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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.05.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-05-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000517012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900051701
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900051701
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-05
- Tag 1900-05-17
-
Monat
1900-05
-
Jahr
1900
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Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Zissernsatz nach höherem Tarif. Eptra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbefördernog 00.—, mit Poslbesörderung 70.—- Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhk. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. ^2 248. Donnerstag den 17. Mai 1900. 94. Jahrgang. Canada. i. IV. Ebenso, wie der spanisch-amerikanische Krieg in den Ver einigten Staaten eine Verschärfung der Gegensätze in der Be völkerung zur Folge hatte, hat auch der südafrikanische Krieg in dem weiten Colonialgebiete des britischen Reiches eine Schei dung der Geister verursacht. Die Ausschreitungen des durch den glücklichen Ausgang des Krieges entflammten Chauvinismus ließ die nicht angelsächsischen Elemente in Nordamerika sich enger an die oppositionelle, demokratische Partei anschließen. Er weitert wurde noch die Kluft durch den Antagonismus der von der englandfreundlichen Hochfinanz New Jorks beeinflußten Regie rung Mac Kinley's gegen die überwiegend antibritischen Strö mungen in breiten Volksschichten. Ein neues Element brachte ferner in diesen Proceß der Decentralisation der Transvaalkrieg. Wie weit die Sympathien des amerikanischen Volkes für die süd afrikanischen Republiken gehen, zeigt uns jeder Tag, und die vor den Neuwahlen stehende Regierungspartei sieht sich genöthigt, dieser Stimmung Concessionen zu machen. Auch in den englischen Colonien ist die so lange latent gebliebene Feindschaft zwischen den britischen Ansiedlern und den Ein wanderern anderer Raffen in Folge des südafrikanischen Krieges wieder mit großer Heftigkeit hervorgetreten. Wie in den Ver einigten Staaten das Deutschthum gegenüber den Anmaßungen der übermüthigen Jingos sich endlich eint, so hören wir von ähnlichen Strömungen in den australischen Colonien, ins besondere in den stark von Deutschen bewohnten Bezirken Süd australiens und Queenslands. Verhältnißmäßig weniger deut lich hat sich diese anglophobe Bewegung in Südafrika selbst ge zeigt; am schärfsten aber ist der alte Haß gegen England in Britisch-Nordamerika hervorgetreten, obwohl oder — weil hier nicht das Deutschthum, sondern ein anderes Element der Träger der Opposition ist. Die politischen Verhältnisse in Canada sind sehr eigenartiger Natur und nur aus der Geschichte dieses merkwürdigen Landes zu erklären, das annähernd einen ebenso großen Raum der Erd oberfläche einnimmt, wie ganz Europa. Schon 1506 war das Gebiet für Frankreich in Besitz genommen, seine eigentliche Colo nisation begann aber erst 1608. Nach mancherlei Reibungen mit den englischen Nachbarn kam es um die Mitte des 18. Jahr hunderts zu offenem Kampf, der 1763 damit endigte, daß Eng land die Herrschaft über Canada erhielt. Zur Ruhe ist aber der Kampf zwischen den beiden Völkern nie gekommen, wenn auch die freiheitlichen englischen Verwaltungsneuerungen zunächst das neue Regime erträglich machten. Immer wieder kam es zu Auf ständen und 1837 nahm die Bewegung äußerst gefährliche Di mensionen an; es gelang indeß in mehreren Gefechten, die Rebellen zu zersprengen. Der letzte Aufruhr datirt erst aus dem Jahre 1885, wo die französischen Mestizen sich gegen die Engländer empörten, aber sehr bald niedergeworfen wurden. Immerhin ist es der englischen Regierung nach und nach gelungen, durch ein weitgehendes Entgegenkommen gegen die Wünsche der Canadier, durch eine sehr liberale Verfassung, die dem Lande eine fast unbeschränkte Selbstständigkeit sichert, und durch das Zugeständ- niß ausgedehntester Selbstverwaltung mit den politischen Zu ständen zu versöhnen, was sich am auffallendsten in dem Schwin den der Sympathien mit den Vereinigten Staaten und der Ab lehnung des nicht müde werdenden unionistischen Liebeswerbens zeigt. Diese Selbstständigkeit, die man aus bewundernswerther staatsmännischer Klugheit dem Dominion of Canada gelassen und die zur Festigung von Englands Stellung beigetragen, ist natürlich aber auch die Ursache der Machtlosigkeit der englischen Regierung und ihrer Staatsmänner in Britisch-Nordamerika. Wenn auch in Folge dieses Selbstbestimmungsrechtes das An- lehnungsbedürfniß an die südliche Nachbarrepublik mit ihrer politischen Corruption vermindert ist, so ist die Neigung zu immer größerer Unabhängigkeit vom Mutterlande dennoch auch ge stiegen. Dem scheinen die Erfahrungen während des gegen wärtigen Krieges zunächst zu widersprechen. Die Bereitwillig keit der Colonien, Hilfstruppen nach dem Cap zu senden, ist von englischer Seite als Triumph des Chamberlain'schen imperiali stischen Gedankens hingestellt. Was es indeß mit diesem Hilfs corps auf sich hat, beweisen die Verhandlungen des kanadischen Parlaments vom März dieses Jahres. Canada selbst hat danach nie ein derartiges Angebot gemacht, sondern die Anregung ist dazu von England ausgegangen, das 3000 nordamerikanische Freiwillige in sein Expeditionscorps einzustellen wünschte. Wie fast in allen anderen Staaten, zeigt sich bei der augen blicklichen südafrikanischen Krise auch in Canada die Erscheinung, daß die Regierung, wohl auch die Majorität des Parlaments, sich englandfreundlich, oder zum Mindesten neutral verhält, während die Stimmung der breiten Volksmassen mit leidenschaftlicher Heftigkeit gegen England Partei nimmt. Im canadischen Par lament ist ein Mißtrauensvotum gegen das Cabinet wegen seines Wohlwollens gegen England mit 119 gegen 10 Stimmen ab gelehnt worden. Man kann und wird sich aber durch das über raschende Resultat in England über die gefährliche Volksstimmung in Canada nicht täuschen dürfen. Auch in Canada wiederholt sich eben das Schauspiel, das sich in den anderen britischen Colonien zeigt: die Anhänger der imperialistischen Idee ziehen die äußersten Consequenzen aus ihrer staats politischen Theorie und streben in der Vereinigung mit dem Mutterlande und dem Zusammenfassen seiner einzelnen Theile unter einander das einheitliche Weltreich Oroater Lritaiir an; andererseits betonen die Freunde der colonialen Selbstständigkeit mit wachsender Schärfe die Nothwendigkeit eines weiteren Ab rückens vom Mutterlande und seiner herrschsüchtigen Weltpolitik. Wir sehen diese Einheitsbestrebungen in Australien (common rveultck ok ^U8tialin), wir sehen den hochgespannten Impe rialismus der britischen Uitlandcr am Cap, wir sehen den ur sprünglich kriegsfeindlichen canadischen Premierminister Laurier sich Plötzlich als britisch-chauvinistischen Heißsporn geriren. Im Gegensätze dazu sehen wir aber auch mehr als je im ganzen eng lischen Colonialreiche die „Fermente der Decomposition" an der Arbeit, und nirgends zeigt sich der Geist des Abfalls deutlicher und bedrohlicher, als in Canada. Ebenso wie in Südafrika, ist hier das angelsächsische Element in der Minorität. Die Bevölkerung des weiten Landes beläuft sich nach einer Berechnung vom Jahre 1897 auf 5 398 096 Seelen, von denen der weitaus größte Theil den Osten des Landes — nördlich der Seen und des Lorenzstromes —, sowie die vor gelagerten Inseln bewohnt. Indianer giebt es noch 99 364, meist im Westen. Das Varhältniß der weißen Rassen zu ein ander läßt sich nur sehr schwer feststellen. Der letzte Versuch einer entsprechenden Volkszählung ist im Jahre 1881 gemacht. Man berechnete damals 1591111 Engländer neben 957 403 Iren, 1289 929 Franzosen, 254 319 Deutschen, 30 412 Hol ländern, etwa 4500 Schweizern und ebensowiel Skandinaviern; gezählt wurden schließlich noch etwa 22 000 Neger und 4500 Chi nesen. 1891 befanden sich nach einer anderen Statistik 1404 974 Franzosen in Canada; sie dürften sich inzwischen in demselben Maße weiter vermehrt haben und bilden auch heute allein ungefähr 30 Procent der Gesammtbevölkerung. Auf Seite der Franzosen werden aus Raffen- und Confessionshaß, sowie unlöschbarer Rachsucht gegen die Briten stets die Iren stehen. Bei Conflicten, wie der gegenwärtige, wird die Opposition dann noch durch die Deutschen, Holländer, Schweizer und vielleicht auch die Skandi navier verstärkt. Selbst wenn also das englische Element ein- müthig zum Mutterlande steht, sieht es sich stets einer ganz be deutenden Majorität von Independenten gegenüber, die den eng lischen Annäherungsversuchen und imperialistischen Aspirationen Kälte, wo nicht Feindseligkeit entgegenbringen. Der Krieg in Südafrika. -g. Das Ereigniß des Tages ist die allerdings kaum mehr überraschend kommende Capitulation MafekingS. Ausführlicher wird unS darüber in Ergänzung unserer Extrablattmeldung berichtet: * London, 16. Mai. (Telegramm.) Die Depesche der „Daily Mail" aus Lourenqo Marques vom 15. d. M. lautet ausführlicher: Ein verzweifelter Kampf fand am Sonnabend vor Mafeking statt; man glaubt aber, daß er zu Gunsten der Garnison geendet hat. Die Boeren griffen die Stadt mit Artillerie an. Das Kafsern» viertel stand bald in Flammen. Während der entstandenen Verwirrung bemächtigten sich die Boeren des Kassernviertels und richteten von dort aus in einer kurzen Entfernung ihre Geschütze auf die Stadt. Durch geschicktes Manöveriren gelang es der Garnison trotz ihrer herabgeminderten Zahl die Abtheilung der Boeren, die das Kassernviertel genommen hatte, zu umringen. Ein heißer Kampf folgte; es scheint aber nach den letzten Meldungen, Laß die Boeren das Koffern» viertel noch besetzt halten und wahrscheinlich noch von britischen Truppen umringt sind. — Tie boercnsreundliche Partei in Louren^o-Marques verbreitete gestern folgende Meldung, die sicher lich zum größten Theil erdichtet ist: In demKassernviertel von Mafeking brach am Sonnabend während des Angriffs der Boeren Feuer aus, dem ein Straßenkampf folgte. Oberst Baden-Powell erbat einen Waffenstillstand und capitulirte am Sonntag Morgen 7 Uhr. Die Boeren, die gestern aus Pretoria in Louren^o Marques eintrafen, zeigten folgendes von General Snyman unterzeichnetes Telegramm vor, das besagt : „Warjoglücklich, heute früh Bade n-Powell mit 900 Mann gefangen zu nehmen. Der Berichterstatter dec „Daily Mail" setzt hinzu, es sei kein Zweifel, daß ein heftiges Gefecht stattgesunden hatte und wenig zweifelhaft, daß die Kaffern» stadt besetzt ist; aber ähnliche Telegramme seien in Pretoria bezüglich Ladysmiths und Wepeners veröffentlicht worden, und würden lediglich als ein verzweifelter Versuch der Regierung der Boeren betrachtet, die Bürger zusammenzuhalten. Es ist richtig; die Meldung stammt aus Boerenquelle und ist von Lord Roberts noch nickt verisicirt. Allein, abgesehen davon, daß dieser und das Londoner Kriegsamt es nicht sehr eilig haben werden, eine Hiobspost zur Kenutniß des englischen Publicums zu bringen, lauten die amtlich in Pretoria aus gegebenen Bulletins doch zu bestimmt, als daß mau an der Richtigkeit der Meldungen noch zweifeln könnte. Die Belagerung des Städtchens hat fast sieben Monate gedauert. Am 26. October vor. I. begannen die Boeren die Beschießung. Einen großen Ruhmestitel haben sie sich mit der jetzt erfolgten Einnahme nickt gerade erworben, wie sie denn in der Belagerung befestigter Orte — viäe Ladysmith, Kimberlei und Wcpen-r — so gut wie keine Erfolge erzielt haben, weil sie aus Furcht einmal vor den gelegten Minen, dann vor einem Kampf ohne Deckung, sich lediglich auf eine nicht sehr wirksame Beschießung beschränkten. Strategisch hat auch der Fall der Stakt und die Gefangennahme der halbverhungerten Besatzung nickt viel zu besagen, nur daß das Belagerungs corps jetzt freie Hand gegen die von Norden und Süden kommenden englischen Enlsatztruppen bekommt, diese in Schach halten und so verhüten kann, daß sie Roberts' Offensiv armee verstärken. In Betracht kommt allerdings noch, daß die Einnahme MafekingS ermutbigend auf die Boeren wirken wird, was nach den fortgesetzten großen Er folgen der Engländer seit dem Eintreffen Lord Roberts in Afrika immerhin nicht gering anzuschlagen ist. Auch daö soll nicht außer Betracht bleiben, Vaß schließlich nicht der Hunger Baden-Powcll zur Uebergabe gezwun gen hat, sondern ein forcirter, kühner Angriff der Boeren. Sie haben sich also doch einmal zu rücksichtsloser Offensive aufgerafft gehabt. Vielleicht ist der Erfolg ein Ansporn für sie, die rein defensive Krieg führung aufzugeben. Dazu werden sie sich aber ohnehin schon genöthigt sehen, wenn sic, wie jetzt wieder verlautet, doch noch im Rücken der englischen Vorstotzcolonnc» weiter operiren wollen. Wir haben das wiederholt als die einzig richtige Taktik bezeichnet und auch immer angenommen, daß die Boeren sie befolgen würden; nur mußte man durch Meldungen der letzten Tage wieder zweifelhaft werden. Jeden falls haben sich die Föderirten noch nicht jenseits des Baal concentrirt und werden auch, wenigstens nicht mit ihrer Hauptmacht, sogleich dorthin gehen, sondern krachten, in westlicher und östlicher Richtung auözuweichen, um dann dem vorückcnden RobertS'schen Heere in den Rücken zu fallen. Man berichtet uns in dieser Hinsicht: * London, 16. Mai. (Telegramm.) Eine Depesche des Generals Roberts aus Kroonslad vom 15. d. M. meldet: Zwei Osficiere und 6 Mann souraqirten gestern in der Nähe von Kronstad. Als sie sich einer Farm näherten, auf welcher eine weiße Fahne (?) wehte, eröffneten etwa 15 Boeren, die hinter Mauern Stellung genommen hatten, Feuer auf die Abtheilung. Zwei Soldaten wurden getödtet, der eine Osficier verwundet; der zweite Osficier, sowie zwei Soldaten wurden gefangen genommen. (Also selbst in der Näbc von Kroonstad stehen Boeren und können sich solche Handstreiche erlauben, ohne daß Roberts sofort in der Lage ist, die verwegenen FranctireurS zu fassen und zn füsiliren! D. Red.) * London, 16. Mai. (Telegramm.) Die Zeitung „Morn. Post" meldet aus Kronstad: Tew et traf am Sonntage in Klerksdorp (im Transvaalgebiet am Vaalsluß, nordwestlich von Kroonstad) ein und organisirte die Streitkraft, die dort Hunter's Vorstoß aufhalten soll. Inzwischen beschloß (wie schon mitgetheilt) ein in Lindley abgehaltener Kriegsrath, Harrysmith (im Osten des Oranjestaats) so lange wie möglich zu halten. Die dortige Abtheilung wird durch Streitkräfte von Ficksburg und Biggarsberg verstärkt und der Rückzug nach Norden eingestellt. Die Boeren halten noch die Hügelkette im Norden des (in ostwestlicher Richtung von Lindley nach Kroonstad und weiter nach dem Vaal fließenden) Val sch» slusses. Tie Hauptacmee, einschließlich der Frcistaatboeren, hat sich nach Blaauwboschpoort (nordwestlich von Heilbronn) zurückgezogen und die Eisenbahnbrücke über den Rhenost er st uß (westlich von Heilbronn und 60 lcw nordöstlich von Kroon stad) zerstört. (Magdcb. Ztg.) Aus Natal wird ausführlicher über Buller'S Vormarsch berichtet: * Loudon, 16. Mai. (Telegramm.) General Buller meldet aus Dundee von heute: Wir besetzten gestern Glencoe. Die Transvaal-Boeren haben jetzt die Biggars« berge geräumt. Die Freistaatler auf Len Drakensbergen sind an Zahl sehr vermindert. Die Commandos von Carolina, Lyden- burg und Pretoria sind am 13. und 14. Mai von Hlatikulu nördlich weitergezogcn. Elf Geschütze wurden in Glencoe in einen Eisenbahnzug geschafft; der letzte Zug mit den Ambulanzen ver ließ Glencoe gestern bei Tagesanbruch. Die Züge Verkehren jetzt nach der Station Wejselsnek. Der Kriegsplan der Boeren geht hier offenbar dahin, sich den Engländern außer in den nach dem Freistaat führenden Pässen erst wieder in dem äußersten nördlichen Apfel von Natal, südlich von Volköruft zu stellen, um ihnen eventuell ein zweites Majuba zu bereiten. Stark geschwächt durch Abgaben nach dem westlichen Kriegsschauplatz, haben sie hier nur geringe Streitkräfte aufznwenken. Das Terrain kämpft, wie nirgends sonst, für sie. Folgende Nachricht ist noch von Interesse: * London, 16. Mai. Nach einem vorliegenden amtlichen Be richte betragen die Verluste des britischen Heeres in Südafrika bis zum 2. Mai 18 799 Mann; hierin sind die in den britischen Hospitälern von Südafrika befindlichen Kranken und Verwundeten nicht eingerechnet. (Wdhlt.) Ei» Kricgörath der Boeren in Kroonstad. * Das Kopenhagener Blatt „Politiken" veröffentlicht zwei Briefe von dem norwegischen Hauptmann Allum, der sich als Militärattache im Hauptquartier der Boeren befindet. Beide Briefe sind aus Kroonslad datirt. Der erste derselben (vom 18. März) berichtet über einen daselbst Tags vorher abgebaltenen und von den beiden Präsidenten geleiteten Kriegsrath, an dem sich nicht weniger als 40 der bekanntesten Boerenfübrer betheiligten. Auch die mittlerweile verstorbenen Generale Joubert und Villebois waren anwesend. „Es war," so schreibt Allum, „eine ganz eigenthümliche Versammlung: keine Spur von Uniformen, kein einziger blanker Knopf, keine Abzeichen, kaum ein ein ziges Weißes Hemd. Aber sprechen konnten sie; augenschein lich waren mehrere von diesen Boerenbäuptlingen geborene Heerführer. Hätten sie wirklich militärische Kenntnisse ge habt, so wäre es mit der englischen Herrschaft in Südafrika schon lange ans." Nach einem vom alten Krüger gesprochenen Gebet er griff Steijn das Wort und warf die Frage auf, ob es nickt besser wäre, daß die Boeren ihre bisherige Kampsweise Feuilleton. Die Demetriusdramen. Nachdruck verboten. I. Mit der Geschichte der Bearbeitungen des Demetriusstofses ist die Stadt Leipzig in dreifacher Weise verknüpft. Im Neuen Stadttheater gelangte die Laube'sche Fortsetzung und Zu- endeführung des Schiller'schen Bruchstückes im Jahre 1869 zur ersten erfolgreichen Aufführung und hat somit von unserer Stadt aus ihren Rundgang über die deutschen Bühnen begonnen. Im Jahre 1888 war es wiederum unsere Bühne, die als die erste eine neue verdienstvolle Gestaltung desselben Stoffes durch Otto Sievers zur Aufführung brachte. Und jetzt trifft es sich, daß die Dichterin eines dritten Demetrius, der zu den Fest spielen in Wiesbaden zur Aufführung kommen wird, Auguste Götze, seit Jahren in unserem Leipzig ansässig und in ge deihlichster Weise wirksam ist. Grund genug, ihr Drama einer eingehenden Betrachtung zu würdigen und mit den anderen Be arbeitungen desselben Stoffes zu vergleichen. Die Gestalt des russischen Thronanwarts, der wie ein glanz volles Meteor aus dem Dunkel emportauchte, um ebenso rasch zu verlöschen, hat die dichterische Einbildungskraft schon be schäftigt, als sein eigenes Schicksal noch nicht einmal besiegelt worden. Bei lebendigem Leibe ist der kühne Abenteurer zum dramatischen Helden verarbeitet worden. Der schnellfingrige Spanier Lope de Vega, der, wie Platen sagt, „schmierte, wie man Stifeln schmiert" (verzeiht ihm diese Trope!), hat die aufsteigende Laufbahn des Demetrius in gutem Glauben an seine Echtheit zum glanzvollsten Abschlüsse auf dem Zarenthron ge langen lassen in seinem merkwürdigen Drama: Li grau ckuquo cks Llogcovia. Das Stück muß vor dem Jahre 1605 geschrieben und aufgefllhrt worden sein, ehe Demetrius ermordet wurde und die Kunde von seinem Ende nach Spanien gelangt war. Der Dichter erspart uns nicht die Greuel in der Familie des grausamen Zaren Iwan Wassiljewitsch zu erleben, der seinen eigenen Sohn Iwan im Jähzorn erschlägt. Dessen Neffe Demetrius wird so dann, um ihn den Nachstellungen des Wütherichs zu entziehen, von seiner Mutter Christina einem deutschen Ritter Lambert zur Er ziehung übergeben. Aber nachdem Christina's Bruder, Boris Godunow, an die Regierung gelangt ist, läßt er dem Nachkommen Wassilii's nach dem Leben stellen. Als die Mörder kommen, um den Knaben zu tödten, gewinnt es Lambert über sich, seinen eigenen Sohn Cäsar unterzuschieben, um den rechtmäßigen Thron erben zu retten, eine echt spanische Heldenthat, deren sich der Aus übende mit den Worten rühmt: „Kann sich ein Mann jetzt größrer Treue rühmen, Als ich, der ich den eignen Sohn gab hin Für ein mir anvertrautes fremdes Leben?" Demetrius, beständig verfolgt, flüchtet aus der Eitelkeit irdi schen Getriebes in ein Kloster, aber dort weiß Boris ihn zu ent decken. Nachdem er wiederum geflohen, finden wir ihn zunächst unter der Schaar der Landleute als Schnitter wieder, und hier hat Lope Gelegenheit, ein reizendes Liedchen der Bauernmädchen einzuflechten: „O, wie war ich weiß, Als ich mit den Schnittern auszog! Kommt die Sonn' und färbt mich Mohrin! O, wie war ich weiß, Eh' ich auszog mit der Sichel! Nicht die neid'sche Sonne duldet Meiner Wangen weiße Farbe. In der Blüthe meiner Tage War ich eine weiße Lilie, Kommt die Sonn' und färbt mich Mohrin! Demetrius beschließt alsbald, in die Dienste des Palaiinus zu treten, und zwar als Küchenjunge, bis er Gelegenheit findet, sich ihm zu offenbaren. Schon hat sich die Kunde im Reiche ver breitet, daß er noch am Leben, und Boris zittert auf seinem Throne. Inzwischen hat sich Demetrius in die Tochter des Pa latin verliebt, die ihn aber auslacht, als einen Narren, als er ihr verspricht, sie zur Kaiserin zu machen. Indessen gewinnt er den Palatin für seine Sache, und dieser weiß den König von Polen von Demetrius' Echtheit zu überzeugen. Es beginnt dann im letzten Acte der Siegeszug des Demetrius, Boris nimmt sich das Leben, seine Gattin Orofrisa vergiftet erst ihre beiden Töchter und dann sich selbst, und Demetrius vermählt sich mit der schönen Tochter des Palatins und zieht als Großfürst nach Moskau. Wie man sieht, entbehrt das bunte, mit der Lust am Aben teuerlichen geschriebene Stück, die Lope's Dichtweise auszeichnet, in Folge seines festen Glaubens an die Echtheit seines Helden jedes inneren Conflictes in dessen Brust. Der konnte erst ent stehen, als man ihn entweder als Betrüger oder als Betrogenen oder endlich als betrogenen Betrüger ansah und demgemäß auf die Bühne brachte. Bereits im Jahre 1689 schrieb ein Franzose, Jean Baptiste Aubry, eine nach dem russischen Helden bekannte Tragödie, und im Jahre 1717 wurde in Paris eine Farce: Arleqnin Demetrius aufgeführt, eine Bearbeitung aus dem Italienischen, in welcher drei falsche Demetrius' auftraten, darunter einer als Harlekin. Wie tief war bereits nach einem Jahrhundert der glorreiche Held des Lope in der öffentlichen Meinung gesunken! 1782 schrieb Kotzebue, unser deutsche Lope — wenigstens was die Fruchtbar keit betrifft — ein russisches Trauerspiel, das in Petersburg auf gefllhrt wurde. Puschkin's dramatisches Gedicht Boris Godu now (1826) stempelt Dimitri zum bewußten Betrüger und um- giebt seinen Titelhelden mit dem Nimbus des edlen Herrschers. Ferner verarbeitete Graf Tolstoi diese Epoche der russischen Ge schichte zu einer Trilogie, deren erster Theil „Iwan" Anfang der 70er Jahre zur Aufführung gekommen ist. Aber bereits am 10. März 1804 hatte Schiller in sein Tagebuch verzeichnet: „Mich zum Demetrius entschlossen." Marfa's Monolog auf den Lippen, ist er gestorben. Alle weiteren Versuche, das Schicksal des Demetrius dramatisch zu gestalten, haben zu Schiller's wunderbarem Torso Stellung nehmen müssen. Da ist zuerst eine schwächliche Arbeit von Maltitz (Berlin 1835), der sich sklavisch an Schiller's Entwürfe hält, ohne das gewaltige Material zur künstlerischen Einheit zusammenfassen zu können. In Hermann Grimm's bemerkenswertstem Demetrius (1853) wird ein selbstständiger Weg eingeschlagen; denn der echte Sohn Jwan's wird nicht getödtet, sondern dem falschen Demetrius gegenübergestellt. Bodenstedt's Tragödie, die auf Wunsch deS Königs Ludwig von Bayern geschrieben wurde (1856), konnte es ebenso wenig zu nachhaltiger Wirkung bringen, wie das Drama Gustav Kühne's, dessen dritter Act indessen durch die Gestalt des Zarenmachers Jcsimoff einen starken Eindruck macht. Erst dem alten Praktikus Laube gelang es, den Stoff mit Benutzung des Schiller'schen Bruchstückes auf der Bühne heimisch zu machen. Seitdem ist über die Nüchternheit und Rührseligkeit der Laube'schen Fortsetzung weidlich geschimpft worden, besonders hat man cs ihm zum Vorwurfe gemacht, daß er, dem Entwürfe Schiller's entgegen, seinen Hilden, der dem Thron entsagt, als er
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