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Gilt luftiger Kranker gesucht. Humoreske von Jules Moi n ciux. Deutsch von Margot Elpen. (Nachdruck verböte«.) Dieses Inserat erschien eines Tages in den gelesensten Pariser Leitungen und schloß folgendermaßen: „Er soll Pflege, Wohnung, Kost, Unterhaltung und Taschengeld haben, und seine einzige Verpflichtung soll im Borlesen von Zeitungen bestehen. Offerten oub L. U. an die Expedition dieses Blattes." Sobald Leon Salicorne, ein junger, weniger zum Studiren als zu allerhand Possenstreichen aufgelegter Student, diese Annonce zu Gesicht bekommen, beschloß er sofort als „lustiger Kranker" auszu treten und sich auf Rechnung des naiven Autors dieses Gesuches Pflege», verhätscheln und speisen zu lassen. Allein der Letztere zählte keineswegs zu den Naiven, es war vielmehr der unangenehmste Hypochonder von der Welt.-Mr.Vrabancon — so hieß er — schien die ganze Menschheit dafür verantwortlich zu machen, daß ihm verschiedene Pläne und Unternehmungen im Leben gescheitert waren. Das hatte ihm die Stimmung vergällt und eine Leberkraukheit zur Folge gehabt, die ihn veranlaßt?, fortan das „Es ist aus," erklärte er dann. „Nun möchte ich aber wirklich Etwas zu mir nehmen." „Ich habe das Nöthige bereits veranlaßt," entgegnete Brabancon mit eigenthiimlichem Lächeln. „Mutter TuberoS bereitet vorerst rin Senfbad . . „Für einen Hummer? Bravo, bravo l DaS ist mein Leib gericht!* r . „Sic bereitet uns auch ein Getränk." „Champagner? Um den Hummer zn begießen? Famos!" „Nein, Thee von Hundskraut." «Wie....?" „In Erwartung des Arztes, nach dem ich gesandt habe." „Ein Arzt?" stotterte'Salicorne unruhig. > „Natürlich. Um Sie zn untersuchen, seine Diagnose zu stellen und die Behandlung anzuordnen . . Wie, Sie lachen'nicht mehr?" „Na ob!" versetzte der angebliche Kranke mit krankhaftem 'Lächeln. „Dieser Acskukäp wird den tzanzen Zauber verderbe^!«' dachte er besorgt. Sehen Sie, ich kenne Sie nicht", fuhr Brabancon fort- ,,-Der Zimmer zu hüten und Unmengen von Medikament«» zu verschlingen^ „ste beste Ganner könnte ja Herkommen und eine Krankheit simulirend. Eines Tages ward ihm eine große Ueberraschung; eine alte"' " " ----- Tante war gestorben und hatte ihm ihr Vermögen von emer Million hiuterlassen. Diese Nachricht wirkte wahrhaft wunderthätkg und hätte thatsächlich seine Heilung zu Wege gebracht, wenn nicht eine Klästftl dabei gewesen wäre, die keiu rechtes Wohlgesühl aujkommen ließ ^ Die Verblichene war eine alte Süirderin, die im Alter fi> geworden und das Gelübde gethan hatte, einen Kranken bei sich auf zunrhmen, ih>t zu Pflegen, für ihn zu sorgen und ihm nach Möglich keit Gutes zu thun, bis entweder seine Heilung oder sei» Tod er folgte. Dann kam «In Anderer an die Reihe. Das sollte zehn Jahre so fortgehen. Als sie sich indeß gegen Ende des neunten Jahres dem Tode nahe fühlte, beauftragte sie ihren Neffen und Erben Brabancon, während des letzttwJahrcs die Erfüllung ihres Gelübdes auf sich zu nehmen. „Wie?" brummte dieser. „Ich soll, gezwungen werden, mein Haus zum Hospital zu machen? Habe ich »och nicht genug an Mutter TuberoS, meiner Haushälterin, die mich mit ihren Quack salbereien, ihrem Katzenfell und ihreü Tränken nahezu umbringt? Run soll ich mich noch mit einem Kranken behängen, den ich Tag «nd Nacht stöhnen und^wimniern höre und dessen Unterhaltung mein Leiden noch verschlimmern wird?" Infolge dieser Erwägungen kam er auf die Idee, auf dem Annoncenwege einen luftigen Kranke» zu suchen. „Merkwürdig," äußerte er eines Tages beim Rasiren zur Wi'ttwe TuberoS, „seit Publikation meines Inserates sind nun schon viee Lage verflossen, ohne daß sich Jeinanddaraus gemeldet hätte." „Wird sich auch Keiner melden, Monsieur. Ich, dir'seit mehr als zwanzig Jahren Kranke wartet . . ." „Schwöre auf das Katzenfell," vollendete Brabancon. „Das thue ich auch, Monsieur. Aber was iH sagen wollte ln all' diesen zwanzig Jahren habe ich keinen Kränken gesunden, de»? nicht wie ein zusammengerolltes Stachelschwein gewesen wäre. . . Ich sage das nicht in Bezug, auf Sie, Monsieur/denn Sie sind in Ihrer Art immer noch ganz nett." „WaS verstehen Sie unter meiper Art, edle Tuberose?" „Ra, ich will damit sagen, dÄß Sie? von Ihrer Brummigkeit abgesehen, ganz nett sein können." . „Danke." „Keine Ursache, Monsieur, ich sage, ivas ich meine." „Danke nochmals, Sie sind ja die personifizirte Zartheit." In diesem Augenblick tönte die Hausglocke ho heftig, daß Brabancon sich vor Schreck mit dem Rasirmesser in dre Haut schnitt «nd Frau Tuberos vo» ihren, Stuhle emporfuhr. „Zum Henker, wcr erlaubt sich, sa an der Glocke zu reißen?" schrie der Hausherr zum Fenster hinaus. „Der lustige Kranke," tönte es zurück. Brabancons Zorn legte sich wie-durch Zauberei. „Es giebt also doch einen?" ries die Wittwe in starrem Staunen und eilte hinaus, dem Ankömmlinge zu öffnen. Lächelnd betrat Salicorne das Zimmer. „Monsieur," sagte er, „ich habe erst heute Morgen Ihr Gesuch gelesen und eile, fliege .... ha, ha, Hai .. . und da bin ichl... „Lustig sind Sie offenbar," versetzte Brabacon; „doch welches ist Ihre Krankheit?" „Ich kenne ihren Namen, nicht, Monsieur. Ich schlafe wie ein Murmelthier, schnarche wie ein Wallroh und esse! . . Sie haben keine Idee davon! .... Ich verschlinge Ihnen im Handumdrehen eine Hammelkeule, eine Ente, ein Speckomelette . . . Sie werden sich wundern. . . ." „Aber ich sehe nicht, welche Krankheit. . . „O, halten Sie meine Leiden für Nichts?" „Ah, Sie leiden also? Und sind dennoch lnstig? „Ob ich lustig bi»! Das heißt: ich bin nämlich ein patho logisches Phänomen, dem die Wissenschaft verblüfft gegenübersteht. Je mehr ich leide, desto lustiger bin ich, und wenn ich meine Krisen habe, nimmt meine Heiterkeit solche Dimensionen an, daß es meiner Nähe nicht auszuhalten ist." „Und welches Leiden verursacht diese Krisen?" „Sehen Sie, ich bin Musiker. Eines Tages habe ich das Mundstück meiner Klarinette verschluckt und seither fängt dasselbe, sobald wir stürmisches Wetter haben, in meinem Magen zu singen an." „Hält der Kerl mich etwa zum Narren?" dachte Brabancon; dann sagte er scheinbar harmlos: „Das ist ja ein ganz abnormer Fall." „Allerdings; ich bin wahrscheinlich der erste Jnstrumental- künstler, der die Klarinette innerlich spielt." „Sie sind also Musiker von Prosession?" „O nein; nur Amaieurkünstler." „So! Und Ihr Berus?" „Professor ter chaldäischcn Sprache. Ab« . . . Pardon, möchte gern etwas genixßeii." „Das ist sehr richtig. Meine Haushälterin wird alles Noth> wendige besorgen." § Leise eltheilte Brabancon Muitcr Tuberös einige Aufträge. Diese verließ das Zimmer, während ihr Gebieter zn seinem unter brochenen Rasiclg-schäjt zurnckkehrte. „Lesen Sie mir während des Nasireus die Zeitung vor", sagte er zu de», vorgebliche» Kranke»; „das wird hier Ihre einzige Be schäftigung sein. Lesen Sie gut?" „Ich? Ich bin Vorleser des Kaisers der Dudelsackpfeifer ge wesen. Ein Original, dieser Kaiser! Hat sich ein Palais vo» zwei Kilometer Länge und sünsundvierzig Zentimeter Tiefe gebaut, dessen Möblirung sich etwas schwierig gestaltete." „Nur immer weiter, mein Kerlchen!" dachte Brabancon. „Das Qnatichen wird Dir bald vergehen." Der Aufforderung des Hausherrn folgend, griff Salicorne KL5NLF ür-L. M -- k-d°» provisirc». sich hier bei mir einnisten, in welchem Falle ich ihn natürlich arretiren und in Polizeigewahrsam bringen kaffen würde." „Ach, Sie würden. . ." „Jawohl, ich würde seine Bestrafung beantragen auf.Grund des Paragraph 405 des Strafgesetzbuch?- —betrügerische Manipulationen, omm fum sich in den Besitz von Geld, Sachen rc. zu setzen — ein bis fünf Jahre Gesängniß ... Ich kenne das Gesetz und werde meine Rechte zu wahre» wissen." Salicorne verfärbte sich. Mutter TuberoS erschien mit einem Schlasrock, einer Baumwoll- mütze und zwei großen Krügen, die sie auf der? Lischt stillte. „Allons!" rief Brabancon, „während wir auf den Arzt warten, können Sie sich umkleiden." Und er reichte ihm oen Schlasrock und stülpte ihm die Mütze auf den Kopf. „Die Sache nimmt eine ganz fatale Wendung", dachte Salicorne, der seinen Einsall immer mehr zu verwünschen begann „So! Nun setzen Sie sich hier in diesen Sessel!" ! gebot /Brabancon. „Und nun, Mutter Tuberos, können Sie uns unseren -Trank kredenzen. „Monsieur," wandte er sich an sein Opfer, „Sie Meinen zu leiden .... Das wäre also der richtige Moment für Zchre Heiterkeit.... Nun los damit, seien Sie doch lustig!" Der Unselige »ahm den Krug, de» man ihm reichte und rief .«voll Galgenhumor: ^ „Hurrah, das Fest beginnt!" „Sehr gut," sagte der unerbittliche Quälgeist. „Trinken wir!" Und Salicorne trank, doch nicht ohne eine fürchterliche Grimasse. In diesem Moment tönte die Glocke. „Aha, der Doktor!" sagte Mutter Tuberos. Gleich daraus trat der Genannte rin. »Hat Ihr Zustand sich verschlimmert?" wandte er sich an Brabancon. „Es handelt sich heute nicht um mich, Doktor, sondern um diesen Kranken hier. Untersuche» Sie ihn gefälligst und sagen Sie uns, was ihm fehlt." Der Doktor betrachtete Salicorne. „Hm", meinte er, „er sieht schlecht aus." Und das war in der That so. Er fühlt« des Patienten Puls und schüttelte den Kopf. „Gliedcrbeben", konstatirte er bedenklich. Und so war cs. Dann mußte Salicorne die Zunge zeigen, und — wunderbare Kunst Aeskulaps! — unser Doktor fand eine schwere Affektion der Vcrdauungsorgane heraus. „Weh' mir, er will mich mit Arzneien traktieren", seufzte der arme Teufel, banger Ahnung voll. Was?" ries Brabancon. „Der Kerl tobt ja beinahe vor Lustigkeit und ißt für vier Mann und einen Korporal dazu." Doch wann hätte sich ein Jünger Aeskulaps geirrt? „Tann ist der Fall desto schwerer", erklärte er. „ES ist das »genannte Freßficber," „Ich habe das Freßficber!" stieß der entsetzte Patient hervor. „Was ist das?" fragte der ganz a»S der Fafluug gebrachte Brabancon. Und der Doltor erklärte: „Freßfieber . . . Verdauungsstörung, unnatürlicher Hunger.... nicht zu verwechseln mit dein ganz gemeinen Wolfshunger .... sehr ernst zu nehmen .... energische Maßregeln nothwendig." „Ich habe ihm ein Sensbad bereiten lassen", bemerkt« Brabancon „Sehr gut. Stecke» Sie den Kranken hinein, jetzt zwc Stunden und Abends wieder zwei Stunden. Daneben absolute Diät. Adieu, morgen werde ich wieder vor prechen." „Niemals!" ries Salicorne wild, sobald der Doktor hinaus war. „Ich bin nicht krank und will nicht . .. „Ah, so gestehst Du also, elender Betxügcr I Und dieser Doktor will uns einreden .... Du sollst mir sogleich in Polizei lichen Gewahrsam, mein Kerlchen." „Das ist mir ganz egal! Um was habe ich Sie denn schließlich betrogen? Um einen Krug von dem elenden Grstiff, zu dem Sie mich obendrein gezwungen haben. Schön, gehen wir meinetwegen zum Tribunal, mir soll's recht sein. Dort werde ich Ihr Inserat vorlesen. Das Publikum wird sich über Sie lustig machen, und Sie werden Zweck und Ziel Ihres Gesuches zu erklären haben." „Wetter!" dachte Brabancon. „Wenn man erfährt, daß die TestaineutSklausel derart umgehen wollte, werden vir anderen Verwandten mir die Erbschaft womöglich streitig machen." „Scheeren Sie sich zum Teüfil l" rief er, auf He Thür weisend, und Salicorne beeilte sich, diesem zarten Wink zu folgen. Ob und wie Brabäncost-schließlich seiner trMnentavischen Ver pflichtung nachgek«nmen, habestkh nicht in Erfahrung bringen können. So viel aber steht Mr Mt^man mir unter gleichen Bedingungen eine Million in AWHsicht Men, so würde ich mAneu Lustigem Kranken" zu finden wissen. Ich würde 'ihn in-der politischen Welt suchen, Mmsmilieii verschiede«« Systeme, i»«r vorzügliche Fabrikate, empfiehlt unter Garantie zn billigsten Preisen ^ Hermann Thema R z ' ßWM. MMlr. 85, LbslMWM MMer. ' Vertretung der Orkklnal-Vlatarla-SIasvIri»«». 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