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Dresden, dm 6. April. — Dem Bernehmen nach werden sich der König und die Königin alsbald nach Ostern nach Schloß Jahnishausen begeben und dürt einen mehrwöchigen Aufenthalt nehmen. — — Im Anschluß an unsere gestrige der „D. A. Z." ent nommene Notiz über die neue Uniformirung de« sächsischen (12. BundeS-Mrmeecorp« bringen wir folgende weitere uns eben zugegangene Mitth-ilungen. Die Farbe der Waffenröcke der Linien-Jnfanterieregimenter ist dunkelblau mit rothem Kragen und ebm solchen Aufschlägen. Die Kragm sollen durchaus roth sein und nicht blos vom rothe Stücke erhalten, wie bei dm preußischen Uniformm. Die Achselklappen sind hellblau, die darauf befindlichen NamenSzüge oder Regimentsnummern -Ab, die Chargenabzeichen der Unteroffiziere wie bei der preu ßischen Armee, die Beinkleider aller Waffengattungen dunkelgrau resp. schwarz nüt rothem Paffepoil. wie sie die Jäger und die Artillerie bisher schon tmgm. Der Schnitt der Waffenröcke soll der bisherige sächsische bleiben, und werdm auch die Offiziere nicht dm geschmacklosen Schnitt der preußischen Osfizierbeinkletder annehmen, sondern die oben weite und nach unten mg zu- laufende Fa?on beibehaltm. Das Schützen-Füsilier. Regiment Nr 108, sowie die beiden Jägerbataillone Nr. 12 und 13, »verden die bisherige Uniform, dunkelgrün mit schwarz, beibe- halten, auch die alten Käppi« sollen ihnm bleiben, doch erhalten dieselben bei den beidm Jägerbatailloncn, ebenso wie die Helme bei den zwei Grenadierregimentern Nr. 100 und 101, schwarze Roßhaarbüsche. Die Linienregimenter haben keine Füsilierbataillone, wie die preußischen, und behalten sämmtlich ihr schwarzes Leder, zeug und ihre bisherigen Seitengewehre. Auch die Jnfanterie- offiziere behalten ihre bisherigen Säbel an einem unter dem Rock zu tragenden Lederkuppel mit goldnen Tragriemen, sie be kommen jedoch eine silberne mit grünen Streifen durchzogene Schärpe, welche von den Adjutanten, wie bei anderen Armem, über der Achsel getragen wird. Die unten roth gefütterten Offiziersepauletten haben einm gelbm Halbmond mit silberner Füllung, die Stabsoffiziere silberne Bouillons. Die aus den beidm ersten Bataillonen jeder Brigade gebildeten Regimenter führen dm Namm ihres Inhabers und tragen anstatt der ÄegirnentLnummer dm betreffenden NamenSzug auf den Achsel klappen, so das 1. Leib-Grmadierregiment Nr. 100 dm Namens zug Sr. Maj. des Königs, das 3. Jnf.-Reg. Nr. 102, dm de« Kronprinzen Albert, das 5. Inf-Reg. Nr. 104, dm des Prinzm Friedrich August, das 7. Jnf.-Neg. Nr. 106, den des Prinzen Georg, und das 1. Jägerbataillon Nr. 12 ebenfalls dm des Kronprinzen Albert, sowie den Namen „Kronprinz-Jäger", die übrigen Regimenter, das 2. Grenadierregime: t, das 4. Ins., Reg, da« 6. Jnf.-Reg., das 8. Jnf.-Reg. und daS Schützen- Reg. führm die Nummern 101, 103, 105, 107 und 108, so. wie das 2. Jägerbataillon die Nr. 13, auf den Achselklappen. Die beidm Grenadierregimenter erhalten die preußischen weißen Gardelitzen an Kragm und Aufschlägen. — Erkenntlichkeit, das Gedächtniß deS Herzens, Dankbar- keil, die Frucht liebevoller Gesinnung, Beide zeigten sich am vergangenen Sonntag, wo es 25 Jahre waren, daß Fräulein Allram der hiesigen Hofbühne als strebsame«, sehr gern ge sehenes Mitglied angehörte. Erinnerung, diese zu Gericht sitzende Richterin der Menschen, zeigte ihr lächelndes Auge, und noch selten sprach sich in den Räumm des HostheaterS wohl ein so stürmischer Beifall aus, als in dem Moment, wo Fräulein Allram vor der überreich versammelten Mmge erschien. Aber schon in früher Morgenstunde wurde ihr Hau» eine Stätte der Ehren. An der Spitze der Regisseure erschien da« älteste Hof- theatermitglied, Herr Porth; der alte wackere Veteran begrüßte die Gefeierte in einer wahrhaft herzlichen Ansprache, und wäh rend die Mitglieder des Institute« nicht versäumt hattm, ihr al» Zeichen der Verehrung ein kostbare« Armband darzubringen, fühlte sich die Generaldirection veranlaßt, in einem ehrenvollen Schreiben der Verdienste eingedenk zu sein, welche sich Fräulein Allram im Laufe dieser Zeit um die Bühne erworben. Blumen und Kränze, die man in Hülle und Fülle gespendet, formten nicht nur ihr Zimmer, sondern auch Abend« ihr Ankleidelokal im Theater zu einem kleinen Lüdicke'schen Wintergarten. Die Riesenblume de« Beifall« aber von Seiten de« Publikums glänzte über Alle hervor; dmn sie war in keinem Treibhau« gewachsen, sie war rmporgereift an dm Hellen Strahlen de« Beifall« und wahren Anerkennung de« Talente». — „Die bange Nacht ist nun herum!" so seufzte e» am Morgen de« Freitags wieder einmal au« allen Betten, aus wel ch« sich die Schläfer erhoben; denn der Sturmwind hatte in der Nacht vom Donnerstag zum Freitag sein grausig Spiel in der Residenz getrieben. Die verrosteten Halswirbel der Wetter« Hähne und Thurmfahnen drehten sich nrit Geraffel rundum, offene Gang- und Hofthüren sangen eine schauerliche Melodie, und das Echo gaben, wie immer, jene unglückseligen Fenster flügel hinzu, die uns stet« an nachlässige Dienstmädchen, bchä» bige Kellner und erst am Morgen nach Hause kommende Gar- yonS erinnern. Dieses Damoklesschwert in Gestalt von Fenster- flügeln schwebt oft über unseren Köpfen, das beweisen einzelne Straßen, Gaffen und Gähchcn, die gespickt sind mit Glasscher ben, wie die ominöse Vis msla mit FAsmfetzen und scharfem Kie». Am Morgen glaubte man, der Sturm hätte sich endlich heiser geheult, aber er hatte blos verpustet, wie der kleine Hein» rich in der schwankenden Wiege, und wie dieser wieder los- schreit, daß die Backen wie ein Heiselbeerfeld aussehm, so setzte auch der Sturm aufs Neue an. Der heimatliche Elbstrom war „bei Wellenschlag" wie nie und die flüchtigen Elbschluppen la. virtm über dm gelben, hohen Strom mit ihren auSgespanntm, aufgeblasmen Segeln, wie die winzige Nußschale, über welche die Kinderhand ein Sacktüchlein gezogen. Die Korbwagen der Dörfler, über welche die altersgraue Leinwand gespannt war, glichen Nadarschm Luftballon«, jeder Zeit im Stande, im auf. geblasenen Zustande „über Land und Meer" zu fliegen, und der vorgespannte Schimmel stemmte sich mit Leibeskräften da gegen, an planetenähnliche Wanderungen nicht gewöhnt. — Berliner Briefe. Nach und nach sind die Prin zm, welche die Geburtstagsfeier des Königs von Preußm oder andere Veranlassungen hierher gezogen hattm und welche regel- «äßig dm NeichstagSsitzungm beiwohnten, abgereist ES war zwar kein „Parterre von sÄnigen", vor welchem von der Tri büne au« declamirt wurde, aber doch eine Loge von Prinzm. Am Mittwoch Abend reist« auch der Kronprinz von Sachsen auf dem Anhalter Bahnhof nach Dresden zurück. In dem,o- genanntm „Königssalon" (d. h. einem dunklen, unfreundlichen Raume, mühsam mit Kerzen erhellt, dmn die Berliner Bahn höfe sind durchgehend« so unwürdig, daß ein Stationsgebäude auf einer Haltestelle im E-zgebirge einm nobleren Anstrich hat), fand die Verabschiedung Satt. Es hattm sich dazu die Reichs- tagScommiffare Geh. Rath von Thümmel und Oberst v. Bran» denstein und eine große Anzahl sächsischer Abgeordneter einge stellt. Kurz vor 7 Uhr raffelte die Equipage vor, welche die beiden Kronprinzen von der Tafel de« Königs Wilhelm brachte. Der Kronprinz Albert unterhielt sich sehr huldreich mit den Abgeordnetm und besprach mit ihnen unter Anderem seine lo- calrn und persönlichen Wahrnehmungen während seiner An wesenheit in dem Reichstag. Der preußische Kronprinz geleitete ihn sodann an das Coupe und nahm unter herzlichem Hände schütteln Abschied. Als sich der Zug langsam in Bewegung setzte, kehrte der Kronprinz von Preußm nochmal« um und ging, dem Kronprinzen Albert die Hand in dm Waggon rei chend, ein« Zeit lang nebm dem Zuge einher und verfügte sich dann, ehrerbietigst von den sächsischen Abgeordnetm gegrüßt, nach seiner Caroffe zurück. Verfügen wir uns nochmals im Geiste iv die Sitzungen des Reichstag« in dieser Woche, welche voraussichtlich die vorletzte vor dessen Schluß ist Mit unge ahnter Hast spinnen sich die Geschäfte ab, Niemand hätte eine solche Eile für möglich gehalten, und wenn die Leipziger Bie dermänner die Reichstagslocomotive noch mit dem Unschlitt ihrer Petition überheizm wollen, so zeigen sie damit nur, wie schlecht sie über dm Gar g der Dinge in Berlin unterrichtet sind. Diese Petition hat gerade bei der Partei, an die sie gerichtet war, Anstoß erregt, dmn gerade den Nationallibcralen geht bei dem Hetzen der Athen, au«, sie haben mit großer Mühe durchqesetzt, daß am Donnerstag paufirt wurde. Der Mittwoch gab eine sehr interessante Sitzung. Die GeneraldiScussion des Bundes- kriegSwesen« führte neue Kräfte auf die Tribüne. Zuerst sprach der langjährige Vicepräsident der sächsischen Zweiten Kammer, Oehmichen. Dieser erprobte parlamentarische Kämpfer erklärte sich, wahrscheinlich im Namen der Sachsen, für die Vorlage, wenn auch nur bedingungsweise. Mit einfachen Worten sagte er, daß, wer A gesagt habe, nicht mit dem B. zurückhalten dürfe. Die großen Kriegslasten seien eine Forderung der Zeit, der man sich nicht entziehen könne. Nur möchten sie nicht übertrieben werdm, insbesondere sei — und dies war der Schwerpunkt seinerErörterungm — die dreijährige Anwesenheit der Mannschaften bei dm Fahnen volkSwirthschastlich rinzugroße« Opfer. Ein Hauptargummt nahm er au« der Kriegstüchtigkeit der säch sischen Armee, die zu ihrer Ausbildung nu, 18 Monate ge» braucht habe. So viel Treffliche« namentlich von den Gene rälen später für die 36monatliche Ausbildung der Soldaten auch gesagt wurde, so ist e» doch einigermaßen auffallend, daß gerade auf diesm praktischen historischen Etnwand Oehmichen« von den Generälen nicht« erwidert wurde Ihre Hauptbedeu- tung erhielt aber jene Debatte durch die Reden zweier prm« ßischer Herrführer. Währmd die Herren mit Epauletten, Or- dm und Dcgm auf der ersten Bank dm seitherigen Debattm zwar offenbar eine eingehende Aufmerksamkeit geschenkt hatten, die man manchem F-ühflückiredner wünschen möchte, aber doch bisher noch nicht selbü dm Sturm auf dir Tribüne unternom men hatten, wurde e« am Mittwoch auf ih er Bank lebendig. Militär, dreijährige Dienstzeit, Festung»bauten, 225 Thlr. pro Mann, 300.000 Mann im Frieden unter den Waffen — Donnerwetter, wenn da einem alten General nicht daS Herz i« Leibe lachen soll, wobei sonst? Zunächst kum General von Moltke zum Wort. DaS Portrait de« hageren, schmächtigen Mannes mit spärlichem Kopfhaar, aber hoher Statur und durch bohrendem Blick ist bekannt. Das „Daheim" brachte vor einig« Wochen in einer jmer gedankenlosen Illustrationen der meist« unserer illustrirtm Journale da« Bild des Generals, wie er in seinem Arbeitskabinet, über und über mit Orden besäet, saß. Dtan mußte sich unwillkürlich fragm, wie viel Orden er hier nach wohl tragen würde, wenn er einmal in Gala ginge? — Nichts davon! Er trägt dm pour Iv möritv am Halse und höchstens zwei oder dr-i Bänder auf der Brust. Die Reichs» tagSversammlung weiß, die Stärke MoltkeS liegt nicht in sein« Stimme, drum tritt auch bei seinem Erscheinen auf der Tribüne Grabesruhe ein, um seine etwas leisen Worte überallhin hörbar zu machen. Der Effect seiner Rede war ein durchschlagend«. Gewiß würde man dm General nicht richtig beurtheilm, wollte man nicht annehmen, daß er auch bei seinem erstm parlamen tarischen Feldzug sich einm ordentlichen OperationSplaa ent worfen habe. Es galt, die Linke von dem Terrain zu ver treiben, daß die dreijährige Dienstzeit volkSwirthschastlich ei» Ruin sei. Wie verfährt er? Zunächst macht er einm kühn« Angriff in der Fronte und überrascht mit der Behauptung, daß 300,000 arbeitsfähige Männer ohne der VolkSwirthschast zu schaden eben so gut drei al« zwei Jahre bei dm Waffen bleibe» können. Ehe man sich von dieser Ueberraschung «Holm kan«, führt er nun seine Batteriem ins Feuer, spricht von Ordnung, Pünktlichkeit, Gehorsam und Treue, di« man hierbei lernt, «aS Alles d« VolkSwirthschast wieder zu Gute kommt, von dem bedrohten politischen Horizonte, der Unmöglichkeit, mit Bataillon« von 500 Mann, wovon die Hälfte Renutm find, taktisch zu« Kriege tüchtige Truppm auözubilden, wo er natürlich als com» petmter Fachmann ohne Widerspruch bleiben muß und so nimmt « die feindliche Position mit stürmender Hand. Victoria! Doch halt! Wie, wenn dn Feind ihm mit dem Grund in dm Rück« fiele, daß bei zweijährig« Dienstzeit eine viel größere Anzahl von Truppen gebildet werden könnte — ging« da nicht auf jener Seite der auf dies« Seite errungene Sieg verloren? Er ist klug und offen genug, die Schwere dieses EtnwandeS zuzu geben, ab« sofort benutzt er dieses Hinderniß, um noch mehr seinen Sieg auSzubeutm. Er berichtet, daß man i« letzte Kriege Menschenüberfluß gehabt habe, daß man nach d« Kö- niggrätzer Schlacht noch stärk« gewesen sei, als vorher. Gegm solche Gründe — wie will da die Linke mit theoretischen For* derungm von Budgetrecht aufkommen? Der General schließ, mit einem einschlagendm Gegensätze, die Redeschlacht ist gewon nen. Bedenkt man noch dazu, daß die kurzen, einschneidende» Sätze, die sich gliederweise taktisch entwickeln, mit eindringlich« Stimme und dem Tone der felsenfesten Ueberzeugung vorgr» tragen wurdm, daß die Conservativm jede Attaque ihres Ge neral« mit lebhaftem „Sehr gut! Sehr wahr! Bravo!" unter stützten, so ergiebt sich daraus von selbst oie Wirkung ein« solchen Rede. — Ganz ander« sprach und wirkte der Gmerül Vogel von Falkenstein. Schon die Art, wie n lustig die Stu fen dn Rednerbühne hinaufstürmt, ist wesentlich verschieden vo» dem ruhigen, gemessenen Gange von Moltke». Man steht u»d hört ihm die Lust an, daß « mit fröhlichemTrompelengeschmet- t« in die Debatte Hereinsprengen darf. Lebhafte Handbeweg» ungen, ein unruhiges Hin- und Herneigm de« kräftig« Ob«» kör per S, dabei ein ruhiger, kühn entschlossen« Blick, der die Linke mustert, um sich zu vergewissern, ob dort auch di« Bomb« gehörig einschlagen, deuten von selbst auf dm genialen, etwas abenteuerlichen Heerführer de« Main-Armee hin. Er ist ein geborener Soldat, n kennt nichts Glänzenderes, als militäri schen Ruhm, kern schöneres Loos weiß er zu nennen, als dm Heldentod fürs Vaterland zu sterben und mit seinem Herzblut die Dankbarkeit gegm das Vaterland zu beweisen. Wer ih» so sprechen hört, wie dem Offizier beim Mobi.machen da« H«z höher schlägt, der begreift es, daß die Soldaten dem abgöttisch verehrten und geliebten Führ« blindlings folgen könne». — Dem friedlichen Bürger und soliden Steuerzahler wirdS freiüch ein Wenig heiß umS Herz, wenn der frische, fröhlich« Krieg und das Unbefriedigte eines Offiziers über die ewig« Friedens» fahre so von der Tribüne aus verkündigt werdea. General Vogel von Falkmstein ist d« Mann de« ehernen Zeitalters» in dem wir lebm; ein genial« Haudegen, der unbekümmert um Aller um sich h;r, lustig vorwärts stürmt. Vive l, ruon»l Soll ich di« beiden Reden vergleichen, so war die Kalkenstet»» sche eine brillante Cavallerie-Attaque, die Moltke'schr eiakaaL» reiche« Artillniegefecht Da» letztere hatte bereit« da« Lerrm» gesäubert, da jagte die erster« darüb« hin, hinweg üb« die Saaten und Werden Wer wird c« wagen, sich solchen G«g»a» entgegmzuflellmr Ein alt« Kämpf« für VollSfreihett — Dunk« von v rlin, der jahrelange, bitter angcseiadcl« Redak teur der „VollSzcUung". Ein c.assisch schön« Kopf, mächtig« grau« Bart, scharfe« Organ, lenken von selbst Ohr und Rage