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irr. 8S6 Seile IS — „Dresdner Nachrichten" — Kat. Ich kenne ihn und sein Ringen seit Jahren. Er hat die Sozialdemokratie verekelt abgestreist und ist heute einer der politisch Emsigsten der neuen Rechte». Was er da erzählt, nicht rasfiniert kunstvoll, beun er ist nur lettartikelaewohnt, da» ist erlebte Geschichte. Unschwer erkennt man Scheldemann die übrige», auch wenn " Wenn man zu seiner eigenen Verblüffung unvermerkt etq' stx tun. das ist. etnschli ^ - Wahrheit. Mas ich lese Bon Rumpelsltlzchen „erfolgrcicher" Lchrtststeller — mein Mussoltnibuch „Der Schmied Roms" ist soeben im VN. Tausend erschienen — ge worden ist, so schicken einem die Perlener unverlangt allerlei Werke sremöer Autoren ins Haus. Der nunmehr bekannie Vielgelesene soll sie empfehlen. I»i Jahr« lese ich durchschnitt lich 12« neue Bischer einschließlich dicker wissenschaftlicher Wälzer, von denen ich etwa die Hälfte — meist ist es wohl die bessere Hälfte — mir selber wähle und kaufe, während ich den Rest umsonst erhalte. In dieser Bacherplauderei greife ich einen kleinen Teil aus beiden Haufen heraus: nämlich nur, was sich davon fiir den Weihnachtstisch etgndt. Zunächst will man immer wissen, was es da so an Unter- haltungslektüre gibt, die man unbesehen jedermann schenken kenn. Ich sage: N u ö o I f S t ra tz l Wenn wir einmal einen Lvgiergast haben und ich mich ihm nicht widmen kann, führe ich ihn an die Ecke meines riesigen BücherschragenS, wo acht zehn verschiedene Romane von Stratz stehen. Bitte sich zu bedienen! Ich kenne nur ein einziges, etwas schwächeres Werk von ihm („Du Unbekannte"), alle übrigen aber sind sehr fesselnd, sehr farbenreich, sehr deutsch und sehr gesund. Man freut fick, des ungemein starken Talents auf der nationalen Sette. In diesem Jahre hetstt sein Roman „Der flammende Lumps" iScherls, spielt im zarischen und „unterirdischen" Rnstland und ist wieder spannend von der ersten bis zur lebten Zeile. Aus dem gleichen nationalen Lager stammt Rolf Brandt, dessen historische EssanS „Stätten der Tragik" ich schon früher empfohlen habe. Sein diesjähriger Roman „DaS Wolgalied" fHanseattsche Verlagsanstalt) erinnert an beste Strahsche Art und gibt «in Stück ganz unbekannter neuester Zeitgeschichte, die von Berlin bis in den kaukasischen Aufstand gegen die Sowjetherrschast reicht, atemlos sortreistend wieder. Und nun zu einer flammenden Nattonaltstin, derGräftn Sa Iburg, von deren vorjährigem Roman „Die Nonnen von Gundelsingen" ich damals sagte, er sei der stärkste, den je eine Iran geschrieben habe. Bor langen Jahren machte „Ist das das Leben'?" von Mite Kremnitz. der Freundin der Königin Earmen Snlva, einen ticken Eindruck auf mich,- dann habe ich vor einigen — nicht allen — Werken von Elara Btebig Achtung geiernt, aber die Gräfin Salburg — ich kenne sie persönlich und trüge gern ihre Farben am Turnterhelm — ist unter sämtlichen schreibenden Frauen die lobendste ibitte, lieber Druckfehlerteufel, nicht: lohnendstes Begabung. Dies mal bringt sie uns mit „Liesl und ihre Kinder" fScnfert, Dresdens nicht diesen liebevollen und doch schauerlichen Ein blick in das Wesen der katholischen Kirche, sondern in die österreichische Hochartstokratie. Kenner wissen, das; es ein Schlüsselroman ist, mit der Prinzessin Windischgrüy als Heldin. Die Heldin geht „ins Bolk", ins Proletariat. Was sie da mit ihren Kindern erlebt, das wird zu einem grandiosen Sctten- stück zu Felix Riemkastens „Bonze" jBrunnenverlags, der immer noch zu den in unseren Kreisen mcistgekauften, nieistverschlungenen Romanen gehört. Eines Mannes, der still und heimlich im armen Dichter- stübchen aus Rügen haust, sei noch gedacht, der nicht mit dem Intellekt, auch wenn er ihn reichlich hat. sondern mit zarter, scheuer, blutender Seele schreibt: Braun-Bessin, dessen „Seemannsbraut" fGrote, Berlins ihn mit einem Schlage zu dem berühmtesten deutschen Schriftsteller machen mühte. Es ist ein Roman für reise Menschen, süh und traurig, flammend und doch wieder schwer atmend von Erde und See. wie nur ein Deutscher ihn schreiben kann. Das Taisunkapttel darin möchte ich nicht gerade einem Pensionatsmädelchen in die Hand geben, könnte es aber, weil es trotz allem nach Reinheit duftet. Eine Frau, der ich das Buch schenkte, wollte mir nachher nur flüchtig dafür danken, aber da stand ihr schon das Wasser in den Augen, da schoß ihr jäh die Röte des Glücks ins Gesicht, da drückte sie mir krampfhaft die Hände und sagte: „Nie habe ich Leute so lieb gehabt, wie diese beiden Matrosen!" Zeitgeschichte, und zwar die vom November lvl8. gibt uns einer, der unter dem Decknamen v. Weißenburg den Roman „Friede. Freiheit. Brot" jNcstler. Melken) geschrieben sie t,n Roman ander» Heiden: was Lieblich aller Zitate, wortwörtliche Vermutlich — ich sehe es jetzt an dem Büchelberg vor mir — bin ich in diesem Jahre dom wett über den Durchschnitt von l2N Werken gelangt. Daran ist die Kriegsliteratur schuld, die große Welle der Reaktion gegen das Schnnübuch Remarques. Sie ist noch nicht abgeebbt. Ich kann da aber nur ein paar kleine Schöpsprohen machen. Nachdem früher die Hauptmassen zu Wort gekommen sind — bas beste: für die Infanterie Frhr. Grotes „Höhle von Beauregarb". für die Artillerie Ztndler» „Auf Biegen und Brechen", sehr an fchaffenSwert für alle, die das »och nicht haben —, gibt es jetzt neue Stoffgebiete. Alle diejenigen, deren Bater. Sohn. Gatte. Bruder im Felde „nur" einer Kolonne zugeteilt war, finden das Hohelied für sie in Thor GooteS „Wir fahren den Tob" (Verlag Tradition», einem atemraubend dramati schen Werk. daS in unserem eigenen Häufe, obwohl niemand von uns zu dieser Truppe gehört hat. in ryehreren Exempla ren als eines der besten Krtegsbücher aus die Weihnacht», tische kommt. Den Aerzten hat Dr. Malade mit seinem „Bon AmienS bis Aleppo" iLchmanns ein Denkmal gesetzt, nicht gerade den Generaloberärzten. aber sozusagen dem un- bekannten Soldaten unter ihnen, dem schlichten älteren Ztvtl- arzt, der plötzlich wieder die Uniform anziehen und — sich unterorbnen muhte: und Malade hat viel auf allen Krieg», schauplätzen, auch in Gefangenschaft, erlebt. Bon Frau Nie. manns „Die Schwester der 4. Armee" jKarl Boegel, Berlins werben die Aerzte weniger, die Frauen sehr begeistert sein. Auch ihr Schicksal, einschließlich gewisser grober Anfechtungen, hat sich tausendfältig so abgespielt. Daher macht da» Buch, elegant und leicht flüssig geschrieben, den Eindruck großer Wahrheit, auch wenn Frau Riemann an manchen Stellen wohl zu weitgehende Schlüsse aus Erlebtem zieht und zu sehr ver- allgemetnert. Sin Buch möchte ich hier noch nennen, da» des halb Volksbuch zu werden verdient, weil es der Roman der Kameradschaft schlechthin ist, ei» Monument der Treue, ja, ich möchte sage», der — Mütterlichkeit des feldgrauen Menschen zu dem anderen, der jünger oder in seelischer Not ist, Werner Beume Iburgs „Gruppe Bosemüller" (Stal- lings. die uns Heutigen alles Gute in uns aus der Tiefe bebt. Eine besondere Zusammenfassung verdienen die Bücher der Flotte. Wer es verstehen will, warum diese» herrliche Instrument mit diesen prächtigen Menschen zuletzt versagte, der mnh Eornelissens „Die Hochseeflotte ist aus gelaufen" iLehmann) lesen, daS überhaupt als Eingangötor zu jeder Flottenlektüre dienen sollte. Erst dieses Buch. daS die Wunden unserer tiefsten Enttäuschung heilt und uns wie der gläubig in Vergangenheit und Zukunst sehe» läßt, dabei außerordentlich spannend ist. und dann die anderen! Unter diesen anderen jetzt eine Menge von U-Boot-Büchern, von denen jede» einzelne namentlich unseren Iungens. aber auch den Aelteren. die Backen heiß macht: Frhr. v. Spiegel: „U-Boot im Fegefeuer" iScherls, Valentin er: „Der Schrecken der Meere" fAmalthea-Berlags, Ernst Has st a g e n : „U-Boote westwärts!" iMittler L Sohns, alles aben- teuerltche wirkliche Erlebnisse von jungen Kommandanten, die sich ihren Pour le mörite wahrhaft hundertmal verdient haben. Ich weiß nicht, welchem dieser drei Bücher ich den Vor zug geben sollte. Aber das weiß ich, daß diesmal nicht nur Bücher solcher deutschen Seebelden. sondern auch eines über sie. von — einem Amerikaner geschrieben und ins Deutsche übersetzt, viel gekauft werden wird. Lowell Thoma»' „Ritter der Tiefe" iDeutsche Berlagsgesellschaft, G. m. b. H., Berlins, das sie geradezu enthusiastisch preist. Thomas ist jahrelang in Deutschland herumgereist, um alle überlebenden U-Boot-Kommandanten — die meisten von ihnen schlafen auf dem Meeresgründe — nach Ihre» Taten auszufragen und auS- zuholen. und hat dann dieses phantastisch schöne Buch ge schrieben, das in einer Massenauflage in der gesamten angel- sächMchen Welt die deutschen „Freibeuter aus der Tiefe" — „likicksrs ok tks cksep" — rehabilitiert hat. Vielleicht spielt der Flieger eine noch größere Rolle in den Träumen unserer männlichen Jugend. Da gibt eS «inen. Sonntag. 14. Dezember INS der trotz siechen Körpers geistig der größte unter ihnen mar. mir »in lieber Freund. Von Walter ist nun über „Hüne, selb" lSrnte-Berlag, Potsdam» daS beste und jeden junge» Willen stählende Buch erschienen, daS wir mit Rührung lese», unsere Söhne aber mit dem stillen Schwur, auch ihr alles an die Rettung des Vaterlandes setzen zu wollen. Diese Lebeus- geschtchte ist ein einzigartiger Erzieher zu Männlichkeit, Ehristentum, Deutschtum. Jüngeren Sühnen, die früher wohl Jndianergeschichten am liebsten hatten, gibt man diesmal vielleicht Frhr. Grotes „Was wollen wir mit dem Jungen?" jBrunnenverlag», -as den Vorzug hat, nicht eine „ausgedachte" Geschichte zu sei». Der junge Held, der sechzehnjährig als Leutnant sällt. ist ei» wirklicher Soldat, vor dem auch alte Landwehrmänner Achtung hatten. Er hat gelebt, er hat so gelebt, e» ist alles echt: i» Wirklichkeit hieb er v. FranxoiS, war der Enkel jenes preußi schen Generals v. FranxotS, der 1870 beim Sturm ans sie Spicherer Höhen fiel, aus der alten, schon 1818 bckannttn Doldaienfamtlie. der mütterltchersetts auch der Verfasser ent stammt. Von Geschichte, Memotrenliteratur, BolkSivirtschast will Ick nicht erst anfangen, das interessiert nicht „weite" Kreise. Wohl aber möchte ich erzählen, was mir diesmal Kunde von fernen Ländern bringt. Da istNorbens „Durch Allein»««» und Srythrca" iScherls. bilderreich, aufschlußreich, sehr fesselnd. Da ist des köstlichen Erzählers» Jäger», Stblrtenkenners Frhr. v. Kapherr „Mit Kreuz und Knute", «ln Kosak«,, buch mit kulturhistorisch ganz vortrefflichen Zeichnungen Pr», fessor Titte» jParen, Berlin). Da ist drittens Kutschbachg „Der Brandherd Europas" iHaberlanb, Leipzig), ein Balkan- buch, wle wir e» bisher noch nicht gehabt haben, well eben die Sutschbach» nicht alltäglich sind: ein Publizist mlt Hellen Augen, der. well er für den Krieg 1870/71 noch zu jung war. bald darauf den Krieg suchte und thn unter den Aufständischen in Bosnien fand, von da ab in hundert verschiedenen Rollen alle» mltmachte, was man da unten in fünfzig Jahren Über haupt erleben kann, persönlich sozusagen aus Du und Du mit allen Potentaten und Potentätchen in Bukarest, Sofia. Bel- grad, Cetlnje, Konstanttnopel war. den Köntgsmord ln Ser bien. die Revolution ln der Türket und die Balkankrtcge mit der Feder verfolgt hat und selbst mir leidlich gut Unterrich tetem über manche Dinge erst die Augen öffnet. Ich weiß nicht, wer meine Bücherbesprechung liest. Ich weiß nicht, ob Menschen darunter sind, die früher etwa Houston Stewart Chamberlains „Grundlagen des lö. Jahr hunderts" sich kaufte», nachher über Spenglers „Untergang -cS Abendlandes debattierten und heute noch von solchen Denkern sich gern an die Hand nehmen lassen, auch wenn der Gang mit ihnen mehr als nur leichte Plauderet ist. Wenn ja. dann sollen sie mit BogtSlav v. Selchow gehen, dessen „Au der Schwelle des vierten Zeitalter«" lKoehler. Leipzigs dcr zweite monumentale Band au» dem LebenSwcrk diele- Mannes ist, aber keine Fortsetzung, sondern eben so ein Ttng für sich wie dcr erste, wie „Unsere geistigen Ahnen". Warum viertes Zeitalter? Vorzeit. Allzeit. Jchzett, Wirzeit unter scheidet Selchow und begründet bas geistvoll, gibt am Schlutz des Bande» auch wieder «in „Wegbtlb", eine Art Stammbaum unserer Kultur auf tebem Gebiete. Ich selbst halte mich nur an die Aussätze: und an die großen EntwtcklungSltnien tm Flusse der schönen Sprache dieses Mannes, der 1918, al- Fregattenkapitän a. D., umsattelt, seinen Doktor der Geschichte macht, Abgott der Marburg«! Studenten wirb, an ihrer Spitze den Spartakisten ein Gefecht mlt vielen Toten und Verwunde, ten liefert, unermüdlich wetterarbettet und — wenn bi« Nerven es auShalten — noch einmal der Polyhistor des 2«. Jahrhunderts werden wirb. Er tst tn Wesen und Wir kung urdeutsch. auch sonst, wo er etwas versonnen ist: und da er vieler Künste Meister ist. nicht nur Historiker, sondern auch Dichter, empfehle ich allen jungen Bekannten immer, sich Selchows kleines Gedicht „Es gibt ein Wort" zu besorgen. Vvrivllkski« S'° Korr»« Lporlslksur «a,,n,«^»a». „u, In allen meinen unifsMeielien Abteilungen Sanntsz, «an» »Al. 0»»«»»»»»«» ist mein LsseiiZst von 11-« TZKr gSttßßUHSl Ss-olZs kisöi-igsis ?fsi86 « Mkl. 8toppäeekvll * Vruwvlläsvkmi LS°/o Zonösk-kskstt LS°/o SvrnrN, 2L lVIsi'sclisIIslk'sös 23. kut 29974 Ol» »Islsßol Isn ^ ^ Ali. 1 llti. '.sbc gmpsghisn»*»«« yuzsstll rl«f ssomiitof»! u. ?»!ndlol<«t«i uicio V-ttse. llcssktsn-dl. 6. s ci. llisltcömqstclceds 8 7s! 87784