Volltext Seite (XML)
— Rr. 282. — 18VV. Beilage MM Chemmtzrr Gencral-Auzeign. Dienstag, den 5. Dezember. Hypnotismus. Humoristische Novelle vo» Maximilian Böttcher. <9. Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.) „Fatale Sache!" dachte Verlach. „Ich hätte wirklich nicht so skeptisch sein dürfe». Und dabei hat die Kleine gar kein« Ahnung, daß wir — eigentlich ich — di« Schuld tragen an dem Verlust ihrer schönen Locken." „Ich bin ei» Lump," dachte Nhonström, „daß ich derartig an dem süßen Geschöpf gehandelt habe. Da sie aber keine Ahnung von meinem sträflichen Vergehen hat, so wird «S meine Pflicht sein, sie anfjuklären und sie in einer Weise zu entschädigen, die Nichts zu wünschen übrig läßt!" „Aber, meine Herren, sehe ich mit meine», TItuskvpf denn wirk lich so medustnhast ans, daß mein Anblick Ihnen die Stimmbänder versteinert hat?" unterbrach Lucie das Schweigen, das sich »ach ihrer -Hetzten Rede-wieder wie ein Nebelschleier über das Trio hernieder gesenkt halte. Gerlach raffte sich schnell aus seiner Verstimmung auf. »Keineswegs, mein gnädiger Fräulein," erwiderte er, „wir find nur erstaunt. Und r» ist schwer, zu sagen, ob angenehm, ob nicht angenehm. Ich meinerseits möchte indeß fast der Meinung hin. neigen, daß Ihnen der Tituskopf "besser zu Besicht steht, als das üppige Haar I" „Ich fühle mich sehr geschmeichelt l" Wieder trat eine Pause in der Unterhaltung ein. Rhouström fühlte sich noch immer so bedrückt, daß er kein Wort über die Lippen zu bringen vermochte, und den Ehrenzeugrn quälte das Gewissen von Neuem. „Na, wollen wir nicht mit unserer Sitzung beginnen?" fing die Schriftstellerin abermals a». „ES wird sonst hier noch unheimlich!" „Ich möchte bitten, mich für heute zu dispensiren, gnädiges Fräulein. Ich fühle mich nicht in der Stimmung, wissenschaftliche Experimente auSznführen." Ueber das feingeschnittene Antlitz der Novellistin breitet« sich ein Ansdruck wie von Mitgefühl und Zärtlichkeit. Aber nur für die Dauer einer Sekunde. Dan» zeigte sich wieder ihre übliche, ein wenig schelmisch- Miene. Gerlach, der seine Gewissensbisse mit einem energischen Um schwung zum Leichtsinn endgiltig vertreiben wollte, sagte jetzt: „Wie wäre es, meine Herrschaften, wcn» wir zu Dresse! gingen und bei Austern und Champagner gewissermaßen Urlaub feierten?" „Ich muß danken," erwiderte Lneie; „es ist zwar sonst nicht meine Art, mich zu ziere», und ich denle über diesen Punkt wie die freien und vernünftigen.Amerikanerinnen — aber nach de», schlechten Eindruck, den mein Tituskopf auf Sie gemacht hat . . ." „O bitte . . . den allerbesten!" protestirte der Ehrenzeuge. »Nein, nein! Lassen wir s lieber. Ich möchte ohnehin, wenn es sein kann, heute Abend noch ein wenig au «reiner «euer» Novelle »heile«." - -- - Sj« war bei diesen Worten aufgestande» und »ahm ihre Pelz, kvpnze, um fiötz reisefertig zu mache». Nhonström sprang herzu, ihr dabei zu helfen. Während er ihr die gewaltigen Puffärmel in die Aermel des Mantels hineinzwängte, wagte er ihr nicht in das Ge sicht zu sehen. Endlich waren auch die Herren mit Hilfe de» Dieners in ihr« Pelze geschlüpft und machten sich auf, die ihrer Obhut anvertraute Dame nach Hause zu geleiten. Unterwegs be gegnete ihnen Gerlach's Fuhrwerk, in dem seine Gattin von dem Besuche einer Freundin heimkehrte. Da sie ihre» Gemahls gewahr wurde, mußte dieser natürlich den beiden Anderen Adieu sagen nnd mit ihr heimfahren. Auf dem kurzen Wege, den Nhonström und Lucie noch zurück- zulegen hatten, sprachen sie kaum ein Wort. Als sie sich aber vor der HauSthüre von einander verabschiedeten, hielt Kurt die Hand seines Mediums länger fest als gewöhnlich und flüsterte: „Wann, mein gnädiges Fräulein, dürfte ich Ihnen morgen meine Aufwartung machen?" Er sah sie bei diesen Worte» mit einem volle», innigen Blick a», vor dem sie erröthend die Angen Niederschlagen mußte. „Ich empfange um die übliche Visitenzeit," erwiderte sie leise, und husch — war sie auch schon die Treppe hinauf und den Blicken des ihr sehnsüchtig Nachschonenden entschwunden. vn. . v/'? Noch nie, war Lucie von einem so heftige» Eifer zur Ausübung von Haussrauenarbeite» ergriffen worden, wie am Vormittag de» folgenden Tages, für den ihr der Freiherr von Nhonström sein«» Besuch angckündigt hatte. Ueberall in ihrem bescheidenen Wohn zimmer, dcm es wohl an Luxus» aber nicht an Behaglichkeit fehlte, fand sie etwas zu ändern und zu verschönern. Auch ihren Schreib tisch. der sonst immer ein wahres Tohuwabohu von Büchern, Papiere», Heften und Schreibgeräthen war, räumte sie so gründlich auf, daß er in seiner Sauberkeit und Ordnung einem Rentier Ehre gemacht hätte, der höchstens alle acht Tage cinmal die Feder ergreift, um auf eine Einladung znzusagen oder abzuschreiben. Selbst die alten Maquartbouquets, die in den Ecken steckten, befreite sie vom Staube. Einige trockene Gräser und goldbronzirte Strohblumen gcri'ethen über diese ihnen seit Jahren nicht tviderfahrene Liebe in so großes Erstaunen und Verwundern, daß ihre dürre» Köpfe vor lauter Schütteln zu Boden fielen. Endlich — gleich »ach zwölf Uhr Mittags — überbrachte das Hausmädchen der Pension, in der Lucie wohnte, die Karte des mit Bangigkeit und doch wieder mit schelmischen Gefühlen ersehnte» Besuchers. Sie warf noch schnell einen Blick in den hohen Spiegel, der zwischen den beiden Fenstern prangte, und fuhr sich, mit de» schmalen Händen Ordnung schaffend, über das Lockengewirr des TituSkopfes. Dan» zupfte sie noch eine widerspenstige Schleife an der Taille ihre» Hauskleides zurecht und setzte sich in Positur. I Der Baron trat ein. " f Wie di« kleine Schriftstellerin e» geahnt halte, kgm er im Track, mid trug eine» herrlichen Strauß lose gebundener, langstielig« Rosen in der weiß behandschuhtere Rechten. , -> Noch der zeremoniellen Begrüßung durch Verbeugung und Hand kuß wurde Platz genommen. Lucie fühlte, da sie auf der altmodische» Chaiselongue Ihrem Gast gegenüber saß, wie ihr das Herz bis in den Hals hinein schlug. Es war ihr äh lich zu Mulhe wie damals, als sic zum ersten Mal ihrem Verleger gegcnübersaß, um sein Urthell über ihre erste dichterische Arbeit zu empfangen. »Mein gnädiges Fräulein," sprach Nhonström, indem er ihr mit einem zweiten Handkuß die Rosen überreichte, „ich »veiß nicht, ob mein Kommen in Gala Sie mit Staunen erfüllt oder nicht. Doch wie dem auch sein mag, ich habe hiermit die Ehre, Sie um Ihre Hand zu bitten." Lucie fühlte da» Verlangen, dem stattlichen Mann da vor ihr an die Brust zu fliegen und ihre Arme um seine» Hals zu rankest» um ihn nicht so bald wieder frei zn geben. Aber sie bezwang sich nnd sprach mit bebender Stimme: „Ehe ich Ihnen auf Ihren An trag einen bestimmten Bescheid gebe, Herr Baron, dürfte ich fragen» ans welchen Gründen Sie geneigt sind, mich zu Ihrer Frau z« machen . . .? Sie richtete die Augen groß und forschend in sein Gesicht. Er senkte für einen Moment den Blick, und eS wakf al» wenn ei» leise» Errölhen über seine Wangen glitt. Dan» aber sah er Lucie voll und klar an und sprach: „Eigentlich aus keinem anderen Grunde, als weil ich Sie von ganzem Herzen lieb habe. Weil mir der Gedanke, ohne Sie zu sein, Sir nicht mehr zst sehe» und^zu sprechen, geradezu unerträglich ist." „Wie kamen Sie den» aber ans solch' eine» bösen Gedanke», während unser Immerhin doch recht intimer Verkehr in der schönsten Blnthe steht?" fragte die Kleine und konnte e» dabei nicht verbergest, daß ihr der Kobold schon wieder im Nacken saß. Nhonström aber, mit seinen Gewissensbissen beschäftigt, merkt« nichts davon. Er seufzte ans tiefster Seele nnd sagte dann: „Ich kam nicht nur auf den Gedanken, sondern ich mußte mich sogar zwei Tage recht sehr von ihm peinigen lassen!" „Aber weshalb, weshalb?" drang Lucie in ihn, indeß ihre Augen übermüthig blitzte». „Weil ich mich Ihne» gegenüber schuldig fühlte. Weil ich meist Gewissen belastet hatte mit einer That, zu der ich mich nie hätte hinreißen lassen dürfen. Weil ich Sie durch Suggestion veranlaßt hatte, sich ihr herrliches Haar abzuschneidenl" Das Geständniß war heraus, und der Baron athmete ordentlich auf, nachdem er die Felsenlast von seiner Brust abgewälzt hatte. Trotzdem ihr die Situation feierlich vorkam. konnte Lneie doch ein Lache» kaum unterdrücken, al» sie jetzt erwiderte: „Also solch ei« chlimmer Mensch find Sie!" Nhonström knickte ein wenig zusammen bei diesen Worten und beugte das bartumwallte Haupt, als erwartete er den Schwertstreich des Scharfrichters. Plötzlich wurde da» Antlitz der kleinen Schriftstellerin finstere und eine fahle Bläffe zuckte ihr üb« Stirn und Wangen. Stoßwei» kam ,» von ihren Lippen: „Herr Barvn . . . Sie .. . Sie habe«, mir doch den HeirathScmtrag nichd etwa -«»«M «G-TsttS - l schädigang ... al» SLHns für . . . K, . . - -A- r. - ^ . Weit« vermocht« sie kein Wort hervorzubringeu. t (Schluß folM - . - '' ... >» . ----- .- " «WSk« Jür unsere Augen». WWW"-- Me Neige de« 3»>>«b St»i«er. Nachdruck verböte». (Schluß.) Da warf sich denn Graf Traulinaiinsdorf mit einem Anerbieten ins Mittel, das wohl schwer lich jemals wieder für eine Geige gemacht werden dürfte und auch in der Bergangeuheit feines Gleichen nicht halte. Er ließ folgenden Kauf-Kontrakt anfsetzen, für dessen genaue Be folgung Kurfürst Friedrich August selbst die Bürgschaft übernahm: „1000 fl. für die Geige, alle Jahre ein Kleid mit goldenen Treffe» für Cuppa, täglich ein Maß Wei», zum Nebentruuk zwei Fässer Bier, freie Wohnung, Holz und Licht, monatlich 10 fl. Haares Geld, im Falle der Verheirathung CuppaS jährlich 12 Scheffel Früchte, für seine alte Base lebenslänglich 0 Scheffel Früchte, und endlich so viele Hasen, als er für seine Küche nöthig habe." Nun Unterzeichnete das überraschte Gciger- leiu, dessen Bedenken jetzt verscheucht waren, das originelle Schriftstück und überlieferte das theure Instrument 'in Georg Stezitzky's Hände. Dieser spielte dann zum Entzücken der hohen Herrschaften eines seiner Konzertstücke und erhielt dann da- tönende Kleinod von seinem großmüthigen Gönner zum Geschenk, um — wie geplant — dem Fürsten Liechlen stein nach Paris zu folge». — Cuppa aber war jetzt „ein gemachter Mann", wie er selbst freudestrahlend erklärte. Er lebte »och volle 16 Jahr und bezog also — genau nach den WirthschastSbüchern der gräflichen Verwaltung berechnet: BanreS Geld für die Geige 1000 Fl., Geschenke 100 Fl., monatlich 10 Fl., 1920 Fl, jährlich ein Kleid im Werthe von 10V Fl. 1600 Fl., die tägl. Tafel, L 30 Kreuzer, 2953 Fl., ein Maß Wein tägl. zu 12 Kreu zern 1168 Fl. 20 Krz.. jährlich 2 Fässer-800 Maß Bier a 4 Kreuzer 858 Fl. 20 Krz. jährlich 6 Scheffel Frucht ß 3 Ul. 238 Fl., jährlich 6 Klafter Holz L 4 Fl., Licht, tägl. 1 Kreuzer 97 Fl. 20 Krz Bi« Jahre nach ihm lebte noch seine Base Taciana und bezog an Frucht 6 Scheffel » 3 Fl. 72 FH, Jhret- halben bezog noch eine arme Witftve im Städtchen eine halbe Klafter Holz und 4 Fl. Miethe 22 -Fl. Auch zog „diese fromme Frclu" alle Monate 1 Fl. 30 Kreuzer u«d 6 Fl. für ein Nonnenskapulier, Kreuz and Kerze 78 Fl, jährlich für den Geiger 6 Hase» L 20 Kreuzer 33 Fl. Summa 10,497 Fl. Georg Stezitzky starb schnell nach seiner Rückkehr aus Paris, und obgleich sich viele Liebhaber zn dieser Geige meldeten, konnte sich doch der Erbe derselben, ans Achtung für den Grafen, nicht entschließen, dieselbe zn ver kaufen. Als aber auch dieser bald darauf starb, brachte sie der damalige knrpfälzische Hofmusikns Zart käuflich an sich und nach dessen Tode — um »och ihre letzte Spur zu verfolgen — ging sie in den Besitz des seiner Zeit berühmten Konzertmeisters Fränzel in Mannheim über. Was wollen wir spielen? Mein Schiffleln schwimmt — Dein Schisslei» geht unter. Die Spieler ord >en sich sitzend im Kreise. Einer fängt au: „Ich belade mci» Schiss mit Rcis, Baum wolle nnd Pfeffer." Während er tiefe Worte spricht, führt er irgend eine »»aiistättige Bewegung ans, legt z. B- den Zeigefinger an die Nase, führt sich mit der Hand wie nachdenklich über die Ltirn, stützt leicht den Arm auf ». s. w. Dann stellt er die Frage an den nächsten Mitspieler: „Womit beiadest D» Dein Schifflein?" Der Andere hat nun etwa z» antworten: „Ich belade mein Schifflein mit Holz, Kohle» und Stei nen!" Hierbei muß er aber jene Bewegung, die ihm der Erste vorgemacht hat, nachahmen und selbst eme neue hmzusügen; hat er'S getroffen, so rnsen Alle: „Dein Schifflein schwimmt!" im anderen Falle aber: „Dein Schifflein geht nnter!" Und da darf er auch die neue Frage nicht stellen, sondern diese kommt dem Vorhergegangen zu. Sp r »»ch. Merkt, liebe Kinder, euch die ernste Lehre: Und wenn von Gold des Bösen Hülle wäre. Geht nicht hinein — denn wer bei Bösen wohnt. Wird leicht mit ihnen gleich belohnt. Der Gute meide streng des Bösen Treiben, Mit Schlechte» soll man nie zusamme» bleiben- Rathsel. Der Arme, den mein Wörtchen nennt, Nicht Gott und Gottes Allmacht kennt. Er wandelt hin auf falscher Bah» In seines Gvtzenglanbens Wahn. — Nimm nun von meinem ganze» W rt Born und am Schluß ein Zeichen kort, Und sieh, in hoher Majestät Sin ander Wort dann vor Dir steht. . cam -epS» Verantwortlicher Redakteur: Juliu« HhetL »rack «. Verlag: «lexanderAtebe, Beide ln Cbeumttz. Seitrüge zur Geschichte der Medizin in Sachsen. Ein Blick aus daS medizinische Wirken der Kur- fürstin Anna. Skizze vo» R. Oettel. Nachdruck verboten. Die Arzncikunde in Sachsen lag, wie im übrigen Deutschland, lange im Arge». Geist liche, Mönche, fahrende Schüler, Zigeuner, Schäfer, Scharfrichter, Schmiede und alte Weiber waren dis Acrzte im Mittelalter und zu»> Theil auch noch später. Namentlich auch die Juden bemächtigten sich bald der Heilkunde als eines sehr gewinnreichen Geschäftes. Bei dein Mangel physikalischer, chemischer und auatonüscher Keuntnisse konnte es um die innerliche Heilkunde ebenso wie um die für jene rohen Zeiten noch wichtigere Wund- arzneiknnde nicht anders als äußerst mißlich a urschen. Tie Mcdizin wurde anfänglich nur in Klöstern, den ersten Pflanzstätten der deutschen Wissenschaft, oder von Clausnern und oft auch von Weltgeistlichcn geübt, während mit der Chirurgie meistens Fleischer, Abdecker, alte Knappen, Ncißigc, Maidmänner rc. sich in einer wehrhaft handwerksmäßigen Weise beschäftigten. Die eigentliche Hauptlehreri» für die inner« und äußere Mcdizin» die Anatomie, wurde lange Zeit nur an Schweinen geübt» da man es für eine Sünde hielt, menschliche Leichname zn secircn »nd präparire». In Ermangelung der damals noch »„be kannten Apotheken legten sich besonders die Geistlichen auf die Anfertigung von Pulver», Pflastern, Pillen nnd Tränklein, welche zu meist ans Abkochungen von zehn- und zwan ziger-lei Kräutern ohne alle Rücksicht auf chemische Analyse bestanden. In der Haupt sache halt« »>a» damals nur Universalmittel, mit welchen man von Kopf bis zum Fnß heilen zu können glaubt«; und schlug da» Mittel nicht an oder führte es zum letzten Ziele, nun, so schnitt da» Wort: „Gegen den Tod ist kein Kraut gewachsen!" alle Erör terungen kurzweg ab und im klebrigen waren die Mittel ja meist von den Dienern de» Herrn gereicht, und ihre Fehlgriff« oder Unterlassungssünden deckte die schweigend« Mutter Erde zu! Erst durch die Bet- und Pilgerfahrten nach dem gelobten Lande und besonders durch die Kreuzzüge erweiterten sich die medizinischen Kennlnisse einigermaßen, weil im Morgenlande besonders durch die Araber schon lange eine anatomisch begründete Heilkunde geübt ward. Nachdem endlich seit Ende deS 10. Jahr hundert- die medizinische Schule zu Salerno Ruf und Ansehen erlangt hatte, konnten sich zwar Fürsten von dort aus Leibärzte ver schaffen, sie thaten dies aber nur selten und begnügten sich mit den von ihren Unterthanen geschätzten Badern, die eigentlich nur da» Schröpfen. Aderlässen und Verbinden noth- dürftig verstanden. Selbst im 13. und 14. Jahrhundert waren noch wenige Chirurge» in Deutschland, die in Bologna oder Padua studirt halten, denn erst im 15. Jahrhundert gingen einige Sachsen, Heinrich Stromer an» Leipzig, Erasmus Stella und Georg Sturz» dorthin, um die Arzneikunde zu studiren. Erst als durch die Entdecknng von Amerika wie schon früher durch die Kreuzzüge sich neue, bis dahin »»bekannte Krankheiten al» Aussatz, Lepra, rc. in Sachsen ebeiifalls zeigten» suchte man eine bessere Heilkunde zn erstrebe», doch die Abhängigkeit von der Geistlichkeit lind noch mehr der Aberglaube des Volks staube« dem sehr hinderlich im Wege. Dem Mangel an Aerzten war »och im 15. Jahrhundert in Sachsen keineswegs ab geholfen. Man wollte zwar dadurch, daß man der überhand nehmenden Unreinlichkeit durch Anlegung von Badestuben zu steuern suchte, eine Abhilfe besonders hinsichtlich des Aus satzes erzielen, die Hauptscuche aber war di« Pest, die oft mehrere Jahre hindurch in der schrecklichsten Weise wüthete. Die Hauptnrsache, daß sich eine durch greifende Hilfe gegen diese Plagt der Mensch- heit nicht gestalten konnte, war wohl der Mangel einer wirksamen medizinischen Polizei,