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General-Anzeiger für Chemnitz und Umgegend : 07.12.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-12-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384843-189812075
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384843-18981207
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384843-18981207
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
General-Anzeiger für Chemnitz und Umgegend
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-12
- Tag 1898-12-07
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Monat
1898-12
-
Jahr
1898
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— Nr.283. - 18M. — Diese verbreitetste unparteiische Leitung erscheint Wochentags Abends (milDatum deS nächsten Lage-) und lostet mit den sechs »vöchentlichen Beiblättern: 1. Tüchfifcher Erzähler, L. Kleine Botschaft, L. Gerichts-Zeitung, 4. Sächsisches Allerlei, st. Jllustrirtes Unter- haltitttgsblatt, 5. Lustiges Bilderbnch fitr Chemnitz: monatlich 40 Pfennige; bei den Postanstaltcn: monatlich bl) Pfennige. 1898. Postliste: Nr. 2803. lelegramm - Adresse! ü>e»»alauzelger, ger»lpr«chstelle Nr. »NI. General- Mittwoch, den 7. Dezember. Anzeiger* für Chemnitz und Umgegend. (Sächsischer LandeS-Anzeiger). - Gegründet 1878 als „Anzeiger" ,e. «erlag und RotationSmaschineN'Drn» von Alexander Wiede in Chemnitz, Lheaterstratz» Ar. 8. Anzeigenpreis: «gespalten« TorpnSzeile (ca.S Silben fastend) oder deren Raum 15Psg. (PrelS- Verzeichniste tr Zeile 20 Psg.) — Bevorzugte Stelle («gespaltene Petit-Zelle circa 11 Silben fassend) 80 Pfg. — Anzeige» können nur bis Vormittag 10 Uhr angenommen werden, da Druck und Verbreitung der große« Auslage längere Zeit erfordern. Geschäftliche Anzeiger-Inserat« finden für billigsten Preis zugleich Verbreitung durch di« täglich erscheinende Chemnitzer Eisenbahn-Zeitung. Amtliche Anzeigen. «vestentliche gemeinschaftlische Sitzung beider städtischen Kollegien. Mittwoch, de» 7. Dezember 1898, Abends 6 Uhr, «o> Siadtverordneten-Sitzungssaale. Tagesordnung: 1. Ergänzungswahlen für die Pserde-MusterungS- vmmissionen. 2. Berathnng und Beschlußfassung über die Vorschläge des Ausschusses zur Berathnng des Antrags der Herren Stadtverordneten Dr. Gaitzsch und Genossen, betreffend den 25. Nachtrag zum Ortsstatut für die Stadt Chemnitz. Die Massenversammlung für Ziethen. Dem „Leipz. Tagebl." wird unterm 5. Dezember aus Berlin geschrieben: Berlin hat ja schon viele eigenartige Versammlungen gesehen, eine der eigenartigsten aber hat am Sonntag Mittag von 12 bis 3 Uhr im Konzerthanse getagt. Der Andrang war so ge waltig, daß die Versammlung Polizeilich geschlossen werden mußte. Der Saal sowohl als alle Tribünen waren überfüllt. Die Zu sammensetzung des Komitee'S war so bunt wie denkbar; Richard Nösicke, Mitglied des Reichstages, neben Leuten, deren Name» wir noch nie gehört, Paul Lindau neben dem Anarchistenchef Landauer. Auch die Zusammensetzung des Publikums ließ an Buntscheckigkeit Nichts zu wünsche» übrig; da Ware» Frauen, hochmodern frisirt, in kostbaren Sammet- und Seidenkleidern, und Leute, denen man die bitterste Armulh ansah, Arbeiter und jene Individuen, die man in Auarchistenversammlungen trifft. Robert Schweichel präsidirte; der alte Herr in dem schönen weißen Barte nimmt immer für sich ein; er hat etwas Liebenswürdiges und zugleich Würdevolles, etwas Patriarchialisches in seinem Wesen. Der Hauptredner war der Oberst leutnant v. Egidy; er trug de» Fall Ziethen (es handelt sich be kanntlich um den zum Tode wegen Gattenmordes verurlheilten, dann zn lebenslänglicher Zuchthausstrafe begnadigten Barbier Ziethen aus Elberfeld) so wenig objektiv wie möglich vor; alle Momente, die zu Gunsten Ziclhen's sprachen, winden mit größter Breite erörtert, über alte Schuldmumeute wurde hinweggchuscht und die Sache so hing.stellt, als habe man es mit einem Engel zn thun. Ziethen hat doch seine Frau mißhandelt, hat seine „Geliebte" in Köln gehabt, eine unglückliche Ehe geführt n. s. w. Sehr eigenthümlich nahm es sich auch aus, daß der Oberstleutnant v. Egidy davon redete, eS gehe gicht wenig-Kreise in unserem Volke, die den Attentalsversnch am Niederwalddenkmal als einen ernstlich geplanten nicht betrachteten, und daun dem Anarchistenchef Landauer Lorbeeren streute. Herr v. Egidy warnte alsdann, de» Fall Ziethen mit dem Fall Treyfiis in Parallele zu bringen; man wolle nur dem Gewissen Klarheit verschaffen, den Ziethen nicht befreien, sonder» nur dafür sorgen, daß endlich das Wiederaufnahmeverfahren eiugeleitct werde. Nach Egidy, der natürlich von seinen Anhänger» mit B ifall überschüttet wurde, sprach der Privatdozent 1)r. Jastrow mit Nutze und Objektivität, die ganze Angelegenheit auf eine breitere Basis stellend; dann erhielt der Chefredakteur der „Volkszeitnng", Karl Volltath, das Wort. Weit ragte» seine Aussühr mgcn über die Egidy'sHhervor; cr betonte, daß Männer aller gesellschaftlichen Stände, aller politischen Richtungen, von der allciänßersten Linken bis weit nach rechts, sich zusammen gesunden hätten, um die Angelegenheck zu betreibe»; das sei ein be- 'niÄverlhes Symptom; der Fall Ziethen dürfe nicht als ein lHHreigniß betracht werden; cs handele sich darum, das Nechts- wHi» des Volkes aufzurütlel». Er brachte eine Resolution ein, l„'o's als Pflicht der Justizverwaltung erklärt wird, das Wieder- aiifn^Licocriahren im Falle Ziethen zn veranlassen. Vollrath fand <»f äAn Seiten laute» und uneingeschränkten Beifall. Nach Voll' trath sprach »och Liebknecht; er „nachte das interessante Geständniß, daß er ivegc» des Falles Ziethen einen Minister ausgesucht habe; das sei das erste Mal gewesen und auch das letzte Mal. Die Reso lution Vvllrath wurde einstimmig angenommen. Wir gingen mit dem Bcwußtscin fvr>, daß Herr von Egidy dem Barbier Ziethen «icht gedient hat; gerade die größte Objektivität der Darstellung war »vthwendig, aber wir vermißten sie völlig; bei Vollrath als Referenten hätten wir sicherlich auch die gegen Ziethen sprechende» Momente gewürdigt gesunden. Gewiß, der Fall ist dunkel, namentlich seitdem der Varbiergehilfe Wilhelm sich als Mörder der Frau be zeichnet Halle und seiner Zeit deshalb in Uittersuchungshaft saß. Wilhelm hat dann bekanntlich die Selbstbeschuldignng zurückgenommen, jms Verfahren gegen ihn wnrde eingestellt und Wilhelm soll seit zehn Jahrcn verschwunden sein. Politische Nttnvschan. Chemnitz, 6. Dezember 1898. Deutsches Reich. Kaiser zum Geschenk gemachten ^Geschütze sind >n 25 Kisten m Berlin eingetrofsen und dem Zeug- Hanse überwiesen worden, wo sie, voraussichtlich in Gegenwart des Aaisers, ausgepackt und einstweilen vor der Borussia im Lichthofe Mfgeslellt werden sollen. Die Geschenke bestehe», der „Nat-Ztg " zufolge, in einem türkischen Feldgeschütz mit Lafette und einem türkische» Berggeschütz mit den dazu gehörigen Sätteln für die Maul- flhiere, auf welchen diese die Geschütze im Gebirge sorlschaffe». Beide» Geschütze» ist die betreffende Munition beigesügt. — Zur Wclscnfrage wird dem »Hamb. Korresp." ans Berlin geschrieben: »Die „Schles. Ztg." macht den Versuch, ihre frühere Nachricht über Verabredungen betr. die Zulassung des Sohnes des Herzogs von Cumbcrlaud zur Thronfolge in Brannschweig trotz des Widerspruches der „Nordd. Allg. Ztg." in anderer Form aufrecht ,u erhalte». Thatsächlich bleibt bestehen, daß derartige Verhandlungen m Jahre 1891 gelegentlich der anderireitigen Bestimmungen über Ke Verwendung des WelsenfoudS nicht staltgesunle» haben. Die cMittheilungen der „Schles. Zeitung", die anscheinend aus den am >*stchsten interessirten Kreisen kommen, waren vielleicht Fühler, die de» Zweck hatten, die an maßgebender Stelle bestehende Stimmung kennen zu lernen. Das Ergebniß dürfte den Erwartungen des Cumberlander Hofes l» keiner Weise entsprochen haben. — Die Gerüchte von dem angeblich bevorstehenden Rücktritt des Chess des ZivilkabinetS v. Lncanus und seiner Er- Nennung zum Chefpräsidenten der Oberrechnungskammer werden auch der „Nat.-Ztg." von angeblich zuverlässiger Seite al» unbegründet bezeichnet. — Die „Nat.-Ztg." schreibt: Der Kaiser hat, wie wir hören, dem Gouverneur von Deutsch-Ostafrika, Generalmajor Liebert, persönlich den Rothen Adler-Orden zweiter Klaffe mit der Krone und Schwertern verliehen. Diese ungewöhnliche Auszeichnung des auch um die volkswirthschaslliche Entwickelung unserer größten Kolonie verdienten Gouverneurs wird wohl endgiltig diejenige« verstummen lassen, welche so beharrlich von der „Amtsmüdigkeit" des General- majors Liebert zu erzählen wußten. — Die „Hamb. Nachr." enthalten ein« Korrespondenz aus Stuttgart, welche die Angabe der Blätter über da» von der Cottaschen Verlagsbuchhandlung für die Bismarck'schen Memoiren gezahlte Honorar als übertrieben bezeichnet und mittheilt, daß pro Band nur 100,000 Mark stipnlirt seien, und zwar ein für alle Mal, so daß alle pekuniären Erträgnisse aus Ucbersetznngen und späteren Auflagen ausschließlich und ohne Einschränkung dem Berlage Vorbe halten bleiben. lieber die Verabschiedung des Oberste» Keim wird der „Deutsch. TageSztg." aus Aachen geschrieben: In der Presse wurde kürzlich die angeblich plötzliche Verabschiedung des Obersten Keim eingehend besprochen und der Vermuthung Raum gegeben, daß diese Verabschiedung mit der Militärschristslellerei zw Spanten. /Die Militärkreise in Madrid sind sehr beunruhigt über di« Bewegung eines englischen Geschwader» i« Ceuta. Es wird ein Gewaltstreich Englands gegen Ceuta be« fürchtet. — Unmittelbar nach dem Friedensschlüsse wird ritz Rothbuch veröffentlicht werde». Sagasta wird»dann der Krone eine Vertrauensfrage stellen und wenn, wie anzunehmen ist, dem Ministerium das Vertrauensvotum ertheilt wird, sollen die Cortes zum 7. Januar einberufen werden. — Dem „Liberal" znfolge gehe aus gewisse» Erklärungen des Generals Weyler hervor, daß zwischen Sagasta» Robledo und Weyler eine Verständigung im Gange sei, und daß die Wirkungen derselben nach dem Friedensschlüsse sich zeigen würde«. China. Eine Bresche nach der andercn wird in die starr« Mauer der Vornrtheile gelegt, mit welcher sich da» chinesisch« Reich umgeben hat. Hat der Bogdichau sich unserem Prinz-Admiral schon entgegenkommend gezeigt, so fühlt sich auch die Kaiserin-Wittwe bewogen, den Damen der fremden Gesandtschaften gegenüber da» strenge Hoszeremoniell zu durchbrechen. Die Kaiserin zeigte bezüglich der Audienz der Damen das äußerste Entgegenkommen «nd erklärte sich bereit, acht Damen zu empfangen, welche in Sänften bi» inner halb des Palastes zu tragen sind. Nur die Frage der Dolmetscher verbleibt vorläufig in der Schwebe; sobald sie geregelt ist, soll die Audienz stattfinden. Die Kaiserin wird die Damen ferner zum Lunch einladen. DaS Zeremoniell dafür ist bereits vereinbart. ' t ab, um Sitzung sche Maßnahmen Ein Frauenparadies. Dem »Berl. Lok. Anz." wird aus Johannesburg (Transvaal) geschrieben: ^ ^ Der Fremd«, der zum ersten Male in dem geschäftigen Mittel» scimiuenhänge. Oberst Keim war es bekanntlich, der'die Neuerungen! punkte des Goldhandels von Südafrika anlangt, wird weniger er« des Grafen Caprivi schriststellerisch vertheidigte. Aus guter Quelle staunt fern über den prächt,gen Anblick der MM aAüber dr. verlautet nun, daß die Verabschiedung des Obersten weder Plötzlich Leute d.e sie bewohnen. In Johannesburg haust ein MlerweltS- erfolgt sei, noch mit seiner Schriftsteller« zusammenhänge, sondern!^.^">u zusammen, und eine buntere Verschiedenheit ur Trachten, daß er aus rein persönlichen Gründen den Abschied freiwillig! Bitten und Art der Leute ,st kaum denkbar. - Hier geht em hoch« erbeten habe ! gewachsener Hindu mit weißem Turban, dort er» Parst aus Bombay, - Der Vorstand des Reichsausschusses für di« deutschen ^«4 an der hohen schwarzen Mütze und der Sjahlbrille, durch - - ' - " - - - die rin paar sehr kluge Augen suchend schauen, da kommt ein« chokoladenbraune Amatongafrau mit einem kleinen,, nackte» Kind« über die Straße oder laut schwatzende Hottentotte». Gemischt wie die farbige Bevölkerung ist auch die weiße, ma» trifft Vertreter all«« Länder, die der Hunger nach Gold hier zusamiiieiigebracht hat. Jene« junge Mann mit dem breitkrämpigen Hute und dem großkariirten Faponanzuge ist zweifellos ein „och „grüner" deutscher Landsmann, und diese dicke Daiiie, die über die ganze Straße nach MoschuSi. duftet, an jedem ihrer fette» Finger Ringe trägt, eine gelbe Bloufe- und einen grünen Rock auhot, ist sicher aus Lemberg, Berditschew oder Kalisch. Orientalische Physiognomie», deren man viele sieht, tragen zum Charakterbilde der Stadt wesentlich bei. Was aber am meisten auffällt, ist das fast gänzliche Fehlen von älteren Leuten und die sehr geringe Zahl der Frauen. Auf zwanzig Männer kommen hier noch nicht zwei Frauenk Da ist es kein Wunder, wenn die holden Wesen von der Männer welt, welche nun einmal eine so große Schwäche für das ewig Weib liche hat, als Halbgöttimien verehrt und auf alle nur erdenkliche Weise verhätschelt werden. Und die lieben Frauen verstehen sich gar meisterlich darauf, diese Lage auszunutzen. Diese Ladies von Johannesburg leben wie Alice im Wunderland. Sie brauchen nur einen Wunsch zu äußern, und er ist schon erfüllt. Die Mehrzahl der Herren befindet sich in den Jahre» zwischen 25 und 45. Natürlich beeisert sich Jeder der ausgezeichnetsten Hvslichkcit gegen die Damen, und die werden hi r so verwöhnt, daß sie sich, in die alte Heimath zurückgekchrt, sicherlich über die Verivorsenheit und Rohheit der bösen Männer dort bitter beklagen werden. Manche sehnt sich vielleicht zu Zeiten nach Hause, würde aber, dorthin geschickt, alsbald wieder hierher ihre Gedanken richten. Die Goldlady von Johannesburg ist dabei der großen Verehrung, die ihr entgegengebracht wird, durchaus würdig. Sie ist immer heiter, lacht sechs Tage in der Woche, tyrannisirt Einen mit dem entzückendste» Lächeln, und ist dennoch dankbar für die kleinste Aufmerksamkeit. Unerfüll bare Ansprüche macht sie nicht, hat sie doch Alles, wonach so im Allgemeinen Frauenherzen begehren. N chis ist den Männern hier zu theuer, um den schönsten Schmuck des Hauses mit allen nur er reichbaren Kostbarkeiten zu ziere». Da nun der munteren Johannes- burgerin wirklich kaum ein Wunsch übrig bleibt, ist sie um so mehr erfreut, wenn der Mann ihr eine Ueberraschung bereitet. Die Männer werden daher sehr erfinderisch im Ausdenke» von aller Art Vergnügungen. Manche mnfscn freilich erst gründlich in die Schule genommen werden. So war neulich Ball bei einer der bekannteste» Schönheiten, einer Amerikanerin, die eine junge, hübsche Freundin aus Chicago hatte zu sich kommen laste», um sie hier zu ver- heirathe». Ausgesucht dazu hatte sie ihr den Millionär Mr. N. Nach dcyi Balle fragt sie das Fräulein: „Nun, wie weit bist Du den» mit Deinem Anscrwähtten? Ihr wäret ja fast eiue halbe Stunde allein im kleinen Salon." Entrüstet antwortete die Schöner „Der? Der Esel hat die ganze Zeit sich die Silbersachen betrachtet» u»> die Fabrikstempel zu suche» I Solche Fälle von Geistcsvertvirrutig sind freilich selten. Trotz der Beflissenheit der Herrenwelt, sich de» Damen angeiiehin zu machen, wird dennoch von den Fünf-Uhr-Thees der Damen daS männliche Geschlecht durchaus verbannt. Da wolle» die holde» Wesen ganz unter sich sein, um zu klatschen. Und es giebß Stoff! Bei diesen Zusammenkünften der Damen merkt man g« sehr, daß, nach der Sprache zn urtheilen, die den Rosenlippen ent strömt, die Wiege der Schönheiten oft nicht gerade in den vornehme« Vierteln gestauten hat. Aber das thut dem Vergnügen keinen Ein trag, Jede hat gleiche Rechte, weil alle viel Geld haben und morgen noch mehr besitzen werden. Außer Klatsch giebt'S aber bei de» Kränzchen auch ernste Sachen zu verhandeln, wie z. B. augenblicklich die Petition gegen Ohm Krügcr's neue Verfügung, daß am Sonn/ Nationalfeste hielt im ReichStagSgeväuv« eine Si über eine Reihe von Anträgen betreffend organisaloris' zn berathe». ES wurde beschlossen, eine schärfere Organisation in einem deutsche» Vereine für vaterländische Festspiele zu schaffen, der sich in Ortsvereine und »ach Befinden in Priwinzial. und Landes- vereine gliedert. Zur Durchführung wurde cineKommijslon, bestehend aus den Herren v. Scheuckendorff, Oberbürgermeister Beutler, Hofrath Dr. Rolfs, Heyne und Haffe gewählt. Die nächst« Sitzung des Reichsausschusses wird Ende Januar in Dresden abgehalten werden. Darauf berichtete der Vorsitzende über das Berhältniß zur deutschen Turnerschast. ES fand eine Resolution, daß man eine Verständig ung mit der deutschen Turnerschaft für erwünscht hält und mit einer weiteren freundlichen Gestattung des Verhältnisses die genannten fünf Herren ebenfalls beauftragt, einstimmige Annahme. — Die schon vor einiger Zeit angekündigten agrarischen Interpellationen über die Flcischnöth, die Ausführung des Börsengesetzes und den Diskont der Reichsbank habe» bi» jetzt 72 Unterschriften erhalten. Bis zur formellen Einbringung im Neichstage.werde »aber noch einige Tage vergehen. Die Interpellationen sollen vorher den Fraktionen der Deutsch-Konservativen, Deutschen Rcichspartei, deutsch-sozialen Reformparei, der Nationalliberalen und des Zentrums zur Unterschrift und Unterstützung vorgelegt und von der wirthschastlichen Vereinigung begutachtet werden. Diese sollte gestern Abend znsanimeiitreten, sich aber wahrscheinlich zunächst nur koiistitniren. Ausland. Oesterreich-Nttgarn. Professor Pfister-Schweigghusen aus Darmstadt war vom Bunde der Germanen »ach Wien geladen worden, um hicr einen sprachlichen unpolitischen Vortrag zu halten. Die Behörde verbot zunächst den Vortrag, lud später den Vereins- obmann nochmals vor und theilte ihm mit, es sei auch Verbote», daß Pfister den Vcrsainmlungssaal betrete, der Obmann werde für die Einhaltung des Verbotes als persönlich haftbar erklärt. Pfister hat vor zwei Jahren in demselben Vereine in Wien anstandslos gesprochen. Italien. Die Anti-Anarchistenkonferenz soll sich gegen die gegenseitige Verpflichtung zur Auslieferung ausländischer Anar chisten ausgesprochen haben, dagegen wurden, wie mitgetheilt wird, scharfe Maßregeln gegen die anarchistische Presse acceplirt. Trattkreich. Das Gesuch Picquarts um eine Zu ständigkeits-Entscheidung in seiner Angelegenheit stützt sich darauf, daß cr gegenwärtig gemeinsam mit dem Advokaten LebloiS vor dem Zuchtpolizcigcricht wegen Enthüllung derselben Schriftstücke vcrsolgt wird, wegen deren er vor dem Kriegsgericht erscheinen soll. Juristische Kreise halten das Gesuch für völlig begründet; die Organe des Genercttstabs nennen dasselbe einen Advokatrnkniff zur Hi»ia»- haltung dcr Sache, welcher gesetzlich unhaltbar sei. Jedenfalls wird der Kassativnshof über das Gesuch Picquarts entscheide» müsse», weshalb die Vertagung des Prozesses wahrscheinlich ist. — Lebhafte Erörterungen findet in Regierungskrisen die durch den ehemaligen Deputaten Deloucle betriebene Agitation zur Aus dehnung der französischen UnlerrichtSpropaganda über das gesammte Sudangebiet. Die unerwartet heftige Opposition der leitenden englischen Kreise gegen die hier als rein kulturell angeslellte 'Propaganda hat im hiesigen Auswärtigen Amte stark verstimmt. Gewiß nicht zufällig werde» heule unter dem Ein druck dieser neuesten englischen Unfreundlichkeit einige bemerkenswerthe Verschickungen innerhalb dcs I. französischen Armeekv.ps bekannt gegeben. Ans dcr Landannce wurden 1500 sogenonnte Freiwillige herangczogcn, um die in Cherbourg und La Hogue durch Abkvmman- dirung mehrerer Batterie» nach Voulogne und Dünkirchen entstandene Lücke auSzusüllen.
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