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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 08.04.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-04-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19030408012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1903040801
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1903040801
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-04
- Tag 1903-04-08
-
Monat
1903-04
-
Jahr
1903
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 08.04.1903
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— yu, Srümrnma an d«, 100. Geburtstag de» Begründer» der BuchhLndlerfrrma Johann Jacob Weber fand in Leipzig i« Hofraume de» Weberschen Geschäftshauses vor der Marmor- düste de» Berewlaten eine Feier statt, in welcher der groben Ber- dienst« de» Bahnbrecher» auf dem Gebiete deS neueren Illustra tion-Wesen» in Deutschland gedacht wurde. Minder von ihm fortaeganaen sind, während zwei unerzogene im Alter von acht und dreizehn Jahren bei den Eltern verblieben. Frau Heb batte ihren Mann am Sonnabend nicht in die Woh- nüna gelassen: er ging deshalb zu einem seiner erwachsenen Söhne an der Ämalienstraße, um sich dort Logi» zu verschaffen, aber auch hier fand er keine Ausnahme, weil er früher dort ebenfalls Streitigkeiten veranlaßt batte. Am Tage der Tat verfolgte Heb seine Frau an der Paulinenstraße. wo sie sich auf einem Bau m Arbeit befand. Der Täter kaufte sich vor Ausführung seiner Tat eine Flasche Branntwein, während welcher Zeit sich die Frau zu einem Bekannten an der Paulinenstrabe geflüchtet hatte. Als sie nach ihrem Arbeitsplätze zurückkehren wollte, lauerte ihr ihr Mann auf der Stratze auf. Packte sie. obwohl sie von ihrer Bekannte« begleitet war. von hinten und schob sie mit einem Revolver in die linke Gesichtsseite. Die Begleiterin der Unglück lichen stich hierauf «inen lauten Schrei aus, worauf der Mörder einen zweiten Schuß abfeuerte, welcher entweder der Begleiterin oder einem Manne galt, welcher der Neberfallencn zu Hilfe kom- men wollte. Alsdann feuerte er einen dritten Schuß aus sein Opfer ab, worauf dieses blutüberströmt zu Boden sank. Ohne daß der Mörder von jemand daran gehindert werden konnte, richtete er die Waffe gegen sich selbst. Aus den ersten Schub schien er sich noch nicht ernstlich verletzt zu haben, weshalb er sich einen »weit« Schub in den Hinterkopf beibrachte und töd lich getroffen lautlos zusammensank. Die unglückliche Frau brachte man sofort in ein Haus, wo ihr ein herbeigerufener Arzt die erste Hilfe leistete. Bei der Einweisung ins städtische Kranken- Haus war die Frau nicht vernehmungsfähig, sie kam aber später wieder zum Bewußtsein und wurde nachmittags von ihren Kin dern besucht. Eine Kugel konnte bis setzt noch nicht entfernt werden. Lebensgefahr soll, wie die „Chemnitzer N. N." mit testen, nicht vorhanden sein. — In der am Sonnabend obgehaltenen Sitzung der Handels- und Gewerbekammer Plauen wurde der Konflikt -wischen Präsidium und Syndikus, der seinerzeit zum Rücktritt des Präsidenten Herrn Goesmann und zu dessen Aus scheiden aus der Kammer führte, durch eine öffentliche Erklärung des Syndikus Dr. Dietrich erledigt, in welcher er zugab, in seiner Stellung zu weit gegangen zu sein, und versicherte, dab er be- strebt sein werde, mit dem Präsidenten und den Mitgliedern der Kammer stets in Harmonie zusammcnzuarbcitcn. Zum ersten Vorsitzenden an Stelle des Hern Goesmann wurde Spinnerei, besitzer Neidhardt-Reichenbach, bisher stellvertretender Vorsitzen, der. gewählt. In Zukunft wird die Kammer einen ersten und einen zweiten stellvertretenden Vorsitzenden zählen: für diese Posten wurden gewählt die Herren Fabrikant Roessing-Plauen und Bankbirektor Stohn-Zwickau. — In Arnsdorf verunglückte am Sonntag abend ein aus Bischofswerda gekommener Motorzweiradfahrer schwer. Er war mit den Kleidern hängen geblieben, hatte dadurch die Ge walt über das Rad verloren, und rannte gegen einen Chaussee baum Außer schwerer Brustquetschung hat er noch den Ober- schenke! gebrochen. TageSgefchichte. Deutsche» Reich. Die Kopenhagener Kaisertage sind zu Ende gegangen. In allen Berichten spiegelt sich die Freude darüber wider, daß nicht nur zwischen dem Kaiser und seinem dänischen Gastgeber, sondern auch zwischen dem deutschen Herr scher und dem dänischen Volke während dieser Tage die größte Herzlichkeit sich kundgegeben hat. Und es ist in der Tat elften- lick, daß die antideutschen Kopenhagener Stimmungen jetzt mehr und mehr in das Gebiet der abgetanen Erinnerungen geraten sind. Wenn hier und da Bemerkungen über die kurze Begegnung zwilchen dem Kaiser und dem sozialdemokratischen Bürgermeister, mit dem sich der Monarch über die Architektur deS Rathauses unterhielt, laut werden, so ist darauf hinzuweisen, daß die sozial demokratische Presse Kopenhagens den Kaiser in durchaus würdiger und höflicher Weise willkommen geheißen und damit den deutschen Genossen ein« Lektion erteilt hat, die heilsam sein könnte, wenn uian hier nicht Unheilbare vor sich batte. Ueber den Verlauf des Sonnabend liegt noch ftlgender Bericht vor: „Beim Anblick der Statue Christians IV. in Rocskilde äußerte der Kaiser zu seinen Begleitern: „Das war ein großer Held!" Inzwischen ivar nach Kopenhagen telephoniert worden, daß der Kaiser auf der Rückreise dem neuen Rathause einen Besuch abstatten möchte: er wünsch« aber keinen offiziellen Empfang; nur der Oberpräsident und der Baumeister deS Rathauses. Architekt Nyrop, sollten gegen wärtig sein. Bei seiner Ankunft wurde denn auch der Kaiser von diesen beiden Herren empfangen; mehrmals sprach Se. Majestät Herrn Nyrop seinen Beifall aus und äußerte: „Ein solches Rat haus habe ich nicht in Berlin." In ein zur Feier des Tages onaeschafftes Fremdenbuch schrieb der Kaiser mit großer, den'- sicher Schrift: ,VV. I. R." Beim Abschied drückte Se. Majestät Herr»,Nyrop herzlich bi« Hand und sagte: „Ich erinnere mich um 3 Uhr war er wieder bereit zum Ausfahren. Diesmal galt sein Besuch der Lichtheilanstalt Professor Fristen». Der Kron prinz. der auch hier den Kaiser begleitete, stellte chm den Professor Finfen vor. Da» Institut war in voller Wirksamkeit, und 33 Patienten wurden m der Anwesenheit des Kaisers behandelt, darunter ein paar Deutsche, mit denen der Kaiser sich längere Zeit unterhielt. In dem großen Lichtsaal war jeder Platz mit . . . dieser eigentümlichen Umgebung photographieren zu lassen, und die Einwilligung wurde sofort gegeben. Ueberhaupt legte Se. Majestät ein außerordent- liches Interesse für daS Institut an den Tag, und, indem er dem Kronprinzen auf die Schulter schlug, sagte er: „Sorgen Sie dafür, daß Professor Finsen ein Monument erhält, während er noch lebt. Wenn man erst tot ist. ist es ein wenig zu spät." Von dem Finsenschen Institut fuhren die hoben Herrschaften nach dem Schloß Rosenborg, wo besonders die Kostbarkeiten, die an Brandenburgs Verhältnis zu Dänemark erinnern, das Interesse Sr. Majestät erweckten. So zum Beispiel der Pokal, der ver fertigt wurde zum Andenken an die Allianz zwischen beiden Ländern gegen Karl XII. von Schweden. Vor 3Ü Jahren be sah der damalige Kronprinz Friedrich von Preußen das Schloß Rosenborg, und als er es verließ, sagte er: „Eine solche Samm- lung müssen wir auch in Berlin haben!", und dies gab die Ver anlassung zur Errichtung des Hohenzollern-Muscums. Fünf lange Viertelstunden dauerte der Besuch Kaiser Wilhelms auf dem Rosenborg, und der Direktor Mollenich äußerte, daß ein so wiß- begieriger und kenntnisreicher Gast zu den größten Seltenheiten gehöre. — Der Kaiser soll, wie die Kopenhagener Zeitungen Mitteilen, gegenüber dem deutschen Gesandten v. Schoen, der dem Kaiser an Bord folgte, sich in einer außerordentlich anerkennenden Weise über seinen Aufenthalt in Kopenhagen ausgesprochen haben. Der Kaiser sei tief gerührt über den außerordentlich fteundschaft- lichen und herzlichen Empfang, der ihm ^u teil geworden ist von seiten des Königs Christian und aller Mitglieder der königlichen Familie und erkenne mit großer Freude die freundliche und warme Haltung von seiten der Bevölkerung Kopenhagens an. Der Kaiser se> erfüllt von Bewunderung für alles Schöne und Große, das er dort zu sehen Gelegenheit gehabt habe, und werde die unvergeßlichen Tage in Kopenhagen in der Erinnerung bewahren. Wie die „Lägst Rundschau" wissen will, soll als letztes lieber- redunaSmittel dem Papst gegenüber für die Desavouierung des Bischofs Korum die Vorhaltung benutzt worden sein, daß ,,tm Fall der Versagung deS römischen Stuhles der Deutsche Kaiser außer stand« lein würde, bei seinem demnächstigen Besuch in Rom die übliche Visite im Vatikan abzustatten. Dieser Umstand war für die Kurie durchschlagend. Sie begnügte sich daraufhin mit der Zusicherung, daß von preußischer Seite gewisse katholische Wünsche in der Besetzung der Lchrkrafte an der Töchterschule beachtet werde« würden und wie» den Bischof an, seine Achterklärung zurück- zunehmen." Den „Berliner Pol. Nachr." zufolge hat der BundeSrat Aenderungen an den AusführungSbestimmungen zmn Tabak- steuergesetz vorgenommen. Wie der „Schief. Zta." aus Karlsriche in Baden mitgeteilt wird, werden sicherem Vernehmen nach die badische rmb die bayrische Regierung im Bundesrot für die Aufhebung de» 8 2 de» Jesuitengesetze» stimmen. Bei der Generalversammlung des nationalliberalen Verein» in Karlsruhe kam e» zu außerordentlich lebhaften Au», einandersetzunarn über den 82 de» Jesuitengesetze S. Schon vor einiger Zelt verlautete, daß es in den Rechen der Karlsruher Nationalltberalen, nan . namentlich zwischen den Alt- und Junaliberalen über die Frage der Stellung dem Zentrum gegenüber zu Differen zen gekommen sei; diese Nachricht war offenbar nicht unbegründet. Inzwischen hat der Neichstagsadg. Bassermann die Kandidatur für KarlSruhe-Bruchsal angenommen. Nun betrachtet man Bassermann in weite» nationalltberalen Kreisen des ln tonseisionellen Dingen so temperamentvollen Südens als den Hauvtvertreter derjenigen Richtung in der Partei, welche ein gutes Einvernehmen mit dem Zentrum und «ine möglichste Milderung der vorhandenen Gegen sätze anstlkbt. Durch die ultramontanen Provokationen der neiiesten Zelt ist ein natürlicher Rückschlag von ungeahnter Stärke gegen diele Bestrebungen riiigetrete». Daß man nun in der Zeit des neu auSgebrvchenen Kampfes in den Kreisen der Wähler von de» Kandidaten eine klare Aussprache über ihre persönliche Stellung zum Zentrum verlangt, ist erklärlich. Diese Stimmung kam auch rn der Karlsruher Versammlung zu energischem Durchbruch. Basser- mann hat sich über seine Haltung zum 8 2 noch nicht aus gesprochen ; früher bat er einmal sur dessen Aufhebung gestimmt. Die Karlsruher Versammlung beschloß nun, ihn um eine Aeußernng darüber zu bitten, ob er nicht angesichts der durch die neuesten ultramontanen Leistungen veränderten Lage auch zu einer anderen Ansicht über 8 2 gekommen kei. Landtagsaba. Dr. Bin, und Oberbürgermeister Dr. Schnetzler glaubten, eine AeugerungBasser- nranns in dem letztgenannten Sinne i» Aussicht stellen zu können. Der schnrk nntiultramontane Geist der Versammlung, die auch mit einem einstimmigen Volum gegen 8 2 schloß, kommt in einer Aeußerung Dr. Schnetzlers zum AuSdrnck: er erklärte: .Der 8 2 sollte nicht ausgehoben, sondern verbessert werden, vielleicht nach der Richtung hin, daß überhaupt kein Jciurt mehr sich in Deutsch land aushalten darf. (Stürmische Heiterkeit und Beifall.) Dann wäre der polizeilichen Willkür ein Nlegel vorgeschoben und ein klares, nicht vom Amtmann oder Richter abhängiges Verhältnis geschaffen. In ihrem Herzen sind die Jesuiten doch keine Deut- tchen mehr." Der kommandierende General des 6. Armeekorps Erbprinz von Sachsen-Meiningen hatte bereits im Februar v. I. einen Korpsbefehl erlassen, der in dankenswerter Weise eine Eurschrän- kung des Alkoholgenusses unter den Truppenteilen des Korps bezweckte. Dieser Erlaß hat bereits günstig gewirkt, immer hin aber ist die Zahl der gerichtlichen oder Disziplinarstrafen, welche wegen Trunkenheit oder wegen infolge von Trunkenheit be gangener Vergehen haben verhängt werden müssen, noch ganz er heblich. Der kommandierende General hat daher, wie die „Schles. Ztg." erfährt, unter dem 27. März d. I. einen neuen Korpsbesehl erlassen, in welchem es heißt: „Im Interesse des Dienstes wie des einzelnen Mannes halte ich es für durchaus notwendig, daß die Mannschaften des öfteren seitens ihrer Vorgesetzten eingeheird darüber belehrt werden, wie der übermäßige Genuß von Alkohol sie nicht nur den Gefahren harter Bestrafung aussetzt und sie untüchtig zu ihrer Dienstverrichtung macht, sondenr auch durch die fortgesetzte Vergiftung ihres Körpers für ihr ferneres Leben an Gesundheit und Erwerbsfähigkeit schädigt. Empfehlen wird es sich, die Belehrungen der Mannschaften über den schädlichen Ein fluß des Alkohols auf den menschlichen Körper auch durch die Truppenärzte vornehmen zu taffen. Denn ick auch weiß, daß es bei der weiten Verbreitung der Alkohoiseuchc leider wohl nicht ge lingen wird, die Mannschaften durchiveg zu überzeugen und gänz lich vom Schnapstrinken abzubringen, so erwarte ich doch, daß nunmehr die Belehrungen und Verwarnungen dazu beitragen werden, die Straftaten, welche der Schnapsgeruch in so ungeheurer Zahl hervorgerusen, ganz erheblich zu verengern." Der bereits rm Leitartikel der Dienstagnummer der „Dresdner Nachrichten" erwähnte Antrag des Grafen Schwerin-Löwitz an den internationalen landwirtschaftlichen Kongreß in Nom, dessen Tendenz auf die Gründung einer europäischen Zollunion hinausläuft, empfiehlt, bei dem Abschluß neuer Handelsverträge von seiten der europäischen Staaten in diese Verträge die Bestim mung ouszunehmen, daß „bei der Einfuhr von Waren, deren Er- zcugung in Europa vom Importeur »achgewiesen ist, besondere Zollermäßigungeii zu gewähren sind, welche bei der Einfuhr außer- europäischer Provenienzen nicht gewährt werden dürfen, und daß diese Vergünstigung so lange zu gewähren ist, als von jedem der vertragschließenden Staaten bei der Einfuhr solcher Waren Zölle mindestens in Höhe der vorgedachten Ermäßigung erhoben wer den"; mit einer derartigen Bestimmung in den europäischen Han delsverträgen läßt sich der wirtschaftliche Zweck einer europäischen Zollunion — d. h. die gegenseitige Begünstigung europäischer Er zeugnisse gegenüber außereuropäischen — vollkommen erreichen Der Bund der Landwirte plant in Berlin die Errich tung einer Dersuchsmüllerei und VersuchSbäckerei Die wcstpreußische Landwlrtichaftskammer unter dem Vorsitz des Herrn v. Oldenburg hat 2500 Mk. für dieses wirtschaftliche Unter nehmen bewilligt. Die Korrespondenz des Verbandes der Aerzte Deutschlands schreibt: „Den: Streite der Kassenärzte und Krcmkcnkafsenvorstände in Mühlhausen in Thüringen ist von den letzteren völlig der Stempel einer Machtfrage aufgedrückt ivorden. Das Aerztehonorar betrug bis zum vorigen Jahre etwa 12 bis 13 Pfg. für die Einzellerstung. Eine größere Selbst- bcschränkung der Aerzte erzielte eine Erhöhung des Durchschnitts bettags für die Einzelleistnng auf 28 Pfg. im Jahre 1902, wo durch den Kaffen bedeutend geringere Ausgaben erwuchsen Diese immer noch außerordentlich niedrige Bezahlung der Einzeb leistung weiter zu bessern, war nur durch Erhöhung des Pauschab Honorars zu ermöglichen. Me Aerzte strebten dies nun vor allem, und zwar um 50 Prozent, von den Bettiebskrankenkasscn cm, welch« früher größtenteils die Einzcllcistung mit 50 bezw 75 Pfg. bezahlt hatten. Da warfen sich den Acrzten aber plötz> sich die OrtSkrankenkassen in den Weg mit der Forderung, die Honorarfroge müsse einheitlich durch den Lokalverband Mühl- Häuser Krankenkassen, dem alle Kassen Mühlhausens angehör, ten, geregelt werden. Dagegen hatten die Aerzte nichts einzu. wenden, mußten aber bald ernsehen, daß sie lediglich zur Macht- erwciterung der Ortskrankcukassenvorstände als „Prügelknaben" dienen sollten. Den» alle Zugeständnisse und Vorschläge waren derart, daß die Betriebskranrenkosscn die Kosten zahlen oder aber in den Ortskassen ihr Grab finden sollten. Deshalb lösten sich die Betriebskrankenkässen vom Ortsverbande los und be willigten den Acrzten eine Honorarerhöhung von 25 Prozent, die angenommen wurde. Um den Streit auch mit den Orts unter der Bedingung, daß die freie Arztwahl abacschrstst und nur sechs bis sieben Aerzte angestellt würden und das Honorar gleichmäßig verteilt werde. Diese Bedingung mußten die Aerzte, um nicht willenlose Werkzeuge der Kassenvorstände zu werden, ab- lchnen: dazu hatte die seit 10 Jahren bestehende freie Aerztewahl den Kassen und ihren Mitgliedern nur Vorteil gebracht, und die von den Acrzten eingesührte Honorarvcrtcilung ermöglichte den Acrzten einen vicrwöchentsichcn Urlaub, sowie den Wciterbezug des Honorars bei Erkrankung bis zu 6 Monaten. Die Aerzte beharrtcn daher auf der Kündigung der Verträge. Nun be haupteten die Ortskassen. von denen sich mittlerweile noch die Zimmergesellenkasse durch Bewilligung der Erhöhung losg hatte, sie seien finanziell nicht in der Lage, die Erhöhung zn gewähren. Auf diese Behauptung hin ließen die Aerzte nach dem Abend des 2. April den Kassen durch die Aufsichtsbehörde ihre Bereitwilligkeit unterbreiten, die Berechtigung der Honorar erhöhung sowohl wie die Zahlungsmögtichkett von einer unpartei- ischcn Kaffeiiprüfung abhängig machen zu wollen, doch müßten auch die Kaffen den Schiedsspruch anerkennen. Das verwerger- ten aber die Kassen in schroffer Weise, worauf am 3. Avril die Aerzte eine Kampftaxe rm dreifachen Betrage der Mindestsätze der Gebührenordnung zur Anwendung brachten. Die Aussichten der, Aerzte^in diesem Kampfe zu siegen, sind aut. schon deswegen, weil kein Mühkhluser Arzt den Kassen zur Verfügung steht, in dem auch der außerhalb der Organisation der Aerzte stehende Naturarzt obgelehnt hat, für die Kassen zu praktizieren." Gegenüber den Berliner Meldungen erkllkte di« deutsch« Botschaft in Washington, gemäß Landcsgebrauch haben die anwesenden Damen der eingettoffenen Gattin eine» neue» Diplomaten zuerst Besuche zu machen. Freiherr Speck v Stern- bura konnte Herrn v. Bredows Gattin schon um deswillen nicht beleidigen, weil der MilitärattachS unverheiratet ist. Forstasseffor Scheck wäre schon vorher abberufen worden, seine Gemahlin Ke- fand sich nicht in Washington. Mit Ausnahme deS dritten Sekrc- tärS Grasen Montgelas ist nunmehr das ganze frühere Botschafts personal abberusen worden, anscheinend infolge des Verhaltens gegen Speck v. Sternburg. Der „Newyork Herald" meldet, der Generalkonsul Buenz würde ebenfalls deswegen aus Newyork abberusen werden. Die Auswanderung deutscher Staatsbürger über See erreichte im Jahr 1902 nach Ermittelungen des Kaiserlichen Statistischen Amtes die Ziffer 32099, das sind 5,6 Auswanderer aus 10000 der Gesamtbevölkerunw Dos Hauptziel der Aus wanderung waren die Vereinigten Staaten von Amerika. Der „Vorwärts" hat bis setzt zu der Begrüßung des Kaisers durch das dänische sozialdemokratische Organ keinerlei Stellung genonrmen. Oesterreich. Prinz Georg Wilhelm von Cumber- land rn Gmunden ist nach überstandeneu Maseru au einer Nieren-EntzünduW erkrankt. Frankreich. Deputierten ko mmer. Chenavaz, radikaler Republikaner, richtet an den Ministerpräsidenten Combes eine Anfrage betr. das in dem Grenobler Blatte „Petit Dauphinois" zur Sprache gekrackte Anerbieten einer einflußreichen Persönlich keit, auf ungesetzlichem Wege die Zulassung der Kartäuser durchzusetzen. Combes erwidert, daß er sich nicht zu der artigen Erörterungen herbeilasscn würde und nicht gewillt sei, ans Schmähartikci einer Zeitung zu antworten. Er weise die Verleumdungen mit Verachtung zurück und erkläre, daß ihn nichts an der Fortführung seines Werkes hindern werde. sBeisall links.> Damrt ist der Zwischenfall erledigt. Alsdann genehmigt die Kammer die Aufnahme einer Anleihe von 65 Millionen Francs für öffentliche Arbeiten in den französischen Kolonien West afrikas. Hierauf verhandelte die Krimmer über die Ungültigkeits erklärung der Wahl Syvetons. des Deputierten des zweiten Arondissements von Paris. Jaurös erinnert daran, daß Syveton, um gewählt zu werden, sich, wie die anderen Natio nalisten, eines Plakates mit der Ueberschrift „Das Ministerium des Auslandes" und eines Briefes Gallifets bedient habe, der sich auf die Kassation des Urteils im Treyfus-Prozesse bezog, und behauptete, daß auf der einen Seite die guten Franzosen, auf der anderen die Anhänger Dreysus' und das „Ministerium des Auslandes" stehen werden. Jaurös protestiert gegen die wider- alle republikanischen Parteien gerichtete Anklage, unter dem Ein- fluß des Auslandes ,zu stehen, und fügt hinzu: es wird gesagt, man dürfe die Dreyfus-Affäre nicht wieder ins Leben rufen: ich aber sage, daß wir uns von den Nationalisten nicht dürfen zum besten haben lassen. Jaurös fährt in seiner Rede fort und sagt, er sei erstaunt über die Schwäche, welche die Regierung in dem Prozeß von Rennes gezeigt habe, wo die Staatsanwaltschaft die Entscheidung des Kasfationshofes nicht verteidigt habe. ^Man sott an die Justiz nicht rühren," sagt Redner, „aber denen, dre uns beschuldigen, auf Seiten des Auslandes zu stehen, rufe ich zu, daß sie weniger, als irgend jemand das Recht haben, diese Änschuldi- gung gegen uns zu erheben, denn sie sind es, die sich mit Hilfe einer Fälschung aus die, Unterschrift eines fremden Herrschers be rufen haben. (Beifall links.) Es handelt sich um das Schrift- stück: „cstte c-anaillo äs v." Die Gegner Dreyfus' erklärten, die Note des Deutschen Kaisers sei die Antwort auf dos Bordereau, daß man aber angesichts der Drohungen Deutschlands das Bordereau der Deutschen Botschaft, wo cs gesunden worden sei, Hobe zurückgeben müssen. (Zwischenrufe rechts.) Dieses Schrift stück hat im Prozesse von 1894 nicht figuriert, eS wurde erst ün November 1897 vorgebracht und zwar von Henri." Jaurös be spricht dann weiter das Schriftstück Md erklärt, der Beweis da für, daß es gefälscht sei, liege in der an den Namen Dreyfus' ge knüpften verächtlichen Bezeichnung und in der Unklugheit, welche der Deutsche Kaiser begangen haben würde, den Namen Dreyfus' und seine eiaene Unterschrift ans das Schriftstück zu sehen. Henri habe eine F ä l s ch u n g ' ungeheuerlichster Art begangen. (Bei- fall auf der äußersten Linkenfl Herrn habe, um zu verhindern, daß diese Fälschung ans Licht komme, dann noch ein« zweite Fälschung begangen, und der Generalstab sei der Mitschuldige Henris gewesen. (Widerspruch rechts.) Jaurös erwähnt dann die Machenschaften Esterhazys und spricht seine Verwunderung darüber aus, daß die Regierung damals nicht Licht geschaffen habe. Jaurös wendet sich dann gegen Millevoye der früher versichert habe, daß eine Note des Deutschen Kaisers existiere, und fordert ihn ans, zu erklären, wer sie chm mitgeteilt habe. (Bewegung.) Millevoye erklärt darauf, aus Gründen des Patriotismus locigerc er sich, Jaurös seine Unterstützung zu lechen, um die Trcysus-Angelcgenheit von neuem aufzurühren. Jaurös verliest darauf einen noch unbekannten Brief des Generals Pellieux, den dieser nach der Entdeckung der ersten Fälschung Henris am 31. August 1898 cm den Kriegsminister gerichtet hat. Ter General schreibt: „Da ich von Leuten ohne Ehre getäuscht worden bin, und auf das Verträum meiner Unter gebenen nicht mehr rechnen kann, und da ich andererseits auch kein Vertrauen mehr zu meinen Vorgesetzten haben kann, die mich auf Grund einer Fälschung Vorgehen liehen, bitte ich um meinen Abschied." (Anhaltende Bewegung.) Brisson erklärt darauf, unter dem Beifall der Linken, daß Cavargnac, der damalige A-riegsminister seines Kabinetts, ihm diesm Brief niemals zur Kenntnis gebracht habe, und ruft, zu Cavaignac gewendet: „Sic verdienen, rn den Änklaoezustand versetzt zu werden, Sie gehören nicht mehr der Republik an." Cavaignac erwidert, er habe damals seine Pflicht getan, eher als Brisson zur Zeit des Panama- skandals. Brisson fährt fort: „Ich wußte, daß Cavaignac am 14. August von der von Henri begangenen Fälschung überzeugt war, er hat mich aber ent am 30. August davon in Kenntnis gesetzt. Heute erfahre ich von dem Brief« Pellieux'. Wenn Cavaignac mich nicht benachrichtigt hatte, so ist das geschehen, weil er sich in der Zwischenzeit mit Mercier m Verbindung gesetzt batte." (Beifall links.) Cavaignac bestreitet, daß er die Fälschung schon am 14. August gekannt habe, ebenso, daß er sich mit Mercier verständigt habe. Redner stellt dm Brief Pellieux' nicht in Abrede und erklärt, er habe geglaubt, Pellieux habe es leid getan, ihm geschrieben zu haben. Cavaignac erhebt Wider spruch gegen den politischen Charakter, der der Dreyfus-Ange- legerrveit gegeben werde. Jaurös erklärt darauf, die Regierung hätte die Pflicht gehabt, auf die in dem Briefe Pellieux' enthalte nen Anschuldigungen einzugehen. Diese Pflicht sei Nicht erfüllt worden. Das Ministerium müsse deshalb eine Untersuchung an stelle» und das Ergebnis der Kammer mitteilm. Redner bittet dann, die Weitcrvcrhandlung auf morgen lgestern) zu vertagen, da er ermüdet sei. Das Haus beschließt der Bitte Jaurös ent sprechend. (Ausführlicher wiederholt.) Bei der Wahl des Präsidenten deS Paris» Gemeinde- ratS wurde im zweiten Wahlgange der Nationalist Dcville mit 40 Stimmen gegen den Sozialisten Brouffe gewählt, welcher 39 Stimmen erhielt. Italien. In einer in Rom abgebaltenen Versammlung der Buchdmckereibesitzn und ihres Personals wurde keine Einigung erzielt. Die Lage ist ernst, da sich die Ausständigen auch auf den Straßen bemerkbar machten. Die Polizei nahm zahlreiche Verhaftungen, darunter auch solche von Anarchisten, vor. Portugal. Bel dem Goladlner in Lissabon, welches im Königliche» Schlosse stattsnnd, brachte König Carlos einen Trink- spruch auf den König Eduard aus, in dem er den König als seinen sehr teuren Alliierten anredete und aus die warme alther gebrachte Allianz zwischen Großbritannien und Portugal hinwies und erklärte, das portugiesische Volk wisse sehr wobt, ein wie zroßer und loyaler Freund König Eduard stets für dasselbe gewesen ei. König Eduard erwiderte mit gleicher Herzlichkeit und sagte, die bewährte Allianz, die seit Jahrhunderten zwischen den beiden Ländern bestehe, werde für alle Zeit dauern. Schweiz. In Basel traten die Maurer in den General ausstand. Die Polizei hat umfassende Vorsichtsmaßregeln getroffen. Die Anzahl der Streikenden beträgt 3000, meist Italiener. England. Unterhaus. Ter Präsident des Handelsamtes. Gerald Balfour, bringt einen Gesetzentwurf betr. Einsetzung einer Kommission zur Verwaltung des Hafens von London ein. Der Gesetzentwurf sicht den Ankauf der Unternehmungen der London und Jndia-Dock-Gesellschaft. der Surrey Commercial und der Millwall-Dock-Gesellschaften vor. Die Kommission soll aus 40 Mitgliedern bestehen, darunter Vertreter des GraffchaftSrats von London, der Admiralität. deS Handelsamtes, der Reedereien Z. «r
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