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hielt als Belohnung als zweite Rate 30 Mk. Die erhaltene Farbe ließ dann K. durch den ihm bekannten Chemiker C„ dem er dafür eine Pelzmütze schenkte, qualitativ und quantitativ untersuchen. C. aber hat ihm nur die qualitative Zusammensetzung mitgetheilt. K. ist selbst zehn Jahre lang in der Markranstädts Rauchwaarenzurichterei und Färberei, thätig gewesen, es mußte ihm daher auch bekannt sein, daß das Schwarzfärbeverfahren wie das Verfahren mit den französischen Deckfarben als Betriebsgeheimniß angesehen wurde. Ein Tauvenliedhaber. Leipzig. Mit seinen Eltern lebt der 81 Jahre alte Seilergeselle Bernhard Rudolf B. aus Buttstädt bei Weimar auf gespanntem Fuße, weil er einem Freunde derselben 1200 Mk. gestohlen hatte und mit dem Gelbe durch gegangen war. Nach Verbüßung der ihm wegen dieses Diebstahls zuerkannten Strafe verließ daher B. seine Vaterstadt und suchte sich außerhalb Arbeit. Mitte Mai kam er »ach Wurzen und fand dort bei dem Seiler meister P. Stellung. Zu seiner polizeilichen Anmeldung bedurfte aber B. der Papiere, die ihm trotz wiederholten Drängens von seinen Eltern nicht geschickt wurden. B. beschloß daher, zu Pfingsten selbst nach Buttstädt zu reisen und sich die Papiere zu holen. Sein Vermögen reichte aber nur gerade hin» um das Fahrgeld vierter Klaffe nach Buttstädt be streiten zu können, für die Rückfahrt fehlten ihm die Mittel. B. wußte sich aber dadurch zu helfen, daß er am Morgen des ersten Pfingftseiertages in den Taubenfchlag eines Hausnachbars K. stieg und diesem fünf Stück Tauben stahl, deren Werth K. auf 85 Mk. beziffert hat. Die Tauben nahm B- mit nach Buttstädt und verkaufte sie dort für 3 Mk. Der Verdacht, die Tauben gestohlen zu haben, lenkte sich sofort auf B., dessen Abreise so eilig gewesen war. daß er die in seiner Schlaf kammer zurückgelasscnen Taubenfedern nicht beseitigt hatte. Der Gerichtshof verurtheilte ihn unter Anrechnung von 3 Wochen der erlittenen Untersuchungshaft zu 6 WochenGefängniß. Ein roher Patron. Plauen. Der versuchten Nöthigung, Sachbeschädigung, Körperverletzung und Be drohung angeklagt ist der 25 Jahre alte Schuhmacher und Handarbeiter Max Wilhelm Müller in Plauen. Er wurde beschuldigt, am 1. April d. I. Abends seine Frau, die von ihm getrennt lebt, mit einem Taschenmesser bedroht und in seiner Wuth später eine seiner Frau gehörige Kleidertaille im Werthe von 10 Mk. zerschnitten zu haben. Am 22. Mai kam eS zwischen beide» Eheleuten, die inzwischen wieder zusammengezogen waren, abermals zu einer Szene, in deren Verlauf Müller seine Frau auf das Sofa drückte, sie mißhandelte, wieder mit dem Messer bedrohte und ihr auch eine Stichwunde beibrachte. Das Aergst. leistete der rohe Patron am folgenden Tage. Die Frau Müllers halte früh ihre Wohnung verlassen und sich in diejenige der Hausbe wohnerin Frau B. begeben. Darüber gcrieth Müller, der sehr eifersüchtig zu sein scheint, und heute als Grund für sein Verhalten Un treue seiner Frau angiebt, derart in Zorn, daß er in die Stube der Frau B. cinzudringen versuchte, und als er diese verschlossen fand, mit den Fäusten und Füßen so lange an die Thür schlug und donnerte, bis die Thürfüllung durchgeschlagen war. Durch die entstandene Oeffnung drang Müller nun in die Stube und in die Kammer ein, schlug seine Frau zu Boden, schleppte sie an de» Haaren in die Stube und mißhandelte sie zehn Minuten lang durch Faustschläge und Fußtritte, daß die Frau wie besinnungslos liegen blieb. Die Zeugin B., eine ältere Frau, fügt ihrer Schilderung hinzu, sie möchte einen derartigen Auftritt in ihrem Leben nicht wieder sehen. Der Ange klagte leugnet, seine Frau mit Todtschlag be droht und weiter auch sie gestochen zu haben. Die Ehefrau des Angeklagten macht von dem ihr gesetzlich zustehenden Rechte der Zeugniß- verweigerung Gebrauch, so daß also für diese Punkte der Anklage ein voller Beweis nicht zu erbringen ist. Hingegen gesteht Müller zu, die Taille seiner Frau zerschnitten und seine Frau am 22. Mai mit Fäusten geschlagen zu haben. Bezüglich des schlimmsten Vorfalles am 23. Mai ist Müller ebenfalls geständig, sucht sich aber mit der Aufregung, in die er wegen des Verhaltens seiner Frau gerathen ist, zu entschuldigen. Er wird wegen leichter und gefährlicher Körperverletzung, sowie wegen Sachbeschädigung zu 5 Monaten 1 Woche Gefängniß kostenpflichtig verurtheilt. Ein Monat gilt durch die Untersuchungshaft als verbüßt Ungetreuer Geselle. Plauen. Der schon mehrfach vorbestrafte Fleischergeselle Matthias Bau mann aus Rcichenbach erhielt am 20. September v. I. vom Fleischermeister M- in Auerbach, bei dem er kurze Zeit vorher in Arbeit getreten war, der aber das Vorleben des Angeklagten nicht kannte, 200 Mk. mit dem Aufträge, iu Rothenkirchen eine Kuh zu kaufen. Wer aber keine Kuh brachte, überhaupt nicht wieder kam, das war Baumann. Er wurde später in Nürnberg festgenommen und hierfür wurde ihm der Prozeß gemacht. Er hat sich außer dem wegen eines weiteren Vergehens zu ver antworten, das er im August v. I. iu Zwickau in einer Wirtschaft verübte, indem er am Büffet den einem Anderen gehörigen auf ein Dreimarkstück zurückgegebenen Betrag (2 Mk. 95 Pfg.) statt der 35 Pfg., die er zurück zuerhalten hatte, an sich nahm. Baumaun wurde wegen Unterschlagung und Betrugs im Rückfalle zu einer Gesammtstrafe von 8 Mo naten Gefängniß und 3 Jahren Ehren rechtsverlust verurtheilt. Tie war auf ihre „Ausstattung" bedacht. Plauen. Eine besondere Vorliebe für fremde Frauenröcke scheint die schon mehrfach vorbestrafte 30 Jahre alte Dienstmagd Auguste Anna Schneider aus Oberreichenbach zu haben. Sie hat in Oberreichenbach im April nicht weniger als sieben Frauenröcke gestohlen, die sie in der Regel zum Trocknen aufgehangen vorfand. Wenn nun gerade keine Röcke z» haben waren, so gab sie sich auch mit Strümpfen zufrieden, deren sie auch etliche Paare ihrer „Ausstattung" einverlcibte. Weiter Hot sie ihrem damaligen Dienstherrn P. nach und nach 35 Stück Eier und sechs Viertel Kartoffeln entwendet, die sie wieder verkaufte. Wegen dieser Diebstähle, die sie sämmtlich zugesteht, wurden ihr 1 Jahr 10 Monate Gefängniß und außerdem 3 Jahre Ehrcn- rechtsverlust zudiktirt. Ei» Widerspenstiger. Plauen. »Ich weiß Nichts, ich war be trunken" erwidert der 20jährige Fabrikarbeiter Emil Max Leltcrer aus Rautenkranz, als er nach Verlesung der Anklage gefragt wurde, was er zu derselben zu sagen habe. Die Anklage legt dem Letterer Hausfrieden bruch, Bedrohung, Versuch der Nöthigung un" Beleidigung zur Last. Er war am 3. Mai im Wartezimmer des Bahnhofs in Rauten kranz mit einem anderen Anwesenden in Streit gerathen. Der Aufforderung der Stations assistenten K. Ruhe zu halten, leisteten die Beiden nicht Folge, so daß ihnen schließlich das Lokal verboten wurde. Letterer kam zu nächst dieser Aufforderung nicht nach, sondern nahm sein Taschenmesser Und klappte es auf, als wenn er sich damit zur Wehr setzen wollte. Schließlich gelang es, ihn aus dem Lokal zu bringen. Er schimpfte aber nun eine Zeit lang auf dem Bahnsteig herum, versuchte wiederholt in das Wartezimmer ein zudringen, beleidigte den Stationsassistenten K. und den Weichenwärter U.; den Letzeren be drohte er auch mit dem Messer. Es gelang ihm auch, noch einmal in das Wartezimmer zu kommen, aus dem er dann durch den er schienenen Wirth K. verwiesen wurde. Erst als nach dem Gendarm geschickt worden war, ergriff er die Flucht. Letterer suchte sich, wie erwähnt, mit seiner Trunkenheit zu ent schuldigen; dieselbe war nach der Aussage des Zeugen aber nicht derart, daß er nicht gewußt hätte, was er that. Letterer wurde wegen Hausfriedensbruch, versuchter Nöthigung und Beleidigung zu 2 Monaten Gefängniß verurtheilt. Vergehe» verschiedener Art. Freiberg. Beim hiesigen Landgericht wurcen verurtheilt: 1) der Dienstknccht Theodor Hugo Hentschel, geboren 1880 in Lichten stein bei Zwickau, z. Z. in der Anstalt zu Brüunsdorf, wegen Rückfallsdiebstahls zu 2 Jahren Gefängniß; 2) der Dienstknecht Max Richard Stolper, geboren 1860 in Reinholdshain, gegenwärtig im Gerichts- gcfängniß zu Naumburg in Strashast, wegen schweren und einfache» Diebstahls zu 1 Iahr 4 Monaten Gefängniß, zusätzlich zu einer in Naumburg erkannten 4mvnatigen Gefäng- nißstrase; 3) der Stallbursche Alexander Paul Richter aus Stell er Hausen wegen Rück fallsdiebstahls zu einer Gesammtstrafe von 5 Jahren 6 Monaten Gefängniß unter Jnwegfallstellung einer in Augsburg erkannten 1jährigen Gefängnißstrafe; 4) der Pferdeknecht Ferdinand Wilhelm Schulz aus Nauslitz bei Döbeln wegen Diebstahls zu 3 Monaten Gefängniß; 5) der Korbmacher und Fabrik arbeiter Karl Otto Pfeil aus Hainichen wegen Körperverletzung zu 4 Monaten Gefängniß und 6) der Schweizer und Färberciarbciter Rudolph G h g i aus H a i n i ch e n wegen Körperverletzung zu 4 Monaten Gefängniß. — 7) der H andarbciter Ferdinand Fialka, geboren 1875 in Brosau, wegen Diebstahls zu 1 Jahr 3 Monaten 2Wo chen Zuchthaus, 4 Jahren Ehrcnrechtsverlust und Zulässigkeit von Polizeiaufsicht; 8) der Scharwerksmaurcr Bruno Otto Hübsch, 1865 iu Roßwein geboren, in Döbeln wohn haft, wegen Körperverletzung zu 6 Monaten Gefängniß. Wichtige Entscheidungen. Eit» mündliches Mitgiftverspreche» kann, nach einer Reichsgerichts-Entscheidung, einseitig zurückgenommeu werden, so lange die Eheschließung noch nicht erfolgt ist. War das Versprechen von beiden in Gütergemeinschaft lebenden Eheleuten gemeinsam gegeben worden, so ist zum Widerruf auch der Ehemann allein befugt, wenn derselbe auch nur der Stiefvater der Braut ist. Verantwortlicher Redakteur: Julius Theiß, Chemuitz. -7- BerlaS und Rotationsmafchinendrnck.von Alexander Wiede,