Volltext Seite (XML)
Woche und drüber die Gäste zu trunkenen Schmausereien, zu Liedern und Tänzen. Mich diese Che kann aber mit den »öthigen Förmlich teilen, welche hauptsächlich das Vermöge» betreffen, wieder gelöst werden. Die andere Ehe bedingt keinerlei Förmlichkeit? Die Frau zieht zum Manne, und die Ehe ist geschlossen und gilt — darin unterscheidet sie sich von der „wilden Ehe" Europas — als Ehe. Die Frau i» solcher Ehe ist ebenso geachtet, hat dieselbe» Rechte und Pflichten, wie die förmlich geheirathetc, uud in allen Fällen hat der Mann für seine Kinder zu sorgen; sie gehöre» ihm und sie fallen ihm allein zur Last, wenn er auch von der Frau sich scheidet. Mit dieser einfachen Ehegesctzgebung ist der Abessinier der zärtlichste, Pflichttreueste Gatte, ist die Abessinierin das hingebendstc, treueste Weib. Freilich braucht Keiner die Treue zu brechen, da für Keine» ein Zwang besteht, die unwillkommene Che svrtzuführen. Nur ein sittlicher Zwang besteht durch die Kinder, welche die Frau verliert, der Mann behält. Männer und Frauen lieben de» Tanz und tanzen mit Leiden schaft und Grazie »ach den rhythmische» Kläugcn des Tambouriu. Ihr Liebestanz wird fast zum Drama. Die Frau stellt sich in die Mitte des Kreises. d.n die Zuschauer bilden. Ein Jüngling nähert sich ihr und erklärt ihr in wohlgesetzter Rede, mit Vergleichen und Bildern seine Liebe. Ein Zweiter meldet sich und sucht in seinen Betheueruugen de» Ersten zu übertrumpfen. Die Frau aber, sich auf den Beinen und in den Hüften wiegend, deutet durch Mienen und Bewegung den Eindruck an, den die Werbungen auf sic machen, erst furchtsam, dann erstaunt, dann wohl auch mit würdevoller Ent rüstung, dan» schallhaft, bis endlich das Spiel mit dem Siege eines der Tänzer endet. Die Tänzer aber gehen in der Rede von der Liebe zur gegenseitige» Beschimpfung, Bedrohung bis zum Ring kampfe über, in den, wohl auch Blut fließt. Aber nach dem Tanze find die Rivalen wieder die besten Freunde. Der Tanz ist ei» Spiel zu Ehre» der Frau. Die Abessinierin ist von ihrem zwölften Jahre an vollkommen entwickelt und i» ihre» häuslichen Pflichten, die ernste Arbeit fordern, wohl bewandert; sie kann koche», waschen, weiß auf dem Felde und im Stalle Bescheid, kann den Meth ausetze» und kennt die große» und kleinen Künste des Putzes, den Werth des Schmuckes, und wie er zu tragen ist. Die Abessiuierinnen haben regelmäßige Gesichts- züge lind wnndersam schöne Gestalten, die in ihrem Ebenmaße an die Wunderbilder eines Phydias und Praxiteles erinnern. Im Alter von 30 Jahren sind sie freilich schon meistens verblüht. Die italienischen Offiziere, welche während der zwölf Jahre vor der Schlacht von Adua in Erythraea garnisonirte», sind vielfach mit Abessiuierinnen die Ehe in der weniger strengen Form eingegangen und ihre Gemahl- innen wuroe» von den feierlich vrrheiratheten Eingeborene» als Ehe frauen vollständig respektirt. Wenn sie in ihren bunte» Kleidern mit de» Spange» aus Silber »m Arme und Füße und mit den grell- wlhe« Schirmen auf den Maullhiere» saßen und, begleitet von be waffneten Ordonnanz-Soldaten, ihre Besuche bei Freundinnen machte», so galten sie als Edelfrauen und verloren auch nichts an Achtung, wenn die Ehe geschieden war, weil der Eheherr nach Europa zurück kehrte. Wäre es nach den abessinischen Frauen gegangen, die Italiener hätten nie Anlaß gehabt, ihre afrikanischen Wünsche zu beklagen. Eine rührende Probe weiblicher Äesinnungstrene erlebte der LeutnantMaresfotti nach der Schlacht von Adna. Er war in der Schlacht mit einer kleinen Gruppe vom Gros abgeschnittcn und von einem Ra», der ihn mit hundertfacher Uebermacht umzingelte, gefangen ge- »ommen und weggeführt worden. Abends kamen sie in einen Ort, wo ihm der Ras eine Hütte und den gefangenen Soldaten Lager plätze anwics. Als sich Leutnant Maressotti eben niedcrlegen wollte, trat ein schönes abcssinischcS Weib in die Hütte und sagte zu ihm in gutem Italienisch: „Ich habe längere Zeit in Asmara gelebt und den Italienern ei» freundliches Andenken bewahrt. Ich will Dir meinen Namen nicht nennen, aber ich will Dir sagen, daß mich das traurige Schicksal schmerzt, das Euch betroffen hat. Nimm das als Andenken an mich." Sie gab ihm ein Gebetbuch und verschwand. Der Ras geleitete am nächsten Tage seine Gefangenen weiter und entließ sie frei auf der Straße nach Adikalch. — Dort erzählte der vom Glücke so begünstigte Offizier sei» Abenteuer und — die Kameraden erinnerten sich. Das war die schöne Amerasch, die vordem Gattin eines italienischen Offiziers gewesen nnd dann auf einmal ver schwunden war. Sie hatte nachmals den Ras xeheirathet und diesen nun zur Milde gegen die Italiener gestimmt, in deren Mitte sie früher gelebt. — Stralsundcr Bratheringe. Nachdem man die soge nannten grüne» Heringe geschuppt, ausgenommen und gewaschen hat, legt man sie zum Abtrocknen auf ein Brett, vermischt Mehl mit geriebener Semmel uud Salz, wälzt sie darin und bratet sie in ein wenig Prvvenzerol unter öfterem Umwende» brau». Man muß sich hüten, mit einem Male zuviel Oel zu nehmen, weil die Heringe sonst weich und nicht braun werden. Darauf packt man sie in Stein- töpse oder Porzellangcfäße und übergießt sie mit heißem Bieressig, den man mit Gewürzkörnern, Salz nnd Lorbeerblättern abgckocht hat. Will man sie den Neunaugcn ähnlich bereiten, so fügt man den Gewürzen noch pnlverisirte Pimpinelle nnd Galgantwnrzel bei, welche man in der Apotheke kauft. Nach 24 Stunden sind sie genießbar. — Praktische Einrichtung des MciderschraukeS. Es dürfte noch nicht Jedermann bekannt sein, wie bequem uud vortheil- hast es ist, sich in de» Kleiderschränken anstatt der übliche» Hake» vom Schlosser eine nicht zu schwache Eisenslange derart befestigen zu lassen, daß links nnd rechts innen an de» schmalen Längsseite» des Schrankes eine Schraube eingeschraubt wird, in welchen die an beiden Seite» etwas nmgebogene Stange ruht. D e Kleider werden nun über ei» Holz wie in den Konfektionsgeschäften an die Stange gehängt. Da man sie auf diese Weise ohne zu zerdrücken recht fest zusammen schieben kann, so geht noch einmal so viel in de» Schrank. Die Kleider hängen viel übersichtlicher und man hat das Gewünschte sofort bei der Hand. Die alten auSgeschranbtc» Haken kann man wieder zum Eiuschraubcn in das Kleiderholz benützen, das man in jeder Holzwaarcnhandlnng kaufen kann. — Zum Näucheru VeS Fleisches. Der bisherige abnorme Verlauf des Wi .ters gicbt uns Veranlassung, daran zu erinnern, daß die Witternngsverhältnisse ans das Ranchern einen großen Einfluß haben. Bei regnerischem Wetter bedarf man eines rascheren Circnlircus des Rauches, während man bei trockener, klarer Lust das Feuer nur* schwelen läßt und mehr Rauch dadurch en.wickelt, daß der Ansgangsschieber weniger geöffnet ist. Dan» uud wann fetzt man das Räuchern eine» halben tis ganzen Tag ans. Vor allen Dingen sorge man dafür, daß das Fleisch, bevor es in den Rauch kommt, vortrocknet, nachdem man es gesäubert uud mit einen» Tuch abgewischt hat. Sieht das Fleisch i» der Rauchkammer feucht oder „schmierig" au», so ist nicht darauf zu rechne», daß man eine gute Rauchwaare erhalten wird. Man beachte dies im gegenwärtigen Jahre ganz besonders, wenn das Fleisch sich gut halten soll. — Unsaubere Finger, welche stets die Folge vom Aepfel« schälen u. s. w. sind, bekommt man schnell wieder sauber, wenn mau, nachdem das Messer aus der? Hand gelegt worden ist, sofort die schwarzen Stellen mit frischein sauren Obst abrcibt; werden die Finger davon noch nicht ssganz weiß, so reibe man sie mit einer Zitronenscheibe nach. — Um Sohlen haltbar zn machen, reibe man diese mit ge kochtem Leinöl ein. Noch haltbarer werden sie durch das Bestreiche» mit Bernsieinlack, das man monatlich einmal wiederholen kann.' — Wildschnttten» Neste von Wildbraten werden fein ge wiegt. Petersilie, Schnittlauch, Zwiebeln nnd einige Sardellen werden ebenfalls gewiegt, durch ein Sieb gestrichen und mit einem kleinen Löffel Mehl in steigende Butter gctha», worin das Letztgewiegte etwa» schwitzen muß. Nun wird ein wenig Brühe dazu gegossen, sodaß ein dicklicher Brei entsteht, mit welche», man das Fleisch nebst etwa» Salz, gestoßenem Pfeffer, einem Gclbci, Essig, Oel und Sens nach Belieben gut vermischt. Diese Fülle wird auf Semmelscheiben ge strichen, mit Sardellen nnd Kapern belegt und in steigender Butter gebacken. Sowohl warm, als auch kalt schmecken die Schnittchen sehr gut. kur I<68ta.urunt8 fzpiei'-8ki'Viktl8ii — .MI»,»wall uiui äviitsvl» — in vsrgLÜiscksner ^ustdlirunA rrn billiAstsn Ursisvn clia V0Q Alexander Wiede Lkenmilr. ItlkaisiÄrabse 5. Kleine Botschast. blieben find. Durch die tägliche Wiederholung werden die kleinen Pflichten manchen Leuten «her langweilig als mechanisch; daher müssen sie nur Denen anvertraut werden, die entweder als unbedingt zuverlässig erprobt sind oder selbst ä» ihrer Erfüllung das größte Interesse habe». Zur Entlastung meiner Landsleute muß ich hier sagen, daß die eben über der Erde befindlichen Fenster und Thürfenster der Killergeschosse gewöhnlich von außen mit festem Gitter versehen sind, also iveder Eingang Koch Ausgang durch die Scheiben gestatten. Im Innern des Hauses handelt es sich beim Schließe» um Geld« und Wertsachen, Borräthe, Brief«, Schwefelhölzer und — Gifte. 8» ist eine ebenso erstaunliche, wie oft gcmechte Wahrnehmung, daß bei Todesfällen wichtige Papiere: Gcbnrts-, Tauf-, Trau- und Todtenscheine, Schuldverschreibungen, Spar kassenbücher u. s. w. nicht zu finden sind. Die Hinterbliebenen komme» dadurch oft i» die peinlichste Verlegenheit. Jeder, der solche Papiere besitzt, sollte sich doch sagen, daß er sterblich ist, und sollte wenigstens einen ihm naheflehends» Menschen in Kenntniß davon erhalten, an welchem sicheren Orte er alles das aufbewahrt. Ein eisernes Kästchen mit festem Verschluß, das für ein paar Mark zu haben ist, nimmt dergleichen am besten auf nnd möge seinerseits in einem stets perschlossen gehaltenen Schranke oder Auszug Platz finden. Geld offen herumliegen zu lassen ist durch aus nicht crläubt und darf in einer ordent lichen Wirtschaft nicht Vorkommen. Es hat viel für sich, daß man stets etwas Geld bei sich trage; aber weder soll die Börse, die eS enthält, beliebig aus der Hand gelegt werden, noch in Nock- nnd Kleidcrtaschen stecken bleiben, wenn man die Kleidungsstücke ablegt. Verlaß' Dich nicht darauf, daß Deine Kinder, Deine Dienstlcute, Deine Mitbewohner so ehrlich sind, mit solcher Nachlässigkeit führst Du sie jedes mal in eine Versuchung, der längst nicht Jeder gewachsen ist, und je öfter ei» Gelegenhciis- dicb nncntdM bleibt, desto starker ^bildet sich in ihn d:« Hang znm Stehlen aus. Es ist aber gewöhnlich sehr schwer, ost unmöglich, einen Hansoieb, der kleine Summen Geld vegnimmt, zn überführe». Daß eine größere Summe in einem verschlossenen Kommoden-Ans- zug nicht sicher verwahrt ist, falls nämlich der Schlüssel zu den, Auszug vben ans der Kom mode liegt, davon hat sich noch kürzlich ein zunges Mädchen meiner Bekaniilschast über zeugen können. Alle Arien von Vorräthen: Nahrungs mittel, Wäsche, Feuerung, Rohstoffe zum Geschäftsbetrieb;, von denen sich, ohne daß es zu merken wäre, kleine Menge» wegnehmen lassen, bilden gleichfalls einen Fallstrick für schwache Gemüthcr. Es ist daher rathsam. sie unter Verschluß zu Hallen und in regelmäßigen Zwischenräumen: täglich oder wöchentlich, so viel herauszugeben, wie in der Zeit verbraucht lverden soll. Vor Kindern und Dienstboten Brot wegzuschließen, empfiehlt sich dagegen nicht; e» macht den Eindruck unnöthiger Härte, und wer außer der Zeit trockenes Brot ißt, der hat Hunger. Ob Butter, Zucker, Kaffee, Bier, Milch zu den Nebcnmahlzeiten auch unter Verschluß der Hausfrauen stehen sollen oder nicht, wird sich wohl nach der Ortssitte und nach der bescheidenen oder nicht bescheidenen Art der Hausgenoffen richten müssen. Die Hausfrau muß das bedenken, daß Kinder und ganz junge Leute eigentlich immer eßlustig sind, und daß es sehr schwer für sie ist, ihren Appetit zu vertagen; sie muß aber auch be denken, daß sich die Kinder gewöhnen müssen, bei de» regelmäßigen Mahlzeiten sich satt zu essen und nicht in der Zwischenzeit ans Essen zu denken. Ein an Dich gerichteter Brief gehört nicht Dir allein, sondern ebenso gut Dein, der ihn geschrieben hat; er ist anvertrautcs Gut. Kinder müssen cs von klein auf nicht anders wissen, als daß sie nichts Geschriebenes anzu- rühren haben, was nicht für sic bestimmt ist; bei alledem führe man doch chre schwache Tugend so wenig wie möglich in Versuchung durch umhcrliegende Briefe und fSchriftstücke. Schwefelhölzer — so lange wir nicht Alle elektrisches Licht haben — sollten, wenn nicht verschlossen, so doch an einem Orte aufbewahrt werden, wo kleinere Kinder sie nicht erreichen können. Das ist nur dann überflüssig, wenn die Kinder zu so unbedingtem Gehorsam er zogen sind, daß sie auch in Abwesenheit der Ellern nichts Verbotenes anrühren. Aber solche Kinder find zienilich selten, sonst würden wohl nicht 17 Prozent aller Brände durch Spielen der Kinder mit Zündhölzchen zu Buch stehen. Mit Gist, wenn solches im Hause sein muß, verhält es sich ebenso, nur daß die Be quemlichkeit, cs überall zur Hand zu haben, wie Zündhölzchen, überhaupt nicht mit spricht. Gist ist aber nicht blos Arsenik nnd Strychnin oder Karbolsäure uud dergleichen, sondern auch manches Buch, manche Zeitung und Zeitschrift, wenn sie in die Hände von Unmündigen ge- rathen. Muß dergleichen überhaupt in Dein Haus kommen, so siehe zu, daß Deine Fahr lässigkeit nicht znm Verderben eines Menschen a» Leib »der Seele gerathe! Zur Geschichte des Briefes. Der Brief ist wohl unstreitig eines der ällesten Verkehrsmittel. Seine Geschichte ver liert sich in das Dunkel der Sage. Nach Divdorus aus Sizilien (zur Zeit Eäsar's) stammt der älteste Brief der Welt von dem indischen König Stabrobates; derselbe war an die assyrische Königin Soniramis gerichtet. Mehrfach ist auch in der Bibel von Briefen die Nede, und selbst Homer läßt schon, wie jener Brief beweist, den der Argiversürst Prvilos arglistig dem Belerophon nach Lycien mitgab, die Helden sich des Schreibens be fleißigen. Nach neuen Forschungen gebührt die Ehre der Erfindung des Briesschreibens der Königin Atossa, der Tochter des CyruS und Mutter des Xcrxes. Am frühesten wurden indeß Briefe wohl in Egypten geschrieben, da dort schon in ältester Zeit durch die hohe Kulturcntwickelung im Allgemeinen, wie durch die Erfindung der Papyrusbereitung für die Entwickelung des Briefverkehrs die entsprechenden Bedingungen gegeben waren. Eine besondere Art der klassischen Briefformen ist der Sta b. oder Nollbrief, die svgcnannte Skytale, ider in Laccdämon gebräuchlich war. Sollte näm lich eine offizielle Botschast ergehen, so schlang man einen schmalen weißen Riemen fest und genau schließend um einen Stab, schrieb das Nölhige in der Längsrichtung des Stabes querüber auf die durch den aufgewickelten Riemen gebildete Schreibfläche, löste den Riemen wieder und schickte ihn so an den Feldherrn oder Staatsmann, für den die Bot schast bestimmt war. Dieser vermochte die jedem Anderen unverständlichen Zeichen nur dadurch zu entziffern, daß er de» Riemen um den in seinen Händen befindlichen Stab von genau den gleichen Dimensionen schlang. So stellte der Stabbricf wohl die älteste Form eines Feldpostbrieses dar. Uni die Geheim haltung von Nachrichten möglichst zu sichern, traf man mitunter ganz sonderbare Vor kehrungen. Herodot er^ä lt z. B-, daß man manchmal einen Sklaven als Schreibmaterial benutzte, indem man den Kopf desselben glatt schvr, die Kopshaut mit Zeichen beschrieb, hier auf die Haare wachsen ließ und den Boten svdnul absandte. Der Empfänger der Bot schaft schor de» Kopf von Neuem, laS die Schrift und antwortete dann auf demselben, freilich etwas »»gewöhnlichen und umständlichen Wege. — Der Perser Harpagus soll sogar dem Könige Cyrus einen Hasen übersandt haben, in dessen Fcll unter der Oberhaut ein bcschriebcner Zettel stak. Auch sollen im Altertbume geschriebene Botschaften i» Mnmien- särge gegeben und mit denselben verschickt worden sein. Das Mittelalter zeigt nur eine mäßige Entwickelung des Briefschreibens in der ver kehrsmäßigen Bedeutung des Wortes. Be gründet ist diese Thatsache, abgesehen von der damals überhaupt ziemlich spärlich verbreiteten Kenntniß des Lesens und Schreibens, besonder- auch in dem hohen Preise des Schreibmaterials, als welches nunmehr an Stelle des in Ver gessenheit gerathenenPayprns das Pergament getreten war. Seinen Namen trägt dieses Schreibmaterial von der Stadt PergamuS in Kleinasien. Einen nngeahnten Aufschwung nahm die Entwickelung des Briefes durch die Erfindung des Lumpenpapieres. Lumpen papier erwähnt zuerst ein Abt Petrus im Kloster Cluny, der in der Mitte des zwölften Jahrhunderts lebte. Die früheste Bereitung des Papieres überhaupt scheint die aus Baum wolle gewesen zn sein, welche bei den Chinesen seit ältester Zeit bekannt war. Im ersten Jahrhundert ging die Kenntniß der Papier bereitung auf die Araber über, und von ihnen erlernte» sie zuerst die Spanier, dann die Italiener. In Deutschland entstanden die ersten PapiermWen 1320 zwischen Köln und Mainz. Der arabische Ursprung der Papicrbereitung zeigt sich noch heute in dem Worte „Ries-, das von dem Arabischen rarmn, d. h. Bündel (später im Spanischen rosma, im Italienischen risma,) stammt. Im Uebngen wurde der neue Schreibstosf lange und hartnäckig miß achtet. So verbot Kaiser Friedrich 11. 1231 ausdrücklich die Anwendung des Papieres zu Urkunden, weites zu vergänglich sei. Italienische Notare mußten noch in späteren Zeiten bei ihrem Amtsantritte versprechen, kein Papier zu Urkunden zu verwenden. Ebenso wollte in Brügge in Holland der Kanfmannsstand sich nicht herbeilasse», den Rezesse» „nxps 1?oxz?r" Glauben beizumeffen, und in England müssen die meisten Urkunde» noch jetzt auf Pergament geschrieben werden.