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1». Jahrgang. Ih 157 Donnerstag, rr. April 1S2S Gegründet 18SS «radtanIchrMi Nachricht»» ! Arrnlprrchrr - Sammrlnmnmrri SS Schl, «u» sü» Nachtgrtpritch«: 20 011. vom lt. dt» 30. April lS2S drt titalich rwrtmaltgrr JuNeUuns Irrt Kau» l.SO Ward iDLoUl)r Poftd«,ug»pret» mr Monat April z Word ohne PoII»uNell»»asgedül>r SI»l»ln»««,i u> PIroot,. D>» Nnz»ta»n w»rd«n nach voldmard b»r«chn«t; di» »lnioalttg» 30 mm dr»t>« Anzeigen-Preise: L"Ä»°7. autierdalb 200 PI». vg»rlenn»dildr 10 Psg. Au»w. AuIIrSg» a«q»n Vvrau»d»,ati>. SchrtM»>tung und Äauplg»>chan»il»ll> «»rirnNr»!,» 38 42, Druck «. D«rioq von UIrpIch » 2>»Ich,rdl m Dresden Postscheck-Konto 1063 Dr»»d»n. Nachdruck nur mil d»uMch»r Quellentzngave > „Dresdner Nachr." ,uliiMg. Unverlangi, SckräNIück» werden nick> auldewadrt. vlütkner -klügel -Pianos Präger 5trsüe 12 kernrui 16378 -u»0Lk ilkLiLir r»«Lvxir «i« s« Hülkerl Prager 8traüe, Lcke 8!6onien8lraüv. Auswertung-Volksbegehren unzulWg. Ein Geseheniwurs -es Aeichskabinetts über -ie Auslegung -er Reichsversassung. Die mecklenburgische Regierung gestürzk. - Ehamberlain leugnet ein deutsches Recht aus Rheinräumung. - Blutbad in Peking. Eine amtliche Veröffentlichung. Berlin, 21. April. (Amtlich.) Nach NcichSrccht ist der Weg der Bolksgcsctzgcbung insoscr« beschränkt, als über den HanS- hältpla», über Abgabengescssc und Besoldungsordnnngcu nur -er gleichspräsident einen Volksentscheid veranlagen kann. Damit sind Gesetzentwürfe der bezeichnctcn Art dem Bvlks- begchren entzogen. Dies ist geschehen, weil derartige Gesetze nicht aus dem Zusammenhang mit dem gesamten Steuer- und Wirtschaftsplan herausgcnommen werden können. Die vor und während der Geldentwerbumg begründeten Rechts verhältnisse sind im Auswertnngsgesctz und im Gesetz über die Ablösung össcntlichcr Anleihen im Zusammenhang geordnet. Der Gesamtkomplex dieser Gesetze bedingt massgebend den Haushalt des Reiches, den Finanzausgleich zivischcn Reich, Ländern und Gemeinden, wie überhaupt das gesamte öffent liche Finanzivescn. Er ist insbesondere auch die Grundlage unserer Währung. Solche Gesetze müssen, wenn nicht die ganze deutsche Wirtschaft aus das verhängnisvollste erschüttert werden soll, dem Hanshaltplane und dem Abgabengesetz glcichgcachtct werden. Bei sinngemässer Auslegung des Art. 78 Abs. 4 der Ncichs- versassung müssen daher Gesetze, die die Folgen der Geld entwertung regeln, hinsichtlich der Bolksinitiativc den alcichcn Bestimmungen unterworfen sein, wie Gesetzent würfe, die den Haushaltplan und die Abgabcnrcgelnng un mittelbar zum Gegenstand haben. Zur Vermeidung von Zweifeln hat die Relchsregicrung beschlossen, den gesetzgebenden Körperschaften einen Gesetz-, entwarf vorznlcgcn, d-n-rch den klargcstcllt wird, dass ein Volks-! entscheid über Gesetzentwürfe, die die Folgen der Geldentwer tung regeln sollen, nur durch den Reichspräsidenten veranlasst werden kann. Durch diese Siegelung wirb die Frage der Auseinander setzung der Länder mit den ehemals regierenden Fürsten häusern »iid damit das bereits schwobcnde Volksgefetzgcbungs- verfahren nicht berührt. (W.T.B.) Keine Zusammenkunft Strefemanns mil dem Kronprinzen. Berlin, 21. April. Im Rcchtsausschuss des Reichstages hatte heute in der Debatte über das Fürstcnabfindungs- kvmprvmtß der sozialdemokratische Abgeordnete Roscnseid be hauptet, dass Dr. Strcsemauu am 11. April in der Nähe vo» Lugano in der Schweiz mit dem deutschen Kronprinzen zu- sammcngetrofscn sei und mit ihm gesprochen habe. ReichS- justizminiftcr Dr. Marx erklärte demgegenüber sofort, dass Verhandlungen zwischen dem Minister und dem früheren Kronprinzen nicht stattgesunden Hütten. Ebenso teilte der Abg. Scholz (D. Vp.) mit, er sei von Dr. Strescinann zn der Er klärung autorisiert, dass keinerlei Zusammenkunft oder Be sprechung mit dem Kronprinzen stattgesunden habe. Der Aussenmintster sei allerdings zu der gleichen Zeit in Locarno gewesen wie der Kronprinz. Er habe de» Kronprinzen auch von weitem gesehen, aber cs sei dem besonderen Takt der beide» Herren zn danken, dass sic eine Unterhaltung, gegen die selbst gar nichts eiiizuwcndcn wäre, in dem Zeitpunkte vermieden hätten, wo über die Fürstcnfrage im Parlament verhandelt werde. Der Kronprinz sei vielmehr abgcrcist, so bald er erfahren habe, dass der Neichsansscnmlilistcr in Locarno war. (T.-U.) Kein Recht aus Räumung des Rheinlandes! Das Volk hat -as Worts Mit dem im NcchtsanSschnss des Reichstages nunmehr verkündeten Beschluss der RcichSrcgicrung, das Fürsten- kompromiß als versassiingSändcrnd und damit als einer aualisizicrtcn Mehrheit bedürftig anzusehcn, ist endlich für die abschliessende Erledigung dieser Frage freie Bah» geschaffen. Es ist kein Geheimnis mehr, und Dr. Külz hat es aus eine sozialdemokratische Anfrage hin auch indirekt zugegeben, dass diesem Steg des Ncchtsstandpunkles über politische Er wägungen tiefgehende Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Neichsinncnministerium und den leitenden Beamten des Ncichöjiisttzministerinms. insbesondere dessen Staatssekretär Jool, vorangegangen sind. Dr. Külz hätte es vorgezogen, dem Kompromitzcntwurs die Verfassnngswidrigkeit abzu- sprechen, weniger wohl, weil cr von der durchschlagenden Kraft seiner darauf hiuzielenden juristischen Deduktionen überzeugt war. sondern vornehmlich deshalb, weil damit ein stiller aber Heister Herzenswunsch der linke» Siützpfeiler der Koalition erfüllt, die parlamentarische Erledigung der Vorlage burch Annahme mit einfacher M.chrhcit gesichert und die für den Bestand des Kabinetts gefährlichste Klippe der Innenpolitik glücklich umschifft gewesen wäre. Eigenartig allerdings ist der gewundene Umweg, ans dem das Gesamlkabtnett zu seiner eigentlich selbstverständlichen Entscheidung gelangt ist,- viel- leicht ist es aber nicht abwegig, gerade hieraus einige Schluss folgerungen auf die weiteren Absichten der Regierung zu ziehen. Staatssekretär Jovi hatte in seinem Gutachten mit einer Reibe von Argumenten bewiesen, das; das Kompromiss in mehreren Punkten gegen Wort und Sinn der Reichsverfafslmg vcrstösst. Das Kabinett ist in seiner letzten Sitzung mit Stimmenmehrheit dieser Nechtsauf» Ehamberlain leugne! Verpflichtungen. London, 21. April. Im Unterhaus« fragte Ponsonby, ob dem Staatssekretär für auswärtige Angelegenheiten di« von Wilson, Elcmencca« «nd dem damalige» Premierminister Englands am 1«. Juni 1V1» Unterzeichnete Erklärung bekannt sei, wonach die Alliierten für den Fall, dass Deutschland vor Ablauf von IS Jahren ausreichende Gewähr für die Erfüllung seiner Verpflichtungen geben sollte, bereit sein würden, iiiitcrclnandcr eine frühere Beendigung der Nheinland- bcsetznng zn vereinbaren. Ponsonby fragte weiter, ob die Regierung, nachdem die N o t s ch a f t c r k o » f e r e n z gegenüber dem Völkcrbundsrat sc st gestellt habe, dass Deutschland seine Entwafsungs- vcrpslichliingcn erfüllt hat, bereit sei, nunmehr eine Ab kürzung der B e s e h » n g s f r t st e n Voranschlägen. Ehamberlain erwiderte: Der Fragesteller gibt hier die Er klärung der Votschafterkonserenz vom 6. März d. I. ver sehentlich falsch wieder. Sic hat nicht erklärt, das; Deutschland seine Verpflichtungen hinsichtlich der Entwaffnung erfüllt hat. Ihre Feststellung bedeutet etwas anderes. Um irgendwelche Einwändc gegen die Ausnahme Deutschlands in den Völker bund zu verhindern, hat die Vot-schasterkonferenz erklärt, dass, soweit sic in Betracht komme, und nach ihrem besten Wissen »Deutschland effektive Garantien für seine ehrliche Absicht der Eisnllung seiner vertraglichen Verpflichtungen bietet". ES besteht ein beträchtlicher Unterschied zwischen dieser Feststellung »befriedigender Garantien" und der „Erfüllung" der deutschen Beipflichtungen gemäss der Erklärung vom 16. 5>unt ISIS. Ponsonby muss mir die Bemerkung gestatten, dass ich mir keinen ungünstigeren Augenblick denken kann, um eine so weit- reich »de Diskussion zu veranlassen. Wcdgewood fragte, ob die in der Erklärung von ISIS irledcrgclegtcn Grundsätze zur Durchführung gebracht wür den sobald die in der Erklärung erwähnten Bedingungen zur Zufriedenheit der britischen Regierung erfüllt werden, und ob tatsächlich die britische Ncgicrnna sich noch an die 1918 ab- »egcbcnc Erklärung halte. — Ehamberlain antwortete: Die Erklärung von ISIS war eine Erklärung über die damals bestehenden Absichten der drei Negierungen. ES war keine Erklärung ans die sich die d c u t s ch e Regierung zu berufe» ein Recht hat. Er wiederholte, dass seiner Ansicht nach kein ungünstigerer Augenblick sür eine Diskussion dieser Frage gewählt werden könne. (W. T. N.) » Dass der Zeitpunkt für eine Erörterung der Räumung des isiheiiilandcS io ungcctgnct sei, ist eine durchaus subiekttvc Auffassung EhambcrlaiiiS. Mag cr es für richtiger halten, "Ser diese Frage GraS wachsen zn lasten,- für »nS ist cS um so notwendiger, über die Rückwirkungen von Locarno Klar heit zu gewinnen. War cs schon vom deutschen Standpunkte aus falsch, die ausgeblicbcneii Rückwirkungen von Locarno für das Rheinland so stark in den Hinter grund treten zu lasse», während angesichts der deutsch russischen Verhandlungen imme'r nur angebliche deutsche Verpflichtungen aus Locarno und dem Völkcrbiindsbeitritt geltend gemacht werden, so lüftet Eham- bcrlain jetzt den Schleier in bezug auf die Verpflichtungen, die den Alliierten aus Locarno erwachsen, indem cr sic völlig ver neint. Dass Ehamberlain ein deutsches Recht aus feierlichen Zusagen Wilsons, Clcmcnceaus und Lloyd Georges einfach leugnet, wäre an sich schon bedenklich genug: ngch Locarno aber bedeutet diese Erklärung eine Vernichtung der Hoff nungen, die bei der deutschen Parlgmciitsmehrhcit aus dem Vertrauert auf de» Geist vo» Locarno erwachsen sind. ES er gibt sich daraus auch, wie verkehrt cs wäre, wenn wir einen Vertrag mit Russland mit Rücksicht aus die weitgehenden Wünsche der Locarno-Mächte seines positiven Inhalts be rauben wollten. Wenn Ehamberlain es unternehmen kann, Verpflichtungen ans Zusagen früherer Staatsmänner ab- znstrciten, so steht jedem Nachfolger Eliambcrlains oder VriauLö das gleiche Recht in bezug auf die Auswirkungen vo» Locarno zu. Treu »nd Glauben gilt dann in der Politik nicht mehr. Wir haben ein Recht, uns auf die Erklärungen der Vät>r von Versailles zn berufen, und es rächt sich heute, dass wir cS noch nicht getan haben. Wir haben aber auch ein Recht, nnS ans den Artikel 481 des Versailler Diktats zu berufen, der ein sofortiges Ende der Besatzung Vorsicht, wenn Deutsch land den Verpflichtungen des Vertrages vor Ablauf der fünf zehnjährigen Besctzungszcit Genüge leistet. Dieser Artikel hätte keinen St»», wenn man nicht in der bis zur Sclbst- entäusscrung gehenden Garantierung der Leistungen durch baS Dawcs-Snstem eine Erfüllung erblicken sollte. Denn dass man Verpflichtungen von solchem AnSmasse nicht in fünfzehn Jahren erfüllen kann, haben die alliierten Staaten mit ihrer sich auf über SV Jahre erstreckenden Regelung der Rückzahlung der interalliierten Schulden selbst erfahren. Snqland und der -eu>sch«rusftsche Verkrag. London, 21. Aprtl.^Jm Zusammenhang mit dem mögliche» Eingreifen der englische» Regierung in bezug auf die deutschen Verhandlungen mit Russland betont „Daily Telegraph", cs bestehe Grund z» der Annahme, dass die englische Me- atcning. wenn auch in sehr diskreter Form, in der nächsten Znknnft in den alliierten und übrigen Hauptstädten Schritte unternehmen werbe, nm die Hinderniste, die noch dem Eintritt DcntschlanbS in den Völkerbund im Wege stcbcn. zn beseitigen. Dass diese Hindernisse sich immer mehr hänfen, gebt auch aus einer Meldung der „M o r » i n g Po st" hervor, wonach letzt auch Siam als asiatische und Persien alS mohammedanische Macht einen nichtständigen Sitz im Völkcrbundsrat verlangen, während Ehina seine Ansprüche auf einen ständtaen Sitz auf- rechtcrhält. . . sassung bcigctr.'ten, hat aber von de» aufgcsührten Gründen sonderbarerweise nur den als stichhaltig gelten lasse», der ver- sgstiingsrcchtlich die meisten Angriffsflächen bot. lieber den Einspruch Bayerns und Württembergs, das, das Reich mit seiner Regelung rechtswidrig in die Zuständigkeit der Länder elngreife, wurde ohne viel Umstände hinwcggcgangen. Der sehr beachtliche Einivand aus Art. 1V5, der bestimmt, -ah Ausnahmegerichte unstatthaft seien und dass niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen n>erdcn dürfe, ebenso auch, das vielleicht durchschlagendste Argument ans Art. ISS. wonach alle Deutschen vor dem Gesetze gleich seien und insbesondere öffentlich-rechtliche Vorteile oder Nachteile der Geburt oder des Standes Wegfällen sollen: alle diese Bedenken hat der Reichsinnenministcr kurzerhand abgetan, indem cr die kühne Behauptung aufstcllte, dass diese Vcrsastungs- bcstimmnngen nur für die Exekutive, nicht aber sür den Gesetzgeber bindend seien. Ein Standpunkt, der tn seinen letzten Folgerungen recht erbauliche Aussichten für die Zukunft eröffnet. Dir Schranke, über die die Verfastungs- juristcn jedoch nicht mit der gleiche» Grazie hinweggrkommcn sind, liegt im eigentlichen Eiiteigiinngsparagraphen, der den allgemeinen Grundsatz der Gewährleistung des Eigentum- nur unter eng umgrenzten Voraussetzungen prciögibt. Der diesbezügliche 8153 der NcichSvcrfassiiiig sagt: „Eine Enteignung kann nur znni Noble der All gemeinheit und a»f gcsehsicher Grundlage vor- gcnvmmen werden. Sie erfolgt gegen aiigcinclsenc Ent schädigung, soweit nicht ein RclchSgcsev etwa« anderes bestimmt. Wegen der Höbe der Entschädigung tst tm Streitfälle der Rechtsweg bei de» ordentlichen Gerichten ofsenzuhalten, soweit NcichSgesetzi nichts andere» bestimmen." Also vier Voraussetzungen. Drei sind ohne weiteres ge geben. Die gesetzliche Grundlage soll durch das Koni- promtss geschaffen werden. Die Entschädigung wird durch Netchsgesch geregelt. Die ordentlichen Gerichte werden gleichfalls durch ein solches aiisgcschlostcn. Fragt sich nur noch, ob die Enteignung „zum Wohse der All gemeinheit" erfolgt. Diese Frage hätte sicher, wenn man die gleiche Großzügigkeit hätte walten lasten, wie bei den anderen Etnwänden, mit einigen allgemeinen Redensarten bejaht werde» können. Die Negierung hat auf diesen billigen Behelf verzichtet und etwas formal den Mangel einer Be gründung der Vorlage, ans der der Zweck des Gesetzes er sichtlich wäre, zum Anlass genommen, um zu erklären, dass die vierte Voraussetzung des 8 >53 nicht gegeben, das Ganze also verfastungSändernd sei. Vielleicht wurde diese Formulierung deshalb gewählt, weil durch, diese Begründung am stärksten der auch für die Negierung unmögliche Entwurf des Volk-- bcgchrcnS diSkrcdidicrt »nd somit eine feste Plattform für den Kampf gegen besten Absichten geschaffen ist. *