Suche löschen...
General-Anzeiger für Chemnitz und Umgegend : 01.07.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-07-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384843-189807015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384843-18980701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384843-18980701
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
General-Anzeiger für Chemnitz und Umgegend
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-07
- Tag 1898-07-01
-
Monat
1898-07
-
Jahr
1898
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
M ßt«elil-A«zeizel ßr Umih i»! Nr. 149. Licht- und Schattenbilder ans Norwegen. Von Klaus Hennings. (Nachdruck verböte» ) Die regelmäßigen Kaiserreisen nach Norwegen haben das herr liche Land der Fjorde und Fjelde anch bei nns zu einem Gegenstände steigenden Interesses gemacht, und die Zahl der deutschen Reisenden, die Norwegen besuchen, dürste jetzt der der englischen Touristen, die eine Zeit lang das von- touristisch von ihnen entdeckte Land fast aus schliesslich beherrschte», gleich kommen, vielleicht sie bereits übertreffen. Damit wird nun wohl anch die Ansicht der Norweger über die Deutschen allmählich einen Umschwung erfahre». Wir haben bei ihnen lange in keinem guten Rufe gestanden; ein häßliches nor wegisches Wort sagte von den Deutschen: „Was thut der Deutsche Nicht für Geld!" Vielleicht hat man in dieser Auffassung einen Nachhall der Erinnerung an die letzten Zeiten dcs hanseatischen Re giments in West-Norwegen zu erblicken, an die Habsucht und Ge- -valtthätigkeit, mit der die hansischen Kausleute in jener Epoche des Niedergangs ihrer Macht allerdings den Eingeborenen begegneten. Heilte kann man bereits vielfach in Norwegen hören, daß gerade der Vergleich zwischen den englischen und den deutschen Reisenden die Meinung über die Dcnlschcn recht sehr, und zwar zu unsere» Gunsten geändert hat. Denn der Engländer sieht die Leute, die ihn beher bergen und bedienen, überall als Personen an, die er bezahlt und die er daher nach Gutdünken anspruchsvoll und hochmüthig behandeln kann. Das empfindet der freie Bauer, der im Innern Norwegens die Skydsstation und die damit verbundene Herberge hält, die Bäuerin, die in Stellung gegangen ist, sehr deutlich und sehr peinlich, und ebenso klar fühlen sie, daß der Deutsche ihnen menschlich gegen übertritt, gemüthlich sich mit ihnen, wenn es irgend angcht, in ihrer Sprache zu verständigen sucht, was dem Engländer nie einsällt und dem Norweger besonders wohlthut. Darum ist der deutsche Tourist i» Norwegen, obgleich er weniger Geld im Lande läßt, als der eng lische, der oelicbtcre von Beiden und die Stimmung der Norweger schlägt allmählich zu Gunsten ihrer germanischen Vettern um. Ucbrigens sollten die Norweger sich besonders in Acht nehmen, andere Völker einer übergroßen Anhänglichkeit an den Mammon zu verdächtigen. Sie sitzen da selber im Glashanse! Sie wissen den Werth dcs Geldes recht sehr zu schätzen und sind im Allgemeinen keine Freunde davon, das Erworbene leicht sortzngcben. Werfen sie doch selbst ihrem berühmtesten Dichter vor, daß er die Hand zu fest auf dem Beutel halte; und der gefeierte Forscher, dem seine kühne Reise zum Pol ein in die Hnndcrttanscnde gehendes Vermögen ein getragen hat, hat durch die recht geringe Freigebigkeit, die er de» Genossen seiner Fahrt gegenüber an den Tag legte, bei seinen eigenen Landsleuten an Beliebtheit cingcbüßt. Als Erklärung oder Entschuldigung dieses CharaktcrzugeS kann man vielleicht anführen, daß in Norwegen — selbst in den wohlhabenden und verkehrsreichen Hasen- und Handelsstädten — Vermögen im allgemeinen schwerer nnd mühsamer erworben werden, als bei uns; wenigstens werden die Norweger selbst nicht müde, die „Armuth" ihres Landes zu beklagen, und der Umstand, daß Jahr für Jahr ein großer Theil der Btüthe ihrer Jugend in's Ausland zieht, ui» sich dort eine Existenz zu /gründen, spricht freilich für diese Ansicht: Die skandinavische Kolonie von Chicago ist größer, als die Zahl der Einwohner Bcrgcu's! Freitag, 1. Juli. Jedenfalls aber mcrkt man im Leben des Bürgers und des Bauern in de» bevölkerten nnd knltivirtcrcn Gegenden des Landes wenig von dieser Armuth, vielmehr ist der Zuschnitt dcs Lebens im norwegischen Bürgerheime im Allgemeinen behaglich, solide nnd reichlich. „Ja, wenn man die Thätigkcit der norwegische» und der deutschen Hans- fran miteinander vergleicht, so findet man als die Regel, daß jene die Zuthaicn eher reichlicher bcmißt, nnd vor Allem die Stoffe nnd Reste nicht so mannigfach nnd so sparsam zu verwenden versteht, wie unsere wirthschafilichcn Landsmänninnen. Diese Sparsamkeit der Aus nutzung der Dinge auf diesem Gebiete, wie auf andere», verbunden mit der Gründlichkeit und dem Flciße der Deutschen sind die Eigen schaften, die an uns gewöhnlich anch der uns wen g geneigte Nor weger zuerst und zumeist bewundert. Um jedoch nochmals zum Küchcndcpartement zurnckzukehrcn, so unterscheidet jsich die norwegische Küche von der unsrigen in mehrfacher Beziehung. Unser Hausgeflügel ist — besonders im Westlande — viel seltener, und manche nor wegische Hausfrau kann die Gelegenheiten, bei denen sie die Schön heiten eines Gänsebratens schätze» konnte, leicht anfzähle». Dafür hat man im Winter das Schneehuhn, das besonders kalt genossen, eine große Delikatesse bildet. Fleisch und Gemüse sind in der Regel lheurer, und daher auch entsprechend seltener, als bei uns, werde» aber sehr schmackhaft znbcreilet. Die Force der norwegischen Küche aber ist der Fisch, wie jeder Tourist aus seiner Erinnerung an Nor- wegen's Lachse nnd Ocrrcler (Forellen) bestätigen kann. Ans diesem Gebiete hat sich auch eine große Mannigfaltigkeit der Zubereitung entwickelt, die Neste des Fisches werden, ähnlich wie bei uns Braten- rcste, zu neue» Gerüchten verwandt, und Fischtlößc (tislcsbollor), zu denen Hummer genossen zu werden Pflegt, sind eine norwegische Spezialität, mit der auch der Deutsch- sich befreunden kann, während er dem geräucherten nnd monatelang in die Erde cingcgrabene» spsZsIcgöä nnd dem von den Norwegern zumeist leidenschaftlich ge liebten „altem Käse", einem Gräuel für Auge und Nase, in der großen Mehrzahl der Fälle wohl mit dauernder Antipathie gegen über steht. Die Norweger nennen ihr Land arm, und so viel ist gewiß, daß das norwegische Leben im Großen und Ganzen einen entschieden kleineren Zuschnitt trägt, als bei lins. Das zeigt sich besonders anch im sozialen Leben. Trotz der ungeheuren, von der Eisenbahn oft noch nicht (überwundenen Entfernungen — erst in etwa 15 Jahren wird das Dampsroß von Christiania nach Bergen führen — kennt man sich übcr's ganze Land nnd weiß hübsch kleinbürgerlich mit den respektive» Familicnvcrhältnissen Bescheid. Diese Beschränktheit nnd relative Einfachheit der Verhältnisse bringt aber nun den großen Vorthcil mit sich, daß die Norweger so manche Frage ziemlich leicht nnd schnell lösen konnten, an der wir, Dank der Kvmplizirtheit und dem größeren Rcichthum unseres sozialen Lebens, noch heute schwer kauen. Dahin gehört vor Allem die sogenannte Franenfrage. Die norwegische Frau ist durchweg freier und genießt größere Berechtigung, als die deutsche. Der Unterschied der Stellung kennzeichnet sich schon in ziemlich frühen Jahren. Das norwegische Mädchen darf in der Regel mit den jungen Herrn frei nnd ungezwungen verkehren, von der Einrichtung der Dncnna wird ein sehr sparsamer Gebrauch ge> macht, und in Christiania geht die Freiheit so weit, daß die jungen Leute beiderlei Geschlechts sich ganz ungcnirt gegenseitig in ihren Wohnungen nnd Oürrmdros gnrniöo besuchen. Diese Einrichtung hat zweifellos ihre Bedenken, zumal, da »tan sich das nörhisq Weib keineswegs etwa alS^M-und gleichmüthig vorstellen sonder» wenigstens bei der W.wegischen Nasse sehr oft Leiden nnd Verlangen zu finden sind. Inwieweit es mit der üblichen heit dcs Verkehrs zwischen den Geschlechtern zusammenhäip nach unseren Wahrnehmungen die „Entkodungen" dort zu entschiede» häufiger sind, als bei uns, mag hier »»erörtert I ., I» viele» anderen Beziehungen aber hat die Freiheit der üorwM Frau die besten Früchte getragen- Es ist auch ln den wohlhäbeijdf Familien die Regel, daß die Mädchen — nicht anders Witt -' Brüder — einen Beruf erlerne» nnd ergreifen müsse», und i findet reiche Erbinnen als Kvuiploiristinnen, Telephonistin»^ Lehrerinnen ». f. w. thätig. Ein altes Dcsidarium der> Aerzte,,' Norwegen dadurch erfüllt, daß die veraiilwortnngsreiche» Oblie^ heile» der 8a§8 t'onimo fast allgemein von Frauen der gebildeter Stände übernommen sind. Auf zahlreiche» Gebieten begegnet Ran den Frauen als eifrigen, geschickten und geschätzte» "Ärbeiterinnen; für ihr politisches Wahlrecht tritt allerdings bisher nur eine Minder heit ein, aber bei den örtlichen Abstimmungen der Gemeinden ühetz die Frage, ob nnd l» welchem Umfange sie den Verschleiß von* geistigen Getränken gestalten wollen, sind sie bereits wahlberechtigt/ Freilich haben die norwegischen Frauen speziell auf dem Gebiete der Mäßigkeitssache eine sehr eifrige Thätigkcit entwickelt. Und ul» zn ' einer richtigen Würdigung der Stellung der norwegische» Frau zu « gelangen, muß man neben ihren gesetzlichen Rechte» »och ihren H moralischen Einfluß in Stücksicht zieh:». Ihr Wort wird in de» össcntlichen Angelegenheiten gehört: in Jbscn's „Stützen der Gesell schaft" ist es bezeichnenderweise eine Frau, die die Reformer!» der ungesunden Verhältnisse der kleinen Küstenstadt wird, und der Konsul Bernick ist darum geneigt, die Frauen als die Stützen der Gesellschaft anznsehen. Die politische Partei, die heut in Norwegen am Ruder ist, verdankt ihre Stärke nicht zuletzt dem Umstande, daß ein großer Theil der norwegischen Frauenwelt sich für das unabhängige Nor wegen nnd die „reine Flagge" begeistert hat; haben doch die nor wegische» Frauen vor Kurzem den, Staate, der sich sür einen etwaigen Konflikt mit Schweden rüsten zn sollen meint, ein Kanonenboot ge schenkt! In dieser Stellungnahme der Norwegerinnen zeigt sich nun freilich, nebenbei bemerkt, die Achillesferse der Bildung all' dieser modernen, freien und gleichberechtigten Frauen: der Mangel an historischem Sinne, das Ucbergcwicht nationalistischen Geistes. Ist die Enge der norwegischen Letcusverhältuisie den Frauen zn Gute gekommen, so ist sie einem anderen, für das Land sehr charakteristischen Stande, dem der Littcratcn, von Siachtheit. Norweger crfrcnt sich nämlich einer ganz nnvechältnißmäßig große» Anzcflj^H ' von Littcratcn. Junge Leute, die ihre Begabung nur im sre,r»a§ dichterischen und littcrarischen Schassen bechütigeu zn können glauben, Andere, die ihre Studien nicht zu Enke verfolgen, nnd wieder Solche, die ihre Grade erreicht haben, aber die Freiheit der schriftstellerische» Thätigkcit der Gebnndcnh.it einer festen Stellung rorzichen, — sie liefern der Littercilcnklassc reichlichen Zuzug. Diese Klasse ist in Christiania zu einer Macht geworden, sie beherrscht die Presse und auf der Karl-Johanu-Gadc und im „Grand" lvird Norwegen's öffentliche Meinung von ihr gemacht. Da aber nicht eben die Reichsten diesen Stand bilden und der eigentliche vortreffliche Kern der Nation, der umsichtig crsahrene Kausmannssiand nnd das gesunde Der wilde Curmiaii. Erzählung ans dem rumänische» Volksleben. Von Julius Theiß- Chemnitz. (Schluß.) (Nachdruck verboten.) Alle umringten de» Zigeuner. Jlie aber hatte »ach den Worten Nitzu'S das Beil, mit dem cr hantirle, weit weggeschlcndert, war dann ans den Burschen zugcstürzt nnd schrie, ihn bei dcn Schultern packend: „Wo, sag' mir, wo treffe ich ihn?" „Du triffst ihn oben anf dem Tfchindrcl," antwortete Nitzu, „in der Stina*) des alte» Onea. Tort liegt er seit acht Tagen und pflegt sein Bein, das ihm jenseits der Grenze die Kugel eines Grcnzwächtcrs zerschmettert hat. Onca hat ihn ans Mitleid auf genommen. Wortlos, wie cr cs seit dem schrecklichen Vcgebniß am Tön Anschcti immer war, hängtc Jlie seinen Qnersack über die Schulter, sah nach, ob sein Messer fest in seinem Gürtel stecke, griff dann nach feiner Axt nnd schickte sich zum Ausbruche an. „Willst Du nns nicht mitnchmen, Jlie?" frng ich. „Wir Alle sind Deine Gefährten, nnd unsere Weiber schreien laut nach dem Blute dcs Verruchten!" „Sipnhar hat Recht!" riesen die Umstehenden. „Wir Le gleiten Dich." „So folgt mir!" cntgcgnele Jlie und schritt den Fußweg hinauf, den kurz zuvor der Zigenncrbnrsche hcrabgckommcn war. Der Weg nach dem Tschindrel war weit und beschwerlich, nnd Mitternacht schon längst vorüber, als wir bei dem Pialra Sirigoi, dem Hcxcnftein, angclangt waren. Hier trafen wir einige Tscho- bans**) an, die sich um ein Feuer gelagert hatten. „Wie weit ist es »och bis zur Stina des Onca?" frngen wir sic. „Wenn Ihr Euch daran haltet und durch die Bärcnschlncht gehen wollt, könnt Ihr sic i» einer kleinen Stunde erreichen!" ant wortete einer der Hirten. Wir tbatea dies. Wortlos fliegen wir dcn engen, steilen Weg, der über Felsgeröll führte, hinan. Oben angelnngt, erblickten wir bei dem Hellen Mvndlichte die heiß ersehnte Stätte. Die Stina lag gerade voraus, an einem schrosscn Felsen. Wir hemmten unsere Schritte »nd hielten Rath, wie wir uns dem Ucbclthätcr Cunnian am besten nähern könnten, ohne von ihm bemerkt zu werden, was bei dem Hellen Mondschein leicht der Fall sein konnte. Wie wir nun so daslanden »nd dcn Angriff erwogen, vernahmen wir Plötzlich ganz j„ nnscrer Nähe einen kanten Schrei. Einer uusercr Gefährten, der sich nach rechts gewandt hatte, um im Schalle» der überhängcndcn Felsen einen Weg zu erspähe», anf dem wir nns ungesehen der Stina nähern konnten, war nämlich einen Abhang hinabgcstürzt. Nun war er zwar nicht tief gefallen und halte sich anch nicht allzusehr verletzt, aber sein Geschrei hatte die Bewohner dcs einsamen Hauses geweckt, „nd während wir »ns mit dem Ver unglückten beschäftigten, war cs drüben rege geworden. *) Rumänische Sennhütte. **) Rumänische Schashirlen. Jetzt galt cs, zn handeln! Die Vorsicht, nns ganz still der Stina zn nähern, war jetzt unnütz geworden. Mit einem Wnth- gebrüll eilten wir, Jlie voran, unsere Acxte und Beile schwingend, über die Grasfläche hin. Aber anch in dem stillen Hause war cs unterdessen lebendig geworden. Schon hatte» wir »ns der Stina bis anf zweihundert Schritt genähert, als wir einen großen Mann, un bekleidet nnd mit wirren Haaren, ans der Hintcrthnr humpeln sahen. Es war der Gesuchte, wir erkannten ihn Alle. Mit den Zähnen knirschend nnd dcn Uebelthäter verwünschend, eilten wir ans ihn zu. Aber dieser, wohl wissend, was ihm bcvorstand, wenn er lebendig in unsere Hände fiel, strebte mit allen Kräften einer Schlucht zn, die sich im Hintergründe schwarz und gähnend hinzog, nnd stürzte sich, ehe wir ihn noch cingehvlt halten, mit dem Rufe: „Ihr Hnnde- seelcn, lebendig sollt Ihr mich nicht haben!" in die grausige Tiefe. Wir vernahmen ganz deutlich einen dumpfen Schall, der dadurch hcrvorgernfen wurde, daß der Körper dcs Misscthäters anf einen vvrspringcndcn Felsslcii, aufschlng; anch das Schmcrzgcbrüll des Hcrabgcflnrzlcn hörten wir. Jlie Bvganu aber stand dicht an dem grauenvolle» Abgrund, sandte seinem Todfeinde Flüche nach nnd beklagte cs voll schmerz licher Empfindung, daß ihm Maren Enrmian nicht lebend in die Hände gefallen sei. Da trat Juan Gindar — cr war der Acltcste nnd Erfahrenste unter nns — vor, legte seine Hand anf die Schulter dcs Klagenden nnd sprach zn ihm: „Nicht verwünsche de» Ansgang, mein Bruder! Er selbst hat sich gerichtet und Deine Hand blieb unbefleckt von dem Blute des Verruchten! Komm, laß' nns heimwärts ziehen. Nufer Hütten sind gefährdet, nnd unsere Weiber nnd Töchter i» schwerer Angst, wen» wir länger bleiben." J.ic Bogann sah das ein. Er warf »och einen haßerfüllte» Blick »ach dem schaurigen Grabe des wilden Cnrmian hin, dann winkte er u»S schweigend mit bcr Hand, daß wir nmkehren sollten. Es war längst hell geworden, als wir uns am Ufer dcs Sebes befanden. Ein roh behauener Baumstamm verband die beiden Ufer dcs Flusses, und eben schickten wir nns an, auf dem schwankenden Stege das jenseitige Ufer zu erreichen, als wir hinter »ns das kläg liche Geschrei eines Kindes vernahmen. Wir blickten nns »m „na bcmcrklen nun einen alte», granbärtigcn Mann, der ein zweijähriges Mädchen anf dem Arme trug, das cr, wie nns schien, durch initvc» Zuspruch zu bcfcinstigcn versuchte. „Mögen die Heiligen Eure Schritte lenken, Ihr Männer, die ch nicht kenne!" redete nns der Fremde an nno setzte kann seine zarlc Last anf den Boden nieder. „Sagt mir, Ihr Guten, welchen Weg muß ich nehmen, wenn ich nach Sibisdh gelangen null." „Komm' ein Weilchen mit uns und dann biege rechts ab!" antwortete Nikolae Vclcsan, einer nn'crcr Genossen, der dem Greise am nächste» stand. „Wo kommst Du her nnd was hast Dn mit dem Kinde vor?" „Gott schütz' Dich nnd schenke Dir langes Leben!" entgegnetc der Alle. „Es ist bei meiner armen Seele nichts Kleines, was ich vorhabc. Weiß ich doch selbst kaum, wie es e cken wird." Der Greis Halle diese Worte, wie uns schien, mit großer Be wegung gesprochen und de n Kinde, das sich wie schntzsnchcnd an seine Knice geklammcrt halte, oabei das Haar ans der Stirne ge strichen. Das kleine Mädchen aber fing alsbald wieder zu wein« a» nnd r:cf-'mit seinem Stimmchen so kläglich, daß Seele schnitt: „Äulttcr ----MIUe.r.Wpo,bis^D»?" ^N^vcnbarg dann, ungewohnt dcs Anblickes so vieler Männcr^'Hn Gcsichtchen in die rauhen Falten dcs Mantels, der dem Alten um die Schultern hing. Wir umringten voll Neugierde de» Greis und erfuhren von ihm, Ä daß cr ans Bnkvlilsch, jenseits der rnmäiiischen Grenze, kommet W Tort, erzählte cr, wäre vor Kurzen, die Mutter des Mädchens, eine sp arme Wittwe, die seit einem Jahre nach Bnkolitsch eingcwandcrt sei, ä gestorben. Da nun die kleine Nachillc, ganz schutzlos gewesen Wärt H »nd ihn das Kind gejammert hätte, habe cr sich als Nachbar entschlossen, die Kleine nach Sibisdh z» bringen, wo sich, wie er erfahren hätte, eine Schwester von des Kindes Mnttcr aufhalte. „Finde ich die Schwester nicht," so schloß der Alte seinen Be richt, „will ich mich dcs verwaisten Kindes annehinen. Zwar bß ich alt nnd schwach, und meine Hütte ist niedrig nnd klein, abe^ Nachillc, hat Niemanden mehr anf der Welt, und Gott wird w schirmen." Inan Gindar, der, wie ich Euch schon sagte, der Netteste und Erfahrenste von nns war, stellte sich »„>, vor Jlie Bogann hin, sah diesem ein Weilchen in die Augen nnd redete ihn also an: „Jlie, sieh' her, hier ist ein Ersatz für die verlorene Rnchilla. Gleicht des Mädchens Acnßercs nicht Deinem Liebling? Stimmen nicht aichh die Namen und Jahre der beiden Mädchen überein? BcdK/p, wcM"^ ei» günstiges Zusammentreffen das für Dich ist! Dein Todfeind ist vernichtet, „in, bring' der armen Mutier dies Kind, sage ihr, daß cs ihr eigenes sei, das einige Hirten ans de», Wasser gerettet und, „"kundig über des Kindes Abstammung, »nt sich in die Berge ge- j snhtt hätten Ein Zufall, so erkläre ihr, habe Dich das Kind wieder sind.» lasse». Gicb Acht, Jlie, sic wird cs nnfschrcieiid an ihr Herz drücken, und der böse Geist, der ihren Verstand umnachlct hält, wird von ihr weichen." Kam» Halle der alte, ehrliche Gindar so gesprochen, so siel der starke, im Kampfe nm's Leben gestählte Jlie Bogann den, klugen Rnthzebcr laut schluchzend um dcn Hals. t" „Ja — ja, ich will so Ihn», guter ehrlicher Gindar!" rief der er schütterte Vale.. „Ich will Dich, so lange ich lebe, meinen Freund nennen und mein Bell redlich mit Dir lheilen, wenn Dich Neih nnd Armuth drücken sollte." Dan» nahm cr das llcmc Wesen, hob cS in die Höhe, herzte und drückte cs und versuchte das Kind durch allerlei Schmcichclwvrtc zn beruhige». „Koni»,', komm', mein Lieb chen, ich will Dich z» Deiner Mnttcr bringen!" tröstete er die Kleine. „Sie wird an Deinem Veilchen sitze», wen» T» schläfst, „nd auf Dci c Athemzüpe l,»scheu." Das lleinc Wese», als wüßte cs, daß cs unlcr guten Schutz komme, beruhigte sich n»d legte zutraulich sein Acrmchci, um den Nacken dcs beglückten Jlie. Der bisherige Beschützer dcs Kindes, dein eine große Sorge vom Herzen genommen war, und mit de», »,a» bald einig wilrde,^ legte seine Hand anf das Haupt dcs Kindes „nd bat die Heiligen, daß sic cs vor Unheil »nd Gefahr beschützen möchten. Dan» schieben wir. Der Alte trat wieder dcn Heimweg nach
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)