Volltext Seite (XML)
'Gläubige« das ihm übergebene Papier an Moritz wieder retourmrte, veil er cS vergeblich zur Diskontirnng zu bringen versucht hatte. Wege» gewinnsüchtiger Urkundenfälschung in ideelle», Zusammentreffen Mt Betrug und Betrugsversuch erfolgte unter Anrechnung von 1 Monat auf die erlittene Untersuchungshaft die Verurtheilung M's zu sL Jahren 6 Monate» Gefängniß. Gleichzeitig wurde auf "Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von b Jahren erkannt. Attf frischer That erwischl. Leipzig. In der Abgangshatte des Dresdener Bahnhofes in .btipzig wurde am 9. September d. I. ei» Mann beobachtet, als er r>nc» Koffer mit Kleidungsstücken im Werthe von 27 Mk., den ein Reisender eben für einen Augenblick an die Erde gesetzt halte, an sich nah», »nd fortging. Der Dieb wurde verfolgt, vor dem Bahnhof N Hestgehalten und ihm seine Beute wieder abgenomme». Es war der 80 Jahre alte Kellner N. ans Gutendorf bei Berka a/Jlm, der Wegen Rückfallsdicbstahls unter Zubilligung mildernder Umstände zu 1 Jahr Gefängniß und 3 Jahre» Ehrenrechtsverlust vcr- urtheilt wurde. Verunglückter SlttbibrweiS. Plauen. Dem 18 jährigen Weber Albin August Hertel in Netzschkau wurde durch die Anklage zur Last gelegt, daß er in der Nacht zu», 9 August d. I. in der Wohnung des Webers Br. ein- gestiegcn ist und dem Br. 280 Mk.. welche dieser in eine», Lein wandsäckchen in der Hose aufbewahrt halte, gestohlen hat. Diesen Diebstahl soll Hertel begangen habe», nachdem er schon einmal Milte Mai in die Wohnung Br.'s durchs Finster eingcsticge», aber an der Ausführung seines Planes durch das Erwachen Br.'s gehindert worden War. Br. rv-hnt im Hause der Mutter des Angeklagte». Letzterer leugnete, sowohl den Diebstahl als auch de» versuchten Diebstahl be gangen zu laben. Bei seinem Verhör log er in der unverfrorensten Weise, was >h>» aber Alles nichts nützte, namentlich mißglückte der von ihm angclretene Alibibeweis vollständig. Der Angeklagte wurde wegen eines versuchten und eines vollendete» schweren Diebstahls zu L Jahren ti Monaten Gefängniß vernrthcilt. Trotz der Schwere der Strafthat sind de», Angeklagte» mit Rücksicht ans seine Jugend mildernde Umstände zuerkannl worden. Slrafslcigernd war das freche und lügnerische Verhalten des Angcklag'cn. Weibliche Langfinger. Plauen. Die 1379 in Förban bei Hof geborene, mehrfach und darunter an h wiederholt wegen Diebstahls vorbestrafte Dieust- s, niagd Anna Marie H offmann war vom 17. Juli bis zum 29. August d. I. bei der Gaslwirlhsehesrai, T. in Marknenkirchen in Stellung und hat aui 28. August aus der T. scheu Wohnstube ein der Frau T. gehörendes goldenes Armband und am 30. August bei Gelegenheit der Abholung ihrer Sache» vom T.'schen Oberbvdcn weg bez. ans einer Kammer einen Nnterrock, eine Frauenjackc. drei Schürzen und vier Taschentücher, Eigenlhum der Fra» T., gestohlen. Die Angeklagte wurde wegen in, Rückfälle verübten einfachen Dieb stahls in zwei Fällen ,„,tcr Anrechnung von 6 Wochen aus die Untersuchungshaft zu I Jahr Gefängniß vcrnrtheilt. — Das 23 Jahre alte, wegen verjchiednicr Diebstähle und Betrügereien sechsmal vorbestrafte Dienstmädchen Anna Marie Rupp aus Siebenlehn wurde beschuldigt, am 25. August d. I. in Mühlhausen aus dem Lade,, des Schnittwarcnhändlers Pl. eine Rolle rothes Atlasband im Wecthe von 2 Mk. gestohlen und diesen Diebstahl mittels EinsteigenS durch ein Fenster ausgeführt zu haben. Die Angeklagte stellte ent schieden in Abrede, die Sachen gestohlen z„ haben, sie gab a», die selbe» von einer Haudelsfrau in der Nähe des Pl.'schen Hauses ge kauft zu haben. Mit dem Bande habe sie ihr Kleid besetzen wollen uud das Hemde habe sie für ihren Geliebten gekauft. Die Aussagen der Zeugin Pl. waren aber so belastend, daß die Angeklagte trotz hartnäckigen Leugnens als völlig überführt a»gesehe» werden mußte. Sie wurde wegen schweren Rückfallsdiebstahls zu 1 Jahr 6 Monaten Gefängniß verurtheilt. Von einer Anrechnung der Untersuchungs haft wurde infolge des fortgesetzten Leugnen- der Angeklagten abgesehen. Eigenmächtige Selbsthilfe. Zwickau. Die Anklagebank hatte 1) der aus Wittgeusdorf bei Li mbach gebürtige, vorbestrafte Nähfakior Ernst Clcniens Richter in Köthendorf bei Burgstädt, 2) der Handschuhfabrikant Otto Bernhard Schellcnbcrger daselbst, 3) der in Wirtgensdors geborene, vorbestrafte Handarbeiter Paul Emil Thierbach daselbst und 4) der ans St. Egidien gebürtige Maurer Albin Wendler in Oberfroh na bei Limbach inne. Sie waren beschuldigt am 26. Mai d. I. Abends gegen 7 Uhr in Falken gemeinschaftlich de» Bäcker D. aus Nußdorf, der ihnen mit seinem einspännigen Geschirr entgegcnkam, durch Anhalten des Pferdes am Weiterfahrcn gehindert, ihn vom Wagen hernntergerissen und geschlagen »nd ihm sodann das Pferd gewaltsam ansgespannt und weggeführt zu haben. Alles dies geschah auf Veranlassung Richter'«, der mit D. ein Pferd vertauscht hatte, sich aber bcuachtheiligt glaubte und deshalb auf diese Weise wieder in den Besitz seines ursprünglichen Pferdes setzen wollte, während er das D.'sche Pferd wieder i» den Stall von D. gestellt hatte. Die Verhandlung endete mit der Verurtheilung Richter's wegen Nöthignng und Körperverletzung zu 6 Monaten, Thierbach' s zu 3 Monaten und Wendler' s zu 2 Monaten Ge säug »iß. Schellenbcrger wurde freigesprochen. Ei» liebenswürdiger Eheman,,. Zwickau. De» vielfach vorbestrafte» Siebmachcr Christian Richard Mein hold in Zwickau belegte man wegen Nöthigung im Sinne von 8 240 des Strafgesetzbuches mit einer Strafe von 2 Monaten Gefängniß und wegen Ruhestörung mit 3 Woche» Haft, weil er am Abende des 13. Juli d. I. im Hofe eines in Zwickau gelegenen Hauses, in dem seine von ihm getrennt lebende Ehefrau wohnte, ungebührlich laut gelärmt und seine Ehefrau durch Drohungen genöthigt hatte, ihn in ihre Wohnung aufznn hmen. Gewissenloser Betrüger. Zwickau. Der 34 Jahre alte, wegen Diebstahls und Sittlichkeits- Verbrechens bereits mit Zuchthaus vorbestrafte Kaufmann Günther Wilhelm Karl Hühne aus Gondershausen, der bis Ende Juni d. I. in der Chemnitzer Schloßbrauerei beschäftigt war und sich z. Zt in Haft befand, betrog Anfangs Juli d. I. ein junges Mädchen, deren Bekanntschaft er ans dem Schützenfest in Zwickau gemacht hatte, um 120 Mark baareS Geld, während er bereits ctnlge Zeit vorher einen Kaufmann in Leipzig um bl Mk. geprellt hatte. Wege» Betrugs in 2 Fällen diktirte man ihm eine Strafe von 1 Jahr 4 Monaten Gefängniß zu, erklärte ihn auch der bürgerlichen Ehrenrechte auf 5 Jahre verlustig. Diebischer Neffe. Zwickau. Gegen den wegen Diebstahls schon 4 Mal bestrafte» Fabrikarbeiter Guido Otto Pöcker aus Franke»Hause», welcher am 2l. September d. I. nach Eindrücken eines Fensters in di« Wohnung seines daselbst wohnhaften Onkels einstieg nnd daraus 12 Mk. baares Geld und einen Ring stahl, erkannte das Gericht wegen schweren Rückfallsdicbstahls anf eine Strafe von 1 Jahr 3 Monaten Gefängniß, wovon 1 Monat als durch Unter suchungshaft verbüßt erachtet wurde. Ungetrener Gerichtsveamter. Freiberg (Schwurgericht). Der 1869 in Bautzen geborene Gerichtsvollzieher und Aktuar Johannes Kurt Streblow hatte sich wegen Unterschlagung im Amte zu verantworte». Streblow war beschuldigt und geständig 1. in der Zeit von Mitte Juli bis 2. September d. I. in seiner Eigenschaft als Gerichtsvollzieher und Aktuar beim Amtsgericht Dippoldiswalde etwa 350 Mk., die er in Einzelbeträgen als Zustellungs-- und Pfändmigskosteiigelder erhielt, ferner 2. de» Betrag vo» 579 Mk. 35 Pfg., den er als Erbschafts steuer bo» der verehel. N. in Dippoldiswalde in Empfang nah:», nnd 3. den Erlös aus einer Fahrrad-Auktion in Kreischa im Betrag« von mindestens 300 Mk. unterschlagen und in Verbindung hiermit die zur Eintragung und Kontrole 'der Einnahme» »nd Ausgabe» bestimmten Bücher unrichtig geführt zu habe». Der Angeklagte gab zu seiner Vertheidigung an, er habe im Jahre 1695 in DippoldiS- Walde ein Haus-Grundstück zu dem Preise von 16500 Mk. käuflich erworben, welches, da die Logis zum Theil längere Zeit unver- micthet blieben, größere Zuschüsse erfordert habe. Diese Zuschüsse von dem Gehalt (150 Mk. pro Monat) zu decken, sei ihm nicht iinmer möglich gewesen. Man habe ihm zudem die Hypotheken ge kündigt. Ter Verkauf des Grundstückes, den er cingegangen sei, um mit dem dabei crzi ücn Gewinn (1500 Mk.) die bis dahin entstandenen Verbindlichkeiten zu regeln, sei infolge völliger Zahlungsunfähigkeit des Käufers wieder rückgängig gemacht worden. Die unrichtige Führung dcr Büch r führte Streblow zum Theil auf Ueberbürdung im Amte nnd auf seine durch Krankheit und durch erbliche Belastung der F.'.m lie bedi'ngie verminderte geistige Fähigkeit zurück. Die Aus sagen dcr vcravnnmncn Zeugen und das Gutachten des Arztes, d:r den Angeklagten ge stig vollkommen normal fand, bestätigten jedoch diese Angabe» Streblows in keiner Weise. Im klebrigen wurde Streblow seitens seines Vorgesetzten das Zengniß eines thätigen, pflichteifrige» Beamten ausgestellt. Z» Gunsten des Angeklagte» nahmen die Geschworene» an, daß Streblow die Unterschlagungen im Zusammenhänge mit einander begangen habe. Streblow wurde dem gemäß wegen erschwerter Bcamtenniiterschlaguiig in einem Falle und in Verbindung damit wegen unrichtiger Führung amtlicher Register nach 88 350, 351 des R.-St-G.-B. zu 1 Jahr 6 Monat«» Gefängniß und 3 Jahren Ehrenrcchtsverlust berurtheilt. «S erlcht» -Z eitung» Es war wirklich ganz ehrlich zugcgangen i» dem Kampfe; trotzdem wollte Oswald den Siez des Gegners nicht anerkenne», sonder» begann z» toben nnd über unerlaubte List zu schimpfen, svdaß die Wirthin, den Kochlöffel in dcr Hand, entfett, hercingcslürzt kam und athemkos fragte, ob Mord und Todtschlag hier verübt werde, oder ob die Stubendccke einge fallen sei Der Tischler ließ daraus etwas beschämt von dem Unterjochten ab, um nur die er schreckte Fra» zu beruhige», aber kaum sühlle Oswald sich frei, da sprang er in die Höhe und welterle »cch viel lauter darüber, daß cr das Opfer schnöder Heimtücke geworden sei. Frau Kretschmer, die nun den Zusammen hang allmählig begriff, verwies ihn zur Ruhe; er erwiderte trotzig, daß sie ihm gar nichts zu sagen habe; sie schwang drvhcnd de» Koch löffel u -d bedeutete ihm, daß er nichts zu csscn bekomme und gleich seiner Wege gehen könne, Wenn er nicht Frieden Hallen wolle; für die vorige Woche habe cr ohnedies sein Kostgeld »och nicht bezahlt, und sie dulde keinen solchen Unbändigen Gesellen in ihrer Wohnung. Diese Rede schlug dem Faß den Boden aus. Oswald fuhr aus, als hätte cr eine» Lanzenstich in die Hint.rjeite bekommen, nnd mit eincm wilden Fluche warf ec sich anf die resolute Wirthin. Sic wich ihm geschickt ans, und da gerade zur rechte» Zeit ihr dritter Kostgänger, der Schniiedegescllc Ernst Z. aus dcr Bildsläche Erschien, ward weiteres großes Unbeil verhütet, der Rasende von seinen beide» Tischgcnvsse» a» je einem Arme gefaßt und ohne sonderliche Umstände zur Thür hinaus auf die Treppe befördert. Hinter Hm siel die Enlreclhür ins Schloß. „De Klceßcl len» Se sich heule malen, Sie Flätz Lie." — rief ihm die Wirthin nun noch zum Abschiede nach. DaS war zuviel fürdcnAcrmslen. Schmählich übcriviind.ii — gehauen — beschimpft — Hinnnsgeworfe», und auch »och keine Klöße obendrein — das ertrage, wem's gefällt! Ihm gcsiels nicht. Er kannte sich selbst nicht mchc vor Zorn, nnd in seiner blinden Wulh ckrommeltc cr mit beiden Fcinüen an die Glas- ihnr des Entree's, daß zwei Scheiben zer brachen. Die Rückkehr ward ihm darum doch nicht «gestattet. Aus die H:se>klöße mußte er e»ü- Piltig ccrzichlc», aber eine Suppe hatte cr sich .damit cingebrvckt, die ihn hinterher noch grausam würgte. Er mußte vor dem Schöffen gericht erscheinen und erhielt dort wegen vor sätzlicher Sachbeschädigung 1 Monat Gefängniß. „Ja. wenn de Mutter Kretschmer» an dem Tage vck »ich grade Kleeßel mit Speck gekocht halte!" Der fahrende Sänger. Wahrend dcr drückenden Hitze, die dcr heurige September noch verspätet brachte, war eines Abends aus einer Prowenadcnbank der Hand.lsmcinn R. vor Ermattung ei »geschlafen. Den Tag über hatten ihn seine Geschäfte nie dlich »mhcrgetrie'oen und abgehetzt, und so ruhte sein Haupt jetzt schwer auf der Brust, während der Schlaf mit ehernen Banden seine Sinne nmfangen hiett. Glücklicher Weise führte sein guter Genius gerade eine» Schutzmann daher, dcr im Schatten eims Busches einen Augenblick stehen blieb und den Schläfer beobachtete. Die Polizei hat zuweilen, wie andere bevorzugte Sterbliche auch, ihre Ahnungen, und das war in diesem Falle sehr segensreich. Der Beamte gewahrte nämlich, wie eine Gestalt ganz leise an den schlummernden Mann hecauglitt, sich über ihn neigte und mit geschickten Hand:» seine Taschen visitirtc. „Halt!!" Mit dics.'in Anruf trat dcr nächtliche Hüter der Sicherheit aus seinem Versteck hervor und packle die Gestalt mit un widerstehlich festem Griff am Kragen. „Da hätten wir also glücklich einmal so einen Leichenfledderer in klugen»! i eelappt. Na, kommen Sie nur »>it, guter Freund, Leugnen hat unter diesen Umständen keinen Zweck mehr." Oho! Der Beamte halte sich trotz der Sicherheit seiner Beobachtung doch noch gehörig verrechnet. Der Gepackte knickte nicht unter der Wucht der Beschuldigungen zusammen wie ein Taschenmesser, sondern richtete sich im Gegen- theil sehr energisch auf und erwiderte: „Sie befinden sich sehr im Jrrthum, mein Herr! Sic wissen natürlich nicht, wen Sie vor sich haben; ich muß mich deshalb wohl vor- slcllen. Ich bi» der Schriftsteller Eduard Masnr. Eben prvmenirte ich hier in Gedanken versunken, da fuhr mir eine glänzende Idee durch den Kops. Ich griff sofort in die Tasche; mein Notizbuch hatte ich glücklicherweise bei mir, aber leider — keinen Bleistift. Nun denke» sie sich meine Verlegenheit — hier mitten in dcr Nacht! Und eilen mußte ich, denn mein Gcdächtniß läßt mich sonst leicht im Stich. Da bemerkte ich zu meiner Freuds, daß dem Herrn, der hier auf der Bank ein wenig aus- rnht, ei» gut gespitzter Stift ans der Brust- lasche hervorragte. Ich dachte also: „Wirst dir den Griffel anf einen Augenblick ausleihen und unter der Laterne deine Notiz machen. Nachher steckst du ihn wieder an seinen Platz. Vielleicht merkt's der Herr gar nicht. Hätten Sie mich nicht gestört, mein Herr, wäre ich jetzt schon fertig. So aber ist mir die Idee schon wieder verschwommen, und daran sind Sie schuld. Die Nachwelt wird Ihnen de» Dank entrichten." Damit richtete sich der Sprecher stolz aus uud sah den Schutzmann mit einem vorwurfs vollen Blicke an. Seine Erzählung hatte wirklich ungekünstelt und natürlich geklungen, sodaß man unter anderen Umständen vielleicht halte irre werde» können. Aber dcr Schutzmann war eine skeptische Natur; er schüttelte blos stumm mit dem Kopfe, nahm den Dichter nnd Deuker ganz nnehrerbietig am Kragen nnd führte ihn als des versuchte» Diebstahls verdächtig nach der Wache, mit dem Aiiheimstellen, in dcr Einsamkeit der Hastzelle seine sublime Idee weiter aiisznspinnen. Dicscr Tage vollzog sich »im die straf rechtliche Konsequenz der nächtliche» Begegnung: der Ritter vom Geist stand vor der Straf kammer, um sich gegen die schmähliche Anklage zu verantworten. Seine Haltung und Miene waren überaus würdig und blieben es auch, als der Vorsitzende ihm seine sehr üble Konduite vor! seit, ans dcr hervorging, daß Herr Eduard Masur den größten Theil seines erfahrnngs' reiche» und wechselvvllcn Lebens in Gefängnisse», Zucht- und Arbeitshäusern verbracht hatte. Trotzdem wiederholte er auch vor Gericht dieselbe Rede von dcr glorreichen Idee, die cr vermittels eines fremde» Bleistifts habe z» Papier bringen wollen. Daß er überall un gläubigen Gesichtern begegnete, schreckte ihn offenbar nicht im mindeste»; er blieb bei seiner Behauptung, auch als ihm nachgcwiesen ward, daß er nie Schriftsteller, soudcr» immer nur Handarbeiter, uud das auch wohl blos de», Namen nach gcwescn. Durch das Zengniß des Schutzmannes und dcS bei der Visitation crwachlcn Herrn N. erachtete ihn das Gericht für übecführt und vernrlhcille ihn zu 1 Jahr Gefängniß und zweijährigem EhrcnrcchlSvrrlust. In der Strafhaft wird cr cs vielleicht besscr. haben, als mancher wirkliche Schriftsteller. Düs Nahrnngsmittelzesetz. Die Fleischer Heinrich Schneider und Karl Hanry aus Worms waren des Vergehens gegen das 'Rahrungsmittelgesetz angctlagt. Ende September v. I. wurde» von den dortigen Fleischern vom chemische» Untersuchungsamt Wurstprobcn erhoben, um festzustclle», welchen Wassergehalt dieselben haben. Die Proben der beiden Angeklagte» enthielten 73'/,,»/, und 71"/>o0/«- Aus dcr Vechandlung sind von Interesse die verschiedenen Aussagen der ge ladenen Sachverständigen. Während der Gerichts chemiker Wallert sich auf de» Standpunkt stellte, daß 60°/, wässerige Substanzen als das höchst zulässige Maas) zn erachten sei, glaubte der Gerichtschemikcr Or. Mayrhofer 70°/, normireir zu sollen. Dcr Obermeister der Fleischerinnnng äußerte anf Befragen hierüber, daß dcr Praktiker nicht in dcr Lage sei, sestzustellen, welcher Prozentsatz derjenige sei, um die Wurst mindcr- werlhig zn bezeichnen. Das sei jedenfalls, trotz gleichmäßiger Zubereitung, täglich verschiede», wie denn auch bei der heutigen Mästung der Schweine durch Knnstfnttermittcl oller Art fist jcdcs einzelne Schwein eine andere Qualität Fleisch abgebe, wenigstens was dessen Verwendbarkeit zur Wurstfabrikation betreffe. Das feinste magere Schweinefleisch habe, wenn rasch gemästet, »ach Aussage von wissenschaft lichen Gntachtcn, naturgemäß schon 72 bis 76°/, wässcrige Substanzen, Leber und Hirn noch bedeutend mehr. Ferner müsse be rücksichtigt werde», welcher Art nnd Herkunft die Wurst scH denn in jeder Stadt werde anders gearbeitet entsprechend dem Geschmack des Publikums, dem doch jeder halbwegs ver nünftige Fleischer in seinem eigenen Interesse Rechnung trage» müsse. Diese Geschmacks richtung diktirc aber die Art der Fabrikation. Es komme wesentlich der Preis der einzelnen Wnrstsorlcn i» Betracht, derselbe bewege sich zwischen 50 Pf. und 2 Mark per Pfund »nd noch höher. Damit und durch die Konkurrenz werde der beste und sicherste Ausgleich im Interesse des kaufenden Publikums hcrbcige- sührt. — DaS Gericht verkündete daraufhin ein frcisprechcndcs Urtheil und schloß sich in seinen Gründen dem Urtheil der Sachver ständige» an. Der Fleischer sei bei Verarbeitung des Schweines nicht in der Lage, zu bcurthellen, ob d..s Fleisch zn wässerig sei oder nicht; en, wissenUichcs oder fahrlässiges Verschulden könne deshalb die Angeklagten nicht treffen.