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d»u, sagen, wen» HamekNng da» deutsch« Volt -der Welt Ge wusen" nennt? — Der Vortragende gab Im Lause seiner Aus führungen Proben au» dem Hamerltngschen Werke und brzeichnete ihn am Schlüsse als echt deutsch patriotischen Dichter, der dem deutschen Bolle die größten Ideale zuweist. Genen die zuletzt ausgestellte Behauvtung erhoben sich in der nachfolgenden Aus sprache Widerlprüche. namentlich davln. daß Hamcrttng niemals al» Dichter vottütumlich werden würde, wie beispielsweise unser Schiller ober die Dichter der Befreiungskriege. Der Vortrag fand allgemeine Zustimmung. — Eine gegen die Wiederzutassung der Jesuiten ausgelegte Protestliste fand zahlreiche Unterzeichner. — Der Verein deutscher Steindruckerei- besider — Eid Leipzig - hat an den BundeSrat. sowie an die Regierungen der verschiedenen deutschen Staaten eine Eingabe gerichtet, ln welcher er um den Erlaß von einheitlichen gesevüchen Bestimmungen nachsucht, auf grund deren zweifellos beurteilt werden kann, ob «ine Steindruckerei im einzelnen Falle als Hand. werkSmäßlaer oder fabrikmäßiger Betrieb zu erachten sei. Ferner befürwortet der Bereln ein Zw am menwirken der Handels' und der Mewrrbekammern auf dem Gebiete des LechrllngswesenS. um eine einheitliche Siegelung dieser Frage sowohl in den großen wie in den kleinen Betrieben zu erzielen. Im übrigen wird in dieser Eingabe dargelrgt. daß da» Lithographie- und Steindruckgewerbe bei seinen engen Beziehungen zur reine» Kunst ein großes Interesse an den zur Ausbildung der Lehrlinge erlassenen gesetzliche» Vor schriften habe, sowie daß eine gleichmäßige Beurteilung der Groß- wir der Kleinbetriebe bezüglich der Lehrlingsausbildung unbedingt notwendig sei, und beide Betriebsarten diesem gewerblichen Be dürfnis gern ein Opfer bringen würde», wenn die Siegelung in dem angedeuteten Sinne erfolge» könne — Am 25. Februar fand eine Sitzung der Sektion des Pädagogischen Vereins sDrcsd». Lchrerver.) zur Förde rung deSHandfertigkeitsunierrichis in der 6. Schüler- werkstait l9. Bürgerschule, Silbermannstrahe 5) statt. Herr Lehrer Srmon zeigte in einer Lehrstunde den Betrieb der Mctallarveit, dje seit Michaelis 1901 in den Lehrplan der Schülerwerkstätten de» Gemeinnützigen Vereins ausgenommen ist. In drei Gruppen eingeieilt, arbeiteten die Knaben einen Bürstenhalter aus Draht, «inen Fcderhalterständer aus Kieinciscn und e.nen Würfel aus Zinkblech. Letzterer wurde im Laufe dieser Unterrichtsstunde ganz, die beiden anderen Gegenstände ziemlich fertiggestellt. Nach Be sichtigung der während des JahreS angefertigten Schülerarbciten bot Herr Simon Erläuterungen über ihre Herstelluna und ihren Wert, tzervorgehoben wurde, daß die Knaben der Metallarbeit lebhaftes Interesse entgegenbringcn, daß diese Hand und Auge bilde, den Willen stärke, den Schülern eine große Menge wichtiger Kenntnisse durch eigene Erfahrung vermittle und den Schulunter richt wesentlich unterstütze. Bei den Drahtarbeiten komme es be sonders auf richtiges Abmessen, Verbinde» durch Bünde ohne Lot und auf das Löten an, bei der Kleineisenarbeit aber gelte es. Stücke von langen Eisenblechstreifen abzuschneiden, sie zu Spiralen zu drehen und diese durch Bänder oder durch Nieten zu verbinden. Die Schwierigkeit der Blecharbeit liege un Schneiden, Richten und Löten des Bleches. Hierauf sprach der Vorsitzende, Herr Simon, für die Lehrstunde und den Vortrag den Dank der An- wesenden auS. Als 1. und 2. Vorsitzender wurden die Herren Oberlehrer Schuricht und Lehrer Liebczeit, als 1. und 2. Schrift führer Herr Kunath, Schuldirektor i. R.. und Herr Lehrer Engel hardt wiedergewählt. — Wie bekannt, vermittelt der vom hiesigen Hauptbahnhofe früh 7 Uhr 20 Minuten abaelieude Nege»sb»ra Muuchnei TageS- fchuellzua auch eine vorzügliche Verbindung in de» Richtung nach HeideIberg, Mannbe > in rc. Es ist dies die einzige gute sthnellzugSmäbiae Verbindung ans Sachsen über Hos-Bambeig- Wüttburg Bei dem vorm. 11 Ubr 5 Mi» vom hiesige» Haupl- babnhofe absabrrnden Breslau-Geuse, Schnellzuge besteht zwar auch eine Verbindung nach der Richtung Bamberg Würzburg, sie endet aber jetzt abends 8 Uhr l? Min. in Würzbuig ohne weitere Forts-tzlliig Vvm Beginn des nächsten Soniiuei'nbrplaneS ab tritt nun bierin eine wesentliche Neuerung insofern ein. als die badischen Staatsbahne» im Anschlüsse an den obengenannte» Schnellzug abnids 8 Ubr 30 Mi», einen neuen Schnellzug von Würzburg über Lauda—Mosbach nach Heidelberg und Mannheim führe», weicher in Heidelberg nachts 12 Uhr und in Mannheim nachts 12 Uhr 29 Min. ankommt In Heidelberg findet der neue Tchnellzua Anschluß an den Jrankflilt Baseler Nachttchiiellzug lab Heidelberg nachts 12 Uhr 56 Min >, mit dem man Karlsruhe früh 1 Uhr 50 Min. Baden-Baden früh 2 Uhr 46 Min., Straß- dura früh 3 Uhr 54 Min., Freiburg früh 4 Uhr 41 Min. und Basel früh 5 Uhr 50 Mi» erreicht. — Der Victoria-Salon bringt morgen, Sonntag, ein vollständig neues Programm; es treten auf: der vortreff liche Humorist Otto Reutter; sechs junge Negerinnen mit dem Cake-Walk-Danz; die Kunstradfahrer Fratelli Donatelli; die vier Berlings, Bühnen-Luftokt mit Gesang; die dänische Soubrette Eva Haller; der Klavier-Kunstschütze Colonel Bordcverry: die Transsormatuzns-Gesailgsduettistmnen Chantenac; Hprfenkünst- lerin Signora Pia Carozzi: Harry Rochez mit seinem Dressur- akt mit 3 Ponies, 10 Collies-Hunden: Armand Marcell mit seinen urkomischen Äffen; Buderus-Kinematoskop mit neuen Bildern. — Central-Theater. Heute, Sonnabend, treten die Künstler des Februar-Programms, auch Marcell Salzer und La Tortajada zum letzten Male auf. Morgen, Sonn- tag, finden nachmittags s,s>4 Uhr und abends s48 Uhr große Novitäten-Vorstellungcn mit dem neuen März-Pro gramm statt. Aufsehen erregen dürste die morgen zum ersten Male zur Aufführung kommende Sensationskomödie „Am Telephon". — Landgericht. Es stehen zwei Verhandlungen an gegen den verantwortlichen Redakteur der „Dresdner Rundschau", Adolf Goetz, wegen Beleidigung, jedoch muß die eine Straffache in letzter Stunde abgesetzt werden, da einer der Zeugen, Bankier Fritz Günther, erkrankt ist, ein anderer zum Leipziger Bankprozeß hinzugezogen worden ist. Goeh hat sich also nur wegen Be leidigung der Dresdner Polizei zu verantworten. Die Anklage gründet sich auf einen in Nr. 1 des lausenden Jahrganges der ^Rundschau" erschienenen Artikels: „Kloster oder Irrenhaus?" Der Artikel behandelt die Angelegenheit der vormaligen Kron prinzessin und schließt mit den Worten: „Unsere Polizei zeigt auch hier wieder, daß sie sich fortgesetzt um Dinge kümmert, die sie nichts angehen. Mag sie nun auch bei uns durch ungesetzliche Haussuchungen und Beschlagnahmungen usw. sich hervortun, >n der freien Schweiz wird man die Herren, wenn sie nicht selbst gehen, schon bald genug auf den Sprung bringen. Wir sehen der Zukunft mit der Hoffnung entgegen^ daß die Affäre des säch sischen Loses, die zunächst noch ein Rätsel ist, bald eine andere Losung finden wird, als Kloster oder Irrenhaus." Nach der Anklage soll durch diese letztgenannte Bemerkung der Dresdner Kri- minalpolizei der Vorwurf der Pflichtverletzung gemacht worden sein. Der Angeklagte Goeh erklärt sich bereit, die Verantwortung für den inkriminierten Artikel tragen zu wollen, will aber durch ungerechtfertigtes Vorgehen der Polizei zu dessen Veröffentlichung bestimmt worden sein. Am 17. und 24. Juli 1899 hätte der Kriminalkommissar Schwarz, Polizcirat Thiele im Juli - 1900 Durchsuchungen nach beanstandeten Manuskripten in der Druckerei der „Rundschau" vorgenommen. Auch in der Wohnung des damruigen Redakteurs Ouanter seien Durchsuchungen vorgcnom- nicht gesundem dafür aber ohne höheren Auftrag Bruchstücke eines anderen Artikels ohne weiteres mitgenommen. Ganz besonders aufdringlich und „zerknitternd" sei eine vom Polizeirat Thiele geleitete Haussuchung verlaufen. Nicht nur mußten sich ine Ge- schästsinhabcr und das Personal eine Durchsuchung der Taschen gefallen lasten, Polizeirat Thiele habe auch die Geschäftsbücher einer genauen Kontrolle unterzogen und dabei die Aeußeruna getan: „Da stehen wohl die Beftechunasgelder der „Rundschau darin!" Gerade gegen die letztere Äeuberung wendet sich sowohl der Angeklagte Goeh, als auch der Verleger der „Rundschau". Schwinge. Der letztere will durch die damaligen Maßnahmen gegen die „Rundschau derartig konsterniert gewesen sein, daß er den Weg der Beschwerde oder Klag« argen Polizei- rat Thiele Unterlasten habe. Polizeiwachtmeister Beck sagt da gegen auS. daß er seinerseits eine Durchsuchung nicht vorgenom- men Hab«. Schwinge und Ouanter hätten ihm ohne weiteres die gesuchten Schriftstücke ausgehändiat; einer ungerechtfertigten Maß- nahm« könne er sich also auch nicht schuldig gemacht haben. Kriminalgendarm Lieoscher gibt zu, daß er in Gemeinschaft mit 'pflegen die Quantersch« Wohnung nach einem verdächtigen pt durchsucht habe. Als Zeuginnen seien zugrzogen worden die lyesrau und die damalige Aufwärterin Ouanter» streiten entschieden, in irgend einer Weise provozierend oder auch nur scharf vorgegangen zu sein. Der Verteidiger des Angeklagten "" Htsanwalt Dr. Giese, ' " '' Goetz. Rechtsanwalt Dr. Gieje, beantragt ifreliprcryuna. va lein Mandant sich nur seiner HautZlcwehrt und die Interessen seines Blattes vertreten habe. Eine Beleidigungsabsicht liege m keinem beantragt Freisprechung, da fein Falle vor. Trotz aller Ausführungen des Beschuldigten selbst ge winnt daS Gericht die Ucberzcugung von der Schuld des Ange klagten und erkennt auf 6 Monate Gefängnis. — Die Waicherin Anna Auguste verehel. Rost geb. Monnentin aus Löbtau begründete im vorigen Jabre eine Nohlenhandlung, gab sich als vermögend und zahlungsfähig aus und betrog durch diese falschen Angaben einen Lieferanten um 600 Mk. Sodann versuchte sie. die Lieferung von zwei Waggons Kvhlcn kreditweise zu erlangen, erreichte aber diesmal ihren Zweck nicht. Wegen vollendeten und versuchten Betrugs werden ihr 3 Monate Ge fängnis auferlegt. — Ein unbedeutender, aber unter erschwerenden Umständen ausgeführter Diebstahl bringt dem Kausmannslehrlina Ernst Otto Mittag aus Nadebcrg eine 3wöchige Gefängnisstrafe ein. — Der mehrfach vorbestrafte Arbeiter Adolf Fleischer aus Meißen stahl in einer hiesigen Gastwirtschaft einem anderen Gaste ein Legitimationspapier und machte von der Urkunde Gebrauch, llin im Asyl für Obdachlose Unterkommen zu finden. Er hat 4 Monate Gefängnis zu verbüßen. — Der Expedient August Emil Güldner war früher beim hiesigen Amtsgericht beschäftigt, zeigte sich zwar sehr nachlässig, fand aber trotzdem Stellung bei einem hiesigen Rechtsanwalt mit 100 Mk. Monatsgehalt. Aber auch hier bewährte er sich nicht, sondern unterschlug in einem Zeit raum von wenigen Monaten 1565 Mk. Er wird zu 1 Jahr 3 Monaten Gefängnis verurteilt. — Wegen Nückfalldicbstahls wird der Schuhmacher Gustav Georg Guhre von hier zu 3 Mo- naten Gefängnis verurteilt. — Auf einer Bierreise stahl der vor bestrafte Marktbelser Emil Ernst Förster seinem Begleiter das mit 81 Mk. beschwerte Portemonnaie aus der Tasche. Er er hält 8 Monate Gefängnis und 3 Jahre Ehrverlust. — Der Schuh macker Otto Max Hornuff aus Radeberg erbrach den Reilekoffer eines Bekannten und stahl daraus 29 Mk. und verschiedene Kleidungsstücke. Nebenbei entführte er ein aussichtslos gelassenes Fahrrad und unterschlug einen Geldbetrag von 63 Alk. Das Urteil lautet auf 2 Jahre 3 Monate Gefängnis und 3 Jahre Ehrverlust — Militärgericht. Wegen Ungehorsams gegen einen Befehl in Dienstsachen, der einen erheblichen Nachteil, den Tod eines Menschen, herdeisühlte. bot sich vor dem Kriegsgericht der 23. Division der 1881 zu Lauter bei Schwarzenberg geborene Fleischer, jetzige Gefreite Max Alwin Scbreyer von der 6. Batterie des 12. FeldartiUerie-RenimentS zu verantworten. Der Angeklagte, dem durch seinen Batteriechef eine vorzügliche Beurteilung zu teil wird, war am 24 Januar der Aufsichtsführende beim Fuktechole» vom Proviantamt nach der Kaserne. Aus dem Rückwege als der hoch mit Hen beladene Krimpcrwagen die Fabricestraße passie,te. kamen einige Bündel Heu ins Wanken, sielen hinunter und rissen den oben auf dem Wagen sitzenden Fahrer Krüger mit herab Dieser kam so unglücklich zu liegen, daß dem Aermsten die Prerve konnten nicht sogleich zum Steden gebracht werden — die Wagenräder über den Körper hinwegglngen und ibin furchtbare Verletzungen beibrnchien. Obgleich der Verunglückte schon kurze Zelt darauf in das GnrnHon- lazarett geschasst und hier ei» operativer Eingriff vorgeuommen ivnrde. gelang es der ärztliche» Kumt nicht, ihn am Leben z» erhalten. K gab »ach einigen Tagen seine» Geist auf. Der Tod war infolge Verblutung eingetieten Nack den, Gutachten des Sachverständigen walk», wie die Sektion der Leiche ergab, fast 'ämtiichc Rivpen des Unglücklichen gebrochen, ebcnio der rechte Obelcum. Blutergüsse in die untere Brckenhälste und linke Brust- bbiile hatte» stattgefllnden und außeidem waren auch die Weichkeile des Rückens zerquetscht. Dem Angeklagten, der als Kapitulant Unlerofsizieisdienste tat. wird nun zur Last gelegt, daß er de» ihm vom Untelosfizier Helniig ausdrücklich erteilten Befehl, anszu- oassen, baß niemand anisitze, nicht befolgt, überdies auch eine» diesbezügliche», allgemein bestehende» Regimentsbefehl außer Acht gelassen und dadurch de» Uiralückssall miiverschuldet habe. Sch. behauptet, daß er dem Verunglückten zuvor besohle» habe, herunter- zukommen. dieser habe aber nicht gehört. Als Kapitulant habe er sich geniert, leinen Befehl duichzuietzrn. Auf Borhalt muß er allerdings zugeben, daß er sich leibst mit auf den Wagen, der leinen Kutschersitz hatte, gesetzt hat und bei dem Abrutschen der Bündel ebenfalls mit heiuatcraesalleii ist. Das Gericht erachtet den Angeklagten, dem als Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Baum beigegeven ist, für schuldig, billigt ihm aber mit Rück sicht darauf, daß der Uuglücksfall zur Hauptsache durch eigenes Verschulden deS Verunglückten herbeigefüyrt worden ist. mildernde Umstände zu. Das Urteil lautete ans I Woche mittleren Arrest — Weiter verhandelt dasselbe Kriegsgericht gegen den 1883 zu Müllwitz bei Großenhain geborenen Unteroffizier Johann Oswald Haußdorf von der 9. Kompagnie des 177. Infanterie- Regiments sKönigsteinj wegen Mißhandlung von Untergebenen. Der sehr gut beurteilte Angeklagte ist erst am 4. Februar durch kriegsgerichtliches Erkenntnis wegen desfelben Deliktes mit einer Arreststrafe belegt worden. Trotzdem hat er schon zwei Tage päter sich wieder an einem Rekruten vergriffen. Beim Antreten zum Abendefsenholen versetzte er einem Rekruten seiner Korporal- chaft eine Ohrfeige, weil dieser seine Suppe weggoß. In der gleichen Weise hatte er sich an demselben Soldaten einige Wochen vorher bei Schwärmübungen und in einem anderen Falle beim Waschen vergangen. Weiter hat er ihn einmal an der Brust gefaßt und zegen einen Schrank gestoßen, sowie bei einer anderen Gelegen st ihm einen Faustichlag gegen den Mund versetzt. Auf dem Schlafsaale gab er ihm einen Fußtritt vor den Unterleib, so daß der Gemißhandelte übers Bett siel. Der Angeklagte hat sich außerdem an einem anderen Soldaten tätlich vergangen. Bei „Gewehr über" hatte dieser eine falsche Äcwehrhaltung ein genommen. Dies war für H. Veranlassung, die Haltung zu korrigieren, wobei er dem Mann absichtlich mit dem Gewehr kolben mit voller Wucht an die Brust stieß. Obwohl der An- geklagte seine Schuld in Abrede stellt bezw. die Sache in einem möglichst milden Lichte darzustellen sucht, gewinnt das Gericht auf Grund einer mehrstündigen Beweis - Aufnahme die Ueoerzeugilng von der Schuld des Angeklagten. Unter Annahme minderschwerer Fälle wird H. wegen Mißhandlung in 7 Fällen, begangen zum Teil während des Dienstes und unter Gewehr, zu 5 Wochen 3 Tagen mittleren Arrest verurteilt. TageSgeschlchte. Deutsches Reich. In der festlich geschmückten Aula der Uni versität Bonn, in der Vertreter sämtlicher Studcntcnpcrbindungcn in Wichs init den Fahnen Ausstellung genommen hatten, fand die eierliche Exmatrikulation des Kronprinzen statt. Ter Kronprinz, m der Uniform des 1. Garde-Regiments zu Fuß, be trat, seine Tante, die Prinzessin Viktoria zu Schaumburg-Lippe ührend, kurz vor 12>4 Uhr die Aula. Ihm folgten Prinz Eitel Friedrich und Prinz Mols zu Schaumburg-Lippe und der Kurator >er Universität Dr. v. Rottenburg. Auch Generaloberst v. Loö war erschienen. Ter Rektor der Universität, Gcheimrat Dr. Zitelmann, betonte, daß die Universität keine Schule mit .crtigem Lehrplan sei, sondern eine reichbesctztc Tafel den Gästen mr Wahl stelle. Der Kronprinz, dem es bei seinem selbstgewähl- en LehMan nicht habe daraus ankomme» könne», sich einem ge ehrten Spezialstudium hinzugeben, sondern möglichst einen Uebcr- blick über die verschiedenen Fächer des Wissens zu erhalten habe in dieser Beziehung höhere Anforderungen zu erfüllen gehabt, als 'onst wohl irgend ein Student. Der Rektor sprach sodann die Zuversicht auS, daß der Kronprinz manches, wofür er auf der Universität Interesse gewonnen, in eigener Arbeit weiter ver- olgen werde, und manches Wort, das freie und aufrechte Männer per vor ihm gesprochen, sich in seinem späteren Leben noch als ruchtbar erweisen möge. Der Wttnsch der Universität sei. daß der Kronprinz an die Große und Heiligkeit der tiefdringenden selbst- osen wissenschaftlichen Arbeit möge glauben gelernt haben. Zwar ei die wissenschaftliche Wahrheit in ihrem letzten Schicksal von allen äußeren Einflüssen unabhängig, aber die Gunst der Mächtigen dieser Erde sei ihr von unendlichem Nutzes indem sie die Schnelligkeit ihres Wachstums befördert, Hemmnisse auS dem Wege räumt und Mittel bereit stellt. Daß auch der Kronprinz immerdar ein Schirmherr wissenschaftlicher Bestrebungen sein möge, wünsche die Universität im Interesse deS Vaterlandes. Red- ner erinnert« schließlich daran, daß der Wert der Wissenschaft für den Einzelnen me schöner und erhebender gepriesen wurde, als von Friedrich dem Trotzen, der getrieben habe: „Die Wissenschaft gewährt'uns die Freuden des Geistes, welche dauernder sind als die des Körpers. Sie sänstigt die rohesten Sitten. Sie verbreitet ihre Reize über den ganzen Lauf des Lebens. Sic macht unser Dasein lieblich und nimmt dem Tode seine Schrecken." Redner fuhr dann fort: „Mit ehrerbietigstem Danke haben wir das Zeichen des kaiserlichen Vertrauens entgcaengcnonuncn und habe» unserem Kronprinzen den gleichen Tank auszusprechcn für die sreundliche Art, wie er sich in unsere ihm zunächst so siemden Ver hältnisse eingclcbt und wie er uns gelehrt hat, in dem Fürsten den Menschen zu finden. Redner schloß mit dem Wunsche, daß «in Band der Einigung, das dauernder sei als das äußere Band der Zugehörigkeit, zwischen dem Kronprinzen und der Universität be stehen bleiben möge. Damit überreichte der Rektor dem Kron prinzen die Exmairikcl. Der Kronprinz antworiete etwa folgendermaßen: «Euerer Magnisicenz danke ich zunächst aus lies fühlendem Herzen für die freundlichen Worte des Abschieds, die Sie mir gewidmet haben. Die Stunde ist gekommen, in der ick, meine liebe Universität Bonn zu verlassen habe. Es ist mein auf richtiger Wunsch, in dieser Stunde meinen Dank der gesamten Lehrerschaft der Universität Bonn auszusprechen und vor allein denjenigen Herren, die die Freundlichkeit gehabt haben, mich in die verschiedensten Fächer der Wissenschaften einziiMren. Wenn es durch verschiedene Abhaltungen, teilweise durch Vertretungen, teilweise durch andere Verhinderungen mir nicht vergönnt gc- gewesen ist, derartig in die Wissenschaft einzudringen wie ich wohl gewollt hätte, so drücke ich hier heute an dieser Stelle mein herz lichstes Bedauern darüber aus und hoffe, daß ich durch eifriges eigenes Studium diele Lücke ersetzen werde. Andererseits spreche ich der gesamten Bonner Studcnlenschast meinen herzlichsten Dank für die sreundliche Aufnahme und für die Kameradschaftlichkeit aus, mit der ich unter ihr weilen durste. Zum Schluß fasse ich meine ganzen Gefühle, die mich in dieser Stunde beherrsche», zu sammen in den Wunsck', daß meine liebe Universität Bonn wachse, blühe und gedeihe für viele Jahrhunderte." Der Rektor brachte ein Hoch auf den Kronprinzen ans. in das die Anwesenden be geistert cinstimmten. Der Kronprinz reichte hierauf dem Ikootoe mupcinkious, sowie seinen Lehrern die Hand und verließ, von den Versammelten ehrerbietigst begrüßt, am Arme der Prinzessin von Schaumburg-Lippe die Aula. Beim Korps „Borussia" fand gestern abend ein Abschiedsessen zu Ehren des Kronprinzen statt. Von seiten des Bonner Magistrats wurde dem Kronprinzen eine Sammlung von Photographien von Bonn und Umgebung i» prachtvollem Lederkastcn zum Andenken überreicht. lAnsführlichcr wiederholtst Jn derVudgetkommilsiondes Reichstags sind, wie berichtet, sehr be denkliche Vorgänge bei der Erwerbung elnesTriipvenübiiiigsplatzeS in Neuhammer zur Sprache gekommen; die V 0 ra »ichläge sind um enorme Summen überschritten worden, und die Kosten des Ucbungsplatzcs stellen sich zum Vorteil eines Grafen Alfred Dohna, dem der Grund und Boden großenteils abgetanst ivnrde, beispiellos hoch. Redner aller Parteien sprachen die schärfste Miß billigung des elngeschlagenen Verfahrens der Militärverwaltung, das im Plenum noch weiterer Aufklärung bedürfen wird, aus; es wurde eiiisiimmig. um dieser Mißbilligung Ausdruck zu geben, von einer Position von 1,5 Mill. Mk. eine halbe Million und eine andere Position von 120 000 Mk. ganz gestrichen — was aber an dem glänzenden Geschäft, welches der Gras Dohna aus Kosten des Reiches gemacht hat, nichts ändern dürste. Es wurde außerdem einstimmig beschlossen, daß vor Erwerbung wciierer Gelände genaue Entwürfe und Voranschläge vorgelegt werden müßten. Die „Berl. N. N." schreiben: „Es ist kein Zweifel möglich, daß das Koalitionsrecht, soweit es aus der Reichsgewerbe ordnung beruht, den Eisenbahn an ge st eilten und »Ar beitern nicht zukommt. 8 6 der R.-G.-O. besagt: „Das gegen wärtige Gesetz findet keine Anwendung auf die Fischerei, die Er- richtuna und Verlegung von Apotheken, die Erziehung von Kindern gegen Entgelt, das Unterrichtswcsen, die advokatorische und Nota- rialspraxis, den Gewerbebetrieb der Auswandcrungsunternehmer und Auswanderungsagenten, der Versicherungsunternehmer und der Eisenbabnunternehmungen, die Befugnis zum Halten öffent licher Fähren und die Rechtsverhältnisse der Schiffsmannschaften auf den Seeschiffen. — Auf das Bergwesen, die Ausübung der Heilkunde, den Verkauf von Arzneimitteln, den Vertrieb von Lotterielosen und die Viehzucht findet das gegenwärtige Gesetz nur insoweit Anwendung, als dasselbe ausdrückliche Bestimmungen darüber enthält." Nechtslehrer und höchstinstanzliche Gerichte sind nur darüber verschiedener Ansicht gewesen, ob Pferdebahnen und elektrische Straßenbahnen zu den Eisenbahnen im Sinne der Ge werbeordnung gehören. Es ist also gar keine Frage, daß die vreußischen Staatsbahnen der Gewerbeordnung nicht unterstehen, daß also die auf das Koalitionsrecht bezüglichen 88 152 und 153 auf die Staatsbahnbediensteten keine Anwendung finden. Das er kannte selbst der „Vorwärts" ohne weiteres an; er schließt aber aus dieser Tatsache, die Eisenbahnarbeiter hätten demnach auf Grund der Verfassung usw. ein noch weiteres Koalitionsrecht, weil die Beschränkungen des 8 153 sie nicht betreffen. Das ist ein Trugschluß. 8 152 der Gewerbeordnung bestimmt: „Alle Verbote und Strafbestimmungen gegen Gewerbetreibende, ge- werbliche Gehilfen. Gesellen und Fabrikarbeiter wegen Verab redungen und Vereinigungen zum Behüte der Erlangung günstiger Lohn- und Arbeits-Bedingungen, insbesondere mittels Einstellung der Arbeit und Entlassung der Arbeiter, werden aufgehoben." Da die Eisenbahn-Verwaltung dem § 152 der Gewerbeordnung nicht untersteht, kann sie — diese Schlußfolgerung ergibt sich mit zwin gender Logik — für ihre Arbeiter einfach ein Verbot von Koali tionen erlassen und erklären, daß sie reden Arbeiter entfernt, der an ihr nicht genehmen Verabredungen oder Vereinigungen tcil- nimmt. So haben die Eiscnbahnarbeiter tatsächlich kein Koalitions- recht. Das hätte unseres Erachtens der Eisenbaynministcr gerade heraus erklären können. Das enorme öffentliche Interesse recht- crtiat doch wahrlich genügend, daß man den Eisenbabndiensl nicht willkürlichen Unterbrechungen dura, Ausständc und frivole Macht proben der Sozialdemokratie prcisgcben will." Ueber deutsche Kardin Üle wird der Münchner „Allgem. Ztg." aus Rom geschrieben: „Der KardinalslaatssckretärRampolla ist bereits io gut wie überzeugt davon, daß es nicht möglich sein wird, das Konsistorium Ende März abznhqltcn. Eine solche Ucber- zeuguiig bildet sich bei ihm nur sehr schwer, denn iedeBe>zögernng bedeutet für seine Absichten eine Gelohr, da es ihm ja doch nur daraus ankommt, ein möglichst dicht mit seine» Freunden besetztes Kardincilkollcgiuin bereit zu haben, wenn ein gewisses Ereignis eintritt. Der gewichtige Grund, der ihn also jetzt hat dem Ge danken einer Verlegung nähertreten lasse», liegt in den Schwierig keiten, die ihm mit Frankreich und Deuttchtand erwachsen sind »nd deren Herr zu werde» bis Ende März freilich ein Ding der Un möglichkeit wäre. So wird denn also im Vatikan von Mitte Mai gesprochen und das wäre gegenüber dem allereisten Plan, das Konsistorium im Dezember abznhalten. also eine Gelamtverschiebmiq von fast einem halben Jahre. Man hat von deuiichcr Seite doch dem Vatikan zu vcistchen geben müssen, daß es absolut nicht ängstig, abernials lO bis 12 Kardinalssitze zu besetzen, ohne einen Vertreter Denlschtands zu ernennen. Man muß sich gegenwärtig ballen, daß von den zwei einzigen lebenden Kardinale», die dem Deilttchcn Reiche znzurcchnen sind (wenn man dem Jesuiten Stciuhuber diese Ehre erweisen will), Kaidinal Kopp am 16. Januar 1893. Kardinal Steinhnber am 18. Mai 1894 kreiert worden sind Bon den tm letzten Lustrum verstorbenen beiden Kardinale» war der Kölner Erzbischof Krementz ebenfalls am 16. Januar 1893 mit dem Purpur ansgezeichnrt worden, während >ci Ledockowskis Kreieuing noch ins Jahr 1875 znrnckaeht. Zehn volle Jahre sind also verflossen, seit zuletzt ein in Denlschsand residierender Kilchenfnrst den Purpur erhalten hat. Selbst für das nächst Deutschland am schlechtesten behandelte Oesterreich-Ungarn «nd inzwischen 6 Kreierungen erfolgt (Schlauch ö. Haller f, Milsia f, Sembratowicz 7. Skrbensky. Puzyna) und zwei weitere Kntschihalcr. Czastas sind für daS bevorstehende Koiisistoriinn ge schert. Von den anderen Länder», Frankreich an der Spitze, kann gar nicht gesprochen werden, so lächerlich wäre auch nur der Ge danke eines Vergleichs. Rampolla hat in dielen letzten Wochen wiederholt betonen lassen, daß es sich bei der osscnkuiidtgen Zuriick- etzung Deutschlands um eine „Reihe von Zufällen, nicht um Vor bedacht" handle: Die Zahl der Kandidaten lei sehr gering, Bayern und Baden mit 8 Erzbischöfe» wollen keine Kardiuälc, Posen sei in Berlin nicht genehm, BreSlau habe schon den Kardinalshut. Köln sei ohne de» Tod SimarS schon vor einem Jahre abgemacht gewesen, geeignete Bischöfe seien auch zu wenige, die einen «Komm, Kevpler) wolle die RctchSreaieruna nicht, andere seien z» kurz im Amte rc. Nun hat aber Deutschland sehr wohl getan, ohne Eingehen auf Allgemeinheiten den K«rn der Situation im Auge zu behalten, die Erhebung des Erzbischofs Fischer in Köln zum Kardinal. Der Widerspruch RampollaS basierte nur aus der Tatsache, daß Erzbilchos Fischer erst präkanonisiert werden muß L' 2 ^