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Dresdner Nachrichten : 24.04.1874
- Erscheinungsdatum
- 1874-04-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-187404240
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18740424
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18740424
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1874
-
Monat
1874-04
- Tag 1874-04-24
-
Monat
1874-04
-
Jahr
1874
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 24.04.1874
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' »jr m der «,»edü>«! ManueswaLe l». Kd»u» N-»vlI«»rct« »terlttli»,. l>ch «>/, «,r.. durch dt, V«l> !» «igr. <N„t«U>d Numiukru > Nqr. «usla„: 24000 <k»d VLr dl« »l>ck,«d« «i»»^ sandler Manuscripl, macht sich di« NedacUe» ulch, vkrdtiidllch. Jaseraten-Ilnnadme au«. Mart«.' ua« Hambur,. lver. ttn. «l-n. «clp.lg. va>«,. vttilau, tzraulku» a, M. 7-«uL «v>,« in «erlln, Lktdtia, W>eu, Hambura, »ranlfurt a. »I. M„,,. chrn. - Vaud, » La. t» »ranlfurt a, M. — Nr. >°>r« tu Ldkmnt». - Ua- «»«, l^titt». » va. t» Part«. Tageblatt für Unterhaltung nnb GeWftsverlehr. .Dm«und Slgmtzum dn -«auiM«: Liepsch lt Nelchardt in Dttstm. Verantworte Rrbatimr: Jalkns Nekchardt. t,assertt«»achm.^ U„ 'Der Raum «vre, ch» s»»Maen Pettt,ene ««fii ld Pf». Siilaesandt dif Zcil« S Ngr. » »ln« warantl» für dal «LchsttLatae «rlchkH D,n der Inserat« Ar», ' "icht^ge^eden. ^ ' Su»«llrttge »ima«ts Aufträge «an un»» kannten Meinen «. . Ionen tnsertren «t, nur aeaen Pränumerando» Zahlung durch »rief« marken oder Pofteinaad« lung. ü kUbe» kosten Ni, Nar. Aurioärttg» können die Zahlung auch aus eine Dretdnerjstrmli «»weisen. Die «kr». Rr. 114. Neunzehnter Jahrgang. Mltredacteur: vr. LinU Fürdas Feuilleton: l-nckivl« »art«n»«»iiä Dresden, Freitag, 24. April 1874. Locale, und LiichsischcS. — Heute werden Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin von Sachsen - Weimar nebst ihren beiden Töchtern am hiesigen k. Hofe erwartet. Der gestrige GcburtStag Sr. Majestät ist der Anlaß des Besuchs der hohen Persönlichkeiten. Ganz absichtlich treffen dieselben erst nach dem Feste ein; denn wenn sie am Geburtstage des Königs anwesend wären, so würden sie als Gäste den Mittelpunkt der Gesellschaft bilden, während e» natür licher erscheint, daß sich Alles um den König gruppirt, dessen Ge burtstag gefeiert wird. — Mit dem Bavfeste, welche» der Herr Kriegsminister o.Fabrlce vorgestern Abend in seinen Sälen gab, begannen die Festlich keiten aus Anlaß des Geburtstags Sr. Maj. des Königs Albert. Zu jenem Feste waren außer den Landtagsabgeordneten nur die Hof rangordnungen und die sonst am Hofe vorgestellten Cavaliere und Damen geladen. Da die Journalistik nicht hoffähig ist, auch sonst aus den Kreisen der Kunst und Wissenschaft Niemand geladen war, so sind wir auf den uns freundlichst übermittelten Bericht eines HofcavalierS angewiesen. Darnach war das Ballfest ein äußerst glänzendes. Se. Majestät der König erschien als Cavalerie-General in der Uniform des Garde-Neiter-Negimcnts, auf den Epauletten war der Marschallstab gestickt; Prinz Georg, k. H., trug die Uniform seines Schützcn-Füselier-Regiments Nr. 108, I. Maj. die Königin und I. k. Hoheit die Prinzessin Georg erschienen in weißeni, von Blumenguirlanden umwundenen Ballkleide und, als hätte eine Ver abredung zwischen den hohen Frauen stattgefunden, auch die Fürstin von Schönburg zeigte sich in derselben Toilette. Der Smaragd schmuck, den die Königin trug, wurde allgemein bewundert. Der erste Thcil des Tanzfestes dauerte bis Schlag 12 Uhr Nachts, wor auf denn Anbruch des Geburtstages des Königs demselben von seiner Familie die ersten Glückwünsche dargebracht wurden. Ein Ein Souper wurde stehend eingenommen. Kurz vor Aufhebung der Tafel trat der Festgeber, Kriegsminister v. Fabrice, ein Glas in der Rechten, in die Mitte des Ballsaales, stampfte dreimal mit seinem Degen auf den Parquetboden und hielt — die Ruhe stellte sich au genblicklich upter ven fröhlich Plaudernden her — eine längere An sprache an seine Gäste. Er wirß auf das Glück hin, daß unser Sachsen zu Theil geworden, daß es emen so vorzüglichen Fürsten auf seinem Throne besitze; Sachsen könne umsomehr mit Solz auf ihn blicken, da er eine der festesten Stützen des Reichs sei. Hierauf rühmte der Sprecher die trefflichen Eigenschaften d?s Königs, seine Herzensgüte und seine gleichbleibenden, wohlwollenden Gesinnungen gegen Alle. Bei diesen Worten übermannte den Kriegsminister, der sonst als Sprecher gewandt ung geübt ist, so sehr die innere Rührung, daß er innehielt, mit dem Taschentuche die sich feuchtenden Äugen trocknete und, ohne den abgerissenen Faden der Rede fort setzen zn können, ein tiefcrgriffeneS Hoch auf den König ausbrachte. Die Festgenosscn brachen in dreimaligem, cnthusiastischenZuruf aus, der König verneigte sich dankend, schritt auf den Kriegsminister zu, schüttelte ihm herzlich die Hand und stieß mit ihm an. Die hohen Herrschaften verkehrten während des ganzen Festes in der liebens würdigsten und ungezwungendsten Weise. Um 1 Uhr begann der Tanz von Neuem. — Sc. Majestät der König hat aus Anlaß seines Geburt« festes gestern Vormittag die königl. Leibärzte und von */g 12 Uhr an den Herrn Minister des königl. Hauses mit den Cavalieren der königl. und prinzlichen Hofstaaten, die Generalität, die Herren Staatsminister, die Herren Präsidenten der beiden Ständekammcrn und eine Deputation des Raths und der Stadtverordneten der hiesigen Residenz empfangen und dereir Beglückwünschungen ent- gegcngcnommcn. Hierauf haben auch die zur Zeit in Dresden an wesenden fremden Fürstlichkeiten, Ihre Hohh. Herzog Johann Mbrecht von Mecklenburg-Schwerin, die Prinzen Ernst und Fried rich von Sachsen-Meiningen und Se. Durchlaucht Prinz Rcuß -Heinrich IV., Sr. Majestät ihre Glückwünsche dargebracht. Das Familien-Diner fand bei Sr. königl. Hoheit dem Prinzen Georg statt, Höchstweicher gestern zugleich sein Namensfest feierte. Abends war Assembler bei Ihren Majestäten in den Paradesälen des königlichen Schlosses. (Dr. I.) — Vom prächtigsten Wetter begünstigt, fand Mittags die zu Ehren Sr. Majestät des Königs Albert «»befohlene Parade auf dem Alaunplatze statt. Schon zeitig bewegte sich das Publikum in Masse zu Fuß und Wagen dem Paradeplatze zu. Die zahlreichen, zur Aufrechterhaltung der Ordnung commandirtcn Nciter-Chaineposten, sowie die Organe der Polizei hatten alle vollauf zu thun, den colos-' salen Andrang zu bewältigen, und Alle in den Schranken der vor. geschriebenen Chainelinie zu halten. Der Aufmarsch der Truppen erfolgte auf drei verschiedenen Verkehrsstraßen. Während sämmt- liche Infanterie durch die Alaunstraße marschirto, bcivegte sich das Äardereiterregiment der Königsbrückerstraße entlang und Artillerie und Train nahmen ihren Weg auf der Markgrafcnstraße und Waldgasse. Die Paradcaufstellung erfolgte in zwei Treffen; die in weißen PantalonS, sowie mit denRoßschweifen adjustirte Infanterie, das Leibgrenadierregimcnt Nr. 100 und das Grenndierregiment Kaiser Wilhelm, König von Preußen, das Schühenregiment, sowie "die aus Meißen und Freiberg zugezogcnen Jägcrbataillone bildeten das erste Treffen, welches Generalmajor von Abendroth comman- dirte. Im zweiten vom Generalmajor von Earlowitz connnandir- ten Treffen, stand das Pionnierbataillon, das Gardereiterregiment, zu dem die zwei iir Pirna garnisonircnden Schwadronen herzuge zogen waren, die Corps- und Dimsionsartillerie, sowie zwei Train-Compagnien. Die ganze Parade befehligte Gencrallutenant Nehrhoff v. Holderberg. Am rechten Flügel stellte sich eine Suite von Offizieren, zu Pferd und Fuß auf, zuder l/zl Uhr derVrinz Georg stieß. Bald nach 1 Uhr erschien auf dein Paradeplatze Se. Majestät mit einem glänzenden Gefolge, den Kriegsminister an der Spitze, I. M.! die Königin zu Wagen, die Prinzessin Georg, k.H., in kaperngrünem" Reitkleid zu Pferde, in einem weiteren Wagen die Kinder des Prin zen Georg, Prinz Friedrich August, welcher fortwährend an seiner Soldatenmütze das Honneur machte, und die Prinzessinnen Mathilde und Marie. Der König wurde von dem brausenden Hurrah der Zuschauer und der Truppen empfangen; er begrüßte die letzteren und sofort begann die Abreitnng der Fronten; und zwar des ersten Treffens von rechts nach links, des zweiten Treffens von links nach rechts, wobei die Musikchöre der einzelnen Truppentheile während des PräsentireuS den üblichen Parademarsch spielten. Hierauf be gann der erste Vorbeimarsch oder das Defiliren, und zwar der In fanterie in offmen Colonnen mit Compagniefront, der Cavalerie in halben EscadronS, der Artillerie in Batteriefront und der Train- Abtheilung in halber Compagniefront. Der zweite Vorbeimarsch geschah Seitens der Infanterie bataillonsweise in Zugscolonne. Soviel man beobachten konnte, wurden alle Exercitien der Truppm mit vollständigster Präcision ausgeführt und Se. Majestät schienen sichtlich mit dm Leistungen seiner Truppen befriedigt. Nach Ver abschiedung von den Truppm verließ der König auf dem bereits zu rückgelegtcn Wege den Paradeplatz, von den Hochrufen der Soldaten begleitet, währmd die einzelnen Musikchöre „den König segne Gott" anstimmten. Die Truppm legtm ebenfalls den Rückmarsch in ihre Casernen, resp. Quartiere, auf dm bereits bemerkten Straßen zurück. Zu bemcrkm ist noch, daß einige Soldaten in Folge der drückenden Hitze das Glied verlassen mußten, und bei dem zweiten Vorbeimarsch der Trainabtheilung sprang das Pferd eines Unteroffiziers über den Strang eines angespannten Pferdes, kurz darauf, nachdem die Ab theilung vor Sr. Majestät defilirl war. Das Zerschneiden des Stranges verhütete jeden weiteren Unfall. Einem Unteroffizier der Meißner Jäger war das Portemonnaie entfallen, als eben der König die Front abritt. Mit schwerem Herzen mußte der Verlierer das Portemonnaie liegen lassen; doch wer beschreibt sein Erstaunen und Freude, als er später wieder auf denselben Platz zurückkehrte und auch sein von den Hufen der Pferde und den Rädern der Kanonen ganz verunstaltetes Portemonnaie wieder fand. — Wie uns aus Hoflreisen mitgetheilt wird, sind gestern an läßlich des Geburtsfestes unseres Königs demselben über 200 Tele gramme zugegangen, zum großm Thell vvn fürstlichen Persönlich keiten herstammmd. DäS Beglückwünschungs-Telegramm Sr. Majestät de» Deutschen Kaisers soll sehr herzlich gefaßt ge wesen sein. — Der Nector smsr. Professor vr. Dietsch in Leipzig hat den russischen StaniSlauSorden 2. Classe und der Director der Real schule in Neustadt-DreSden vr. Niemeyer den russischen St. Annen- orden 3. Classe, der Beutler und Handschuhmacher Rückert zu Dres den das Prädicat Königlicher Hofbeutlcr und Handschuhmacher" erhalten. — Die Stiftung einer militärischen Dienstausz eich > nung durch Se. Majestät dm König, welche wir bereits am Mitt woch erwähnten, wird durch das „Dr. I." bestätigt. Dieselbe wird bei den Offizieren und Aerzten des stehenden Heeres nach 25jährigkr Dienstzeit in einem vergoldeten Kreuz bestehen, welches auf der Vorderseite des Königs Namenszug, auf der Rückseite die Ziffer XXV trägt; dagegen erhalten die Unteroffiziere und Mannschaften nach 21, In, resp. Ojähriger Dienstzeit goldene, silberne, resp. bron zene Dimstzeichen in Medaillcnform. Für beide Kategorien findet eine Doppelrechnung der Kriegsjahre statt. Die Landwehrdicnst auSzeichnung zerfällt in 2 Klassen, deren 1., ein silbernes Kreuz mit vergoldetem Mittclschilde, auf welchem der allerhöchste Namenszug und die Ziffer XX sich befindet, an Offiziere und in, Offiziersrange stehende Aerzte verliehen wird, welche mindestens 8 Jahre über die gesetzliche Gesammidimstzcit freiwillig im Militärvcrhältnis; ver blieben sind. Auf die II. Klasse eine ncusilberNc Schnalle mit dem allerhöchsten Namenszuge und der Krone — haben nach vorwurfs frei erfüllter Dienstpflicht in der Reserve und Landwehr und bei sonstiger tadelloser Führung alle Offiziere, Aerzte, Unteroffiziere und Wehrmänner Anspruch, welche einen Feldzug mitgemacht haben oder bei außerordentlichen Veranlassungen mindestens 3 Monate aus den, Bcurlaubtenstande zum activen Dienste cinberufen gewesen sind. Diese sämmtlichm DimstauSzcichnungen werden an einem grünen, dreimal mcißgcstreiftcn Bande getragen. — Die Straßen und Häuser unserer Stadt gaben gestern durch zahlreichen Fahnen- und Flaggenschmuck Zcugniß von der Freude über den festlichen, durch Militär-Neveille schon frühzeitig begrüßten Tag. Vormittags concertirten die Regiments-Musik chöre Sr. Majestät vor dem königl. Palais; in der katholischen Kirche war feierliches Hochamt mit Tedeum. Die öffentlichen Ge bäude, das Nathhaus, die Bahnhöfe»., warm sämmtlich entsprechend decorirt. Vielfach fand sich auch an Privatwohnungen ein ganz be sonderer Ausdruck festlicher Stimmung. Eine der ansprechendsten Decorationm hattez. B. die Meinhold' sche Hofbuchdruckerei in der Moritzstraße in ihrem Schaufenster angebracht. Ein vom jüngst verstorbenen Maler Winkler trefflich ausgeführtcS Portrait des Königs Albert, umgeben von Blattpflanzen mit weißen Camelim untermischt, war ausgestellt und fesselte die Passanten. Die ge nannte Firma wird übrigens das Portrait durch Oelfarbcndruck vervielfältigen. Ebenso hatten die Holzbildhauer Max Winde und Wehle aus der WaisenhauSstraßc eines ihrer Schau fenster in der ersten Etage prächtig drappirt; umringt von den sächsischen Fahnen und Wappen prangte eine große GypSbüstc des Königs, geschmückt mit dem Lorbecrkranze. Selbst vom Gerüste des Hofthcater-Ncubaucs, von ganz hoch oben wehten Flaggen herab, namentlich aber auf dem im Abbruch begriffenen viel genannten Sonntag'schm Hause am Elbbcrg waren eine zahl reiche Menge Fahnen aufgcsteckt. Die Modistin Frl. Bernhardt in Stadt Gotha, Schloßstraße, hatte mit ganz besonders seinem Ge schmack ihr Schaufenster decorirt. In einer Fülle schön geordneter Mumm stand die Büste des Königs, geziert mit den, Lorbeerkranze. Auch in den Vorstädten wehten Fahnen und Flaggen, und wenn nian von der Terrasse hinaus nach Loschwih und Blasewitz blickte, brachten auch von verschiedenen Villen und Häusern längs der Elbe hin lustig flatternde Fahnen einen stillen und doch beredten Glück/ wünsch für den geliebten König. — Für den Abend zeigten sich schon Nachmittags an allen öffentlichen Plätzen die Vorkehrungen zur festlichen Beleuchtung der Stadt. Auch an Privathäusew wurden Gasdecorationen angebracht, besonders fielen die Seebe'scherr an der Leipziger Straße in's Auge. — Der Reichstag hat jetzt das Gesetz über Ausgabe der Reichs- Caffmscheine in dritter Lesung angenommen. Danach treten an Stelle des bisherigen Papiergeldes von 62 Mill. in Zukunft Reichs» Kassenscheine im Betrage von 59 Mill., welche Summe allmälig im Verlaufe von 15 Jahren auf den gesetzlich fixirten Betrag von 4L Mill. herabgemindert werden soll. Die Reichs-Cassmscheine werde« in Appoints von 50, 20 und 5 Mark ausgegeben. — BerlinerBriefe. Gras v. Frankcnbcrg, auf Schloß Tilla- wltz in Oberschlesicn, 1835, geboren, Lantwchr-Husarenleutenant, katholisch, hat heute die bedeutendste Rede gehalten, mindester, die beachtetste. ES handelte sich um baS Gesetz betreffs Verban nung und Jnternirung der Bischöfe. Er beflieg zuletzt die Tribüne- in der sechsten Stunde der Sitzung, welcher Umstand freilich seiift Siede In den Kannncrbcrichtcn, die begreiflicher Weise den letzten Rednern nicht so gerecht werken können, alö den ersten, wenn sic »och mit den Abendzügcn sich über vaö deutsche Reich verbreiten wollen, in etwas sehr verjüngtem Maßstabc erscheinen lassen wird. Das Parlament und die Tribünen haben sich beute keine Silbe von seiner Rede entgehen lassen und die Hand, die Herc v. Varnbtthler dem Redner reichte, als dieser von der Tribüne stieg, konnte alö im Namen von Hunderten der Anwesendcn gegebcv gelten. Wir haben heute noch andere bedeutende Reden gehört, aber cS schien doch, alö wenn der Reichstag müde war, vielleicht erschöpft von der Militärgcsetz-Dcbatte, oder auch überdrüssig der kirchlichen Debatten. ES zeigte sich eine gewisse Mattigkeit im Reichstage, nicht bei den Rednern, sondern beim Auditorium unten und oben. Und solche Mattigkeit wirkt schließlich auch ans tic Nednerbühne oder beraubt sic, so tapfer sic sich halten mag, der besten Erfolge. Waö wäre das heute iür eine Sitzung geworden, wenn das Militärgesetz nicht vorangcgangm, oder sonst irgend wodurch eine Erschöpfung nicht vorhanden gewesen! EinMschoiS- gesetz aus der Tagesordnung deö Reichstags und Redner wie Rcichcnsperger Olpe, v. Schulte u. s. w., hätte daraus sich nicht eine Sitzung ccnstruiren müssen, würdig, den Lagen des Jesuiten Gesetzes an die Seite gestellt zn werden? Aber die Verhandlung verlief, wie gesagt, nicht in dem großen Style, den sonst Kirchen debatte» erregcn^und der .Freiburger Professor v. Buß. ein ganz gewaltiger Redner, voller Feuer und Eavnchier-Witz, eine wahre Zierde des Centrums, sprach sogar vor iast leeren Sitzen, so daß dem Beifall spendenden Chor der Ultramontanen nickst einmal ein Gegenchor durch Hohngelächtcr oder Zischen antworten konnte — letzteres ist jetzt parlamentarisch geworden und findet nicht mehr den Widerspruch vom Präsidcntensitze her, den der selige SImson sonst mit dem vollsten Aufgebot des sittlichen Pathos zu erbeben pflegte. Das kömmt von den durch die Kirchenstrcitig' kcitcn erregten Leidenschaften. Graf von Frankcnbcrg, der streng gläublae Katholik, den nur das Dogma von der Unfehlbarkeit znm Ketzer macht, fühlte das Hobe HauS noch i» der letzten Stunde zur Sammlung, zur Spannung und die Sitzung selber zu der Höbe, die Kirchcugcsctzen heut zu Tage zutommt. ES. sprachen außer dein Abg. von S nickcn lauter Katholiken, sowohl auf der gvuvcrncmcntaicn Seite, nie aus der oppositionellen. Natürlich muß ich die Herren vom RcgicnmgStische, den Geh. OSeciustizrath Förster und den Iusiizministcc Ur. Leonhardt aus- nci'mcn. Daß die Debatte vom Bischoisgcsctze abschwciste und sich, in weite Ferne verlor, ist selbstverständlich. Rom, das Vati kanische Eoncii, die Unfehlbarkeit, die Maigesctzc, Bic-mark, das waren die Themata, die verhandelt wurden. Rcieinnsverger-Olpe verglich den passiven Widerstand seiner Geistlichkeit mit dem Standpunkte Lnlherö aui dein Reichstage zu WormS und ließ den Erzdischoi Lcdochowski und Genossen sprechen: „Hier stehe sch, ich kann nicht anders, Gott vcifc mir, Amen!" Daun ver steh er die Priester seiner Kirche mit den Apostel» Pctrnö und ZohanneS und Bismarck und Fast mit dem hohen Rath von Jerusalem. Der Altkatholik v. Schulte ist immer der Gelehrte, der in die Geschichte weit hincingreist, v!S zu Karl dem Großen; uicmalü aber sirciit er an den langweiligen Pedanten. Cr spricht feurig anö dem Geiste seiner Zeit und der Partei heraus, der er angchört. Er ist namentlich der echte, deutsche Katholik, der aas die romanischen Völker hlnweist und zeigt, was Nom, waö der IcsuiliSmus auö ihnen gemacht hat, indem dort die Revolution in Permanenz erklärt ist. Er ist ein echter, deutscher Katholik auch in dem Sinn, daß er den eonfcssioncllcn Frieden will, und daß er zu diesem Zwecke die äußerste Energie des Staates her ausfordert, als das einzige Mittel, das gegen Rom noch etwas auSrichtct. Mag das BischoiSgcsetz nur Ausnahmegesetz sein, sagte es, beute, die Ketzcrgcsetze RomS sind cö auch gewesen. Herr v. Buß gericth'über den Ketzer v. Schulte ganz außer sich. Aber er sprach - ganz rhetorisch geurthcilt — gut, so gut, wie Abra ham a Santa Elara, chcnso lcl'hait i» Worte» und Gebertcn. Er verherrlichte seine Küche, pries Rom alö den Mittelpunkt der Bildung, und den katholischen Geistliche» als den ächirii, wahr» basten Familienvater. (Großes Gelächter.; Daö FortschrittSmit- glicd Vvn Sauckcn Tarputschcn stellte sich hciste aui streng gou- vernemcntalcn Stantpnnkt und verhieß mit kräftigen Worten Len Sieg der Regierung, falls diese mir seit bliebe und den Krieg mit ganzer Kraft führe. Den Erlanger ultramontancn Rechtsanwalt und Stadtschultbciß Bavrbammcr mackst der Dialekt etwas un deutlich , aber seine Beredtjamteit brachte er doch zur Geltung, jene Bcrdlsamkcit, in der die Süddeutschen ohne Unterschied dev Partei den Norddeutschen, zumal den Preußen, !m Ganzen über lege» sind. Sie sind nickst so nüchtern und so logisch. Sie sprechen auch i» vollen schönen Brusttönen, nicht mit der dünnen Kchlstimme, die sobald ins Heisere übergeht. Dünn, fein, vor nehm. mit weiblich. sprach der Landwchr-Husarcn-Licntcnant Graf v. Frankcnbcrg, der letzte Redner. Ohne große Mittel der Rhetorik oder Gelehrsamkeit führte der katholische Gras doch die Ultramontane,I Mi al,mnllmn, wobei seine persönlichen Erlebnisse, unter Anderem eine Audienz beim Papste, der Darstellung »och einen besonderen Reiz verliebe». — Ocsscntlichc Sitzung der Stadtverordne ten. den 22. April. An die Eommuncn Stuttgart, Frankfurt a. M., München, Ebemnltz, Berlin, Wien, Leipzig und BrcSlau ist seiner Zeit vom Eollcginm daö Ersuchen um wechselseitigen Austausch der Eommunlitcrastcu gestellt worden. Vicevorsteder Jordan ihcilt heute mit. daß die erstgenannten vier Eommuncn dem Ersuchen beifällig geantwortet haben. Man verspricht sich von der Kcnntnißnahmc der Eommunstteralien fremder Orte manchen beachtlichen Wink für die hierortigc Communvcrwalt- ung. Die iür den Durchbruch der Terrasse nachträglich vom Stadtrath geforderten 800« Thlr. k Oouto deö Reservefonds
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