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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.03.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-03-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020329018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902032901
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902032901
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-03
- Tag 1902-03-29
-
Monat
1902-03
-
Jahr
1902
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Vez«g-.Prei- i» de« Hanptexpeditiou oder den im Stad» bezirk und den Borortea errichteten And» gabestellen abgeholt: vierteljährliche 4.50, — zweimaliger täglicher Zustellung in« HauS e 5.50. Durch di« Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich: Vierteljahr!, e 6. Mau abvnnirt ferner mit entsprechenden, PHtaufschlag bei den Postanstalteu in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem burg, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Donaustaatrn, der Europäischen Türkei, Egypten. Für all« übngen Staaten ist der Beeng nur unter Kreuzband durch die Expedition diese« Blatte« möglich. Redaktion und Expedition: Ivhaunisgasse 8. Fernsprecher 153 und SSL. FMatevprdtttuuer, r Alfred Hahtt, Buchhandlg., UniversitätSstr.S, L. Lösche, Katharinenstr. 14, u. Königspl. 7. Haupt-Filiale in Serlin: Küuiggrätzerstraße 116. Fernsprecher Amt VI Nr. S3VS. Morgen-Ausgabe. ripMer TagMM Anzeiger. Amtsblatt -es Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Mathes nn- Notizei-Amtes -er Stadt Leipzig. Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 25 H. Reklamen unter dem RedactionSstrich (4 gespalten) 75 H, vor den Familiennach- richten (6 gespalten) 50 Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesürderung .>6 60.—, mit Postbesörderung ./L 70.—. Ännahmeschlnß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags lO Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bet den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 biS Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Nr. 15S. Sonnabend dm 29. März 1902. 88. Jahrgang. Im Interesse rechtzeitiger und vollständiger Lieferung des Leipziger Tageblattes wollen die geehrten Leser die Bestellung für das II. Vierteljahr 1902 baldgefälligst veranlassen. Der Bezugspreis beträgt wie bisher vierteljährlich bei Abholung des Blattes 450 (monatlich 150 ^j), bei täglich zweimaliger freier Zustellung 5 50 (monatlich 1 85 durch die Poft bezogen für das Deutsche Reich und Oesterreich-Ungarn 6 (monatlich 2 In Leipzig nehmen Bestellungen entgegen sämmtliche Zeitungsspcditeure, die Hnnptexpedition: Johannisgaffe 8, die Filialen: Katharinenstratze 14, Königsplatz 7 und Universitätsstraße 3, sowie nachfolgende Ausgabestellen: Arndtstrabe 35 Herr Rrieär. Onnitn, Cclonialwaarenhandlung, Beethovenstrabe 21 Herr Ilieod. Reter, Colonialwaarenhandlnng, Brühl 53 0. I«. 86lludtzrt'8 Xaellt'olxer, Colonialwaarenhandlnng, frankfurter Straße (Thomasiusstr.-Eckc) Herr Otto LIuut8t;Iiko,Coloninlwaarenhandlung, Löhrftraße 15 Herr Räusrü Ret/ei, Colonialwaarenhandlnng, Nürnberger Straße 45 Herr U. R. Coloniallvaarcnhaudlung, in Anger-Crottendorf Herr v. Rrieüel, Cigarrenhdlg., Zlveinanudvrfer Straße 6, - Connewitz Frau Isolier, Hermannstraße 23, - Eutritzsch Herr Robert Bitner, Buchhandlung, Delitzscher Straße 25, - Gohlis Herr Robert Bitner, Buchhandlung, Lindentbaler Straße ti, - Liudenau Herr 4Ibert I.luiliier, Wettiner Str. 51, Ccke Waldstr., Buchbinderei, - Neustadt Herr RrmI Luek, ^uiioneen-Rxf)e<Utioil, Ciscnbabnstraßc 1, - Leutzsch Herr 4Idert RinUuer, Wettiner Str. 51 in L.-Lindenan, Aianftsche Gasse 6 Herr Rriellr. Riselier, Colonialwaarenhandlnng, Ranstädter Steinweg 1 Herr 0. LiiKvInmnii, Colonialrvaarenhandlung, Schützenstraße 5 Herr önl. 8elil!mjelien, Colonialwaarenhandlnng, LLestplatz 32 Herr Aoritx Reisner, Cigarrenbandlung, Horkftraße 32 (Ecke Berliner Straße) Herr R. IV. RivtL, Colonialwaarenhandlnng, Zeitzcr Straße 35 Herr V. XÜ8tor, Cigarrenhandlung, in Plagwitz Herr 0. 6rütxi»anu, Zschochersche Straße 7 a, - Ncndnitz Herr U. RuKllirmu, Marschallstraße I, - - Herr 0. 8v!iwiüt. Kohlgartenstraße 67, - - Herr Lvrnlt. sVobvr, ÄLützengeschäft, Gabelsbergerstraße 11, - Thonberg Herr R. Rünt8eb, Reitzenhainer Straße 58, - Volkmarsdorf Herr Oeorx ^iemriini. Conradstr. 55 (Ecke Elisabethstr.), - Naunhof Herr RonrnÄ /etx8t;lle, Buchhändler. I" M» Amtlicher Theil. Bekanntmachung, -ie Gewerbekammer-tzrsahwahl betreffend. Im Anschlüsse an unsere Bekannunachuug vom 21. dss. Monats, die Gewrrbekammer-Ersatzwahl betreffend, geben wir weiter bekannt, daß in den gebildeten 5 Wahlbezirken diesiger Stadt die nachgc- nannten Herren al» Wahlvorsteher und stellvertretende Wahlvorsteher eraannt worden sind: N - Wahlvorsteher Stellvertreter Wahllokal l. 23 u. Schlinke, Adolf, Hotelbesitzer. d.Liedtkr,Hermann, Flaschenbier- handler. Dudeck, Josef, Pro- duktenhändler. Treutler, Louis, Gastwirth. Stadtverordneten- Citzungssaal in der alten Börje an« Naschmarkt. y 5 Wilke, Heinrich, Kaufmann. Teuchert, Ernst, Cigarrenhändler. Restaurant„Neich?- ballen", Leipzig- Volkmarsdorf, Elijabethstr. 3 5. 3. 1 Rosenkranz, Albert, Gastwirth. Heermeier, Ernst, Produktenhändler. Restaurant „Eis- keller"in Leipzig- Connewitz, Co- burgerChausseetz. 4. 5 Grnneberg, Franz, Gastwirth. Heyl, Max, Pro- duktenhändler. Restaurant„Jcljeu- keller"inLeipzig- Plagwitz, Zscho- cherjche Str. 66. 5. 3 Schlegel, Herman», Gastwirth. Langhammer, Carl, Produktenhändler. Schleqel's Restau rant in Leipzig. Gohlis, Kaiser Friedrichstraße 5 Zur Lermeiduug von Zwei «In ist noch darauf hinzuweisen, daß zu dieser Ersatzwahl nur ^lichthandwerker wahlberechtigt und wählbar find. Zu Wahlmännern können nur diejenigen wahlberechtigten männ- lichen Personen sowie die gesetzlichen Vertreter juristischer Personen gewählt werden, welche das 25. Lebensjahr erfüllt haben und deutsche Relchsangehörige sind. Leipzig, am 26. März 1902. I k. 6o. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Tründlin. Bassenge. Der städtische Lagerhof in Leipzig lagert Waaren aller Art zu billigen Tarifsätzen. Die Lager, scheine werden von den meisten Bankinstituten beliehen. Leipzig, den 7. Januar 1899. Die Deputation zum Lagerhofe. Oeffcntliche Zustellung. Der Werksührer Fran; Bruun Möbins hier, Friedrich List- Straße 12, klagt vor dem Gewerbegericht Leipzig gegen den Kauf- manu Georg Wilhrlur Richard Lecliug, früher in L.-Volkmars- dorf, Llidwigsirnge 95, I , jetzt unbekannten Aufenthalts, aus einem angeblich bis zum 81. Dezember 1995 Lauernden Ärbeitsverlrage mit dem Anträge ans vorläufig vollstreckbare Verurlhcilung LcS Be klagten zur Zahlung von 2370 ./L Termin zur mündlichen B-rhandlunq des Rechtsstreits ist auf Sc« 7. Mai 1002, Born«, tz Uhr anberaumt worden. Ter Beklagte wird geladen, in diesem Termine zwecks Ver- Handlung LcS Nechlsslrests zu erscheinen. Zum Zwecke der öffentlichen Zustellung wird dieser Auszug der Klage bekannt gemacht. Leipsig, den 18. März 1902. Vln. 178/02. Ter Gcrichtsichreibcr SeS (ÄkwcrbcqcrichtS. Koukurs-Äuction^ Sonnabend den 2S. Mär; 1S02 Bormittags von 10 Uhr ab sollen die zur Jcna'sä cu Konkursmasse gehörigen Sachen als: 1 große Ladentafel. Schränke, Fenstervorsatz, Regale, Leitern, sowie überkaupt die ganze Ladeneinrichtung und die sonstigen noch vorhandene» lliestwarenbesiände (alle Sorten Schreib utensilien) im Jena scheu Laden, Sternwartenstraße Nr. 37, ferner: die in der Buchbinderei Sternwartenstraße Nr. 12, II., befind- lichen Arbeitstische, Holzspindcln, Holzpressen, Holzschemmel, Preßbretter und sonstige zur Buchbinderei gehörigen Utensilien meistbietend gegen sofortige Laarzahlnng öffentlich verkauft werden. Tcr Konkursverwalter Rechtsanwalt Schumann. Städtische Gewerbeschule. Ter Unterricht im Commcrhalbjahr beginnt Aiontag, den 7. April, früh 7 Uhr, in der Maschinenbauschule früh 8 Uhr, in der Abendschule abends 7 Uhr. Die öffentliche Ausstellung der Schülerarbeite» findet statt vom 27. bis mit 31. März vormittags 10—1 Uhr im Schulgebäude, Wächterstrabe 13. Zum Besuche derselben beehrt sich im Namen des Lehrerkollegiums einzuladen Leipzig, den 25. März 1902. der Direktor: k. Sekunter. Schädliche Schmetterlinge. (Schluß aus Nr. 150) Ein nach viel bedenklicherer Geselle, als die beiden Goldaftcrarten sind, ist der dritte, iir der viclerwähntcn Bekanntmachung aufgcsührte Schmetterling, der „Ringel spinner", — Qsstropneiiu. XenZtrin. Zunächst eine Er« klärnug dcS wissenschaftlichen, griechisch - lateinischen Namens dieses Spinners, die des deutschen wird sich anS später Folgendem von selbst ergeben. Oustl-opnelw ist griechisch und heißt auf deutsch „Dickbauch", oder noch weniger ästhethisch „Fettwanst", und ist der Gattungsname für eine ganze Anzahl verwandter Spinnerformen. Der Artenname ist weniger verständlich, und wenn ich schon weist, was er bedeutet, so kann ich doch nicht sage», weshalb er auf diesen Spinner angcwendet ist. Der Name ist ein Bor-Linnöisch und rührt anS dem Jahre 1031, nnd zwar von dem englischen Arzte und Entomo logen T h v in a s M onffct her, folglich ist das Jahr, in dem er öffentlich bekannt wurde, nicht sein Geburtsjahr. Das klingt ganz geheimnistvoll, erklärt sich aber folgender mähen: Besagter Mo uff et hatte sich iu seinen Muste- stunden dem Studium der Jnscctcn gewidmet, worüber feine Bekannten und Eollegcn, ja, jeder verständige, im Sinne der damaligen Zeit „gebildete" Mensch iu London sehr abfällig urtheiltc. Er erlebte auch das Erscheinen seines Werkes nicht, denn er starb schon 1599. Das fertige Mannscript kam in die Hände eines gewissen Thcodvrvou M aycrna , der das Buch 163 l heraus gab. 'Xon-itl-io, oder Ncustrasicn, Westrcich, bedeutete bei den Gelehrten des späteren Mittelalters und der Renaissaneezcit so viel, wie Frankreich, wie Austrasia oder Oesterreich, Deutschland. Das ist aber auch Alles, was ich über den wissenschaftlichen Artennamen des Niugelspinners weist. Weshalb der alte Mvuffct den Schmetterling gerade die „Französin" oder „Frankreich" geradezu in England nannte, kann ich nicht sagen, mög licher Weise war sein Erscheinen in England zu jener Zeit oder kurz vorher erst ausgefallen, und nahm mau an, er sei aus Frankreich cingeschlcppt. Weshalb nennt mau in verschiedenen Gegenden Deutschlands die kleinen Haus schwaben „Russen" und iu Frankreich „prusswns"?, aus keinem anderen Grunde, und diese Namen sind wirklich nicht ohne Sinn, „westwärts fliegt die Weltgeschichte"! Doch lassen wir Namen und Weltgeschichte und reden wir von unsere«« Ringelspinncr. In vollständiger Per son, das heißt in erwachsenem Zustande, klaftert er etwa 36, sie, die Ringelspinncrin, durchschnittlich 40 Millimeter. Beide Geschlechter variircn etwas in der Färbung, nno zwar in gleicher Weise: cs kommen hellockerfarbcne bis ziemlich dunkelrothbraune Individuen vor. Die Fransen der Flügel sind abwechselnd Heller und dunkler, und quer über jeden Obcrflügcl verläuft eine mehr oder weniger deutliche dunkle Binde, die jcdcrscits von einem, bei Hellen Exemplaren oft kaum erkennbaren, bei dunklerer« um so mehr sich abhebcnden helleren Streifen eingefasst ist. Die Hintcrslügcl richten sich in ihrer Färbung immer nach der der Vordcrflügel, sind aber unter allen Um ständen etwas weniger dunkel und haben eine, ihrem Austenrandc parallel laufende hellere, häufig sehr un deutliche Binde. Die Falter verlassen au einem warmen, womöglich etwas feuchtdunftigcn, gewitterschwülen Abend, nnd die Mehrzahl von ihnen in dem gleichen Be zirk innerhalb der gleichen Stunden die Puppen. Die Weibchen verbleiben an Ort und Stelle, die Männchen aber fliegen, sobald ihre Flügel sich genügend ausgedehnt haben nnd genügend "erhärtet sind, davon, um sich, aber stets Nachts, eiu Weibchen zu suchen. Hat es ein solches nnd bei ihm sein „letztes Glück" gefunden, so schliefst es sein kurzes Erdenwallen, weil es doch nichts Besseres mehr erhoffen kann. Etwa acht Tage nach dem zärtlichen Stelldichein, in der zweiten Hälfte des Juli oder Anfang Augnst, entledigen sich die Weibchen ihrer Eier nnd werden „Staub, dem Staube zugcsellt". Die Art aber, iu welcher diese Weibchen ihre Eier, zwischen 300 und 400, ablegcn, ist eine sehr merkwürdige, die ich nie beobachtet habe, und, wie es scheint, auch kein anderer Naturforscher, wenigstcus keuue ich keine diese Sache be treffenden Mitthcilnngcn, was freilich nicht viel sagen will. Wir kennen meines Wissens Alle nur das Resultat, das folgendermaßen beschaffen ist: um ein dünnes Zweig lein herum liegen die Eier dicht nebeneinander in einer Anzahl von ebenso dicht zusammcngcdrängtcn Spiral- nmgängen, die sich selbstverständlich nach der Ticke des Zwciglcins nnd der Menge jener Eier richtet. Wann nnd nw sängt das Weibchen an, seine Eierspirale zn ziehen? Wahrscheinlich in der Nacht nnd oben, denn cs ist eine alte Sache: Niemand fängt mit dein Scheuern einer Treppe von unten an. Es wird sich dabei mit den Flügeln flatternd nnd schwebend in der Luft halten, nur wenig niüerstüüt von den an das Acstchen angcslemmtcn Beinen. Wahrscheinlich braucht es sich nicht zur Ablage jedes einzelnen Eies von der Stelle zn bewegen, es wird den Hinterleib, dessen letzte Ringe bei vielen Schmetter- lingswcibchcn etwas auseinander geschoben werden können, so daß er sich verlängert, dabei nach rechts und links wenden. Wie geht cs nun aber zu, daß die Eier so fest aneinander und auf ihrer Unterlage hasten? Die Eier aller Schmetterlinge sind mehr oder weniger innig mit den Gegenständen, Blättern, Acstchen, Stielen, Rinden u. s. w., ans die sie gelegt werden, verbunden, und cs sind besondere Vorrichtungen vorhanden, die das er möglichen. In den letzten Abschnitt des Eileiters mündet nämlich eine Blase, in die ihrerseits wieder zwei Drüsen ihre abgesonderten Stoffe ergießen. Diese Drüsen sind die „Kittürüsen", und die von ihnen abgeschiedene Masse tritt ans der Blase, die dazu in ihrer Wand mit einer besonderen, sic zusammendrückcndcn Ningmusknlatur versehen ist, auf jedes au ihrer Ocffnung vorbcigleitcnde Ei in grösserer oder geringerer Menge. Sic erstarrt bald an der Lnft, wird sehr fest und ist, wie auch die Seide, Feirilletsn. Die Osterfteuern. Don E. Fahrow (Neuruppin). Nachdruck vrrdoleu. „Ich weiß nicht", sagte der Kossäth Deppke zu dem Halbbauern Tripkc. „ich weiß nicht — das mit die Oster« abgaben, weißte, das is doch eigentlich zu doll." „Jawoll", sagte Halbbauer Tripkc. „Und denn überhaupt — wozu eigentlich?" fuhr Deppke, der Rhetoriker des Dorfes, fort: „Erstens ist das 'n Unfug, noch von die kathol'sche Zeit her — oder von noch früher vielleicht — und denn hat die Sache doch kccnen Zweck! Tatsächlich nich!" „Nee", sagte Tripkc. „Der Baron hat jawoll Hühner jenuch in sein' eigenen Hühnerhof! Wat braucht der unsere Hühner ihre Eier!" Deppke verlor stets mehr und mehr seine schöne, ge bildete Sprache, wenn er sich in Wuth redete. Tas freute dann den Schulmeister, der ein stillver gnügter Philosoph war nnd die Großmäuler nicht leiden konnte. Auch jetzt schob er seine Tabakspfeife schmunzelnd von einem Mundwinkel in de» andern nnd sagte: „Behalten Sie nur 'n kühlen Kopf, Herr Deppke, das ist besser für Ihre Grammatik." „Ich brauche Ihre guten Lehren nicht!" schnob der Kossäth. „Ich rede, wie mir's beliebt! Und wcm's nicht paßt, der kann sich ja drücken." „Herr Wirth, noch ein Glas Bier!" sagte der Schul lehrer gleichmüthig und rückte sich bequemer an dem runden Tisch zurecht, wo man sich jeder« Sonnabend Abend (und zuweilen anch Mittwochs) zu zanken pflegte. „Die Osterabgaben an den Gutshof sind ja pure Form sache", fuhr der alte Schullehrer fort, „und gehören mit zu den paar alten Bräuchen, die mir uns doch lieber nicht ranbcn lassen wollen. — Wenn's Ihnen leid thut um die zwei Mandeln, die Sie als Kossäth zu bringen haben, lieber Deppke, dann schenk' ich sie Ihnen. Ich geb' sie gerne!" „Oller Hnngcrlcider!" fauchte Deppke in sein Glas hinein, „hat selber «lischt und thut sich dicke!" „Ja, ja," sagte der Schulmeister freundlich, „ich b i n so! Und übrigens — alles was Recht ist — der Baron gicbt uns doch zum Früstück mehr, als die paar Eier werth sind." „Das muß er! Das ist auch alter Brauch! Dadrauf braucht er sich jarnischt einzubildcn! Dct jchört sich so!" „Jawoll!" sagte Halbbauer Tripkc. „Und übrigens ist das Fräulein morgen aus der Pension zurück, und -ic bloö anzusehen, das ist auch schon 'n Vergnügen!" schloß der Schullehrer schmunzelnd. „Gute Nacht die Herren." „Gute Nacht auch, Herr Lehrer." „Oller Esel!" sagte Deppke, als der Schulmeister hin aus war. „Det stimmt!" sagte Tripkc. Am nächsten Morgen läuteten die alten Glocken der Dorfkirche so feierlich wie immer, und alle die langen Bratenröcke und schwarzseidencn Flügelhaubcn der Alten wanderten in das aus riesigen Feldsteinen aufgefiihrte, uralte Gotteshaus in demselben bedächtigen Zeitmaß, wie es seit achthundert Jahren auf derselben Dorfstraßc ge schehen war. Nur die Jungen hatten einen anderen Gang und andere Mienen; da war alles lässiger, rciveetloser, „neu- mod'schcr". Bescheidenheit und Ehrfurcht — nee, das mochten die Jungen nicht leiden! In der Herrenlogc, einen« seitlichen, erhöhten Kirchen stuhl, saß der alte Baron mit seiner Tochter. Marie hieß sic, ganz einfach. — Da waren noch zwanzig andere Marien in der Kirche; aber sie selbst sah ein bischen aus wie die heilige Jungfrau und die anderen zwanzig wie ihre Mägde, vorausgesetzt den Fall, daß die heilige Jung frau Mägde gehabt haben könnte. Ja, da sah sie in einem ganz einfache,, weißen Woll kleidchen, nnd ihr braunes Seibenhaar lag in zwei wellige,, Scheiteln „in die zarten Schläfen. Und ein paar reiner, froher Rebaugcn blickten zn dem alten Pastor hin, der da ans der Kanzel stand und seine altbekannte, herzliche Osterpredigt hielt. Aber sic war nicht so recht bei der Sache, die Baronesse Marte, denn für ihr kindliches Herz war die weltliche Ostcrseier, die nachher im Schloß stattfand, doch noch das Wichtigste an dem ganzen Tage. Hinter ihr, im Schatten eines Pfeilers, saß ihr Bette» Fritz Uhling - Uhling, ganz einfach, ohne ,von" — und seufzte vor langer Weile. Das Kirchcngehen war er nicht gewöhnt, der Herr Doctor, denn er war Privatdoccnt der Naturgeschichte und war als solcher dem Religiösen etwas fremd geworden. Hier in Rruchberge ging er, natürlich aus Familien rücksichten, manchmal mit zum Gottesdienst. Er saß so gern hinter dem BäSchcn und betrachtete die weiche Linie ihres Nackens und ihres verlorenen Profils. Und dann war cs so mollig hcimathlich auf dem alten Gute, wo er schon als Jnnge alle seine Ferien verlebt, wo er reiten und schießen und sogar mähen gelernt, und wo man das hastende, spöttische, gleichgiltigc Berlin vergaß. Das Amen war gesprochen, der letzte Ton des Auf- erstchuugsliedcS verhallt, nnd die Gntshcrrschaft verließ durch ihre besondere kleine Thür die Kirche. Draußen im Sonnenschein schlug ein köstlicher Duft von frischen Veilchen dem Doctor entgegen. „Ach Marie!" rief er. „Wahrhaftig, hier auf dem Kirch hof blühen doch wieder die ersten Veilchen! Weißt Du noch, wie gern wir sie hier zusammen pflückten?" „Ich thn's auch noch gern. Morgen früh hole ich mir welche; die von den Kirchhöfen haben einen stärkeren Tust als die anderen." Der Doetor zog eine krause Nase. Allerhand natur wissenschaftliche Jdcenverbindungen durchkreuzten sein
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