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Dienstag. 20. September 1927 — „Dresdner Nachrichten* — Nr. <42 Seite 5 Zur Lagung -e» -eulsche« Verein» fNr «erktittige Erziehung. Anläßlich der Jahresschau hält der Landesverband Sachsen für werktätig« Erziehung vom 2lk. bis R- September seine Ao. Hauptversammlung t» Dresden ab. Dt« Ansstellung, die zu gleicher Zeit tm Lichthofe deS Rathauses stattftndet und von sämtlichen Dresdner Schulen beschickt werden wird, soll über den gegen, wärtigen Stand de» Warkunterrtchts aller Schulgattungen Zeugnis ablegen. In der Hauptversammlung Mittwoch, den 28. September, mittags 1-2,80 Uhr. werden tm Festsaale der Sreu,schule Prtvatdozent Dr. I. Fichtner, Dresden, über: Natursorm, Werkform, Kunstform lNaturschönheit, Werk, schdnheit, Kunstschünhett) und UntversitätSprofessor Dr. O. Echetbner, Jena, über: Erlebnispädagogik sprechen. In der Kachversammlung Mittwoch, den 28. September, vor. mittags 8,80 Uhr, im Festsaale des Bitzthumschen Gymnasiums berichten Schulleiter Schwenzer und Dtudienrat Dr. Leh. mann, Dresden, über: Werkunterricht in der BersuchSschule und Werkunterricht in der Dürerschule. ES ist von jeher das Bestreben des Landesverbandes ge wesen. den jungen Menschen seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechend auszubtlden. ihn zu sachlicher und praktischer Gestaltung anzuregen. Man will sich jetzt an die aktiven Kräfte des Kindes wenden durch Einführung des Werkunter, richts, der. wie jeder andere Unterricht, ein Mittel sein soll, in der Jugend den Grund zu legen zu lebenstüchtigen, prak tischen, selbstsicheren Persönlichkeiten, die gewillt und fähig sind, gleichermaßen ein wertvolles Eigenleben zu führen, wie in tatkräftiger Hingabe der Volksgemeinschaft zu dienen. Welche Bedeutung dem Werkunterricht beigcmessen wird, be- zeugt auch der jetzt vorliegende Entwurf eines Lanbeölehr- planes für die Volksschulen. Es heißt da: Der Aerkunter- richt soll die Schüler geschickt machen, ihrer Kraft angepaßte Stoffe selbständig zu bearbeiten, und zweckentsprechende, ge. fällige und geschmackvolle Gebrauchsgegenstände im »Werk, unterricht als Fach" herzustellen. Der SchülerauSdruck tm Werk soll mit den einfachsten Mitteln untcrrichtSgrundsätzltch aus allen Klassenstufen in den dazu geeigneten Lehr- und UebungSgebietcn Gelegenheit geben, auch durch den Tastsinn Ausnahme, Klärung, Vertiefung und Anwendung der Unter, richtsarbeit zu fördern. Die Ausbildung der Hand zur Förderung tieferer Er. kenntnisse haben schon Comenius, Pestalozzi und Fröbel ge. fordert, und ehe der Werkunterricht in den Schulen zur Ein» sühruwg kam, hat der Vorgänger des Deutschen Vereins für werktätige Erziehung, der Deutsche Verein zur Förderung deS Handsertigkcitsunterrichts den HandsertigkeitSunterricht in VercinSwerkstätten usw. gepflegt und gehegt. Bekannt find die Namen des langjährigen früheren Vorsitzenden des Deutschen Vereins, Dr. meb. h. c. von Schenckendwrf, Mitglied des Reichstags, Görlitz, uud der beiden früheren Direktoren des Seminars für Werkunterricht in Leipzig Dr. Götze und Dr. Pabst. In Dresden haben lange Zeit die Werkstätten des Gemeinnützigen Vereins den HandfertigkcitLunterricht in vorbildlicher Weise geübt nutz der Einführung des Werkunter richts in die Schulen die Wege geebnet. Bekannt sind alS För> derer seiner Werkstätten der verstorbene frühere Direktor der 7. Bürgerschule Kunath und die Vorsitzenden der Abteilung sür Werkunterricht im Gemeinnützigen Vereine» Oberschulrat Dr. Prtetzel und jetzt Stadtschulrat Dr. Hartvacke, die auch lange Jahre Vorsitzende des Landesverbandes Sachsen sür werktätige Erziehung gewesen sind. So kommt es auch, daß Dresden immer ekn Mittelpunkt der Pflege des Werkunterrichts gewesen ist und heute die Dresdner Schulen stolz sein können auf ihre Schulwerk stätten und auf bas. was dort geleistet wird. Die Auö. stellung im Lichthose des Rathauses wird den gegenwärtigen Stand des Werkunterrichts in Dresden zeigen, und der Be such der Ausstellung aui 27.bis M.September wiged sicher lohnend sein. lieber den gegenwärtigen Stand des Werkunterrichts in Dresden ist folgendes zu sagen: Gemäß dem UebergangSschul- gesetz wurden alle Volksschulen Dresdens mit Werkstätten für Pappunterricht versehen und sür die Knaben verbindlicher Werkunterricht in Papparbeit mit wöchentlich ziwci Unterrichts, stunden in den Klassen des 5. bis 10. Schuljahres vom 1. April l!M ab etngeführt. Die Klassen wurden geckeilt, die Stärke einer Abteilung betrug in der Regel 16, nlcht aber über 20 Schüler. Für Einrichtung von Wcrkräumcn, für Verwaltung der Werkstätten und für Arbeitsstoffe und Instandhaltung und Erneuerung der Werkzeuge stellte der Rat namhafte Summen ein. Im vergangenen Schuljahr richtete der "Rat in 34 Dresd ner S hulen Hobclwcrkstätten ein, und weitere 16 Volksschulen folgen tm Laufe diese» Jahres. Die Werkstätten sind in muster gültiger Weise ausgestattej »nd entsprechen voll und ganz den Ansprüchen der Zeit. Weiter hat der Rat zcu Dresden, Schul- amt, für Lehrkurse in Werkunterricht zur Einführung von Lehrern in die verschiedenen Techniken sür Papier, Papp- und Holzarbeit, in die Technik des Wandtaseljspichnens. Formens ln Plastilin, Ton und Sand sowie in die Handbetätigung im Elementarunterricht höhere Beträge bewilligt. Wie in den Volksschulen, wurde der Werkunterricht awch in allen höheren Schulen, all« Techniken umfassend, mit großer Liebe betrieben. Im Auftrag be» Rate« wurde «ine ganz« Folge von Au». btldungSkursen sür Lehrer höherer Schulen abgehalten. Durch Vorträge und praktische Arbeit wurde stetig der Gedanke der werktätigen Erziehung unserer Jugend gefördert. Im Interesse der Schule ist zu wünschen, -aß die Beteili» gung an der bevorstehenden Tagung eine recht rege sein möchte, um den Ausbau der WerkunterrichlSbestrebungen zu fördern. Vom -eirische« Sprachunlerrichie. In einer gutbesuchten Versammlung des Dresdner Lehrervereins sprach Max Hertel, der bekannte Ver treter und Förderer eines lebensvollen Deutschunterrichtes, über die deutsche Sprachlehre. Aus seinen tiesgrün- digen und stark interessierenden Ausführungen sei hier folgen des hervorgehoben: Seit Rudolf Hildebrands Buch vom deutschen Sprach, unterrichte, das vor 60 Jahren erschien, kann zur deutschen Sprachlehre tm Grunde nichts Neues und nichts Besseres ge sagt werden. Sein« Hauptsätze gelten auch heute noch, ja warten noch der Erfüllung, da sich der Deutschunterricht viel fach noch tm Dienste des Fremdsprachenunterrichts befindet. Nach Htlbebrand ist das Hauptgewicht aus die gesprochen« und gehört«, nicht auf die geschriebene und gelesen« Sprache zu legen. Da» Deutsch ist nicht wie ein anderes Latein, sondern tm engsten Anschluß an die Volks, und Haussprache zu lehren. Der Lehrer hat nichts zu lehren, was die Kinder nicht unter seiner Leitung selbst finden können. Und mit der Form soll zugleich der Inhalt ersaßt werden. Das Ziel bleibt die Schriftsprache, aber der Weg geht über die den Kindern ver. traute Mundart. Die ist mit Achtung zu behandeln und dauernd mit der Schriftsprache zu vergleichen. Unnötige Fach- auSdrücke werden nicht verwendet. Allgemein gebräuchliche Unterscheidungen und Begriffe sind auch den Kindern klar und geläufig zu machen. Schon der Laut bedeutet «in Stück Sprachlehre. Er ist Anfang der Sprache, Natursorm, die zur Hochsprache aufstetgt. Bon gleich großer Bedeutung ist die Be tonung. Die Mundart ist das Bekannt« und Gefühlsbetonte und muß deswegen von der Schule erfaßt werden, um zur weniger bekannten und entfernten Schriftsprache zu kommen. Ein Unterricht auf der Grundlage der Heimatsprache ist boden- ständig und schaffend und hat Beziehungen zum Kinde und Widerhall im Volke. Der Landeslehrplan macht es zur Pflicht, von Mundart und Umgangssprache auszugehen. Für einige Teile des Landes (Taura, Vogtland, Flöhatal) ist die Arbeit bereits geleistet worden. Für Dresden ist sie noch zu er. füllen. Der ewige Fluß in der Sprache führt zu Schwank»« gen und Schwierigkeiten. Was ist in der Sprache richtig? Nicht was logisch ist, sondern was Gebrauch ist. Die Regeln der Sprachlehre gelten nur auf Zeit. Die Frage lautet nicht: waS ist richtig oder falsch, sondern was ist lebendig oder tot? ES kommt im Sprachunterrichte nicht auf das Wissen an, son dein auf das Können, aus das Beobachten und aus eine Ge sinnung gegenüber der Muttersprache als einer Sache, zu der der Mensch fortgesetzt selbst in Beziehung tritt. »Die Schule hat nicht die Aufgabe, den Schülern die Fachausdrücke ein zuprägen, die alte und neue Grammatiker als Scheidemünze sür den Verkehr mit ihresgleichen ausgeprägt haben. Die meisten dieser Prägungen gelten im Leben außerhalb der Schule nichts,- viele davon sind auch für die Schule von An sang an nichts wert gewesen." sagt Dr. Michel, der Schöpfer deS Dresdner DentschplaneS Der neue Landeslehrplan stellt daS deutsche Volkstum an die Spitze der gesamten Arbeit in der Schule. Dem Sprachunterrichte wird eine hohe Aufgabe zugewiesen. Dienst an der Sprache ist Dienst am Volke. Die geistvollen, aus einem tiefen Wissen geschöpften AuS- führungen Hertels wurden von der Versammlung mit großem Beifall ausgenommen und gaben jedem einzelnen reiche An regungen. Moderner Kundendlensk. Die jetzt in Dresden zur Durchführung gelangende Deutsche Schaufenster-Lichtwerbung vermittelt dem Dresdner Schaufensterbesitzer die Bedeutung des Wortes „Licht lockt Leute". Wir werden in absehbarer Zeit nicht nur geschmackvoll dekorierte, sondern richtig und reichlich beleuchtete Schaufenster in den Dresdner Straßen finden, die den eiligen Passanten gleichsam mit einer Saugkraft anziehen werden. Welchen Sinn haben aber all die großen Ausgaben, die dem Geschäfte Käufer zutreiben, wenn der ungeschickte und ungeeignete Ver käufer sie wiederum vertreibt? Bor etwa Jahresfrist kam uns aus Amerika Kunde vom Problem deS Service, vom Dienst am Kunden. Dieser Kundendienst, auf deutsche Eigenart abgewandelt, setzt sich mehr und mehr in der Ge schäftswelt durch. Die Idee des Kundendienstes bedeutet einen neuen Wtrtschaftsu,oralbegriff: Jegliche Wirtschaftsarbeit ist Dienstpflicht gegenüber dem Verbraucher. Der Grundgedanke des inodernen Kundendienstes ist, aus einem Gleichgültigen einen Interessenten zu machen, die nötige Kaufatmosphäre zu schaffen, aus dem Kunden einen Stammkunden werden zu lassen und. als höchsten und wertvollsten Erfolg jenes geschäft liche Verhältnis herauszubilden, das in unbedingtem Ver trauen zum Verkäufer gipfelt. Kür den augestellten Verkäufer bedeutet der Kundendienst ein« neue Ethik der Arbeit. Er stellt ihn vor neue Probleme, er zwingt ihn. sich zu vervollkommnen, sich und die Kunst dr» Verlaufens zu studieren, um sich erfolgreich in die Eigenarten des Kunden einzufühlen. Schließlich wird das Publikum selber, dem die kundendienstlichen Ideen mehr und mehr durch Presse und Rundfunk zugängig gemacht werden, für eine Aus. lese unter den besten Verkäufern sorgen, dadurch, daß eS nur dort seine Einkäufe erledigen wird, wo man den Kunde« dienstlich einwandfrei bedient. Bisher waren e» die Waren» Häuser, die als erst« ihren Airgestcllten die Technik des Ber. kaufen» durch Lehrkurse vermittelten. Aber auch der Dresdner Etnzelhanbelsverband läßt es sich an gelegen sein, die Angestellten seiner Mitglieder durch Kurse mit der Physiologie des Verkaufs vertraut zu machen. Auch im Nahmen der Schaufcnster-Lichtwerbung in Dresden werden durch Vorträge von Dr. Scharf die Kundendienst-Gedanken in die Geschäftswelt getragen. Landeskagurrg der Kaninchenzüchter Die 2V. Landesausschußsitzung des Landesverbandes der sächsischen Kaninchenzüchter wurde in Döbeln abgohalten. Nach einer Begrüßungsfeier am Sonnabend wurde am Sonn tag vormittag die Tagung vom Vorsitzenden Uhltg sOederan) eröffnet. Unter den Ehrengästen sah man Landwirtschaftsrat Dr. Marx (Dresden), Bürgermeister Näher (Döbeln), Ge schäftsführer des Netchsbundes der Kaninchenzüchter Wischer (Berlin). Diese Herren wünschten der Tagung guten Erfolg und sagten weitere Unterstützung zu. Geschäftsführer Wischer dankte besonders dem sächsischen Wirtschaftsmint- sterium, der Landwtrtschaftskammer und deren Vertreter Dr. Marx für die bereitwillige und weitgehende Förderung der Kleintierzucht. Aus Anlaß des 20 jährigen Bestehens des Landesverbandes wurden Öberregierungsrat Dr. Grund, mann sowie der Vorsitzende des Bezirksvereins Luga«, Otto Uhlig, zu Ehrenmitgliedern ernannt. Nach Erstattung der Geschäfts- und Kassenberichte und Genehmigung des Haus- haltplanes wurden die eiugegangenen Anträge beraten, die sich auf Bezirksumgruppierungen usw. bezogen. Eingehend behandelt wurde die 1928 in Leipzig stattfindende Landes- kaninchenausstellung, die mit der Weltausstellung verbunden werden soll. Die Preisrichter hierfür wurden ernannt und die sonstigen Vorbereitungen getroffen. Nach der Wiederwahl des Vorstandes wurden noch allgemeine Fragen erledigt. — Reichsvorsührnng von Rübenerntemaschine«. Die Be schaffung der Arbeitskräfte für die Landwirtschaft ist zu einem ernsthaften Problem geworden. Bereits für die Bergung der Getreideernte konnten die Arbeitsämter nur in den seltensten Fällen die angeforderten Arbeitskräfte vermitteln. Für die folgenden Jahre ist noch mit einem Wachsen dieser Schwierig keiten zu rechnen, da selbst die Beschaffung ausländischer Wanderarbeiter für Rübenpflege und Rübenernte immer mehr auf Schwierigkeiten stößt. Aus diesen Gründen arbeitet man eifrig an der Mechanisierung des Zuckerrübenbaues. Wie die Pressestelle der Landwirtschaftskammer mitteilt, hat sich nunmehr das Reichsmtnisterium für Ernährung und Land wirtschaft entschlossen, der Landwirtschaft von den Fortschritten der technischen Entwicklung, die auf diesem Gebiete gemacht worden sind, Kenntnis zu geben und damit einem Rückgänge des Zuckerrübenbaues vorzubeugen.— Im Laufe des Herbstes, von Ende September bis Anfang November, werden infolge dessen in allen rübenbauenden Teilen Sachsens Vorführungen von Rübenerntcmaschine» abgehalten, wobei in keiner Weise Reklame gemacht werden soll für die eine oder andere Rüben erntemaschine. Lediglich die Beschleunigung der Ernte und das dadurch ermöglichte längere Wachsenlassen der Rüben mit seinem Gewinn an Ertrag und Zuckergehalt sollen hierbei maßgebend sein.' Es firrden in Sachsen Vorführungen statt: am 23. September aus der Versuchsanstalt Pommritz, am 27. September bei Rittcrgutspächter Heyde, Cottewitz bei Strehla, am 30. September bei Vormerksbesitzer Miersch, Paudritzsch bei Leisnig, am 22. Oktober bei Gutsbesitzer Roßberg, Trebanitz bei Zschaitz, am 29. Oktober auf Ritter gut Trosstn bei Torgau. — Mißernte in Pflaumen. Die bieSjährige Pflaumen, ernte ist in M et ße n und in der Umgebung infolge des Auf. tretens von Schädlingen überaus schlecht ausgefallen. — Stadtbibliothek. Das Verzeichnis der Neuerwerbung«» «ff dem Gebiete ber Staats- und Rechtswissenschaft d« A-ugu-st 1927 ist erschienen- Es liegt imi Neuen Rathaus, Zimmer l3l, zur Einsichtnahme aus. — TnmiauS Thalia-Theater. Auch diese Wache bleibt nach ber beliebte Lachschlager „M opS. der Spitzbube" mit Direktor Paul Beckers In ber Titel rave auf dem Sptelplan. Bor zugskarten haben nur Wochentags Gültigkeit. »I« Hussn§!Ssei- Prag«» Steak« g» padriknleilerlxge 6er pinn» v»e> NetN, ^erra. dargestellt. Auf der Bühne befand sich ein, Galgen, der natür sich Sicherheitsvorrichtungcn besaß, um idle Strangulierung nur scheinbar zu vollziehen. Der Schauspieler, der die Rolle des Verurteilten zu spielen hattze, errang sich durch leine realistische Darstellung einen groffen Erfolg, und die Zuschauer waren jedesmal auf das tiefste ergriffen. Eines Tages aber verbreitete sich im Theater das Gerücht, die eben vorgeführte Szene sei kein Spiel, sondnrn Wirklichkeit. Die Schauspieler auf der Bühne verspürten die allgemeine Un kuhe, und es ist eigentümlich, daß daff Publikum eher den wahren Sachverhalt bemerkt hatte, als die Kollegen des Schau spielers. Der Vorhang wurde heruntergelassen und der Ge bängte abgenommen, und dabet stellte ss sich heraus, daß der Schauspieler seinen Tod gefunden hatte. Es lag ein Ber> sagen ber Sicherungen vor. Bald tanchte der Verdacht auf. daß es sich hier um keinen unglücklichen Zufall handelte, sondern um einen verbrecherischen Anschlag auf das Leven des Schauspielers. Es dauerte auch nicht lange, bis sich die Verdachtmomente gegen einen Rivale« des Schauspielers ver dichteten, der auch verhaftet wurde. Bis jetzt ist ihm der Nord noch nicht nachgewiesen workpen, aber alle Indizien sprechen gegen ihn. In der Theatergeschichte ist eS bis dahin noch niemals vorgekommen, daß ein Schauspieler auf der Piihne erhängt wurde. Ein Pariser Revuestar, «ine exotische Tänzerin, endete vor wenigen Monaten durch Farbeirvergtftung. Ihre künst lerischen Darbietungen wirkten nicht allein durch die Voll- endung ihrer tänzerischen Vorführungen, sondern sie trug die wunderbarsten Kostüme und pflügte den Körper zu jeder Ausführung zu bemalen. Eines Tages benutzte sie eine Bronzesarbe, die, wie sich leider zu spät herausstellte, schwere Giftstoffe enthielt. Wenige Stunden nach der Vorstellung erkrankte die Tänzerin und mußte in ein Sanatorium ge bracht werden, wo sie infolge der Farbenvergiftung starb. Ein Todesfall ähnlicher Art hat sich in der letzten Zeit lange nicht ereignet. Früher, namentlich im Altertum, gehörte ber Tod infolge Bemalung des Körpers nicht zu den Selten, beiten. Nero und andere römische. Kaiser pflegten bei ihren Triumphzügen einen Teil der Gefangenen mit Gold »n- malen zu lassen. Das bedeutete für die Unglücklichen den sicheren Tod: da der Mensch nicht nur durch den Mund, sondern auch durch den Körper atmet, so erstickten die Sklaven nach wenigen Stunden. Die Berufskleidung wurde AbrtgenS auch einem, wenn liuch weniger berühmtem Mitglied der französischen Revue, einer kleinen französischen Choristin, zum Verhängnis. An dem Unglücksabend trug sie, wie schon so häufig, ein silbernes Lamogcwand un- wartete hinter ber Szene auf den Augen, blick ihres Auftritts. Dabei lehnte sie sich an einen Pfeiler, durch den eine elektrische Leitung gelegt war. Dessen Jsola- tion war aber, ohne daß man eS bemerkt hatte, beschädigt, und da bas Lamekleid der Choristin wie ein ausgezeichneter elektrischer Leiter wirkte, wnrde die Unglückliche von einem Strom von 110 Volt getroffen. Beim Zurückmeichen faßte sie nach einer in der Nähe befindlichen Stange, was ihr zum Verhängnis werben sollte, da sie dadurch lprrch einen noch stärkeren Strom getroffen wurde. Wenige Stunden nach dem Unglttcksfall verschied sie infolge Erstickung, da ihr Blut durch den elektrischen Strom geronnen war. Künstlerselbstmorbr kommen sehr häufig vor. Besonders auffällig ist die hohe Zahl von Frcitodcn bet Komikern. Hier fei nur an das tragische Ende des bekanntesten früheren Filmkomtkers Max Linder erinnert und an den Tod des berühmten Jean Pietro. Eigenartig waren anch die Motive zu dem Selbstmord der bekannten Sängerin Gtnatda Jurjewskaja und die Ausführung -er Tat Die Künstlerin, die äußerst sensibel war, fürchtete, obwohl ihr Sachverständige mehrmals erklärt hatten, daß kein Grund zu Besorgnissen vorltege, sie werde ihre Stimme verlieren. Ohne jemand etwas vorher zu sagen, reiste sie eines Tages Hals über Kopf nach Andermatt in der Schweiz ab und stürzte sich in die TcufelSschlucht. Manch bekannter Künstler lst auf ber Bühne vom Tode ereilt worden. Der berühmte Sänger Josef Mann ver. starb, nachdem er tn -er Oper eine große Arle gesungen hatte, an einem Schlaganfall. Niemand hätte geahnt, daß diese Arie ber Schwanengesang des großen Künstlers sein sollte Bor wenigen Tagen verstarb auf fast gleiche Weise ein junger talentierter Filmregisseur, Bruno Rahn, der in» folge der Aufregungen bet der Premiere seines Films einen Herzschlag bekam. Rahn war erst 30 Jahre alt, hatte aber durch tüchtige Leistungen sich bald tn den Vordergrund schieben können. Unter eigenartigen Umständen erfolgt oft der Tob von Bartetökünstlern, was allerdings auf die Gefahren ihres Be- rufS zurückzuführen ist. Daß aber auch einen Artisten daS Schicksal tn einem Augenblick ereilen kann, da er nicht bei der Vorführung seiner Nummer oder bet den Proben arbeitet, zeigt ber seltsame Tod eines indischen Gauklers. Auf Jahrmärkten und auch tm ZtrkuS führte er seltsame Kunst stücke seine« Elefanten Jumbo vor. DaS Glanzstuck bestand darin, daß der Gaukler seinen Kopf in das Maul des Tieres legte und sich von diesem am Genick hochheben ließ. Eines Morgen» fiel e» dem Inder anf, baß Jumbo äußerst gereizt war. Trotzdem überreichte er ihm wie gewöhnlich sein Fressen. Der Elefant, der sich niemals bösartig ge- zeigt hatte, packte jedoch den Gaukler mit dem Rüssel und schleuderte ihn in die Luft empor. Hernicdcrstttrzend fiel der Inder auf die Spitzen des Gitters, das des Elefanten Käfig umgab, und wurde förmlich anfgespießt. Er starb, noch ehe es gelang, ärztliche Hilfe zu holen. ul. Bücher un- Zeitschriften. X Da» s«l»et«»i»ei»tsche Jahrbuch tSS7, ber achte Band ber ganze« Reihe, liegt tm stattlichen Umfing von säst SiX> Seiten vor. Die Auf gabe des Jahrbuchs, rin einigendes Band zu sein sür alle, die am Schicksal der Subctcndcutschen ernsthaft Anteil nehmen, hat an grundsdtzltcher Wichtigkeit nichts etngebüßt, da eS heute noch immer dt« einzige Veröffentlichung ist, die neben und über allen Partei«»- gen von allem wirklich Ausbauenden sachlich und mit einfacher Freude berichtet. Ueberslüsstg fast ist der Hinweis auf die reiche, gediegen« Ausstattung, tn der zahlreiche Bilder, Noten und Tabellen den viel- sättig geordneten Text begleiten. Einer der besten jüngeren Buch künstler unseres Gebietes, Karl Stratll, zeichnete den Schmuck de» Buche». Unter den Mitarbeitern begegnen wir u. a. Martin Spahn (Böhmen und da« beutschS-Bolk), Kurt Oberdorsfcr (Der Wieder» ausba« von Brüx), Friedrich Jaksch iRilkei, Rudolf Wolkan, Ernst Schwedeler-Meyer (Sudetcndeutscher Werkbundj, Otto Kletzl (Karl, stein, Karl Krattner, Junge Bildhauer», Paul Nettl (Der deutsch« böhmische Geigrr Biber), Eugen Lcdebur-Wichcln iAutzenpoNtik und BolkStum), Karl Urban (Schmeykal), Franz Jcffcr (Mitteleuropa), Albin Obcrfchall fGcburtlichkeit »nd Sterblichkeit), Otto Zell (Der Anteil de» deutschen Volkes am böhmischen Bergbau). Das Kern« stück des Aufsatzteile» bilden Heuer zweifelioS die hier teilweise ver öffentlichten LebenSerinnerungcn Dr. TtttaS, de« Schöpfer» de» deutschen «olksrat» tn Böhmen, die manche» Aufsehen erregen wer- den. Bon gleicher Bedeutung I» einem anderen Sinn« ist da» »Kleine lyrische Brevier", da» E. G. Kolbenheyer, der große Dichter de» Sudetenbeutschtum». dem Jahrbuch zur ersten Veröffentlichung anvertraute. Uebcr die gesetzliche Stellung -er deutschen Sprache ln der Tschecho-Slowakei schreibt ausführlich ber Retchenbrrgrr MagtstratSdtrektor Dr. Otto Rtnglhaan. Im Berlchttcll, von de« sich ber Hanbbuchcharaktcr de» Jahrbuch« vor allem herlettet, wirb die neuerblng» ausgebaute Bibliographie de» sudetendeutschen Schrifttum« besonderem Interesse begegnen, zu ber sich «tn genaue» verzeichnt« unserer sSmtltchen Zeitungen gesellt. Von Wert Ist sicher auch «in sachlicher Bericht über die Kulturlcistungcn ber Tschechen. Teilwetse geben di« Berichte, wie der über da» snbetenbeutsch« Bauerntum von S. E. Bürger, oder der über »Ir Politik von G. Petrr« weit über den engen Nahmen eine» Berichte» hinan». So darf da» neue Jahrbuch wohl als da» gehaltvollste der ganzen Rethe bezeichnet werden. E» erschien im JohanneS-Stauda-Bcrlag, Augsburg. X 18111 Sin BokkSscha«spiel ln fünf Akten von Heinrich von Mengershausen. Erschienen bei Gebrüder Memmlnger, Ber- l«g»»uchhanblung (Besitzer Thomas Memmtnger) tu Würzburg.