung. Nach gänzlichem Erlöschen des Mannesstamnies im fürstlichen Haust geht die Regierung auf die weibliche Linie ohne Unterschied des Geschlechts über dergestalt, daß die Nähe der Verwandtschaft mit dem letzlregierenden Fürsten maßgebend ist und bei gleichem Verwandtschaftsgrade sowohl zwischen mehreren Linien als innerhalb einer und derselben Linie das höhere Alter den Vorzug verschalst. Unter den Nachkommen des hiernach zur Regierung Berufenen tritt der Vorzug des Mannesstamines mit dem Erstgeburtsrecht und der reinen Linealfolge wieder ein. Nach dem Aussterken des Mannesstamines des Hanfes Schwarz. burg-Sondershausen würde also das Haus Schwarzbura-Rudol- stadt zur Erbfolge berufen sein. Wie stehen nun dieje Verhält nisse in Rudolstadt? Der Fürst Günther von Schwarzburg- Rudolstadt ist geboren am 21. August 1652 und seit dem 9. De- zember 1891 mit der Prinzessin Anna Luise von Schönburg. Waldenburg vermählt: auch diese Ehe ist kinderlos. Außerdem leben noch die Mutter des regierenden Fürsten, die verwitwete Prinzessin Matbilde von Schwarzburg-Skndolstadt, und die Schwestern des Fürsten, die verwitwete Großherzogin Marie von Mecklenburg-Schwerin, die Gemahlin des verstorbenen Groß herzogs Frledrich Franz II. von Mecklcnburg-Schwerin. und die unvermählte Prinzessin Thekla von Schwarzburg-Rudolstadt. Ferner ist noch zu nennen der Prinz Günther Sizzo von Schwarzburg. Dieser stammt aus der Ehe des Fürsten Friedrich Günther, eines Sohnes des Großvatersbruders de» regierenden Fürsten, mit Helene, Prinzessin von Anhalt, geborener von Eromannsdors, nachmaliger Gräfin von Reina, einer Tochter des Prinzen Georg Bcrühard zu Anhalt und Adoptivtochter des Prinzeri Wilhelm Waldemar zu Anhalt. Durch den Ehevertrag war bei der Vermählung de- Fürsten Friedrich Günther. deS Batcrs des Prinzen Sizzo, unter Zu- stimmung der Agnaten des Rudolstädter Hauses festgesetzt worden, daß den Nachkommen au- dieser Ehe erst nach dem gänzlichen AuSsterben deS HauseS Schwarzburg-Rudolstadt ein Nachfolge- recht in di« Regierung de- Fürstentum- und in daS Stamm- und Fidcikommikvermogen dieser Linie zustehen und daß Titel und Rang an Prinzen und Prinzessinnen oder Grasen und Gräfinnen von Schtvarzburg diesen Abkömmlingen nicht beigelegt werden soll«. Der Prinz führte daher bi» zum Jahre 1896 den Titel Prinz von Leutenoerg. Von der Erwägung geleitet, daß «» Pflicht sei, zur Vermeidung der au» ungeordneten Thronfolge- Verhältnissen sich etwa ergebenden Streitigkeiten noch Lei rechter Zeit Fürsorge zu treffen, und zur möglichsten Erhaltung der 0tegierungSsolge in der Hand de» Manne»stamme» im alten fürst- llch«, Hause Hab« nun unter dem 21. April 1S9S die alleinigen gegenwärtig lebenden Agnaten deS fürstlichen HauseS Sckiwarz- ourg, nämlich die regierenden Fürsten von Schwarzburz, bärtigen Angehörigen deS Mannesstammes de» fürstlichen HauseS Sckffvarzburg dergestalt anerkannt, daß er und seine männliche au» obenhürtiger Ehe abstammenke Nachkommenschaft zur Nach folge in die Regierung des Fürstentums Schwarzbura-Riidolstadl mit der Maßgabe berufen sein soll, daß dieses agnastsche Rechts- Verhältnis mit dem gänzlichen Ausgange des MannesstommeS in der gegenwärtig regierenden Linie des fürstlichen Hauses Schivarzburg-Rudolstadt wirksam wird. Gleichzeitig haben die einzigen männlichen Vertreter der fürstlichen Linie Schwarz- burg-Sondershausen. der Fürst Karl Günther und der Prinz Leopold, itir den Fall deS Ablebens des Fürsten Günther von Schtvarzburg-Rudolstadt aus das ihnen nach dem .tzausvertraac vom 7. September 1713 zustehende agnatische Recht der Nach folge in die Regierung des FüÄlcntums Schwarzburg-Rudolstadt und in das Haus und Jideikommißvermögen dieser Linien zu gunsten des Prinzen Sizzo verzichtet. Der Prinz führt seitdem den Titel und hat den Nana eines Prinzen von Schwarzburg. Er ist am 3. Juni 1860 geboren und hat sich am 25. Januar 1897 mit Alexandra, Prinzessin von Anhalt, einer Tochter des verstorbenen Herzogs Friedrich von Anhalt, vermählt. Dieser Ehe entstammen bis jetzt die Prinzessin Maria Antoinette, die Prinzessin Irene und der Prinz Friedrich Günther. Diesem Abkommen vom 21. April 1896 entsprechend sind die Landes- grundgesetze in beiden Fürstentümern abaenndert worden, und weiter ist bestimmt worden, daß nicht ebenbürtige, vermählte oder vermählt gewesene weibliche Mitglieder des Fürstenhauses von der Regiernngssolge ausgeschlossen bleiben sollen. Tic Erb folge würde nach vorstehenden Ausführungen also folgende sein: Beim Ableben des regierenden Fürsten von Rudolstadt würde der Prinz Sizzo von Schivarzburg zur Regierung berufen sein, während nach dem Ableben des Fürsten von Schwarzburg. Srmdershaiiscn zunächst dessen Bruder Leopold und nach dessen Ableben erst die Rudolstädter Linie zur Negierung im Fürsten tum Schwarzburg-Sondershausen gelangte. Diese Fürsorge der Agnaten, die sich in dem Abkommen vom 21. April 1896 zeigt, und die aus dieses Abkommen in beiden Fürstentümern unter Mitwirkung der Landtage vorgenommcnc Abänderung des Staatsgrundgesetzes sder Verfassungs will die beiden Fürsten tümer vor Thronstrcitigkciten, wie sie zurzeit in Livpe durch- gekämpft werden, rechtzeitig bewahren. Es bleibt schließlich die Frage noch zu beantworten, ob, wenn beide Fürstentümer einmal vereinigt sind, diese Vereinigung eine Personal- oder Realunion sein wird. Nach dem Landesgrnndgesetz des Fürstentums Schwarzburg-Sondershausen bildet das Fürstentum in seinen gegenwärtigen Bestandteilen einen unteilbaren, unter einer Ver- sastnng vereinigten Staat, dessen Regierungssorm die erblich monarchische mit Landesvertrctunq ist. Hieraus folgt, daß an eine Neciliinion nicht gedacht werden kann und daß die beiden Fürstentümer nur durch Personalunion verbunden werden können. Der Fall Zweigcrt in Elsen. Einem ausführlichen Bericht über di« Erörterung dcsAntrages Zweigert in derEssener Stadt- verordnetcn-Versammlung entnahmen wir folgen des: Der Antrag des Oberbürgermeisters ging dahin: Die Stadt verordnetenversammlung wolle beschließen, infolge der vom Arbeitgeberverband für das Baugewerbe für Montag angekün digten Aussperrung der organisierten Bauarbeiter auch in den Orten, wo. wie in Essen, Tarifverträge bestehen, die städtischen Bauten ans eigene Rechnung sortsühren zu lassen und für die entstehenden Mehrkosten den Arbeitgeberverband haftbar zu machen, sowie die von der Aussperrung betroffenen Essener Bau arbeiter aus städtischen Mitteln mit 20 000 Mk. zu unterstützen. Die Verhandlung spielte sich folgendermaßen ab: Oberbürger meister Zweigert hatte selbst das Referat über den Antrag über nommen. „Bei der Erörterung kann ich mich auf drei Punkte beschränken: 1. Wie kommt der Oberbürgermeister dazu, sich in diese Angelegenheit überhaupt zu mischen? 2. Liegt überhaupt ein Vertragsbruch vor? 3. Habe ich die Anträge zu rechtfertigen, die ich im Anschluß an die vorangegangenen Tatsachen zu stellen habe? Den Rechtsanwälten gegenüber, die einen Vertragsbruch verneint haben, verweise ich auf die Eingänge der Tarifverträge. Jeder Vertrag beginnt: „Vereinbarung zwischen dem Arbeit geberverband für das Baugewerbe im Kohlenrevier, Grupp« Essen, einerseits und den Zenlralverbänden usw. andererseits." Wir haben diese Vereinbarung getroffen nicht niil einer dritten Person, sondern mit derselben Person, deren Vorgehen ich als Vertragsbruch bezeichnet habe. Wie man sagen kann, daß da kein Vertragsbruch vorliegt, ist mir unverständlich. Allerdings kann der einzelne Arbeiter aus diesem Vertrag nicht klagen. Wenn Sie es aber nicht Vertragsbruch nennen wollen, so nennen Sie es Wortbruch, Treubruch. Tie Auswahl zwischen diesen drei Worten gebe ich Ihnen anheim. Und dann habe ich mich nicht in die Sache gemischt, ich bin dazu aufgesordert worden. Beide Teile haben Mitglieder zu mir geschickt und mich um Rat gefragt, und dann habe ich auch die Legitimation dazu. Ich bin eigentlich dritter Mitkontrahent, die Verträge sind geschlossen für die städtischen Bauten. Wenn ich mit unterschrieben habe, so geschah Las, um dem freiwilligen Charakter der Verträge einen noch größeren Ausdruck zu geben. Ich bin der eigentlichste Mitkontrahent, mehr als die übrigen. Und wie habe ich dieje Tarifverträge geschlossen? Nach vorhergehender vertraulicher Beratung mit beiden Parteien, nicht leichtsinnig, und dankbar waren mir die beiden Teile, auch die Arbeitgeber. Sie sagten: Gott sei Tank haben wir endlich einmal Frieden. Weil ich nun Kontrahent bin, habe ich das Recht und die Pflicht, zu sorgen, daß die Verträge gehalten werden. Und wenn man die Absicht hat, solche Verträge nicht zu halten, dann ist die Pflicht vor banden. ein Einhalten der Verträge herbeizusübren. Welches sind die Mittel dazu? Erstens, daß man die Arbeiten durch einen Dritten ausfllhren läßt. Dazu bin ick sogar befugt ohne die Genehmigung der Stadtverordnetenversammlung. Wenn eine Partei, die mit der Stadt einen Vertrag abgeschlossen hat, den Vertrag nicht hält, so bin ich als Oberbürgermeister, dem die Ausführung der Sladtverordnetenbeschlüsse übertragen ist, ver pflichtet und befugt, für das Halten der Verträge einzntreten und die Arbeiten durch Dritte fertig machen zu lassen. Ich be stehe aber darauf nicht, ich überlasse es der Stadtverordneten- Versammlung. Wenn so klar wie hier ein Vertragsbruch vor- liegt, so habe ich keinen Zweifel über den Ausfall dieses Be schlusses. Zweitens habe ich den Antrag gestellt aus Unter stützung des Vertragstreuen Teiles. Während des Bergarbeiter- streiks ist an mich das Ersuchen gestellt worden, mich an die Spitze eines Komitees zu stellen, das einen Aufruf zu gunsten der Bergarbeiter erlassen sollte. Ich habe das rundweg abge- lehnt. Ich habe schon früher ausgesprochen, daß der Berg- arbeiterstreik ans Grund eines frivol herbeigeführten Vertrags bruchs begonnen "hatte, daß er lediglich eine Mache der sozial demokratischen Partei war, di« schließlich da? Heft aus der Hand verloren hatte. Hier aber handelt cs sich nicht um politische Macht, sondern um Anfrechtcrhaltung des geschriebenen Rechts. Daß man Verträge halten muß, hat noch niemand bestritten. Wenn es aber im Vertrag beißt: „Maßregelungen sollen nickt stottfinden wegen Zugehörigkeit zu einer Organisation", und wenn dann von einer Partei beschlossen wird, wegen Zugehörig keit zur Organisation soll der andere Vcrtraasteil entlassen wer den, io ist das ein Vertragsbruch, und da halte ich die Unter stützung aus städtischen Mitteln für geboten. sBeifall.i — Rechtsanwalt Dr. Blell, der Führer der Zentrumspariei. sturmst den Ausführungen deS Oberbürgermeisters zu. Es bandle sich nicht um ein Eingreifen in einen Kampf, sondern lediglich um eine Rechtsfrage. Er beantragt, die Sache der sozialen Kom mission zu überweisen und diese auch zu beauftragen, nochmals eine friedliche Einigung herbeizuführen zu suchen. Unter leb hafter Zustimmung der Versammlung weist Redner die Angriffe und Beleidigungen gegen den Oberbürgermeister zurück, der nach wie vor da» vollste Vertrauen deS Kollegiums und der Bürger schaft besitze. (Lebhafter, allgemeiner Beisall.j — Stadtverord neter SchmiedehanS und spater auch Stadtverordneter Fritze verteidigen das Vorgehen deS Arbeitgeberbundes, der zu der Aussperrung trotz de» Tarife» berechtigt sei. weil die Dortmunder Bauarbeiter trotz wiederholter Androhung der allgemeinen Aus sperrung Arbeitswillige in grober Weise belästigt hätten. Die Essener Unternehmer könnten doch nickt rubia dem Kampfe ihrer Dortmunder Kollegen znsehcn. Im Sinne de» Oberbürger. Meisters sprach auch Rechtsanwalt Tr. Niemeyer, der national- liberale ReichStagSiandidat, ver das Vorgehen des Arbeitgeber verbandes mit dem eines Mannes verglich, der fick hier be rechtigt glaube, jemanden tolz»schlagen, weil in Berlin jeinand seinen Bruder erschlagen habe. Ter Oberbürgermeister und mit ihm die Stadtverwaltung habe die moralftche Bürgschaft für die Einhaltung des Vertrages übernommen, der allerdings zu den vielen Verträge» gehöre, die inan nicht einklagen könne. Schließlich wurde in namentlicker Abstimmung mit 27 gegen 23 Stimmen aus einen Antrag Blell beschlossen, die zur Erörterung stehende Frage der sozialen Kommission zu überweisen mit der Aufgabe, zunächst nochmals eine Einigung der streitenden Teile zu vermitteln und, falls dies nicht aussührbar sein sollte, über den Antrag des Oberbürgermeisters «j aus Ausführung städti scher Bauarbeiten in eigener Regie, Ist c»st Unterstützung der Vertragstreuen Arbeiter einer baldigst anzuberanmenden neuro Stadtverordneten-Verscimmlung Vorschläge zu machen. Marokko. Wie nicht anders erwartet werden konnte, suchen letzt, nach, dem die Beschickung der Konferenz über Marokko durch die Mächte gesichert ist, Sultan Mulay Abdul Asis und seine Räte möglichst viel sür die marokkanische Souveränität zu erreichen und sestzulegen, bevor nach die Mächte gesprochen haben. Der Sultan von Marokko gedenk! nock vor Zusammen- tritt der Konferenz Schritte zu tun, damit Marokko den Mächten anaereibt werde, welche das Haager Konferenz- protokoll Unterzeichneten, Ter Sultan will damit einen Beweis der Souveränität lieicrn, im übrigen aber das chm vor zulegende Programm der Marokko-Konferenz nicht unnötiger- weise komplizieren. Man hofft in Fez. daß das vorzulegendc Programm auch ans entsprechende Besteuerung der cnropälschen Häuser Rücksicht nehmen werde. Einer sranzösisch-marokka- nischen Grenzreguliernna zeigt man sich, wie der „Courrier Europöen" in Paris erfährt, am Sultanhose nickt abgeneigt, aber nur unter der Voraussetzung, daß diese ausdrücklich als definitive von der Konferenz verbürgt werde. Tie Hauptscbwicrigkcit besteht nach demselben Blaste in den, Wunsche des Sultans, daß die Verträge Frankreichs mit England und Spanien in aller Form sür gegen st andslos er klärt werden,, und zwar erwartet man eine solche Erklärung in Fez noch vor Eröffnung der Konferenz. Ob alle diese Wünsche Marokkos, insbesondere aber die Bestencrnnq der Ausländer, ohne Garantien sür loyale Durchführung der zu beschließenden Reformen auf Erfüllung rechnen dürfen, muß füg lich abgetvarlct werden. Deutsches Reich. Der Kronprinz und die Kronprinzessin trafen am Sonntag an Bord des „Meteor" in Aarhus ein und unternahmen nachmittags einen Ausflug in die Umgegend. Sie gedenken dem Prinzen und der Prinzestin Christian von Däne mark einen Besuch abzustatten. Ans das Telegramm, ncit welchem Prinz Ludwig von Bayer» bei» Kronprinzen die Wahl znm Präsidenten der Deutschen Landwirtschasts - Geielstchait für das kommende Jahr milteilte, ist inzwischen folgendes Antwarttelegramm eingegange»: „Eurer Königlichen Hnheil danke ich iür das freundliche Telegramm, in welchem Eure Königliche Hoheit als zeitiger Präsident der Deutsche» Landwirtschafts-Gesellschaft mir Mitteilen, daß die Wabl sür das Präsidium der Gesellschaft für das kounneiide Jahr ans mich gefallen ist. Ger» nehme ich diese Wahl an: ich bosse, daß es mir vergönnt sei» wird, die Bestrebungen der Gesellschaft znm Wahle der deutschen Landwirtichast auch in den, Maße zu fördern, wie es Eure Königliche Hoheit bisher so glücklich getan haben. Wilhelm. Kronprinz." In Soiidershansen begann gestern vormittag 9>/s Uhr bei herr lichste»! Wetter auf dem Marktplatze vor dem Fürste» und der Fürstin, dem Prinzen Leopold und den Spitze» der staatlichen und städtischen Behörden die Huldignngsfeicr anläßlich des 25jährigen Negiernngsjubiläums des Fürsten KarlGünther zu S chw a rz b n rg - S ond c rsh a ns en. mit der die Enthüllung eines vom Lande dargebrachten Brnnnen- denkninls verbunden war. Der Fürst gab das Zeichen znm Fall der Hülle. Oberbürgermeister Rosler-Londersbause» nahm das Denkmal namens der Stadt in Empfang und brachte ein Hoch auf den Fürsten aus. Nach einer Festhymne erfolgte die Besich tigung des Denkmals unter Führung seines Schöpfers Professors Eberlcin. Darauf begann die Huloigung des Landes vor dein Fürstenpaare. Nach der Huldigung unternahm das Fürstenpaar eine Rnndfahrt durch die festlich geschmückte Stadt. Der Fürst stiftete ans Anlaß der Feier 50000 Mk. seiner Residenzstadt Sondershauscn znm Ban einer höheren Töchtcrichnlc. Aus Stuttgart kommt die Nachricht, daß der Landtaasabge- ordnete und frühere Reichstagsabgeoronete Goller (Deutsche Volksparteij am Sonntag gestorben ist. Um eine neue, vom Kaiser ausgearbeiteie Fel.d- d i e n st o rd n u ii g, die die Erfahrungen des russisch-japanischen Krieges berücksichtigt, zu erproben, fand am Freitag, wie ein Berliner Blatt meldet, ans dem Truppenübungsplätze Friedrichs- seid bei Wesel eine Ucbuna statt, an der auch das Infanterie- Regiment Nr. 159 aus Mülheim an der Rühr teilnahm. Sämt liche Generäle und Obersten des 7. Armeekorps waren dazu eingetrossen. Der Bundesrat wird nach der Wiederaufnahme -seiner Plenarsitzungen im Herbst eine Fülle von gesetzgeberischem und Verwaltungsmaterial zu erledigen haben. Zunächst wird er Gesetzentwürfe sertigzustellen haben, die ihm bereits zugegangen und den Ausschüssen zur Vorberatung überwiese» sind. Dahin gehört einmal der Entwurf über den privaten Versiche rungsvertrag, der die Ausschüsse nun schon seit längerer Zeit beschäftigt, und sodann der Dovpclcntwurf über den Schutz der Werke der bildenden Künste, sowie der Erzeug nisse der Photographie. Erst wenn die« Vorlagen ihre Er ledigung gefunden haben, wird die Rciie der Gesetze fertig- gestellt sein, die als Folgen des Bürger ichen Gesetzbuches an- zusehen sind. Jedenfalls ist anzunehinen, daß diese drei Ent würfe zu den Vorlagen gehören werden, die dem Reichstage in der nächsten Tagung bestimmt zugehen werden. Als ziemlich sicher kann man es betrachten, dcstz der Bundesrat sich im Herbst auch mit dem Entwürfe betreffs Sicherung der Forde- rnngen der Ba» Handwerker eingehend beschäftigen wird. Daneben wird ihm noch manche andere^ setzt schon nahezu fertiggcstellte Vorlage unterbreitet werden. Höchstwahrscheinlich wird er auch in die Lage komme», einige Entwürfe wieder aus zunehmen, die in der letztverflosscnen Tagung dem Reichstage bereits zuaestcllt waren, von diesem jedoch wegen plötzlichen Schlusses der Session nicht erledigt wurde». Tahin dürsten wohl auch die Entwürfe über die Ausgabe kleinerer Reichs- ban knoten und über die neue Matz- und Gewichtsordnnng gehören. Diese Vorlagen werde» natürlich, da sie im großen Ganzen in der früheren Form wieder erscheinen dürften, keine größere Arbeit verursachen, ebenso auch nicht die etwa bis dahin zum Abschluß gebrachten neuen Handelsverträge bezw. Gesetzentwürfe, die sich auf die Äeiterrcgclung von Handels- beziehungen zum Auslande beziehen. Hauptgegenstände der Be- ratung des Bundcsrats bald nach der Wiederaufnahme seiner Plenarsitzungen werden jedoch der Reichshaushaltsetat für 1900 und die Re i ch s f i n a n z r e s or in v o r l a g e bilden. An der letzteren wird auch ivährcnd der Abtvcseicheit des Reichsfchatz- sckretärs im Reichsschatzamte gearbeitet. Die „Bert. Pol. Nachr." hoffen, daß es sich ermöglichen lassen werde, sie im Bundesrate so frühzeitig zu erledigen, daß sie „zu den ersten dem Reichstage m der nächsten Tagung zuzustellenoen Vorlagen" gehören kann. Daß den Bundesrat im nächsten Herbst auch größere Verwaltungsmaßnahmen beschäftigen werden, ist bereits gemeldet. Es gehören hierzu namentlich die umfangreichen Ausführungsanweisungen zum neuen Zoll tarif, die bis zum 1. März 1906 sertiagestellt sein müssen, auf deren Vollendung zu einem früheren Termine aber schon mit Rücksicht daraus hingcarbeitet wird, daß den Zollbeamten und der Geschäftswelt möglichst frühzeitig die authentischen Hilfs mittel zur richtigen Zolldeklaration m die Hand gegeben werde» können. Es ist selbstverständlich, daß bei der Fülle des zu be wältigenden Material« alle Entwürfe, die nicht durchaus dring- licher Natur sind, zurückaestellt werden sollen. Hierzu dürste in erster Reihe die Novelle zum Vereinszollgesetz ge- hören, an deren Herstellung eifrig gearbeitet wird, die ober auch wegen der Mannigfaltigkeit der in ihr behandelten Materien noch einer längeren Tätigkeit in den vorbereitenden Stadien be darf. Aber wen» auch diese " " L »1 und andere w«uaer drioaltche DresSne* Nachrichten. IL»7. Seite 3. S» Dienstag. 18. Juli 1»0S
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