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«Ld «t« kaiserliche» Decret zusegange« ist, durch da» die Behörden angewiesen werden, die Boxer ihlazurichten und die Gesandtschaften zu schützen. Das Teeret sagt weiter, alle Geschäfte mit den AuS- . ländern in den Provinzen seien so zu behandeln wie früher. — Der Kciegsiniiiister Andrö und der Marineminister Lanessa», sowie der Minister für die Colonien Decrais machten Mit- ' theilungen über die Entsendung von Verstärkungen nach China, dir plangemäß vor sich geht. s * Petersburg, 16. Juli. sTelegramm.) Der zum Chef r der ostsibirischen Schützenbrigade ernannte Generalmajor Zerpitzki s ' ist nach Ostasien abgereist. c * Petersburg, 16. Juli. (Telegramm.) Einem Bericht § der „Handels- und Jnduslriezeitung" zufolge werden der Kreuzer , „Admiral Nachimow", die Panzerschiffe „Poltawa" und , „Sebastopol" und der Kreuzer „Gromoboy" zur Verstärkung < , des im Busen von'Petschili stehenden Geschwaders im September j daselbst rintreffen. < * Kouftautiuopel, 15. Juli. (Meldung des Wiener k. k. Telegr.-Corresp.-BureauS.) Für Mittwoch ist die Durchfahrt des Schiffes „Woronesch" von der russischen Freiwilligen- ' Flotte durch den Bosporus mit Truppen und Kriegsmaterial für , Ostasien angekündigt. »» * New Bork, 16. Juli. DaS „New Nork Journal" meldet auS Tschisu vom 15. d. M.: Die Geschütze der Kriegs- - schiffe in dem Hafen wurden gestern auf die Stadt gerichtet infolge dringender Nachrichten vom Lande, daß ein Ausstand befürchtet werde. Alle Ausländer wurden zum Wach- dienst aufgerusen. Der Pflicht wurde mit Eifer nachgekommrn; es wurden Wachposten ausgestellt, um die Eingeborenen zu über- wachen. Die SchissSbesatzungen sind bereit, nöthigenfalls sofort zu feuern, aber die Nothwendigkeit ist noch nicht eingctreten. Unter den Opfern des FremdenmordeS in Peking stehen in erster Linie die Gesandtschaften mit ihrem gesammten Personal und den Familienangehörigen. Zur deutschen Gesandtschaft gehörten, wie bekannt, der erste Sekretär v. Below-Saleske, der zweite Sekretär v. Bergen, Leutnant v. Loesch und Stabsarzt vr. Velde; ferner ge körten dazu der als Hilfsschreiber commandirte Seesoldat Koch vom Gouvernement in Kiautschau, Kanzleischrciber Pifrement, Amtsdiencr Hummelke und Dolmetscher-Eleve Vr. Merkling bauS. DaS zum Schutze der Gesandtschaft in Peking seit Anfang Juni stationirte Detachement bestand auS einem Ossicier und 50 Mann von dem Seebataillon in Kiautschau. Außerdem befanden sich von Deutschen in Peking: die Professoren der kaiserlichen Universität Stublmann, Coltmann, Bismarck und von Bronn, die Missionarin Frau Marie Leithauser, vier deutsche Beamte der Zoll verwaltung und die zu gewerblichen und HandelSzweckcn in Peking anwesenden Deutschen mit ihren Familien. Eigene deutsche Handelshäuser, Banken und industrielle Unter nehmungen bestanden in Peking nach den Angaben der im . ReichSmarineamt bearbeiteten Denkschrift über Vie deutschen Seeinteressen und überseeischen Capitalanlagen nicht. Englischer Gesandter war seit 1896 Sir Claudius Macdonald, der ebenso wie Freiherr von Ketteler von seiner Gemahlin, einer Tochter deö Majors Armstrong, nach Peking begleitet war. Neben ibm stand an der Spitze der Eng länder in der chinesischen Hauptstadt der bekannte Zolldirector Sir Robert Hart, der bereits seit 1859 im chinesischen Zoll dienst stand. Unter seiner Direktion standen außer den vier Deutschen noch 24 weitere europäische Beamte. » Der russische Gesandte v. GierS lebte mit seiner Frau und zwei Kindern in Peking; er ist der Sohn des bekannten Kanzlers. Die Vereinigten Staaten waren durch E. H. Couger vertreten, Frankreich durch Pichon, Oester reich-Ungarn durch den Gesandtschaftssekretär vr. Nost- born, der den beurlaubten Gesandten v. Wahlborn ver trat, Italien durch Marchese Salvago-Naggi. Letzterer, der erst 34 Jahre alt war, befand sich seit dem vorigen Jahre mit Frau und Kind in Peking. Mit ibm ist sein LegationSsckrctär Don Livio Cactani nebst einer SicherhcitS- wache von einem Marineossicier und zwanzig Soldaten ein Opfer der allgemeinen Niedermetzclung geworden. Ferner war Belgien durch Herrn Joostens, Holland durch Herrn Knobel und Spanien durch Don Bernardo de Colognan vertreten. Japans Gesandter war Baron Tokujiro Nishi, einer der gewandtesten Diplomaten seines Reiches. Weiter sind besonders die Missionen hcrvorzuheben, die mit Angehörigen gegen 200 Personen umfaßten. Dazu gehörten die Alliance - Mission mit einer Person, die amerikanische Bibelmission mit zwei Personen, die große amerikanische MissionSgesellschast mit neun Herren und 12 Damen, die amerikanisch-presbyterianische Mission mit gleichfalls 9 Herren und 12 Damen, die christliche Allianz mit 5 Damen, die Mission der englischen Kirche mit 6 Herren und 5 Damen, die französische katholische Mission mit 42 Priestern und Mönchen, die Londoner MissionSgesellschast mit 5 Herren und 3 Damen, die Metbodistenmission mit 6 Herren und 8 Damen, die russisch-orthodoxe Mission war mit 7 Priestern vertreten, ferner 30 barmherzige Schwestern. An den beiden Universitäten docirten außer den genannten ' Deutschen 22 Professoren und zwei englische Lehrerinnen. Zu all diesen Opfern gesellen sich die handel- und gewerbe treibenden Fremden in der chinesischen Residenz mit ihren Angehörigen. Deutsche- Reich- * Leipzig, 16. Juli. Zum „Wechselburger Kirchen st reite" geht uns folgende Zuschrift zu: „Bei der Besprechung des „Wechselburger Kirchenstreites" ist in Ihrem Blatt meine Person erwähnt und mein Wirken als Geistlicher in Wechselburg in wahrheitswidriger W e is e geschildert worden. Da seither fast sämmtliche sächsischen Blätter und viele außersächsischen sich auf die in Ihrem Blatte veröffentlichten Artikel stützen und dieselben weiterverbreiten, so sehe ich mich gezwungen, Sie, unter Berufung auf 8 II des Preß gesetzes, zu ersuchen, diese meine Erklärung vollständig in den Spalten Ihres Blattes zu veröffentlichen. 1) Unwahrist der in Nr. 305, Seite 4979 Ihres Blattes befindliche Satz: „ . . . nun hat aber der Privatcaplan des Grafen Schönburg-Forderglauchau seine ihm durch die private Stellung bestimmten Pflichten durchaus verkannt, indemerseinWirkenmehrundmehröffentlich gestaltete." 2) Die weiteren Worte desselben Artikels: „ . . . und sagen wir es frei heraus, Proselytenmacherei betrieb", erkläre ich hiermit als eine Unwahrheit. Betreffs des in Nr. 319 Seite 5185 an der Spitze Ihres Blattes gebrachten Leitartikels „Zur Wechselburger Affäre", der auf den Herrn Superintendenten Zimmermann aus Rochlitz zu rückzuführen ist, erkläre ich alsunwahr die angeführte Aeuße- rung: die Katholiken der Ephorie Rochlitz „können mit Leich tigkeit eine oder die andere der oben genannten Gottesdienst stationen (Glauchau, Penig, Mittweida, Chemnitz) erreichen, so daß noch niemals ein Bedürfniß vorhanden war, oder dessen Befriedigung vom zuständigen Pfarramt inChemnitzwäreindieWegegeleitet worden." 3) Unwahr ist ferner, was in dem letztgenannten Artikel behauptet wird, daß man (der Geistliche oder Mitglieder der erlauchten gräflichen Familie) Katholiken von Mittweida oder Arbeiter aus dem Muldcnthal jemals nach Wechselburg zur Fronleichnamsprocession oder zu anderen Festen gezogen habe, oder auch nur Veranlassung geboten habe, dieselben „künstlich" nach Wechselburg zu locken. 4) Unwahre, sehr scharfe Anklagen sind die weiteren Worte des beregten Artikels: „Die Hauscapläne haben stets, als gebe es leine Landesgesetze . . . . Taufen, Be erdigungen vollzogen, in gemischten Ehen die Kindererzieh u ng zu beeinflussen gesucht u. a. m." 5) Unrichtig und unwahr ist es, daß „sobald gegen die unterschiedlichen Capläne mit Strafanträgen vorgegangen werden sollte, und diese den Boden unter ihren Füßen heiß werden fühlten, sie verschwanden und neue Persönlichkeiten an ihre Stelle traten, die das alte Spiel wieder aufnahmen." 6) Den ganzen Schluß des genannten Artikels erkläre ich als eine Zusammenhäufung von unwahren Angaben, so die Worte: „Diese systematische, ungesetzliche Hand lungsweise sehen wir als ein großes Unrecht an. Unbefugt in ein fremdes Amt einzugreifen, sich fremde Rechte anzumaßen, Uebergriffe aller Art sich zugestatten, wie dieHauscapläne st etsgekhan haben, ist an sich schon unwürdig, und wenn es, da ein religiöses Bedürfniß dazu absolut nicht vorliegt, lediglich aus Gründen der Propaganda geschieht, ver werflich. Es wird dadurch unter dem Deckmantel der Religion nur der confessionelle Frieden g e st ö r t." Ich nehme keinen Anstand, zu erklären, daß diese auf Herrn Superintendenten Zimmermann aus Rochlitz zurückgeführten Auslassungen bis in die einzelnen Satztheile hinein und in ihrer Gesammtschilderung Unwahrheiten enthalten, was mich um so mehr befremdet, da dem genannten Herrn doch die diesbezüglichen Acten und Schriftstücke der Behörden zur Einsicht vorgelegt werden können. In aller Hochachtung zeichnet Heinrich Fournelle, Caplan. Berlin 80., Görliher Straße 48, den 15. Juli 1900." Die Antwort auf diese Zuschrift müßten wir natür lich unsren Gewährsmännern überlassen. tz. Berlin, 16. Juli. (Die chinesischen Wirren und der Arbeitsmarkt.) Die Vorgänge in China be einflußen schon merklich das wirthschaftliche Leben. Zunächst erfordert die Ausrüstung der Kriegsschiffe und die Provian- tirung der Mannschaft viele Arbeitskräfte. So bietet ganz be sonders der Kieler Hafen ein Bild regster Thätigkeit. Aber die Mobilmachung zieht weitere Kreise. In den Militärwerkstätten von Spandau ist die Thätigkeit wesentlich gesteigert. Es kommen hierbei besonders das Feuerwerkslaboratorium, die Munitionsfabrik und das Artillcricdepot in Betracht. Die Ver sendung des Kriegsbedarfs beschäftigt nicht nur die direct mit der Herstellung und Abfertigung besonders betrauten Militär personen, Handwerker und Arbeiter, sondern auch private Be triebe. Die gesammten zur Ausrüstung der Truppen erforder lichen Geschosse und die ganze Munition müssen in vollkommen wasserdichten Holzkisten mit Zinkeinlage verpackt werden. Von solchen Kisten werden viele Tausende gebraucht, und sie werden sämmtlich in Spandauer Privatbetrieben hergestellt. In den mit der Lieferung betrauten Betrieben werden alle verfügbaren Kräfte aufs Aeußerste angespannt, um die Aufträge möglichst rasch bewältigen zu können. — Viel erheblicher und weitreichen der als die Vortheile sind die Schädigungen des deutschen Arbeitsmarktes. Die geschäftlichen Beziehungen werden abge brochen, die schon gemachten Bestellungen zurückgezogen, die für den chinesischen Export thätigen Etablissements erleiden starke Beeinträchtigungen. Obgleich erst kurze Zeit über den Aus bruch der Wirren hingegangen ist, machen sich diese Schädi ¬ gungen auf bem Arbeltirlkarlte Loch schon bemirkkar. To sind in Braunschweig den Arbeitern einer Mühlenbauanstalt Ueber- stunden, die angeordnet waren, plötzlich abgesagt worden, nach dem zwei größere nach China bestimmte Aufträge zurückgezogen waren. Bei längerer Dauer der Verwickelungen, und nament lich im Falle eines Krieges werden die nachtheiligen Ein wirkungen den gesammten Export nach China lahmlegen und entsprechend der Größe dieses Exportes auf die Industrie und den Arbeitsmarkt schädigend zurückwirken. * Berlin, 16. Juli. Die Zahl der industriellen Kleinbetriebe ist, wie die „Germania" an der Hand des einschlägigen statistischen Materials darthut, keineswegs so allgemein in der Abnahme begriffen und so sicher dem Unter gänge gcweibt, wie man besonders von socialdemokratischer Seite oft behaupten hört. Die zur Industrie gehörige Be völkerung betrug bei der letzten Gewerbezäblung am 14. Juni 1895 mit Einrechnung der Angehörigen und der häuslichen Dienstboten 20 253 241 Personen, gegen 16 058 080 im Jahre 1892, batte sich somit in diesem Zeiträume von 35,5 auf 39,1 Proc. der Gesammt- bevölkerung gehoben und also die Landwirthschaft, zu der 35.8 Proc. der Bevölkerung zu rechnen sind, bereits um 3,3 Proc. geschlagen. Die Zahl der industriellen Kleinbetriebe (bis zu 5 Personen) beträgt fast 2 Millionen (1 989 572) oder 92,6 Proc., diejenige der Mittelbetriebe (mit 6—50 Personen) ist 139 459 oder 6,5 Proc., und endlich diejenige der Groß betriebe 17 941 oder 0,9 Proc. DaS Verhältniß ändert sich natürlich gewaltig, wenn man nur die Zabl der Per sonen inS Auge faßt, die zu den einzelnen Größenklassen gehören. Von den 8 281 220 im Hauptberuf in der In dustrie beschäftigten Personen waren in Kleinbetrieben thätig 39.9 Proc. oder fast genau zwei Fünftel, in Mittelbetrieben 23,8 Proc. und endlich in Großbetrieben 36,3 Proc. oder bereits annähernd drei Achtel. Trotz dieses starken Fort schreitend deS Großbetriebes giebt es aber eine ganze Reihe von Erwerbszweigen, in denen er noch keinen festen Fuß ge faßt hat und nach Lage der Sache auch schwerlich fassen wird. Denn so lange man beispielsweise noch keine Vor richtung erfunden hat, welche die Kunden dutzend- oder groS- weise einseift, rasirt, ihnen den Kopf wäscht und sie frisirt, so lange wird Wohl das Barbier- und Friseurgewerbe Ruhr vor dem Großbetriebe, insbesondere vor dem mit maschinellen Einrichtungen versehenen Großbetriebe haben. Aehnlich liegt die Sache bei zahlreichen anderen Berufsarten, z. B. Dach deckern, Schornsteinfegern, Scherenschleifern, Glasern, Tape zierern u. s. w. Aus diesen Erwägungen heraus erklärt sich die nachstehende Tabelle. In Betrieben bis zu fünf Per sonen waren beschäftigt: wenn man alle Berufsarten ausführen wollte, deren Angehörige noch zu mehr als 50 Proc. in Kleinbetrieben thätig sind. Aber sie wird auch ohnehin schon genügen, um zu zeigen, daß eü gute Wege hat, ehe der letzte Kleingewerbetreibende zu Grabe getragen werden wird. Gewerbeart Procent Gewerbeart Procent Baibiere 98.2 Bäcker 83.3 Näherei 97.5 Böttcher 82.9 Friseure 94.7 Wäsche-Plätterei 82.3 Grobschmiede 943 Klempner 78.9 Stellmacher 92.8 Drechsler 78.5 Glaser 87.3 Riemer, Sattler 780 Schneider 846 Apotheker 77.8 Schuhmacher 84.5 Putzmackcrei 75.9 Korbmacher 84.2 Uhrmacher 71.7 Fleischer 84.0 Getreidemühlen 71.5 Die Tabelle ließe sich noch um ein gut Stück verläm (Fortsetzung in der I. Beilage.) Lsnstogen HochbcdeutendeS Kräftigungsmittel namentlich für die Aerven. LLVLIk L 0", LLR8IN 8.0.16. Fon Aerzten glänzend v,gutachtet. Erhältlich in Apotheken und Drogerien. SuSsührliche Mitteilungen und Zeugnisse gratis und franko. s. ü. 8eWtr «Sntxl. »olmödelladrllr Lv88teHrlll88dLll8 ittllklrmiiges MlWligllliuMliMii Orim maische 8tr. 10. khemW lMttsichng Julius WMIwvr Lalsörl. unä LönI§I. HokpIavokortskabrUr kingsng Wk8l8il-L88s 59. München. 6S1eI Russischer Hol, an äen lllaximilians-^vlaxen, 5 Kill, vom Osntr.» Lalmkok. Neuerbaukes, moclerustes öütel I. 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Unentgeltliche Auskunstserlbeilung: Wochen tags 9—12 Uhr Vormittags und 3—6 Uhr Nachmittags. Patent-, Gebrauchsmuster» u.MarkcN'-Attskunstostcllc:Brühl2 lTuchhalle), I. Exped. Wochentags 10—12, 4—6. Fernspr. 682. Leffentltche Bibliotücken: Universität-»Bibliothek. .Die Bibliothek ist an allen Wochentagen geöffnet: Früh von 9—1 Uhr und (mit DuSnahm« deS Sonnabends) Nachmittags do» 3—5 Uhr. Ter Lesesaol ist geöffnet: Früh von S—1 und (mit Ausnahme deS Sonn abends) Nachmittags von 3—6 Uhr. Die Bücher-AuSgabe und Annahme erfolgt täglich früh von 11—1 Uhr nnd (mit Aus nahme deS Sonnabends) Nachmittags vcn 3—5 Ubr. Stadtbibliothek: Mittwochs und Sonnabends von 3 bis 5 Uhr, an den übrigen Tagen von 11 bis I Uhr. Der Lesesaal ist jeden Tag von 10 bis 1 Uhr und von 3 bis 6 Uhr geöffnet; nur Montags und Donnerstags Nachmittags ist er geschlossen. Bibliothek der Handelskammer lNcue Börse, Tr. 8, I.): Bücherausgabe und Benutzung des Lesesaals von 9—12 und 3—7 Uhr. Vorlegung der Patentschriften von 9—12 und 3—7 Uhr ebenda. Volksbibliothek HI. (I. höhere Bürgerschule für Mädchen- 7V.-S'/« Uhr Abds. Volksbibliothek IV. (VI. Bürgerschule) 7V.-S'/« Uhr Abds. Bolksbibliothek V.(VIII. Bürgerschule, Leipzig-Reudnitz, Ein gang RathhauSstraße) 7'/«—9'/« Uhr Abends. VolkSb ibliotbekVI. (l. Bürgersch. 8, Lortzingstr. 2) 7'/,-9'/, U. A. PäVagogischeEcntralbibliothek(CoineniuSstiftung), LehrerverrmS« hau-, Kramerstr. 4, I., geöffnet Mittwoch und Sonnabend vou 2'/,—4'/, Uhr. Lesehalle von 2'/,—8 Uhr geöffnet. Volksbibliothek des «cwerbevcrcins L.-Eutritzsch. Geöffnet jede» Mittwoch von '/,9 Uhr Abends an im NathhauS zu L^Eutritzsch. „volksburean". Ausiunitsstelle fürArbeiterversichecungS», Gewerbe» und ähnliche Sachen Elstrrstraße 14, Part. lmkS. Geschäftszeit: von 5'/, bis 7'/, Uhr, Sonntag- von 11 bis I Uhr. waltige Ausdehnung hat dieser römische Bau, der sich hier zu unseren Füßen ausbreitete. Nach beiden Seiten streckten sich die Sitzreihen in weitem Bogen aus. Auf der einen Seite war ein Theil derselben wieder hergestellt worden; an einigen Stellen sah man auch die gut erhaltenen, würfelförmigen Steinblöcke, welche die Sitzreihen bildeten; an anderen Stellen war zwischen den Sitzblöcken, die früher wohl von Crocus dufteten, struppiges, z staubbedecktes Gebüsch hervorgewuchert. Bei allem Gefühl der Trauer, das mich beim Anblick des gewaltigen, fast in Trümmer gesunkenen Bauwerkes beschlich, das uns an versunkene Größe erinnerte, mußte ich an eine neckische Stelle aus Ovid's, ars nmntorin denken, wo der Dichter seinem Zögling empfiehlt, Acht zu geben, daß nicht irgend Jemand, der hinter seiner Schönen fitzt, den weichen Rücken derselben mit seinem Knie drückt, kespico praoterea, post vos guieumgus sockebit, Ne premat opposito mollin terga genu. Beim Abstieg kamen wir an einem wildwachsenden Feigen baum vorüber; da eS der erste war, den wir 'm der Nähe sahen, so konnten wir nicht unterlassen, einige Blätter abzu- pfliicken und in unser Reisebuch zu legen. > Noch eines Ereignisses muß ich gedenken, daS, obwohl recht unbedeutend, uns doch sehr angenehm als Deutsche berührte. Wir saßen Nachmittags in einem CafL am Markte von Orange und frugen, eben im Begriff wegzugehen, den Kellner nach dem Weg, als ein junger Mensch, allem Anscheine nach ein Schüler, un Mgotie" mit freudestrahlendem Gesicht auf uns zulam und unS sagte, er habe uns Deutsch sprechen hören, er lerne auch Deutsch und correspondir« mit einem Gymnasiasten in Deusch- land. Don Orange gelangten wir in einer Stunde mit der Bahn nach Avignon. Es war «in Sonntag und prächtiges Wetter; die ganze Stadt schien auf den Beinen zu sein. Civilksten und Militär wogten auf den Straßen und dem Markte auf und ab. Aus dem stillen Landstädtchrn Orange, das kaum 10000 Seelen zählt, wann vir mitten in eine belebt« Stadt von über 45 000 Einwohnern versetzt worden. Dorthin hatte uns die Hoffnung geführt, römische Bauwerke zu sehen; hierher nach Avignon waren wir gekommen, um dem Papstpalaste einen Be such abzustaiten, wo bekanntlich die heiligen Väter während des 14. Jahrhunderts 70 Jahre lang beschauliche Tage in gastlicher Gefangenschaft verbracht haben. Mit Ehrfurcht und fast zag haften Schrittes war ich herangetreten an die Denkmäler, in denen uns die geschwundene Größe Roms verkörpert ist. Mit keckem Muthe und heimlicher Schadenfreude im Herzen kam ich in Avignon eine Stätte zu betreten, die uns an eine Niederlage des unserem Vaterlande so verhängnißvollen ultramontanen Einflusses erinnert und an ein muthigcs und erfolgreiches Auf streben in Deutschland, als kühne Beschlüsse gefaßt und ausge führt worden waren, wodurch die deutsche Kaiserwahl den römi schen Einwirkungen durch den Curverein zu Rense und durch die Bestimmungen der goldenen Bulle entzogen worden sind. Wir gingen also, nachdem wir uns ein Quartier gesucht, recht gut zu Mittag gegessen und uns mit frischen Tabakvor- räthen versehen hatten, nach dem im nördlichen Theile der Stadt liegenden päpstlichen Palaste, pnlnis ckos papes, der jetzt als Caserne dient. Als wir an der Schildwache vorllbergegangen und in einen großen Thorweg eingetreten, wo auf einer Bank eine Reihe Rothhosen saßen, kam rin Unterofficier auf uns zu und erklärte uns, wir müßten uns auf dem Stadthause eine poi-mission verschaffen, um Zutritt zu dem Palaste zu haben. Wir gingen zurück zum Stadthause, ließen unS den Schein aus stellen und übergaben ihn am Thore dem wachthabenden Unter officier, der unS nun einem Castellon überwies, in dessen Be gleitung wir das Schloß sehen sollten. Wir betraten zunächst einen weiten, quadratischen Hof, gebildet von hohen, düsteren, massiven Gebäuden mit kleinen Fenstern, aus denen hier und da Soldaten in Drilljacken und rothen Käppis herabschauten, und stiegen dann mehrere breite, schlecht gehaltene und ausge tretene Treppen empor und gelangten in mehrere niedrige, große Säle, die zu Mannschaftsstuben eingerichtet waren, in denen nicht nur Schränke, Tische und Stühle, sondern auch die Ge wehrständer mit den Gewehren und die Betten der Soldaten untergebracht waren. Welch' schreiender Gegensatz zu der üppigen Pracht, die im 14. Jahrhundert in diesen Mauern geherrscht haben muß, die jetzt von Tabaksqualm und Putzschmergel duften, und die anstatt der Cardinäle und Prälaten arme Soldaten beherbergen, die Sonntag Nachmittags auf ihrem Strohsack liegen oder unter schnarrenden Flüchen Karten spielen oder Ge wehre putzen. Außer den Casernenräumen, die ich übrigens als Deutscher und Civilist durchaus nicht ungern gesehen habe, zeigte man uns einige kleine Säle mit gothischen Spitzbogen decken, deren Freskengemälde verwischt oder von den Revo lutionsmännern muthwillig zerstört worden waren. Hier sollen die geistlichen Herren ihre Sitzungen abgehalten haben. Nachdem wir den päpstlichen Palast gesehen hatten, suchten wir die Promenade ein lioeiicr auf, eine prächtige Garten anlage, die sich zwischen dem päpstlichen Palast und der Rhone auf einer breiten Anhöhe hinzieht. Man wandelt auf sauberen Sandwegen zwischen Rasenplätzen und blühendem Buschwerk von Oleandersträuchern, Rosenlorbeer und Cypressen hin und genießt von mehreren Puncien aus einen weiten Blick in die Ferne. Auf einem breiten Hügel liegen, eine malerische Gruppe bildend, die niedrigen Häuser eines Städtchens, fVillonenve- lös-Avignon mit seinen alten Thürmen und den verfallenen Mauern seines Schlosses, das früher von den Cardinälen und Prälaten des päpstlichen Hofes bewohnt war. Unmittelbar vor uns hakten wir zu unseren Füßen die Rhone, die hier in einem weiten Bogen die Stadt ein- und abschließt, mit einer Hunderte von Jahren alten Brücke, die nur bis zur Mitte deS Flusses geht, einem Riesenarme vergleichbar, der sich nach dem gegen überliegenden Ufer ausstreckt, ohne es erreichen zu können. Es ist die berühmte Brücke von Avignon, die den Verkehr zwischen der Stadt und dem eben erwähnten VMeoeuvo-lös-Avignon vermittelte, von der uns Daudet in seinen „Briefen auS meiner Mühle" erzählt, daß man zur glücklichen Zeit der Päpste auf derselben Tag und Nacht getanzt habe nach der Musik von Trommlern und Pfeifern. Am fernen Horizonte bilden die Höhen derCevennen und Alpen, in blauen Nebel gehüllt, den Abschluß des Bildes. Ein Blick rückwärts zeigte uns die wuchtige Masse des päpstlichen Palastes, der, von der Promenadenanlage aus gesehen, erst richtig zur Geltung kommt; wie er sich heraushebt aus den umliegenden Häusern mit seinen hohen, kahlen, dunklen Mauern und dicken Eckthürmen. Auf unserer Rückkehr nach dem Hotel irrten wir durch ein wahres Labyrinth von engen, krummen und winkligen Gasten; denn, abgesehen von der breiten Hauptstraße, der Rue de la RLpublique, besteht Avignon aus kleinen schmalen Gassen. Beim Abendessen machten wir die Bekanntschaft einer fran zösischen Familie, die uns ihre Begleitung zu einem Spazier gange nach der zwischen der Rhone und der Stadtmauer ge legenen Promenade anbot, einer Einladung, der wir sehr gern folgten. Die in der Abendruhe weithin schallende Militärmusit und die lauwarme, im Gegensätze zur Tageshitze, frische Luft hatte Hunderte von Personen angelockt, die auf den hell- erleuchteien Wegen zwischen dem dunklen Buschwerk auf- und ab wandelten. Als die Musiker gegen Schluß des Concertes plötz lich mitten in einem Stück zu spielen aufhörten und mit ihren markigen Soldatenstimmen einen lustigen Chorgesang anfingen, um dann wieder einige Tacte zu spielen und noch einmal zu singen, drängte sich das anscheinend so ruhige Publicum, Damen und Herren, in wilder Hast von allen Seiten an den Musik pavillon heran und verlangten unter einem Sturm von be geistertem Beifallklatschen Dacapo. Leicht erregbare Fran- zosenuaturen, dachte ich. War daS eine Probe von der Heiter keit, dem Leben, dem frohen, festlichen Treiben, welches Daudet uns beschreibt, vom Avignon der Päpste. Bei unseren Prome- nadenconcerten hatte ich so etwas noch nie erlebt.